Südhessen / Rhein-Main:Bündnis „Faire Vergabe“ fordert Nachbesserungen beim Hess. Vergabe- und Tariftreuegesetz
Gerne weisen wir auf die Pressemitteilung des Bündnisses hin:
Frankfurt, 22.01.2025 – Das im Jahr 2013 gegründete Bündnis für eine faire Vergabe in Hessen hat die Hessische Landesregierung aufgefordert, das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) so zu verbessern, dass menschenrechtliche, soziale und umweltbezogene Vergabekriterien verbindlicher in Hessen angewandt werden. Am Mittwoch (22.01.) veröffentlichte das Bündnis ein Positionspapier mit seinen Forderungen zur Novellierung des HVTG. Zuvor hatte sich das Bündnis am 5. Dezember bereits mit einem nicht öffentlichen Brief an den Ministerpräsidenten Boris Rhein, den Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori und die Arbeitsministerin Heike Hofmann gewendet und seine Unterstützung und Expertise angeboten.
Die öffentliche Hand muss – so die grundsätzliche Forderung des Bündnisses – ihre Nachfrage nach Leistungen und Produkten damit verbinden, zu besseren Arbeits- und Lebensbedingungen weltweit beizutragen. Dies ist möglich, indem die Vergabe von Aufträgen an ökologische und soziale Standards gebunden wird. In der jetzigen Form des Vergabe- und Tariftreuegesetzes sind „Aspekte der Qualität und Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte, wie etwa der Klimaschutz“ lediglich „grundsätzlich“ zu berücksichtigen. Diese schwache Formulierung muss nachgeschärft werden, keinesfalls darf noch eine Verschlechterung erfolgen.
Das Land Hessen und die hessischen Kommunen müssen stärker als bisher ihre Marktmacht nutzen, um innovative Waren und Dienstleistungen zu entwickeln und Leitmärkte für saubere und strategische Technologien zu schaffen. Auch die Ökobilanz eines Produktes über den gesamten Lebenszyklus hinweg muss aus Sicht des Bündnisses bei der Vergabe berücksichtigt werden. „Steuergelder dürfen nicht für Produkte und Geschäftsmodelle aufgewandt werden, die auf gnadenloser Ausbeutung und Zerstörung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen beruhen“, so Michael Müller-Puhlmann vom epn Hessen.
Das Bündnis fordert weiter die Verankerung eines vergabespezifischen Mindestlohns und die Stärkung von Tariftreueregelungen im Hessischen Vergabegesetz. „Respekt gegenüber guter Arbeit“, wie ihn Wirtschaftsminister Mansoori im Landtag in Bezug auf das HVTG ankündigte, soll aber nicht nur für in Deutschland geleistete Arbeit, sondern auch global gelten. „Alle Menschen haben das Recht auf menschenwürdige Arbeit. Wenn öffentliche Auftraggeber nicht auf die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen achten, sind sie mitverantwortlich für die Verletzung von Arbeitnehmerrechten entlang der Lieferkette", sagt Julia Langhammer vom DGB. Deswegen fordert das Bündnis auch, die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen verbindlich im HVTG zu regeln.
Die Anforderungen, die auf eine soziale und ökologische Vergabe zielen, sind gegenwärtig als Sollvorschriften im Gesetz zu finden. Das Bündnis fordert, dass die Berücksichtigung sozial-ökologischer Kriterien zumindest bei sogenannten „sensiblen“ Produkten, bei denen Menschenrechtsverletzungen wahrscheinlich sind, verbindlich gemacht wird. „Die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien muss durch geeignete Nachweise und nicht nur durch Eigenerklärungen nachgewiesen werden. Ein weiterer Mangel sind fehlende Prüfungen, wodurch die Bestimmungen des HVTG weitestgehend ins Leere laufen“, sagt Walter König von der Gemeinwohl-Ökonomie.
Des Weiteren tritt das Bündnis für die Einrichtung einer Landesberatungsstelle für nachhaltige Beschaffung ein, welche die Einrichtungen der öffentlichen Hand beim Land und bei den Kommunen in Hessen in allen relevanten Fragen berät und positive Beispiele verbreitet.
„Aus Sicht des Bündnisses dürfen elementare Menschenrechte nicht mit einem Verweis auf einen möglichen Mehraufwand hintangestellt werden“, sagt Ingrid Reidt von der Katholischen Betriebsseelsorge im Bistum Mainz.
Das Bündnis fordert, dass die Interessen derjenigen Menschen, die unter den häufig unwürdigen Arbeitsbedingungen leiden, einbezogen werden müssen, auch wenn sie keine so starke „Lobby“ wie konventionell agierende Unternehmen haben. Das Bündnis spezifiziert in seinem Forderungspapier die Punkte, die dabei berücksichtigt werden sollten, um diesen Ankündigungen gerecht zu werden.
Über das Bündnis
Im Bündnis für eine faire Vergabe in Hessen engagieren sich entwicklungs-, umweltpolitische und kirchliche Organisationen sowie Gewerkschaften. Gemeinsam setzen wir uns dafür ein, dass Aufträge der öffentlichen Hand in Hessen unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und fairer Kriterien vergeben werden. Dem Bündnis gehören der BUND Landesverband Hessen, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Hessen-Thüringen, das Entwicklungspolitische Netzwerk (epn) Hessen, die Gemeinwohl-Ökonomie Hessen Saarland Rheinland-Pfalz — HSR e. V., der NABU-Landesverband Hessen, die Katholische Betriebsseelsorge im Bistum Mainz, die Naturfreunde Deutschland — Landesverband Hessen, Rhein.Main.Fair e.V., sowie das Zentrum Oekumene der EKHN und EKKW an. Unter dem Dach des Entwicklungspolitischen Netzwerks Hessen sind außerdem zahlreiche weitere hessische Nichtregierungsorganisationen sowie die Kirchen dabei.
Ansprechpartnerin: Annika Waymann, Eine-Welt-Promotorin für Fairen Handel und nachhaltige Beschaffung, Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen e.V., E-Mail: annika.waymann@epn-hessen.de, Telefon: 0176 43 83 72 14