Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 18

vom 13. Mai 2015

DÖHREN--HERBST--GIEBELMANN--STOLLENWERK--JUNG--WILHELM (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
DÖHREN--HERBST--GIEBELMANN--STOLLENWERK--JUNG--WILHELM
Datum:
Mi. 13. Mai 2015
Von:
Pressestelle Mainz
CANONICA--LEHMANN--MISSIO (c) Bistum Mainz / Matschak (Ersteller: Bistum Mainz / Matschak)
CANONICA--LEHMANN--MISSIO

Berichte

  • Wechsel bei der Stabsstelle Arbeitssicherheit
  • Kardinal Lehmann verlieh Missio canonica an 43 Lehrer
  • Gedenken zum 100. Todestag von Friedrich Elz
  • Neue Betriebsärztin begrüßt
  • Zirkusworkshop für 35 Flüchtlingskinder

Vorschau

  • Zeitzeugen im Kloster Jakobsberg zu Gast (17.-23.5.)
  • Fest zur Renovabis-Aktion in Mainz-Liebfrauen (23.5.)

Dokumentation

  • Predigt des Kardinals zum Kriegsende vor 70 Jahren

Berichte

Änderungen bei der Stabsstelle Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz

Christian Döhren ist neuer Leiter / Ausweitung des Arbeitsschutzmanagementsystems

Mainz. Der Generalvikar des Bistums Mainz, Prälat Dietmar Giebelmann, hat den neuen Leiter der Stabsstelle Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Dienstag, 12. Mai, im Bischöflichen Ordinariat in Mainz in sein Amt eingeführt. Oberverwaltungsrat Christian Döhren hatte zum 1. März die Leitung der Stabsstelle Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz übernommen.

Er folgt auf Oberrechtsrat Professor Dr. Andreas van der Broeck, der die Stabsstelle seit 2009 aufgebaut hatte. Professor van der Broeck wird neben seiner Tätigkeit in der Rechtsabteilung auch weiterhin Sonderprojekte im Bistum Mainz betreuen. Der Wechsel erfolgt nach dem Abschluss der grundlegenden Aufbauarbeit der Stabsstelle, mit der das Bistum eine Vorreiterrolle unter den deutschen Diözesen übernommen und zum 1. Januar 2015 im Bischöflichen Ordinariat ein deutschlandweit einzigartiges Arbeitsschutzmanagementsystem eingeführt hat.

Zukünftig wird der Arbeitsschwerpunkt der Stabsstelle verstärkt in der sicherheitstechnischen Betreuung und der flächendeckenden Ausweitung des Arbeitsschutzmanagementsystems auf die Diözesaneinrichtungen, Schulen und Kirchengemeinden liegen. Hierfür wurde die Stabsstelle neben den langjährigen Mitarbeitern Dipl.-Ing. (FH) Sigrid Stollenwerk und Winfried Dotzauer um Claudia Wilhelm, Dipl.-Ing. (FH) Dieter Herbst und Thomas Jung verstärkt. Während Claudia Wilhelm das Sekretariat/Sachbearbeitung der Stabsstelle besetzt, werden Dieter Herbst und Thomas Jung als Fachkräfte für Arbeitssicherheit in der sicherheitstechnischen Betreuung tätig sein.

Christian Döhren (Jahrgang 1985) hat nach dem Abschluss seiner Ausbildung zum Tischler auf dem zweiten Bildungsweg von 2008 bis 2013 ein Bachelor- und Masterstudium des Technischen Gebäudemanagements absolviert. Bereits während seines Studiums war er in der Stabsstelle Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz tätig. Für seine Bachelorarbeit, in der er ein Prüfsystem für elektrische Betriebsmittel im Bistum Mainz unter dem rechtssicheren Einbezug von Ehrenamtlichen entwickelte, wurde er mit dem „MIT AWARD 2011" des Mainzer Immobilientages ausgezeichnet. Zuletzt war er als Arbeitsschutzmanagementbeauftragter an der Erarbeitung des Arbeitsschutzmanagementsystems maßgeblich beteiligt.

