Eingeladen zum Mahl
Als sichtbare Zeichen stehen sie für Leib und Blut Jesu Christi: Brot und Wein spielen bei der Feier der Eucharistie eine zentrale Rolle. Wie aber kommen Pfarreien überhaupt an Hostien? Und woher stammt in einer Winzerregion wie im Bistum Mainz der Messwein? Auf den Spuren einer tiefen Symbolik in modernen Zeiten.
Gestapelt stehen sie in 500er-Packungen in einem Schrank. Auch Tüten mit tausend Stück gibt es. Hostien in verschiedenen Varianten hat der Infoladen des Bistums Mainz im Sortiment. Das kleine Geschäft direkt um die Ecke des Bischöflichen Ordinariats ist eine der Bezugsquellen von Hostien für Pfarreien im Bistum Mainz. Seit 2013 vertreibt der Infoladen das besondere Brot und übernahm damit diese Aufgabe von den Mainzer Klarissen-Kapuzinerinnen vom Kloster der Ewigen Anbetung. Dort wurde bis 1999 selbst gebacken. Heute kommt die Ware vor allem aus Hostienbäckereien in Mannheim, Miltenberg, Dülmen und Kevelaer.
Wer Hostien verkauft, muss einige ihrer Varianten kennen: Die Priesterhostien sind etwas größer als die für Laien. Die großen sogenannten Konzelebrationshostien wurden im Infoladen schon mit einem Durchmesser von 23 Zentimeter verkauft. Auch Unterschiede in Farbe und Stärke gibt es: Die Brothostien sind dicker und bräunlicher, die weißen Oblaten dünn. Auch glutenfreie Hostien gibt es im Angebot. „Zur Krankenkommunion werden meist die weißen genommen, weil sie leicht auf der Zunge zergehen“, erklären die Mitarbeiterinnen des Infoladens.
Pfarreien können frei wählen, wo sie Hostien kaufen. Auch beim Wein sind sie nicht an besondere Verkaufsstellen gebunden. Speziellen Messwein braucht es seit einigen Jahren nicht mehr, denn jeder Qualitäts- und Prädikatswein ist für die Messfeier geeignet. Vor rund zehn Jahren hoben die deutschen Bischöfe die alte Messweinverordnung auf und reagierten damit auf das strengere EU-Recht in Sachen Weinqualität. Im Bistum Mainz, im Süden vom Weinanbau geprägt, bietet sich den Gemeinden somit eine reichhaltige Auswahl an Quellen. Nicht selten liegen diese direkt vor der Haustür.
Helmut Erbenich im rheinhessischen Badenheim ist seit 34 Jahren Küster und war bis vor kurzem Winzer. Dass er den Messwein für die beiden katholischen Kirchen in Badenheim und im benachbarten Pfaffen-Schwabenheim beschafft, liegt auf der Hand. Als Weinkenner wählt er auch die Rebsorte aus. „Wir verwenden Chardonnay Spätlese. Rund zwölf Flaschen brauchen wir pro Jahr für die beiden Kirchen“, sagt der 74-Jährige. Seitdem er als Winzer in den Ruhestand gegangen ist, holt er den Messwein aus dem Nachbarort.
Weißwein statt Rotwein, das ist in der katholischen Kirche üblich, bestätigt Tobias Dulisch, Leiter desReferats Liturgie im Bistum Mainz. „Dadurch werden Rotweinflecken in der Kelchwäsche vermieden“, erklärt er. Die christlichen Konfessionen haben unterschiedliche Präferenzen. „In den orthodoxen Kirchen wird Rotwein bevorzugt. Dort wird zudem gesäuertes Brot verwendet statt ungesäuertes wie in der lateinischen Tradition, die damit an die jüdischen Wurzeln anknüpft.“ Die ungesäuerten Oblaten bestehen nur aus Mehl und Wasser, ohnejegliches Bindemittel und ohne Hefe wie beim gesäuerten Brot.
Im römischen Messbuch gibt es wenige, aber strenge Vorschriften zur Qualität der eucharistischen Gaben: So darf nur reines Weizenmehl für die Hostien verwendet werden. Wichtig findet der Liturgiereferent aber folgenden Satz aus dem Messbuch: „Die Zeichenhaftigkeit verlangt, dass die Materie der Eucharistiefeier tatsächlich als Speise erkennbar ist.“ Seit dem Frühmittelalter gebe es eine Fehlentwicklung, „verglichen mit den Ursprüngen“, analysiert er. „Die frühen Christen brachten Brot und Wein aus ihren Häusern mit zum Gottesdienst.“ Doch die Mentalität der Menschen, die Theologie und mit ihr die liturgischen Regeln veränderten sich im Lauf der Jahrhunderte. Die Messfeier wurde „zeremonieller und die sakramentalen Zeichen auf ein Minimum verkürzt. Dahinter stand auch die große Sorge, nicht würdig genug, mit Leib und Blut Christi, zu dem Brot und Wein werden, umzugehen“, so Dulisch.
Durch die Liturgische Bewegung und anschließend das Zweite Vatikanische Konzil besann man sich zurück auf die Mahlgestalt der Eucharistie; daraus erwuchs etwa die Möglichkeit, Brothostien zu verwenden. Neuere theologische Veröffentlichungen brechen eine Lanze dafür, die Mahlgestalt der Eucharistie erfahrbarer zu machen. „In einigen Gemeinden wird darauf Wert gelegt, dass Leib und Blut Christi als um den Altar versammelte Gemeinschaft empfangen werden“, sagt Dulisch. „Die Zeichen Brot und Wein haben eine große Tiefe. Aber in vielen Messfeiern werden sie nicht zum Sprechen gebracht.“
Die Symbolik von Brot und Wein hat viele Facetten. Als Frucht der Erde und des Weinstocks stehen Brot und Wein für die Gaben der Schöpfung. Das Brot für Mühe und Arbeit, der Wein für Fülle und festliche Freude. Diese Bedeutungen schwingen gerade in der Erntedank-Zeit mit. Brot und Wein wurden von Jesus selbst als Vorausschau auf sein Leiden und Sterben gedeutet. Zentral sei das Brotbrechen als Zeichen für Jesu Hingabe und die Mahlgemeinschaft, „dass wir das eine Brot brechen, von dem einen Brot essen und dadurch zu einem Leib werden“, betont Dulisch.
Letztlich spiegele sich im Brotbrechen und dem Trinken aus dem Kelch auch die Geschichte Israels und die Mahlpraxis Jesu wider, erklärt der Liturgiereferent. Die Erstkommunion-Katechese legt ein Fundament, auf dem aufgebaut werden könne, „um auch die tieferen Schichten der biblischen Bezüge zu erschließen“, ist er überzeugt. Sich eingehender mit der Bedeutung von Brot und Wein zu beschäftigen, findet er wünschenswert. Eine gute Möglichkeit dazu biete die Broschüre „Mehr als Brot und Wein“ vom Deutschen Liturgischen Institut oder Gesprächsangebote in der Gemeinde.
Die Broschüre „Mehr als Brot und Wein. Der Kommunionteil der Messfeier“ ist im Online-Shop des Deutschen Liturgischen Instituts unter der Bestellnummer 5401 für 4 Euro erhältlich: https://dli.institute
Hostien für Pfarreien: Im Infoladen des Bistums Mainz können die Oblaten bestellt werden.