Andrea Keber, langjährige Mitarbeiterin

Datum:
Mi. 9. Okt. 2024
Von:
Andrea Keber

Lieber Hubert, liebe Anwesende,

Ich habe diese Story schon so oft bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten erzählt – aber es muss heute nochmal sein. Könnte ja auch sein, dass sie jemand noch nicht kennt. 

Es war 2002, als unsere Tochter Katrin sich für die Bistumswallfahrt nach Toronto zum Weltjugendtag angemeldet hatte. Wir haben sie zum Flughafen gebracht … Leiter der Gruppe war ein Pfarrer, den ich nicht kannte – und der mir an diesem Abend irgendwie negativ aufgefallen ist. Da hat er doch tatsächlich die Eltern – die ja immerhin ihr Kind für 3 Wochen loslassen mussten und darüber schon sehr traurig waren – einfach etwas unwirsch aus der Kapelle verwiesen… frei nach dem Motto: "Um euch geht es jetzt nicht".

Ich war gar keine der Helikopter-Mütter… habe aber gedacht: Was ist das denn für einer???? Gott sei Dank habe ich mit dem wenig zu tun.

Na ja … Katrin hat dann nach ihrer Rückkehr zwar erzählt, dass er ein toller Typ wäre … aber geglaubt habe ich es nicht.

Als klar war, dass unser damaliger Pfarrer, Norbert Pfaff, in Ruhestand geht, hatte ich mich – wirklich nach längerem Überlegen – entschieden, erneut für den PGR zu kandidieren. Ich wurde auch gewählt und erst dann habe ich erfahren: Hubert Hilsbos … der besagte Pfarrer vom Frankfurter Flughafen wird Nachfolger von Norbert. Na prima, … habe ich gedacht. Das kann ja heiter werden … Wie es ausgegangen ist, muss ich wohl nicht ausdrücklich erzählen.

20 Jahre sind seitdem vergangen … 20 Jahre, die uns als Pfarrgemeinde insgesamt – aber auch viele persönlich sehr geprägt haben. Und ich denke, da können wir dich, Hubert, durchaus mit einbeziehen. Nicht nur du hast uns geprägt, hast Spuren gelegt, bist alte und neue Wege mit uns gegangen…. auch wir haben dich geprägt. Mit unserer Haltung, unserem Engagement, unserer Begeisterung …

Aber du warst in so vielen Bereichen unser Ideengeber … und immer waren da Menschen, die mitgemacht haben. Nur einige Beispiele:

  • "Es wäre prima, wenn es außer in Nackenheim auch in Nieder-Olm einen Treff für Menschen mit Beeinträchtigung gäbe" … und schon war der Powerclub ins Leben gerufen.
  • "In der Coronazeit keine Christmetten an Weihnachten … dann lasst uns doch ökumenische Quartiergottesdienste feiern" … mittlerweile gehören sie zum Heiligabend unbedingt dazu.
  • Kommt her zu Tisch zwischen den beiden Kirchen – was für ein starkes ökumenisches Zeichen … und das gemeinsam mit der Stadt.
  • Genauso auch unser Erfolgsmodell: das „Café DA.zwischen“ ist vor allem auf deine Initiative hin ins Leben gerufen worden.

Natürlich haben wir auch selbst Ideen entwickelt, haben Neues ausprobiert. Es gibt Priester – und die nicht zu wenig - die dann sagen: "Das können wir nicht machen. Das erlaubt das Kirchenrecht nicht". Du bist anders: Du hast Vertrauen in diejenigen, die Verantwortung übernehmen und sagst: "Dann macht doch einfach … wenn es den Menschen und ihrer Lebenssituation dient. Dann macht doch einfach."

Das Kirchenrecht muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Ist es da ein Wunder, dass Maria 2.0 hier so aktiv ist?

Natürlich gab es in 20 Jahren auch Konflikte – ich erinnere nur an die Pieta-Diskussion in Zornheim. Bis in die Bildzeitung hast du es als „liberaler Krawattenpriester“ geschafft. Und natürlich gab es auch Situationen, in denen man sich zusammenraufen musste. Aber immer stand im Mittelpunkt das Leben für und vor allem mit den Menschen.

Lieber Hubert,

ich könnte – obwohl ich mich bei solchen Gelegenheiten eigentlich immer kurz gefasst habe – noch soooo viel erzählen. Aber dann wird der Secco draußen warm und vielleicht das Essen im Camarahaus kalt.

Von daher sage ich jetzt einfach im Namen der Pfarrgemeinde – ob Mitglied in einem Gremium, in einer Gruppierung, ob kurz dabei oder von Anfang an:

DANKE, DANKE für alles … für dein Vertrauen, für deine Menschlichkeit, dein Mutmachen, deine Begleitung in den unterschiedlichsten Lebenssituationen, für deine klare Haltung, deine kritische Loyalität, dein Lachen. Ganz persönlich danke ich dir auch heute nochmal für deine Unterstützung überhaupt und für die Solidarität ganz besonders in den vergangenen Monaten.

Ich bin sehr sehr froh, dass ich mich 2002 nicht habe wirklich abschrecken lassen, denn sonst hätte ich meinen besten Freund nicht kennengelernt. Danke!

Eigentlich wolltest du kein persönliches Geschenk… aber das hast du nun von Schäfchen, die ihrem Hirten nicht immer folgen … der PGR und der VWR haben sich einfach darüber hinweggesetzt und möchten dir im Namen der Pfarrgemeinde ein Bild überreichen, dass dich immer an deine Zeit hier bei uns erinnert. Waldemar Erz, Künstler hier aus Nieder-Olm, hat es extra für dich gemalt… es zeigt den Blick, den du beim Spaziergang rund um den Nieder-Olmer Wald auf die Kirche hast!

Ach ja… etwas ganz Wichtiges muss noch gesagt werden: Gerade in den letzten Wochen und Monaten hast du verstärkt junge Menschen unterstützt, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Du bist mit ihnen zum Arzt gefahren, hast ihn bei dem Bewältigen der deutschen Bürokratie geholfen, hast ihnen Arbeit verschafft. Du engagierst dich weiter und nun auch intensiver im Camarakreis …

Du tust das, weil du der festen Überzeugung bist, dass Frieden und Gerechtigkeit nur gemeinsam möglich sind. Weil es unsere Verantwortung als Mensch ist, einander bestmöglich zu unterstützen. Weil wir alle zu der einen Menschheitsfamilie gehören. "We are the world" So lebst du und so handelst du … Denn:  

Der Weg zu Gott kann niemals am Menschen vorbeiführen.