Hinweis: Stabsstelle für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz, Telefon: 06131/253-248, E-Mail: arbeitssicherheit@bistum-mainz.de , Internet: www.bistum-mainz.de/arbeitssicherheit 

tob (MBN)

Missio canonica an 43 Religionslehrerinnen und -lehrer verliehen

Traditioneller Sendungsgottesdienst im Mainzer Dom mit Kardinal Lehmann

Mainz. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hat am Donnerstag, 7. Mai, die Missio canonica an 43 Religionslehrerinnen und -lehrer aller Schulformen aus dem Bistum Mainz verliehen. Lehmann überreichte die Urkunden bei einem Gottesdienst im Westchor des Mainzer Domes. Die Missio canonica ist die kirchliche Bevollmächtigung für Religionslehrer. Ohne diese Sendung darf kein Lehrer katholischen Religionsunterricht erteilen.

Die Eucharistiefeier war Abschluss einer Tagung des Dezernates Schulen und Hochschulen mit den Religionslehrern, die von Mittwoch, 6., bis Donnerstag, 7. Mai, im Bischöflichen Priesterseminar in Mainz stattfand. Die Tagung, an der auch die Dezernentin für Schulen und Hochschulen im Bistum Mainz, Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, teilnahm, widmete sich verschiedenen Aspekten der Aufgaben eines Religionslehrers. Darüber hinaus bot die Tagung die Möglichkeit, die Ansprechpartner im Bischöflichen Ordinariat kennenzulernen.

In seiner Predigt dankte Lehmann den Religionslehrern für ihren Dienst: „Gott gebe Ihnen den Mut für Ihre Sendung", sagte er. Die Missio canonica sei eine „besondere spirituelle Ermächtigung" für den Dienst als Religionslehrer. Lehmann wies darauf hin, „dass wir viele Voraussetzungen für den Glauben schaffen können, wir aber oft nicht sehen, wie diese Saat aufgeht". „Das ist schwierig in einer Zeit, wo vieles auf Effizienz ausgerichtet ist", sagte er. Er selbst habe „in den 50 Jahren der Verkündigung positive Erfahrungen gemacht, dass die Frucht des Glaubens aufgeht". Er rief die Religionslehrer dazu auf, „Treu zu Gott" zu sein. „Um die Treue zu Gott muss man sich stets immer wieder mühen. Dann sind wir auch nicht frustriert, wenn wir meinen, die Ernte nicht einzufahren", sagte Lehmann.

Im Rahmen der Missio-Verleihung sprechen die Kandidaten zunächst gemeinsam das Apostolische Glaubensbekenntnis. Anschließend fragt der Bischof die Kandidaten: „Sind Sie bereit, die Botschaft der Kirche im Religionsunterricht zu lehren und sie im Leben zu bezeugen?" Auf die Antwort „Wir sind dazu bereit!" entgegnet der Bischof schließlich: „Ich sende Sie!" Danach überreicht er den Kandidaten die Urkunde mit ihrer Missio canonica.

am (MBN)

Gedenken zum 100. Todestag von Friedrich Elz

Festgottesdienst mit Kardinal Lehmann für KKV-Verbandsgründer

Darmstadt. Anlässlich des 100. Todestages des KKV-Verbandsgründers, Ehrendomkapitular Dr. Friedrich Elz (1848-1915), hat der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, am Samstag, 9. Mai, einen Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche St. Ludwig in Darmstadt gehalten. In St. Ludwig wirkte Elz 24 Jahre lang als Pfarrer, hier ist er auch begraben. In seiner Predigt wies Lehmann darauf hin, dass Elz sich der Organisation der katholischen Kaufleute angenommen habe - ähnlich wie Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler sich für die Arbeiterschaft einsetzte oder Adolph Kolping für die Handwerksgesellen den Gesellenverein gründete. Als Kaplan von St. Stephan in Mainz rief Elz 1877, im Todesjahr seines Vorbildes Ketteler, den „Verband Marianischer Kongregationen junger Kaufleute und Katholischer Kaufmännischer Vereine Deutschlands" ins Leben, heute bekannt unter dem Namen „KKV - Bundesverband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung". Konzelebrant des Gottesdienstes war der Geistliche Beirat des KKV-Bundes-verbandes, Monsignore Professor Dr. Peter Schallenberg.

