aus: "Zwanzig Jahre Kirchenmusik in St. Elisabeth" in der Festschrift zum 100. Jubiläum von St. Elisabeth.
"Und nun zur Orgel, die, als ich sie anfangs spielte, nicht ganz, aber beinahe „auf dem letzten Loch blies“. In den Nachkriegsjahren erbaut, besaß sie nur etwa die Hälfte der ursprünglich vorgesehenen Registerzahl. Als dann die Mittel vorhanden gewesen wären, die Erweiterung vorzunehmen, stellten sich bereits gravierende technische Mängel ein, die den Sinn einer solchen Maßnahme fragwürdig erscheinen ließen. So fielen der Reihe nach immer mehr Töne aus, was dazu führte, dass z. B. eine Tonleiter nur noch lückenhaft erklingen konnte. Irgendwann gab mir jemand den Tipp, dass der Ausfall bestimmter Ventile durch Einschieben eines Radiergummis behoben werden konnte. (Warum das so war, blieb mir zwar schleierhaft, doch Hauptsache, es funktionierte!) In der Folge stieg dann mein Verbrauch an Radiergummis schier ins Unermessliche . Der Gipfel war erreicht, als eines schönen Sonntages während des Hochamtes ein schriller hoher Dauerton erklang, der nur durch Ausschalten sämtlicher Register im Hauptwerk abzustellen war. Das führte dazu, dass man dann aber überhaupt nicht mehr auf dem Hauptwerk spielen konnte. Im Anschluss an den Gottesdienst begab sich Pfarrer Eckstein dann höchstpersönlich auf die Empore, stieg auf die Leiter und pflückte sämtliche betroffenen Pfeifen heraus – besser ein fehlender Ton als ein „Heuler“. Nunmehr war auch der Verwaltungsrat überzeugt, dass nur ein kompletter Orgelneubau in Frage kam . Die immensen Kosten dafür mussten größtenteils von der Gemeinde selbst aufgebracht werden.
Mit dem Bau der neuen Orgel wurde die Werkstatt Andreas M. Ott in Bensheim beauftragt. Diese stellte uns zunächst ein Leihinstrument - ein sog. Orgelpositiv – für die Dauer der Bauzeit zur Verfügung. Auf dieser später von der Gemeinde erworbenen Kleinorgel (drei Register) wurden während der kommenden Jahre sämtliche Gottesdienste begleitet. In dieser Situation bot es sich an, weitere Instrumente hinzuzuziehen, so dass in dieser Zeit sehr viel Kammermusik für die verschiedensten Besetzungen erklang.
Da die neue Orgel eine individuelle, von einem Sachverständigen - Gremium entworfene Maßanfertigung war, nahm der Bau auch eine längere Zeitspanne (vier Jahre) in Anspruch. Zwischendurch gab es einen „Ortstermin“ in der Orgelbauwerkstatt, wo sich interessierte Gemeindemitglieder schon einmal ein Bild von dem künftigen Instrument machen konnten.
Im September 1989 war es dann endlich soweit: die neue Orgel war fertig gestellt und wurde im Rahmen eines Festgottesdienstes von Bischof Gratian Mundadan aus Indien eingeweiht.
Seitdem ist die Orgel in ungezählten Gottesdiensten sowie in vielen Konzerten erklungen. Mit ihrer Klangfülle und ihrer Vielfalt an Registriermöglichkeiten ist sie wie geschaffen für die Wiedergabe der Orgelmusik aus allen Epochen und Stilbereichen."