Kirchbau

Geplant und gebaut wurde die Elisabethkirche durch den Mainzer Architekten Ludwig Becker als neogotische dreischiffige Pfeilerbasilika. Das höhere Hauptschiff sowie das Querschiff ergeben eine Kreuzesform. Als Besonderheit über dem rechten Seitenschiff eine Kapelle eingerichtet. Zahlreiche Verzierungen an den Portalen, Fenstern und Türmchen sind in Sandstein ausgeführt. In den Kirchbau ist ein Turm integriert, der mit 80m bis heute der höchste Kirchturm Darmstadts ist. 

Kirche mit Dachreiter (c) St. Elisabeth

Im zweiten Weltkrieg wurde die Kirche von zwei Bomben getroffen, die das Mittelschiff und das linke Seitenschiff zum Einsturz brachten. Beim Wiederaufbau wurden Gebäudeteile rekonstruiert, variiert oder aus Kostengründen weggelassen, wie der ehemalige Dachreiter. 

Der Bau im Detail

Eine eigene Kirche für die Katholiken in Darmstadts Norden: St. Elisabeth

Autor: Dr. Jörg Pfeifer

Bereits Pfarrer Koser sah die Notwendigkeit, die Errichtung einer zweiten katholischen Kirche für Darmstadt zu forcieren. Seinem Nachfolger, Pfarrer Dr. Friedrich Elz, gelang dann, was Koser schon angedacht hatte.

Schon bald nach seiner Amtseinführung am 10.01.1892 begann Elz mit der Suche nach einem geeigneten Bauplatz für die neue Kirche im Norden der Residenzstadt. Jenseits des Herrngartens war in den Jahren zwischen 1880 und 1890 ein ausgedehntes Wohnviertel entstanden, in dem vor allem Handwerker, Beamte, Angestellte und Arbeiter der Chemiefabrik Merck und der ausgedehnten Betriebe der Eisenbahn ein neues Zuhause gefunden hatten.

Am 06.02.1893 konnte auf Beschluss des Kirchenvorstands die Hofreite Gardistenstraße 1 des Mechanikus Weingarten für 40.000 Mark als Bauplatz für die neue Kirche erworben werden. Erweitert wurde das Grundstück dann noch durch den Ankauf der benachbarten Hofreite Schloßgartenstraße 57. Der Kaufpreis für das zweite Grundstück sollte aus den Erträgen des Kirchbauvereins finanziert werden. Der Kirchbau selbst konnte aber erst 1903 begonnen werden.

Am Weihnachtsfest 1896 betrat Pfarrer Dr. Elz die Kanzel von St. Ludwig

„... und verlangte eine Herberge für Gott. Keinen Stall – eine Herberge! (...) Er verglich Christi Geburtsort Bethlehem mit unserem Darmstadt. Ein kühner Vergleich! Doch Friedrich Elz brachte ihn sogleich auf den entscheidenden Punkt, einen neuralgischen Punkt. Denn: Im Norden der Stadt wohnten damals 3.000 Katholiken, zu weit weg von St. Ludwig, um einen ständigen Gemeindekontakt zu halten. Die Frage des Pfarrers klang alarmierend durch die Rotunde der Kirche: „Und so viele Katholiken sollten keine Kirche notwendig haben?“ (...) Das sachte anhebende Crescendo der Predigt steigerte sich schließlich zum mitreißenden Gewissensruf: „Viribus unitis – mit vereinten Kräften wollen wir dahin wirken und arbeiten, dass in dieser Stadt schon bald eine neue Herberge für Gott und seine Gläubigen errichtet werde!“ Pfr. Elz spürte aus der feierlichen Stille, die seinen Worten folgte, dass seine Gemeinde einmütig hinter ihm stand. Das war der gesegnete Augenblick für die Losung dieses Tages. Des Predigers Stimme fand offene Ohren und Herzen, als er allen zurief: „Nun auf zur Tat!“ Das eherne „Amen“ drückte das Siegel der Gnade auf die Bereitschaft der Hörer.“

Quelle: Pfarrchronik St. Ludwig, S. 59

Ab Herbst 1901 war es den Katholiken im Darmstädter Norden möglich, in der Nähe der neu zu errichtenden Elisabethkirche zum Gottesdienst zu gehen, da durch das Entgegenkommen der Großherzoglichen Bürgermeisterei die Erlaubnis erteilt wurde, in der Kapelle des städtischen Pfründnerhauses – unweit des Bauplatzes der neuen Kirche – jeden zweiten Sonntag eine heilige Messe mit Predigt zu feiern. Die in der Umgebung wohnenden Katholiken machten von dieser Möglichkeit reichen Gebrauch.

