Sankt Marien Großen-Buseck

Predigt - Gedanken zum 4. Sonntag der Osterzeit.

Corona-Predigt zum 4. Sonntag der Osterzeit

Pfarrer Adam / Guter Hirte Sonntag (c) Hintergrundbild: pfarrbriefservice.de

Es ist der Sonntag des „guten Hirten“. Seit geraumer Zeit tut sich unsere moderne Gesellschaft schwer, sich wirklich noch auf dieses Bild einzulassen. Zu sehr hat sich unsere Lebensweise inzwischen davon abgewandt. Es freut sich zwar vermutlich jeder, wenn er eine Schafherde am Wegesrand sieht; gleichzeitig wird er sich eingestehen müssen, dass diese Wirklichkeit nicht mehr viel mit ihm zu tun hat.

Wäre jetzt etwas anders? Unsere moderne Lebensweise hat sich ja nicht eigentlich geändert, sie befindet sich nur in einer schweren Krise und ist in eine große Spannung hineingeraten. Aber öffnet sich dadurch schon ein neuer Horizont des Verständnisses? Der „Hirte“ in der Bibel und vor allem im Alten Testament ist immer der König, der Anführer. Der „Hirte“ verkörpert das Symbol der guten Regierungsführung. Der „Hirte“ ist mächtig, aber er nutzt seine Macht nicht für sich, sondern in Verantwortung für all diejenigen, die ihm anvertraut sind. Insofern ist er stets auch ein Idealbild für eine Umgebung, in der Tyrannei und Ausbeutung, Wahn und Unersättlichkeit an der Tagesordnung waren.

Wenn wir uns rund um den Globus umschauen, dann sind das Gegebenheiten, die immer noch existieren – und zwar mittlerweile wieder auf allen Kontinenten. Oft genug ist der „Hirte“ zum Wolf geworden, der die Herde verschlingt und in den Untergang stürzt. Welches Volk wüsste das besser oder hätte es bitterer erfahren als unser eigenes: Aus dem vorgeblich „guten Hirten“ ist ein „Führer“ geworden: welche Perversion, welch große Lüge!

Aber selbst unter demokratischen Verhältnissen merken wir, wie zwiespältig das Spiel mit der Macht ist, wie die Macht einen Menschen nicht nur veredelt, sondern auch hart und kalt werden lässt. Deshalb sollen wir uns ja auch niemals mit Leib und Seele an einen „Führer“ binden; wir sind allemal gut beraten, auch einem verlässlichen Herrscher oder einer verlässlichen Herrscherin mit der gebotenen Zurückhaltung zu begegnen. Niemals sollen wir all unsere Hoffnung auf einen Menschen setzen. Jeder und jede müsste unter solch einem Anspruch zusammenbrechen!

Wir sind also als Menschen letztlich klug beraten, den „guten Hirten“ außerhalb der Machtspiele dieser Welt zu suchen, dort wo unsre Seele sich zu Hause weiß, bei einem Gott, der sich unserer annimmt – um unseretwillen. Nein: um meinetwillen! In einer Krise wie der derzeitigen sind wir dankbar für unsere Politiker und wir schließen auch die Wissenschaftler mit ein. Doch den „guten Hirten“ sollten wir woanders suchen.