Gottesbeweis -

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kurz:

Gottesbeweis

Ob ich an Gott glaube oder nicht, entscheidet sich nicht daran, ob es Beweise für seine Existenz gibt oder nicht. Die Frage nach Gott ist viel grundsätzlicher oder besser: existenzieller. Es geht darum, ob Gott für mich, für mein Leben eine Bedeutung hat, ob eine Beziehung zu ihm da ist oder nicht. Glaube bedeutet ja nicht bloß: etwas für wahr halten, sondern „Glaube“ im theologischen Sinn meint eine lebendige Beziehung. Wie jede Beziehung schließt auch die Beziehung zu Gott Konflikte, Unverständnis, ja sogar Zweifel oder Ablehnung nicht aus. Der Glaube an Gott ist oft ein Ringen des Menschen mit diesem Wesen, das uns alles bedeutet und das doch so anders ist; dessen Pläne und dessen Handeln wir manchmal nicht begreifen können und nach dessen Nähe wir uns aber doch so sehr sehnen.

ausführlich:

Gottesbeweis

Der Glaube an Gott und die Vernunft

„Nicht aus uns holen wir also das Licht für unser Denken, die Kraft für unser Tun, ein Vermögen, das sich am Grund unserer Seele verbirgt, eine Wahrheit, die uns innerlicher ist als unser eigenes Erkennen, eine Energie, die uns in jedem Moment unserer Entwicklung die nötige Kraft, Freiheit und Klarheit schenkt. All dies ist in uns, ohne von uns zu sein. Etwas, was in uns wirkt, uns aber ständig übersteigt und weitertreibt.“ Mit diesen Worten beschreibt der Philosoph Maurice Blondel (+ 1949) das Phänomen, das die Philosophen Transzendenz nennen und das in den meisten Religionen der Welt „Gott“ heißt. Die Frage, wie wir uns diese Transzendenz konkret vorstellen dürfen, darüber geben die unterschiedlichen Religionen zum Teil sehr unterschiedliche Antworten: von einer alles irgendwie umfassenden unpersönlichen Allmacht bis hin zu jenem jüdisch-christlichen Gottesbild, das in Gott eine Person, ein Gegenüber, ein „Du“ erkennt.

Wie aber kann ich sicher sein, dass es Gott gibt? Lässt sich seine Existenz beweisen? Immer wieder ist gegen den Glauben argumentiert worden, und immer wieder haben große Theologen in der Geschichte der Kirche versucht, mit „Gottesbeweisen“ schlüssig aufzuzeigen, dass die Existenz Gottes vernünftig nicht zu leugnen sei – und sind mit diesen Versuchen letztlich an ihre Grenzen gestoßen. Und doch geht von manchen dieser „Gottesbeweise“ bis heute eine echte Faszination aus.

Der mittelalterliche Theologe Anselm von Canterbury etwa glaubte, mit seinem so genannten „ontologischen Gottesbeweis“ allein aus der Begriffsdefinition die Existenz Gottes zwingend logisch beweisen zu können. Er versuchte einen Begriff für Gott zu finden, dem auch ein Atheist, ja sogar der dümmste Narr problemlos zustimmen kann. So kam er zu folgender Definition: „Gott ist das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“. Das ist einleuchtend. Das Problem ist, dass nicht jeder einsieht, dass Gott, also das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, auch wirklich existiert. Nun ist es aber so: Ich kann mir Gott einfach nur in meinem Verstand einbilden. Allerdings ist etwas, das nicht nur im Verstand ist, sondern auch existiert, immer größer und vollkommener als etwas, das bloß gedacht ist. Wenn das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“ nur gedacht ist, aber nicht wirklich existiert, dann ließe sich etwas denken, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, das nicht nur gedacht ist, sondern auch existiert. Nun aber ist Gott per definitionem das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Also folgt aus diesem Begriff von Gott, dass er existieren muss, denn nur dann ist er das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann.

So bestechend dieser Gedankengang auch ist: Gottes Existenz lässt sich auf diese Weise nicht „beweisen“ im streng naturwissenschaftlichen Sinn. Tröstlich ist: genauso wenig lässt sich seine Nichtexistenz zwingend beweisen. Alle Argumente gegen den Glauben an Gott, die im Lauf der Zeit ins Feld geführt wurden, zum Beispiel: Gott sei nur eine Art Lückenbüßer für die (naturwissenschaftlichen) Fragen und Probleme, die wir gegenwärtig noch nicht erklären können und er verschwinde mit dem Fortschritt der Wissenschaften (Positivismus); Gott sei nichts als eine bloße Projektion des Menschen, seiner Wünsche und Sehnsüchte (L. Feuerbach); oder Gott sei eine interessenbedingte Vertröstung des Menschen auf das Jenseits (K. Marx, Fr. Engels), sind letztlich genauso wenig schlüssig und zwingend.

Immerhin können die „Gottesbeweise“ aufzeigen, dass es nicht unvernünftig ist, an Gott zu glauben, oder positiv ausgedrückt: dass der Glaube an ein transzendentes Wesen, an einen Gott durchaus mit der Vernunft vereinbar ist. Ja, sie können sogar eine Hilfe sein und einen Zugang schaffen zum Geheimnis Gottes. Deshalb spricht der mittelalterliche Theologe Thomas von Aquin auch nicht von „Beweisen“, sondern von fünf „Wegen“, auf denen er mit dem Werkzeug der menschlichen Vernunft zur Annahme Gottes gelangt.

Wenn es aber letztlich keinen schlüssigen Beweis für die Existenz Gottes gibt, wie können wir dann überhaupt verlässlich etwas von Gott wissen? Wir wissen von Gott, weil Gott von sich aus auf die Menschen zu geht, weil er sich uns offenbart. In der Schöpfung genauso wie in der Geschichte haben Menschen Gottes guten Plan erkennen können. Durch einzelnen ausgewählte Menschen wie Abraham, Mose oder die Propheten hat Gott seine Pläne offenbart. Die Heilige Schrift, die Bibel, gibt Zeugnis von dieser Offenbarung Gottes, aber auch die lebendige Überlieferung (= Tradition) der Kirche. Am nachhaltigsten und unmittelbarsten aber hat sich Gott den Menschen offenbart, in dem er in Jesus Christus selbst Mensch geworden ist. In Jesus ist uns die Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes in sichtbarer Gestalt erschienen. Wie sehr Gott uns Menschen liebt, kann ich aber nicht durch einen noch so schlüssigen Beweis herleiten. Das kann ich nur erfahren, indem ich mich auf das Wagnis des Glaubens, auf eine lebendige Beziehung mit Gott, einlasse.

Autor(en): Tobias Schäfer