Die Grundsteinlegung

Nachdem man bereits um Ostern 1903 mit der Niederlegung der alten Häuser auf dem Kirchengelände und der Fundamentierung begonnen hatte, konnte der Mainzer Domdekan Dr. Michael Raich22 am 04.10.1903 die Grundsteinlegung der neuen Kirche vornehmen.

Die Urkunde, die in den Grundstein der Kirche eingemauert wurde, hatte folgenden Wortlaut:

"Im Namen

des Vaters und des Sohnes und des hl. Geistes.

Amen.

Am Feste des heiligsten Rosenkranzes,

den 4. Oktober im Jahre des Heiles 1903,

als

Papst Pius X.

das Schifflein Petri als Nachfolger Leo’s XIII. seit zwei Monaten lenkte,

als

Bischof Dr. Heinrich Brück

die Mainzer Diözese leitete,

als

Kaiser Wilhelm II.

mit strammer Hand das Ruder des Deutschen Reiches führte,

als

Grossherzog Ernst Ludwig,

ein kunstsinniger, gegen alle seine Untertanen gerechter

und milder Fürst, in Hessen und bei Rhein regierte,

als

Freiherr Ludwig von Grancy-Senarclens

Provinzialdirektor von Starkenburg

und

Adolf Morneweg

Oberbürgermeister von Darmstadt war,

als

Geistlicher Rat und Dekan Dr. Friedrich Elz

unter Beihilfe der

Herren Dr. Joseph Schneider, Dr. Heinrich Beickert

und Georg Metzger als Kaplänen

und der

Herren Eisenbahnbauinspektor Heinrich Stieler, Ministerialrat Maximilian Freiherr von Biegeleben, Bankbeamter Brun, Professor Ensgraber, Rechnungsrat Grimm und Rechnungsrat Rumpf

als Kirchenvorstandsmitgliedern

die Stadt Darmstadt im 12. Jahr seiner hiesigen

Wirksamkeit als Pfarrer leitete,

wurde dieser Grundstein im Beisein eines zahlreichen Volkes

 von dem Hochwürdigen Mainzer Domdekan

Dr. Michael Raich,

feierlich geweiht und gelegt.

Auf ihm wird sich die neu zu erbauende Kirche zu Ehren der lieben hl. Elisabeth, Landgräfin zu Hessen und Thüringen, erheben. Den sinnigen Bauplan hat der Mainzer Architekt Ludwig Becker entworfen, durch dessen Kunst schon zahlreiche Kirchen in den verschiedensten Gegenden Deutschlands erbaut worden sind;

die Hausteine lieferte der wohlbekannte Kreuznacher Steinmetz Christian Hocke, der auch die Maurerarbeit besorgte.

Den Bau werden im Namen des Kirchenvorstandes beaufsichtigen die Herren Architekten: Regierungsbaurat Wilhelm Heis und Bernhard Merchel.

Möge nun dieser geweihte Grundstein das sichere Fundament sein, auf welchem unter dem Schutz der

1. Elisabeth

ein neuer Tempel des lebendigen Gottes sich erbaut, damit in ihm Wohnung nehme der Welterlöser, auf den die Bewohner der zukünftigen Pfarrei St. Elisabeth als lebendige Bausteine eingefügt, stark im Glauben in diesen so glaubensfeindlichen Zeiten und entzündet von inniger Liebe in dieser so liebearmen Welt, sich auferbauen zu einem heiligen Tempel im Herrn.

So sei es! So sei es!

Es sollte die 50. Kirche des Mainzer Dombaumeisters Ludwig Becker (1855-1940) werden. Der Dominikanerpater Bonaventura Klotz hob in seiner Festpredigt anlässlich der Grundsteinlegung hervor, dass die Erbauung der Kirche „eine religiöse, patriotische und soziale Tat“ gewesen sei. Dr. Elz wurde dieser Kirchbau als Zeugnis seines pastoralen Denkens angerechnet, da er seinen Wunsch, die noch immer unvollendete Pfarrkirche St. Ludwig zu renovieren, hinten an stellte, um die Seelsorge für die Katholiken in Darmstadts Norden auf ein solides Fundament zu stellen.

