Drei Glocken des Geläutes von St. Elisabeth mussten im Sommer 1943 abgehängt und zu Rüstungszwecken abgegeben werden. Alle Glocken, außer die kleinste Marienglocke, wurden auf den Sammelplatz im Hamburger Hafen gebracht. Hier sollten sie eingeschmolzen werden. Glücklicherweise erreichte das Kriegsende Hamburg, bevor dieses Vorhaben umgesetzt werden konnte.
Am Ende des Krieges machte sich eine Delegation aus St. Elisabeth auf den Weg nach Hamburg und konnte glücklicherweise die drei Glocken anhand ihrer Inschriften identifizieren.
Zeitzeugin Alexandra Pradella Ott berichtet von der Ankunft der Glocken in Darmstadt:
„1947 [ich war 13 Jahre alt], welcher Monat es war, weiß ich nicht mehr, es muss sommerlich gewesen sein, denn ich fror nicht in meinem weißen Kleidchen, welches aus einem Bettlaken zusammengestellt wurde, und hatte einen Margeritenkranz auf dem Kopf.
Mir sagte Pfarrer Held am Tage zuvor, dass ich mit ihm die 3 Glocken vom Bahnhof begrüßen und abholen sollte als Belohnung, weil ich jeden Sonntag zum Kindergottesdienst solo sang.
Die Glocken wurden am Darmstädter Bahnhof auf den Lastwagen auf breiten Brettern verladen. Dies dauerte eine Zeit lang. Ich hatte Zeit, die Glocken zu bewundern, die mit künstlerischen Reliefs geschmückt und mit deutschsprachigen und lateinischen Sprüchen besetzt waren.
Menschenmengen erwarteten sie. Ich als 13-jährige saß am Rande der kleineren Glocke. Wir fuhren die Rheinstraße lang. Auf beiden Straßenseiten standen Hunderte von Menschen mit wehenden Taschentüchern und riefen "HOCH".
Vom Luisenplatz machten wir eine Linksdrehung in die Arheilger Straße bis zur Rechtsdrehung vor der Straße, wo die Straßenbahn am Schlossgartenplatz fuhr. Überall an den Straßenseiten standen Menschen, die winkten und applaudierten. Es war ein Triumphzug der Glocken, die heimkehrten."
"Als der Lastwagen langsam am Schlossgartenplatz einfuhr, stand schon der Flaschenzug bereit. Als die Menschenmenge die Glocken erblickten, fingen sie einstimmig "Großer Gott, wir loben Dich" zu singen an. Ich sah weinende Menschen, die sich die Augen mit einem Taschentuch wischten. Ich selber war auch von diesem Moment ergriffen und weinte.
Die Menschenmenge wartete stundenlang geduldig bis die erste und kleinere Glocke vom Flaschenzug in den Kirchturm empor gezogen wurde.
Es gab kein Festessen, jeder selber hatte kaum etwas zu essen. Wir waren glücklich, wenn uns ein Bauer ein paar Kartoffeln schenkte.“
Heute lebt Alexandra Pradella Ott in den USA. In einem E-Mail-Wechsel mit Pastoralreferent Dominique Humm schrieb sie von den Erlebnissen ihrer Kindheit. Ihre Berichte geben eindrucksvoll Einblick in die damalige Zeit.