Seit dem Ostersonntag waren es stets die Evangelien, denen sich die homiletische Auslegung jeweils gewidmet hat. Heute will ich mich mit dem Lesungstext befassen, damit durch ihn die Gegenwart zu uns spricht. Nein, man wird es umgekehrt sagen müssen: Damit Gott zu uns spricht und wir die Gegenwart heute verstehen können.
In diesem Text nun (Apostelgeschichte 1, 12-14) wird geschildert, wie sich die Jünger Jesu verhielten, nachdem er ihnen entrückt war und bevor die Aussendung des Heiligen Geistes eine ganz neue Ausgangssituation schuf. Es handelt sich gewissermaßen um eine „Zwischen-Zeit“, in der das eine bereits zum Abschluss gekommen ist und das andere zwar langsam aus dem Raum des Möglichen heraustritt, aber eben noch nicht da ist.
Es ist nie leicht, mit solchen „Zwischen-Zeiten“ umzugehen, zumal niemand wissen kann, wie lang sie dauern werden. Geduld, Sammlung und Konzentration sind angesagt; niemand jedoch kann abschätzen, wie lange man diese Spannung hochhalten muss. Es ist nur klar, dass man das Neue nicht herbeizwingen kann, es lässt sich nicht beschleunigen. Es kommt einzig darauf an, dass man bereit ist, wenn es in die Welt tritt. Oder wenn man lieber will: Dass man bereit ist, wenn die Stunde da ist, es zur Welt zu bringen.
In dieser Lage kehrten die Apostel vom Ort der Himmelfahrt nach Jerusalem zurück. Dort versammelten sie sich in jenem Raum, in dem der Herr das letzte Abendmahl gehalten hatte, jenes „Obergemach“. Gemeinsam mit den Frauen sowie den Verwandten Jesu wenden sie sich einmütig dem Gebet zu.
Der Autor der Apostelgeschichte, der heilige Lukas, flicht nun in diesen Bericht eine namentliche Auflistung der Namen der Apostel ein. Damit kommt er einem Interesse seiner Laser nach. Doch gleichzeitig tut er damit etwas anderes: Er macht deutlich, dass Kirche (auch schon an ihrem Anfang) nichts Anonymes oder bloß Behördliches ist. Wenn von Kirche die Rede ist (bis auf den heutigen Tag), dann spricht man immer von konkreten Menschen: Menschen, die eine Geschichte haben, die sich schon verschiedentlich verfehlt haben, die auch schon ihre Konflikte unter einander ausgetragen haben. Menschen, die jetzt aber auch die Fähigkeit haben, sich gemeinsam ganz in die Kraft der Erwartung und der Verheißung zu stellen.
Aus diesen jeweils namentlich genannten Menschen formt sich die Kirche – bis heute.