Elz verstand es, für dieses Projekt alle Kreise seiner Pfarrei zu mobilisieren. Große Konzerte und Bazare wurden veranstaltet, um einen Beitrag zur Finanzierung der Baumaßnahme zu leisten. Die Baukosten beliefen sich – einschließlich der Kosten für die Errichtung des Pfarrhauses – auf 400.000 Mark. Während der Bauzeit veranlasste Pfarrer Elz viele Gemeindemitglieder zu Stiftungen, so dass es ihm gelang, für alle Fenster, den Hochaltar, den Muttergottesaltar, den Taufstein und einen Teil der Kirchenbänke Stifter zu gewinnen.27 Anzumerken bleibt, dass Dr. Elz die Geldgeschenke anlässlich seines Silbernen Priesterjubiläums am 05.06.1898 dazu verwendete, den Muttergottesaltar, der heute noch als Hochaltar die Pfarrkirche St. Elisabeth schmückt, auf der Weltausstellung in Paris zu erstehen und der neuen Pfarrei zum Geschenk zu machen.

Der Tag der Konsekration – 30.09.1905

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, sagt man. So war es auch vor 100 Jahren. Die Weihe der zweiten Pfarrkirche der Residenzstadt Darmstadt war ein Ereignis, dem die Presse große Aufmerksamkeit zukommen ließ. Mehrere Tage lang behandelte beispielsweise das Mainzer Journal dieses Ereignis.

Zwei Tage vor der Weihe erschien ein erster Artikel, der das feierliche Ereignis ankündigte:

„Endlich nach jahrelanger Arbeit, nach großen Opfern der Darmstädter Katholiken aller Stände ist die neue St. Elisabethenkirche , die zweite katholische Pfarrkirche unserer Residenzstadt, vollendet, und soll morgen, am 30. September, vom Hochw. Herrn Bischof von Mainz die Weihe erhalten. Nachdem der hohe Herr vor einigen Wochen die Glockenweihe vorgenommen, sind jetzt die Arbeiten außen und innen ziemlich vollendet, so daß der Gottesdienst abgehalten werden kann. Wir brauchen die Kirche, diese Perle der Spätgotik, die als Ganzes sowie im Einzelnen, das Auge des Kunstkenners entzückt, nicht des Näheren zu beschreiben. Wohl alle, die Darmstadt in diesen Monaten gesehen haben, sind darin einig, daß dieses Gotteshaus eine Perle innerhalb der Mauern der Residenzstadt ist. Weithin den nach Darmstadt Reisenden durch den 80 Meter hohen, herrlich gegliederten Turm grüßend, sich darbietend, lädt sie zum Besuche des Inneren ein, das, in seiner ganzen Anlage, mit seinem reichen Pfeilerschmuck, dem aus der Firma Gg. Busch und Söhne zu Groß-Steinheim gefertigten gotischen Flügelaltar, dem bald zur Aufstellung gelangenden, vom St. Bernward-Institut in Mainz gelieferten, in kunstvoller, gotischer Arbeit gefertigten Taufstein (mit Metalldeckel), den z. T. schon fertiggestellten Fenstern, den Beschauer erfreuen wird. Es ist unseres Wissens die 50. Kirche, die der geniale Architekt Herr L. Becker aus Mainz gebaut; wie dieser Baumeister in dem frühgotischen sog. Dom der Bergstraße, der Kirche in Heppenheim, trotz gewisser räumlicher Beschränkungen sich ein Denkmal der Frühgotik gesetzt, so hat er in Darmstadt in der Elisabethenkirche gezeigt, dass er auch der formen- und zierreichen Spätgotik imponierenden Ausdruck verleihen kann.  Eine Kirche würdig des Namens der hl. Elisabeth, der Krone der deutschen Heiligen! Gewiß wird kein Besucher aus den Mauern dieser Stadt scheiden, ohne sein Auge am Bau der Elisabethenkirche geweidet zu haben.