Die großen politischen und sozialen Umbrüche in Folge der Revolution von 1848 und der wachsenden Industrialisierung führten zu einer Mobilisierung der Katholiken, die die Gründung einer Vielzahl verschiedener kirchlicher Vereine hervorrief. Das sagte der Leiter des Instituts für Mainzer Kirchengeschichte, Professor Dr. Claus Arnold, in seinem Vortrag über „Dr. Friedrich Elz und der Katholizismus seiner Zeit". Der Vortrag fand im Anschluss an den Festgottesdienst beim Festakt im Katholischen Bildungszentrum NR 30 in Darmstadt satt. Arnold hob hervor, dass sich damals das so genannte „katholische Milieu" herausgebildet habe, das Sozialismus wie Liberalismus zu bekämpfen suchte und im Kulturkampf darauf bedacht war, die Interessen der Kirche zu verteidigen. Während des Kulturkampfes, „der auch in Hessen-Darmstadt zu heftigen Konflikten, vor allem um die Schulen sowie die Orden und Kongregationen führte, intensivierte sich diese Spannung von Staat und Kirche fast ins Unerträgliche. Und schließlich spielte der Konflikt von Arbeit und Kapital gerade auch im Bistum Mainz eine gewichtige Rolle. Bischof Ketteler nahm sich auch deshalb in besonderer Weise der sozialen Frage an, weil er die Situation im eigenen Bistum im Auge hatte." Elz habe seit seiner römischen Studienzeit am Collegium Germanicum seine Kirche als eine von vielen feindlichen Kräften belagerte Festung angesehen.

Der in Alzey am 30. März 1848 geborene, aus eher kleinen Verhältnissen stammende Elz konnte nach seiner Volksschulzeit auf das Großherzogliche Gymnasium in Mainz wechseln, das heutige Rabanus Maurus-Gymnasium. Als Gymnasiast war Elz der Marianischen Kongregation beigetreten, einer jesuitisch geprägten Vereinigung katholischer Schüler. Wie Arnold ausführte, sympathisierte Elz Zeit seines Lebens mit den Jesuiten. Die 1877 erfolgte Gründung des gemeinsamen „Verbandes Marianischer Kongregationen junger Kaufleute und Katholisch-Kaufmännischer Vereine Deutschlands" sollte zur effektiveren Mobilisierung der katholischen Kräfte während des Kulturkampfes beitragen. Durch die Förderung der beruflichen Fortbildung und der Allgemeinbildung sollte so auf dem Weg der Selbsthilfe die wirtschaftliche und soziale Lage der katholischen Kaufleute verbessert werden.

„Mit dem Ende des Kulturkampfes mündete die Tätigkeit von Friedrich Elz in die ruhigeren Wasser der Pfarrseelsorge", sagte Arnold weiter. 1887 wurde Elz für kurze Zeit Pfarrer in Viernheim; 1888 bis 1891 war er als Pfarrer in Gießen tätig. Schließlich wirkte er bis zu seinem Tod als Pfarrer von St. Ludwig. Da die Pfarrei im Laufe der Jahrzehnte durch den Zuzug vieler Gemeindemitglieder größer wurde, wurden unter Elz drei Gemeinden von der Mutterpfarrei St. Ludwig abgetrennt: St. Martin 1901 (später in Liebfrauen umbenannt), St. Elisabeth mit Arheilgen (1905), St. Josef in Eberstadt 1907. Im Jahr 1905 wurde Elz wegen seiner Verdienste zum Ehrendomkapitular ernannt.

gl (MBN)

Neue Betriebsärztin

Michaela R. H. Heitkötter ist künftig Ansprechpartnerin

Mainz. Der Mainzer Generalvikar, Prälat Dietmar Giebelmann, hat bei einem Treffen am Dienstag, 12. Mai, im Bischöflichen Ordinariat Mainz die neue Betriebsärztin, Michaela R. H. Heitkötter von der PIMA Arbeits- und Umweltmedizin GmbH in Mainz-Kastel, begrüßt. Heitkötter ist Ansprechpartnerin für das Bischöfliche Ordinariat inklusive seiner Außenstellen, Schulen, Bildungs- und Tagungshäuser und diözesanen Einrichtungen, den Kirchengemeinden und deren Zusammenschlüsse einschließlich der Kindertagesstätten, die Bischöfliche Dotation mit der Dombauhütte und das Bischöfliche Priesterseminar.

Neben der Untersuchung und arbeitsmedizinischen Beurteilung der Mitarbeiter gehört unter anderem auch die Unterstützung bei Fragen von Arbeitsschutz, Unfallverhütung und Gesundheitsschutz zu ihren Aufgaben.

