Woher kommt der Brauch in der Weihnachtszeit eine Krippe aufzustellen?:Schauen und staunen: Vor 800 Jahren feierte Franz von Assisi die Geburt Christi als Mysterienspiel
Die Krippe geht auf das Lukasevangelium zurück, das an Weihnachten in den Gottesdiensten (Christmette) verkündet wird. Maria „gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war“ (Kap. 2,7). Eine der ältesten Darstellungen der Geburt Christi ist auf einem Sarkophag im Rom des 4. Jahrhundert zu sehen: das Jesuskind in einer Futterkrippe von zwei Tieren (Ochs und Esel) umgeben. Die Idee der Weihnachtskrippe hat die Jesus-Frömmigkeit des hohen Mittelalters hervorgebracht. Damals waren die Gläubigen vor allem am Menschen Jesus und seinen Lebensstationen interessiert. Ganz tief wollten sie nachempfinden, wie das war, als Jesus in Bethlehem in Armut geboren wurde, als er auf Golgotha am Kreuz starb. In dieser Tradition steht der heilige Franziskus, der auch der Heilige der Inkarnation (Menschwerdung) genannt wird. Seine Biographen Thomas von Celano und der hl. Bonaventura, selbst Franziskaner, berichten, was sich 1223, fünfzehn Tage vor Weihnachten, in Greccio im Rieti-Tal, ereignete.
Bethlehem in Greccio
Sie berichten: „Franziskus ruft einen Einheimischen zu sich und bittet ihn um Mithilfe bei der Erfüllung seines Wunsches, ein Bethlehem in Greccio zu schaffen. „Ich möchte nämlich das Gedächtnis an jenes Kind begehen, das in Bethlehem geboren wurde, und ich möchte die bittere Not, die es schon als kleines Kind zu leiden hatte, wie es in eine Krippe gelegt, an der Ochs und Esel standen, und wie es auf Heu gebettet wurde, so greifbar als möglich mit leiblichen Augen schauen“ (aus der Ersten Lebensbeschreibung des Thomas von Celano Nr. 84). Dabei geht es ihm nicht nur um ihn, er möchte alle Menschen für diese Andacht für den Sohn Gottes, begeistern. Sein Freund bereitet am vorgesehenen Ort, einer Grotte in einem kleinen Wald bei Greccio, alles für die Feier vor. Die Franziskanerbrüder werden herbeigerufen, Leute strömen zusammen, die Heilige Nacht wird erhellt von vielen Kerzen und Fackeln, alles ist glänzend und feierlich. Als Franziskus kommt, findet er eine Krippe mit Heu, daran Ochs und Esel gebunden. Der Mann Gottes weint vor Freude, wie auch die herbeigeeilten Menschen und Hirten der Umgebung, zutiefst gerührt sind.“
Krippe und Altar
Auffallend ist, dass bei dieser Feier keine Figuren zum Einsatz kamen. Maria und Josef fehlten, auch das „Jesuskind“ lag noch nicht in der Krippe. Das brauchte es bei diesem geistlichen Schauspiel auch nicht, denn der Krippentrog stand direkt neben dem Altar und Franziskus hatte verinnerlicht, dass der menschgewordene Gottessohn in der Messfeier selbst real gegenwärtig ist. Und so wurde um 24 Uhr in der Mitte der Nacht die Christmette über der Krippe gefeiert und der Levit Franziskus sang das Evangelium, so wird berichtet. Darauf hielt er vor dem versammelten Volk eine Predigt über die Geburt des „armen Königs von Bethlehem.“
So feierte Franz von Assisi im Jahr 1223 Weihnachten. Er wurde dadurch nicht zum „Erfinder der Weihnachtskrippe“, wie er in der populären Krippenliteratur gern genannt wird, doch hat er dem Brauch der Weihnachtskrippe einen großen Anstoß gegeben. In der Folgezeit stellten Ordensfrauen eine Krippe in der Kirche auf, in die sie nun auf Heu und Stroh eine Jesusfigur legten, es wiegten und betrachteten. Die Schwestern wollten es Maria gleichtun. Bei diesen spätmittelalterlichen Krippenandachten entstanden auch die ältesten deutschsprachigen Weihnachtslieder, wie das noch mit Latein gemischte „In dulci jubilo … nun singet und seid froh, meines Herzens Wonne liegt in praesepio (in der Krippe“).
Nach und nach vervollständigte sich die Krippe mit Maria und Josef, den Hirten und den Königen. Eine Weihnachtskrippe in dieser Vollform scheint 1601 in Altötting aufgebaut worden zu sein.
Der Autor ist Professor für Pastoralliturgie und Domkapitular in Mainz.