Doch den Darmstädter Katholiken ist diese Kirche noch mehr. Die kath. Gemeinde, von 1500 Katholiken im Jahr 1822 auf etwa 14000 im Jahre 1905 angewachsen, hat nun das notwendige zweite große Gotteshaus im nördlichen Stadtbezirk. Für die Bewohner dieses Bezirks ist es eine große Freude, daß sie endlich einmal nicht mehr so weite Wege zur alten St. Ludwigskirche machen müssen, um ihre religiösen Pflichten zu erfüllen.  Und daß es sich nicht um wenige handelt, geht schon daraus hervor, daß etwa 5000 Katholiken der neuen Pfarrei eingepfarrt werden.

Zur Einweihung hat sich ein Komitee gebildet, das auch die Herausgabe einer eigenen, hochinteressanten  Festschrift (Meyersche Buchhandlung, Darmstadt, 1.25 Mk.) veranlaßt hat. Dieses kleine Werk, das interessante Streiflichter auf die Geschichte der kath. Gemeinde, die Wohltätigkeit der Großherzogl. Hauses gegenüber den Katholiken wirft, wird allen Freunden und Interessenten eine willkommene Gabe sein.  Auch die Kirche selbst findet darin eine eingehende Beschreibung. Außerdem wird in diesen Tagen eine Festzeitung erscheinen.

Möge das Fest von schönem Wetter begleitet und so die Festesfreude eine doppelte sein! Möge es aber auch für die Katholiken der Südstadt ein Ansporn sein, nun auch daran zu denken, daß Darmstadt-Bessungen die Stätte sein soll, wo das dritte Gotteshaus in den nächsten Jahren erstehen muß. Die Opferwilligkeit des kath. Volkes, das hat der Bau der St. Elisabethenkirche gezeigt, ist groß; sie wird auch weiterhin ihre Pflicht tun zur Ehre des Allerhöchsten!“

Quelle: Mainzer Journal vom 29.09.1905      

Am eigentlichen Weihetag würdigte Dionys Kauth die Einweihung der zweiten Pfarrkirche Darmstadts. Er betonte dabei das Wirken des Menschen zur höheren Ehre Gottes:

„Es ist von jeher ein inneres Bedürfnis des Menschen gewesen, sein bestes Können, seine beste Habe in den Dienst Gottes zu stellen. Wo sich die ersten Regungen der Kunst zeigen, wo zuerst ein Schönheitssinn sich entwickelt und Freude am Schmuck, da finden wir die Beziehungen zum höchsten Wesen, sowohl bei den heutigen Naturvölkern, wie auch bei jenen untergegangenen Völkern mit hoher Kultur, deren Entwicklungsgang wir aus dem Staub der Jahrhunderte graben und zu erkennen trachten. Die Verehrung der Gottheit ist wohl unbestritten seit den Urzeiten, angefangen bei den ältesten Kulturvölkern mit ihren verschiedenen Religionen, der mächtigste Impuls gewesen, der Menschen bewegt; im Dienste der Gottheit haben sie Werke geschaffen, die Jahrhunderte überdauerten durch das Kolossale ihrer Anlage, die aber auch in künstlerischer Ausführung das Höchste boten und deren Reste noch heute ungeteilte Bewunderung erregen.

Durch alle Zeiten hindurch hat sich jener innere Drang bekundet, durch alle Jahrhunderte hindurch sehen wir seine bezwingende Macht bis zum heutigen Tage und nicht zum wenigsten in der Aera des Christentums. Da sind unzählige Gotteshäuser, gewaltige Bauwerke, entstanden, seitdem die christliche Lehre ihre Herrschaft über die Völker angetreten hat und immer noch wachsen neue empor, jetzt aber hochanstrebend, schon, wie äußerlich weisend, zum einen wahren Gott dort oben.

So hat der Bischof heute wieder einem neuen Gotteshause die Weihe gegeben und in die Zahl der Denkmäler christlicher Kunst St. Elisabeth zu Darmstadt eingereiht.

