Der Tod schwebt wie ein unsichtbarer Schatten über dem gesamten Leben der Menschen. Ist ein Kind heil geboren, beginnen die Sorge und Ängstlichkeit der Eltern um die Gesundheit und das Wohlergehen des Kindes . Die Befürchtung, dass „etwas passiert", begleitet das ganze Leben. Krankheiten, Unglück, Unfälle, Katastrophen im persönlichen und globalen Bereich scheinen an jeder Ecke zu lauern. Am Ende steht die Entgültigkeit des Todes für jeden, früher oder später.
So müssen die Menschen, bewusst oder unbewusst, täglich mit dem unvermeidlichen Tod als letzter Station ihres Lebens rechnen.
Menschen wollen sich aber damit, dass sie diesem Tod hilflos ausgeliefert sind, nicht abfinden. In ihnen brennt die Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort sei. Sie hoffen und erflehen ein Weiterleben über den Tod hinaus, für sich selbst und für die lieben Menschen, die sie an den Tod verlieren.
Eine Religion ist nur soviel wert, so sagen die Religionssoziologen, wie sie hilfreiche Antworten auf die Erfahrung von Leid und Tod geben und die Hoffnung auf Zukunft auch nach dem Tod überzeugend verkünden kann. Die Mythologien der alten Völker, von den Sumerern und Ägyptern bis zu den Griechen und Römern, bieten den Menschen Vorstellungen und Glaubensüberzeugungen an. Die heutigen Weltreligionen sprechen in je eigener Weise von Tod und Weiterleben nach dem Tod. Von östlichen Religionen stammt die Vorstellung von einer Wiedergeburt.
Der Glaube der Christen lautet: Weil Jesus Christus starb und von den Toten auferstanden ist, gibt es für alle Menschen die begründete Hoffnung, dass der Tod nicht das Ende, sondern der Anfang zu neuem Leben ist.
Was geschah damals, als Jesus Christus gekreuzigt wurde? Seine Volksgenossen hatten ihn dem römischen Statthalter ausgeliefert, weil das, was er den Menschen verkündet hatte, nach gängigem Verständnis unerträglich, gotteslästerlich war. Nach einem ungerechten Prozess wurde er durch Pontius Pilatus zum Tod durch Kreuzigung verurteilt. Der grausame Martertod durch Kreuzigung, wohl von den Persern erfunden, war die härteste Todesstrafe der Römer für Sklaven und Rebellen. Die Juden kannten die Kreuzigung nur, wenn sie einen wegen Gotteslästerei Gesteinigten nachträglich ans Kreuz hängten. Zur Prozedur der Kreuzigung bei den Römern gehörte, dass der Verurteilte das Querholz des Kreuzes zum Richtplatz trug, er wurde entkleidet, ausgepeitscht, erniedrigt und gequält. Am Querbalken angebunden oder angenagelt wurde er den eingerammten Pfahl hinaufgezogen. Die Hingerichteten hingen oft tagelang, bis sie qualvoll starben. Manchmal wurde dem Tod nachgeholfen, indem mit Stangen die Knochen zerschlagen wurden.
„Und einen solchen Tod ist euer Gott gestorben? Was soll das für ein Gott sein?" Mit diesen Fragen sahen sich die jungen Christengemeinden konfrontiert. Paulus hält dagegen: „Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit." (1 Kor 1,22-24)
Zu der Erfahrung des schändlichen Todes Jesu am Kreuz kam aber eine andere Erfahrung: Der, der gestorben und ins Grab gelegt worden war, erscheint seinen Freunden und Jüngern. Er kommt durch verschlossene Türen und steht leibhaftig vor ihnen, spricht mit ihnen, isst mit ihnen. Diese Erfahrung verändert alles. Von dieser Erfahrung her sehen sie das Leben Jesu und seinen Tod in einem neuen Licht. Ihnen wird bewusst: Dieser Jesus ist der Herr ihres Lebens, er ist der Herr über Leben und Tod - und das hat Bedeutung für alle Menschen.
In einer der Ostergeschichten wird erzählt, wie zwei Jünger von Jerusalem nach Emmaus gehen (Lk. 24,12-35). Der auferstandene Jesus gesellt sich zu ihnen und fragt sie, warum sie traurig sind. Ganz erfüllt von den Erfahrungen der Kreuzigung Jesu schildern sie die Ereignisse und ihre enttäuschten Hoffungen. Sie sind so ihrem Leid gefangen, dass sie Jesus nicht erkennen. Jesus erklärt ihnen Zusammenhänge und bricht mit ihnen das Brot. Erst jetzt gehen ihnen die Augen auf. Sie eilen zurück nach Jerusalem und tauschen mit den anderen Jüngern die Erfahrungen aus: Er lebt!
So wie sich der Tod Jesu historisch belegt ist (z.B. bei Flavius Josephus), so lässt sich die Auferstehung nicht beweisen. Das leere Grab und die Zeugnisse der Jünger sind zwar Hinweise, aber die Auferstehung ist ausschließlich Gegenstand des christlichen Glaubens.
