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Ein beliebter Brauch am Fest Mariä Himmelfahrt:„ … und der Würzwisch“

Zwei Himmelfahrten stehen im kirchlichen Kalender: Christi Himmelfahrt am 40. Tag nach Ostern und Mariä Himmelfahrt am 15. August. Die Himmelfahrt Christi bringt zum Ausdruck, dass Christus aus eigener Kraft, Kraft seiner Auferstehung, in den Himmel aufgestiegen ist. Anders die Himmelfahrt Mariens; sie stieg/fuhr nicht selbst in den Himmel auf, sie wurde aufgenommen.
Frau hält ein Bündel frischer Kräuter in der Hand
Von:
Domkapitular Dr. Franz-Rudolf Weinert

Zwei Himmelfahrten stehen im kirchlichen Kalender: Christi Himmelfahrt am 40. Tag nach Ostern und Mariä Himmelfahrt am 15. August. Die Himmelfahrt Christi, lateinisch: „Ascensio“ von ascendere = „hinaufsteigen“, bringt zum Ausdruck, dass Christus aus eigener Kraft, Kraft seiner Auferstehung, in den Himmel aufgestiegen ist. Anders die Himmelfahrt Mariens; sie stieg/fuhr nicht selbst in den Himmel auf, sie wurde aufgenommen, lateinisch: „Assumptio“ von assumere = „aufnehmen“, und so heißt das Fest korrekt: „Mariä Aufnahme in den Himmel“, im Volksmund aber Mariä Himmelfahrt. Es ist das älteste Marienfest (5. Jahrhundert), das seit dem 7. Jh. in Rom und im 9. Jh. für den deutschsprachigen Raum bezeugt ist. In den Bundesländern Saarland und Bayern, in Italien („Ferragosto“), ist der 15. August nach wie vor staatlicher Feiertag, der auch „Großer Frauentag“ oder „Maria Würzweih“ genannt wird. In der byzantinischen Liturgie der Ostkirche endet mit diesem Tag das Kirchenjahr, welches dann mit dem Fest „Mariä Geburt“, dem „Kleinen Frauentag“ am 8. September neu beginnt.

Der Brauch der Kräuterweihe

Vor diesem Hintergrund und im Wissen um die Heilkraft der Kräuter, die in diesen Sommertagen ihre volle Kraft entfalten, entstand der Brauch, in den Tagen vor dem 15. August Kräuter und Pflanzen in Wald und Flur zu sammeln und in einem „Würzwisch“, wortgeschichtlich „Würz(kraut)“ und - Wisch = „Strauß/Busch“-, zusammen zu binden. Den Kräuterstrauß ließ man im Gottesdienst vom Priester weihen; ein Brauch, der bis ins 10. Jahrhundert zurückreicht, wie das Römisch-Germanische-Pontifikale aus Mainz bezeugt.

In Küche und Stall aufgehängt, sollten die geweihten Kräuter Mensch und Haus vor Krankheit, Blitzschlag und anderem Unheil bewahren. Zugleich entstand eine Art „Hausapotheke“; die geweihten Würzkräuter waren die Grundlage für Tees, Umschläge oder auch Räucherwerk. Der Segensbrauch erfreut sich heute wachsender Beliebtheit. Auf dem Mainzer Wochenmarkt kann man vor dem Marienfest kleine Kräutersträuße erwerben oder man windet sich selbst einen Würzwisch. Sieben, neun, zwölf, oder vierzehn Kräuter und Pflanzen können als Strauß gebunden sein. Auch Blumen kommen dazu, die seit alters auf Maria gedeutet werden. Die Mitte des Würzwischs, rheinhessisch: „Werzwisch“, bildet eine größere Pflanze, die Königskerze, die auch Marienkerze genannt wird oder eine Rose. Diese können z.B. mit Schafgarbe, Wermut, Johanniskraut, Beifuß, Tausengüldenkraut … umbunden sein. Wer Anregungen sucht, wird  sicher in der „Kräuterkirche“ St. Pankratius und Bonifatius in Bingen-Gaulsheim fündig. 50 Portraits von Heil- und Nutzpflanzen der Region sind dort in den Gewölbezwickeln der Kirche zu bestaunen. Die Malereien zeigen nicht nur die typischen Heilkräuter, sie zeigen auch Getreide- und Blumen, die einfach nur schön sind, die keinen Heilnutzen haben, sie sind einfach da. Auch eine Distel findet sich darunter, „denn“, so der damalige Initiator der Ausmalung, Pfarrer Hans Laick: „auch die schmerz- und leidvollen Momente gehören zu unserem Leben“.

Kräutersträuße werden am 15. August in fast allen katholischen Gottesdiensten geweiht. Falls eine Mitfeier nicht möglich ist, kann man den Strauß zu Hause selbst in bereits geweihtes Wasser tauchen. Im Lauf des Jahres können bei Bedarf einzelne Würzkräuter herausgezupft werden. Das Brauchtum, und noch mehr Maria, ist ein Symbol für die heilwirkende Kraft Gottes am Menschen.