St. Elisabeth zu Darmstadt ein Denkmal christlicher Kunst! Ich möchte fast, um meiner Aufgabe, eine Darstellung der Kirche zu geben, nur in etwa gerecht zu werden, zur Symbolik meine Zuflucht nehmen und die Eigenschaften der Patronin der Kirche auf den Bau übertragen. Wenn eine Wechselbeziehung der Eigenschaften der Patronin und des Baues gewollte Absicht des Baumeisters gewesen wäre, sie könnte nicht gelungener sein, als wie uns jetzt die Kirche anspricht: eine hoheitsvolle, mächtige Erscheinung, doch lieblich und schön, das Auge erfreuend und das Herz erwärmend und erhebend. Auch der aus hohem Munde gekommenen Bezeichnung wird jeder zustimmen müssen: ein herrliches, in Stein gehauenes Gedicht ist es, was Baumeister Becker aus Mainz hier gebaut hat. (...)“           

Quelle:  Mainzer Journal vom  30.09.1905

Einen Überblick über den Ablauf der Feierlichkeiten vermittelt ein Artikel, der am 2. Oktober im Mainzer Journal erschien:

„Die Feier wurde am Freitag Abend durch das Geläute sämtlicher Glocken eingeleitet. Heute Morgen 7 ½ Uhr blies die Kapelle Hilge auf der Galerie des Turms einige Choräle, worauf um 8 Uhr der Hochw. Herr Bischof die Konsekration vornahm, die bis gegen 11 Uhr dauerte. Alsdann folgte das levitierte Hochamt, das von Herrn Pfarrer Möller -  Bensheim unter Assistenz der Herren Kapläne Schmidt - Darmstadt und Metzger -  Mainz zelebriert wurde. Anwesend waren die Vertreter des Landesherrn Oberhofmarschall von Westerweller, Staatsminister Rothe, Provinzialdirektor von Grancy, Oberbürgermeister Morneweg, Mitglieder des Stadtverordnetenkollegiums, die Kirchenvorstände von Darmstadt und Bessungen, Vertreter der beiden katholischen Korporationen an der Technischen Hochschule u.a.m. Die gesanglichen Darbietungen lagen in den bewährten Händen des katholischen Kirchengesangvereins unter Leitung des Herrn Lehrers Bernd. Die Festpredigt hatte der Hochw. Pater Pacificus aus dem Franziskanerkloster Fulda übernommen. Von der Stelle im Evangelium des hl. Lukas ausgehend30: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren“, schilderte er die Bedeutung des katholischen Gotteshauses und die Pflichten des Christen innerhalb desselben. Hierin könne uns die hl. Elisabeth als Muster dienen, die stets mit heiligem Schauer und glühender Andacht das Gotteshaus betreten habe, in dem sie in schwerster Not Trost gefunden habe. Um 12 Uhr war die Feierlichkeit zu Ende. Um 1 Uhr schloß sich in dem prächtig geschmückten Konkordiasaale ein Festmahl an, an dem gegen 150 Personen teilnahmen. Die Tafelmusik stellte die Kapelle des 1. Infantrie-Regiments.31 Die Reihe der Toasts eröffnete der Hochw. Herr Bischof, der die Bedeutung des heutigen Tages für die Katholiken Darmstadts schilderte, ihren Pfarrer dem Herrn Geistl. Rat Dr. Elz, für seine Wirksamkeit zu Gunsten des neuen Gotteshauses seinen herzlichsten Dank aussprach und das lebhafte Interesse des Großherzogs für das Bauwerk hervorhob. Die bischöfliche Rede klang aus in ein Hoch auf den Hl. Vater und den Landesherrn. Ministerialrat Frhr. v. Biegeleben brachte ein Hoch auf den geliebten Oberhirten aus, der den Darmstädtern, deren Herzen ihm mit warmer Empfindung entgegenschlügen, besonders nahe stehe. Herr Kaplan Kastell toastierte auf den Schöpfer des Bauwerks, Herrn Architekt Ludwig Becker - Mainz, der heute von seinem Landesherrn mit dem Titel „Professor“ geehrt worden ist und dessen Werk nach dem Urteil des Herrn Provinzialdirektors v. Grancy ein in Stein gehauenes Gedicht sei. Herr Pfarrkurat Dr. Schneider, der Rektor der neuen Kirche, gedenkt des Bauherrn derselben, des Katholischen Kirchenvorstandes, insbesondere seines Vorsitzenden Herrn Geistl. Rates Dr. Elz und dessen rastloser Tätigkeit in Sachen der neuen Kirche. Herr Oberbürgermeister Morneweg erblickt in der Tatsache des Erstehens des prachtvollen Gotteshauses einen Beweis dafür, daß unserer Stadt eine im Durchschnitt leistungsfähige, intelligente, von echtem Bürger- und idealem Sinn erfüllte Bevölkerung zugewachsen ist, und spricht namens der Stadt und als Mensch der katholischen Gemeinde für das großartige Werk und den dasselbe beseelenden Geist seine Gratulation aus. Möchte, das sei sein Wunsch, Duldung und Nächstenliebe auch hier Gesetz bleiben. Sein Hoch gelte der Geistlichkeit und der Gemeinde. Herr Professor Becker - Mainz gedenkt sämtlicher am Bau beteiligten Techniker, worauf Herr Geistl. Rat Dr. Elz dem Herrn Oberbürgermeister für seine überaus freundlichen Worte dankte, mit dem Beifügen, daß während seines hiesigen Wirkens der konfessionelle Friede stets gewahrt worden sei und daß dies auch in Zukunft geschehen möge, sei sein lebhafter Wunsch. Sein Hoch gelte dem Oberhaupt unserer Stadt. Weitere Toaste brachten aus Herr Bauinspektor Stieler auf das Festkomitee und Herr Geistl. Rat Schaefer -  Offenbach auf die Stadt Darmstadt mit ihrer liebevollen und freundlichen Bevölkerung. Nach dem Vortrage eines gedankenvollen Festgedichtes durch  Herrn Oberlehrer Peters, erklärte noch Herr Oberbürgermeister Morneweg, daß die Stadt für den Schmuck, den ihr der prachtvolle neue Bau gewähre, nicht genug dankbar sein könne und ließ den Herrn Geistl. Rat Schaefer, der lange Jahre hier so segensreich gewirkt habe, sowie die übrigen Gäste hochleben. Schließlich wurden noch Glückwunschtelegramme vom Geh. Baurat Hofmann, ferner von dem Vorstand der israelischen Religionsgemeinde Darmstadt, und zwei Damen verlesen.  Der Keller des Katholikenvereins und die Küche des Herrn Hausmeisters Sölter leisteten wieder Treffliches. Morgen Abend findet noch eine Festversammlung statt.“  