Im christlichen Glauben geht es nicht zuerst darum, wie man Tod und Weiterleben danach verstehen kann, sondern um die Erfahrungen mit dem Menschen Jesus von Nazareth, der am Kreuz gestorben und nach drei Tagen von den Toten auferstanden ist. Das historische Ereignis des Todes Jesu haben wohl große Menschenmengen miterlebt. Von Erfahrungen mit dem wieder lebendigen Jesus sprechen die Schriften des Neuen Testaments. Die Erfahrungen, dass Jesu lebt, formulieren die ersten Christen in kurzen Glaubensbekenntnissen. Sie prägen Formeln, die an vielen Stellen des Neuen Testaments wiederholt werden.
* An Pfingsten verkündet Petrus: „Israeliten, hört diese Worte: Jesus, den Nazoräer, den Gott vor euch beglaubigt hat durch machtvolle Taten, Wunder und Zeichen, die er durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst - ihn, der nach Gottes beschlossenem Willen und Vorauswissen hingegeben wurde, habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und umgebracht. Gott aber hat ihn von den Wehen des Todes befreit und auferweckt; denn es war unmöglich, dass er vom Tod festgehalten wurde." (Apg 2,22 f.)
* Im ersten Korintherbrief schreibt Paulus: „Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen." (1 Kor 15,3-6)
* Kurz und prägnant formuliert der Römerbrief: „Wenn du mit deinem Mund bekennst: ‚Jesus ist der Herr' und in deinem Herzen glaubst: ‚Gott hat ihn von den Toten auferweckt", so wirst du gerettet werden." (Röm 10.9)
Die Christen bringen den Tod Jesu und seine Auferstehung in einen Zusammenhang. Der bittere Tod Jesu hat einen tiefen Sinn: Seine Liebe zu den Menschen veranlasste Gott, seinen Sohn Mensch werden zu lassen, so sehr Mensch, dass er sogar die letzten Abgründe der Menschen nicht auslassen sollte. Sein Tod war eine Selbsthingabe (2 Thess 5,9 f. Röm 4,25; 1 Kor, 15,3; Gal 1,4). Er wollte die Menschen von ihren Sünden und dem ewigen Tod befreien.
Neben den Glaubensformeln, die besonders in den Schriften des Paulus zu finden sind, entstanden in den ersten christlichen Gemeinden die Auferstehungsberichte der Evangelien. In verschiedener Weise, inhaltlich manchmal mit Abweichungen oder gar mit Widersprüchen, erzählten die vier Evangelisten vom Ostergeschehen. Sie wollten dabei kein exaktes Bild des Ablaufes zeichnen, sondern bezeugen: Er ist wirklich auferstanden - es gibt Zeugen, die ihn nach seiner Auferstehung gesehen und berührt haben, die mit ihm gesprochen und gegessen haben, die von ihm den Auftrag erhalten haben, seinen Tod und seine Auferstehung in der ganzen Welt zu verkünden.
Der Tod wird zwar immer das menschliche Leben überschatten, aber der christliche Glaube eröffnet ein Perspektive über den Tod hinaus. Stärker als Leid und Tod ist das Leben, das Christus durch seine Auferstehung verheißt. Ein Trost und eine Hoffnung für alle, die darauf vertrauen.
Der Glaube an Tod und Auferstehung Jesu verändert den Blick der Menschen auf das eigene Leben: Was mit Jesus geschehen ist, das wird auch mit uns geschehen. Sein Tod und seine Auferstehung sind Garanten für unsere Zukunft. „Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben. Wenn wir nämlich ihm gleich geworden sind in seinem Tod, dann werden wir mit ihm auch in seiner Auferstehung vereinigt sein." (Röm 6,4 f.)
Das Ziel der Auferstehung, das „ewige Leben", ist aber nicht ohne das Kreuz zu haben. Wie Jesus durch Leiden und Tod hindurch zur Auferstehung gelangte, so bleibt auch denen, die Jesus nachfolgen und seine Jüngerinnen und Jünger sein wollen, das Kreuz nicht erspart.
Die ersten Christengenerationen mussten das schmerzlich in den Christenverfolgungen erfahren. Bis auf den heutigen Tag müssen Christen in manchen Teilen der Erde damit rechnen, um ihres Glaubens willen verfolgt und getötet zu werden. Christen werden immer neu begreifen müssen, was Paulus für sich formulierte: „Ich bin mit Christus gekreuzigt worden; nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat." (Gal 2,19-20)
Für die meisten Christen wird Glaube nicht gleich Gefahr für ihr Leben werden. Darum wird sich der Glaube in den kleinen Begebenheiten und Aufgaben des Alltags bewähren müssen. Sie werden wie Jesus und in seiner Nachfolge andere Menschen, besonders die bedürftigen und armen, unterstützen.
Autor(en): Hubertus Brantzen