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Südhessen / Rhein-Main:Extrem bittere Entwicklung!

IMG Segula
Solidaritätsschreiben der katholischen Betriebsseelsorge an die Belegschaft der Segula Technologies GmbH angesichts der aktuellen Insolvenz und drohender Massenentlassungen.
Datum:
15. Sept. 2025
Von:
Eileen Hirsch

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es ist wirklich extrem bitter: Seit Jahren bangt Ihr als Belegschaft um Eure Arbeitsplätze, die letzte Sanierung ist erst drei Jahre her - bereits damals gab es Personalabbau. Erst jüngst folgte die Aufspaltung in die beiden Gesellschaften STS und STG. Nicht wenige von Euch mussten schwierige Entscheidungen treffen. Der Ausgang der aktuellen Insolvenzsituation ist höchst ungewiss.

Als Betriebsseelsorge verfolgen wir ja schon von Beginn an die betriebliche Entwicklung bei Euch vor Ort äußerst kritisch und stehen seit jeher an der Seite der Belegschaft. Der unschöne Übergang vieler von Euch von Opel zu Segula ist uns dabei noch besonders präsent. Und leider kam es, wie es viele von Euch voraussahen: Die Entwicklung ging nicht steil nach oben, sondern gleicht vielmehr einer Odyssee im Haifischbecken eines globalen Weltmarktes, die von Tiefschlägen und Stellenabbau und Insolvenzen geprägt ist.

Aktuell trifft es die verbleibende Belegschaft mit besonderer Härte:

Erneut drohen drastische Abbauprogramme, im „worst case“ eine Abwicklung mit Massenentlassung bei Insolvenz, die oft nur ein geringes Maß an Spielraum für soziale Abfederung oder gar monetäre Anerkennung für langjährige Betriebszugehörigkeit lässt. Durch das »insolvenzspezifischen Freistellungsrecht« des Insolvenzverwalters besteht für die Beschäftigten ab dem 01.10. die Gefahr, noch innerhalb Kündigungsfrist „freigestellt“ zu werden. Eine Freistellung durch den Verwalter führt trotz arbeitsrechtlich fortbestehenden Arbeitsverhältnisses zur sozialrechtlichen Beschäftigungs- und Arbeitslosigkeit, so dass diese Voraussetzung für das Arbeitslosengeld vorliegt. Aus diesem Grund ist eine Transfergesellschaft für die betroffenen Beschäftigten unabdingbar, um die Versorgungslücke zu vermeiden und den Beschäftigten Zukunftsaussichten zu bieten.

Als Betriebsseelsorge wissen wir um die existentiellen Ängste und Nöte, die damit einhergehen. Die Unsicherheit zermürbt. Eine Frage steht dabei ständig im Raum: 
Wie wird es weitergehen? Die Sorge um den Arbeitsplatz mischt sich mit Wut, Frust und der Frage, welchen Wert geleistete Arbeit noch hat.

Euch allen am Standort Rüsselsheim wie auch in Dudenhofen gilt unsere uneingeschränkte Solidarität! Wir stehen wir fest an Eurer Seite.
Wir hoffen mit Euch auf sozialverträglichen Ausgang der Insolvenz und bieten selbstverständlich jeder und jedem von Euch in dieser belastenden Zeit auch ganz individuelle Unterstützung an.

Wir wissen (leider): Die persönliche und familiäre Belastung in solcher Situation ist enorm.
Die Sorge arbeitslos zu werden und die Zweifel, ob es gelingt, eine vergleichbare Anstellung zu finden, sind insbesondere für die, die schon lange im Erwerbsleben stehen, mehr als berechtigt.

Deshalb betonen wir erneut und öffentlich, was wir – sehr grundlegend mit Blick auf das Wirtschaftssystem -bereits 2022 im Zusammenhang der letzten Sanierung formulierten:

Was sich bei Segula (und anderen Zulieferbetrieben) zeigt, sind die Folgen eines aggressiven globalen Marktes in fortschreitender Transformation mit erbittertem Konkurrenzkampf um Aufträge in unmittelbarer Abhängigkeit der Zulieferer von den großen Konzernen.

Leidtragende sind vielfach die Beschäftigten. Transformatorische Umwälzungen, die der Härte des globalen kapitalistischen Marktes ausgesetzt sind, gehen existenziell und psychisch nicht an den Menschen vorbei. Die Folgen sind unübersehbar: Verschleiß, Verdruss, Frust - Emotionen, die extrem belasten und die sich auch gesellschaftlich und politisch Stimme verschaffen.

Unser Appell richtet sich daher an die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik, soziale Verantwortung wahrzunehmen für die Menschen, die von drohendem Arbeitsplatzverlust jetzt und in Zukunft betroffen sind.

Es braucht nachhaltige Formen der Transformation und das Zusammenspiel aller arbeitsweltlichen Akteur:innen, um die Folgen für die Betroffenen abzufedern.

Dies gilt in politisch und gesellschaftlich höchst fragilen Zeiten noch einmal mehr.

 

Ingrid Reidt                und      Michael Ohlemüller
Betriebsseelsorgerin              Betriebsseelsorger

Team der Betriebsseelsorge Südhessen/Rhein-Main
Kontakt: Ingrid Reidt, Mobil 0176 64293944