Zum Gedenken an diesen bedeutenden Tag hängt in der Sakristei unserer Pfarrkirche die Urkunde von Bischof Dr. Kirstein, die die Weihe der Kirche dokumentiert. Ihr Wortlaut sei zum Abschluss dieses Artikels ebenfalls im Wortlaut wiedergegeben:

„Anno D(omi)ni MCMV die mensis Septembris 30.

Ego Georgius Henricus SANCTAE SEDIS MONGUNTINAE EPISCOPUS consecravi ecclesiam hanc in honorem Dei omnipotentis et gloriosae virginis Mariae atque omnium sanctorum et ad nomen ac memoriam S(an)ctae Elisabeth, viduae et altare maius eiusdem ecclesiae ad nomen ac memoriam S(an)ctae Elisabeth, viduae inclusis in eo reliquiis sanctorum martyrum Gaudentii, Illuminati, Agathae et singulis Christifidelibus hodie unum annum et in festo anniversario consecrationis huiusmodi ipsam visitantibus quadraginta dies de vera indulgentia in forma ecclesiae consueta concessi.

Darmstadt, die ipso consecrationis supra indicato.

+Georgius Henricus

Ex mandato R(everen)d(issi)mi Hellmeister”

Auf Deutsch übersetzt:

"Im Jahr des Herrn 1905, am 30. Tag des September. Ich, Georg Heinrich, Bischof des Heiligen Stuhles zu Mainz, habe diese Kirche zu Ehren des Allmächtigen Gottes und der glorreichen Jungfrau Maria und aller Heiligen und auf den Namen  und zum Gedächtnis der Hl. Witwe Elisabeth und des Hauptaltar ebendieser Kirche  auf den Namen  und zum Gedächtnis der Hl. Witwe Elisabeth geweiht. In den Altar eingeschlossen wurden die Reliquien der heiligen Märtyrer Gaudentius (+418, Bischof von Novara), Illuminatus (unklar), und Agatha (+um 251, Sizilien). 40 Tage Ablass kann nach den Vorschriften der Kirche jeder Gläubige erlangen, der von heute an im kommenden Jahr und an jedem Tag, an dem der Weihe der Kirche gedacht wird, die Kirche besucht. Darmstadt am Tag der Kirchweihe. + Georg Heinrich. Im Auftrag des Hochwürdigsten Herrn. Hellmeister."