Hinweis: PIMA Arbeits- und Umweltmedizin GmbH, Anna Birle-Straße 1, 55252 Mainz-Kastel

tob (MBN)

Zirkusworkshop für 35 Flüchtlingskinder

Generalvikar Giebelmann besuchte Aufführung in Mainz

Mainz. Der Mainzer Generalvikar, Prälat Dietmar Giebelmann, hat am Sonntag, 10. Mai, eine Zirkus-Aufführung besucht, die Mainzer Flüchtlingskinder in einem Workshop erarbeitet haben. Begleitet wurde er von der Referentin für Migration und Integration im Bischöflichen Ordinariat, Joanna Worytko. In Zusammenarbeit mit dem Kinderzirkus Datterino aus Darmstadt und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Darmstadt hat eine Gruppe von Ehrenamtlichen von Freitag, 8., bis Sonntag, 10. Mai, einen Zirkusworkshop für Kinder aus drei Mainzer Flüchtlingsunterkünften angeboten. Rund 35 Kinder konnten sich in verschiedenen Zirkusdisziplinen ausprobieren und dann gemeinsam eine kleine Vorstellung erarbeiten. Zu der Vorstellung in der Turnhalle der Waldorfschule in Mainz-Finthen waren am Sonntag auch die Familien der Kinder eingeladen.

tob (MBN)

Vorschau

Zeitzeugen zu Gast (17.-23.5.)

Besuch von KZ- und Ghetto-Überlebenden aus Polen im Bistum Mainz

Ockenheim. Das Maximilian Kolbe-Werk organisiert gemeinsam mit dem Referat für Weltmission/Gerechtigkeit und Frieden im Bischöflichen Ordinariat Mainz schon seit einigen Jahren Veranstaltungen mit Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrationslager und Ghettos. Von Montag, 18., bis Freitag, 22. Mai, werden sie mit Schülerinnen und Schülern zusammentreffen und den Jugendlichen ihre Erlebnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus schildern sowie Fragen beantworten. Mit ihren Berichten aus jener Zeit wollen die Zeitzeugen die Erinnerung wach halten und Jugendliche für eine friedliche Zukunft motivieren. Begleitet werden sie von Haupt- und Ehrenamtlichen des Maximilian Kolbe-Werkes und des Bistums Mainz. Während ihres Aufenthaltes sind die Zeitzeugen im Kloster Jakobsberg bei Ockenheim zu Gast. Bereits Anfang Mai war eine Gruppe von Zeitzeugen im Kloster Höchst im Odenwald Gast des Bistums Mainz.

Die Termine im Einzelnen:

Montag, 18. Mai:
10.00 bis 12.00 Uhr: Bingen, Hildegardis-Schule, und Berufsbildende Schule Bingen (BBS Bingen) - im Kloster Jakobsberg
18.30 Uhr: Begegnung mit Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann - im Kloster Jakobsberg

Dienstag, 19. Mai:
9.00-12.30 Uhr: Alzey, Elisabeth Langgässer-Gymnasium - im Kloster Jakobsberg
20.00 Uhr: Hochheim, Vereinshaus der Kolpingsfamilie Hochheim (Wilhelmstraße 4), Gespräch mit der Zeitzeugin Henriette Kretz

Mittwoch, 20. Mai:
9.00 Uhr: Gymnasium Nieder-Olm - im Kloster Jakobsberg
19.30 Uhr: „Im Mahlstrom der Zeiten..." - Gespräch mit der Zeitzeugin Ruta Wermuth-Burak. Dieser Termin wird von der Evangelischen Christuskirchengemeinde Bingen gemeinsam mit dem Arbeitskreis Jüdisches Bingen, der Volkshochschule Bingen, dem Katholisches Dekanat Bingen, dem Bischöfliches Ordinariat Mainz, dem Maximilian Kolbe-Werk, Freiburg, und der Pax Christi Bistumsstelle Mainz im Gemeindehaus der Christuskirchen-Gemeinde in Bingen-Büdesheim veranstaltet.

Donnerstag, 21. Mai:
9.30 Uhr: Integrierte Gesamtschule Mainz-Hechtsheim - im Kloster Jakobsberg

Freitag, 22. Mai:
8.30 Uhr: Ingelheim, Sebastian Münster-Gymnasium - im Kloster Jakobsberg

Hinweis: Nähere Informationen und vollständiges Programm bei Alois Bauer, Referat Weltmission/Gerechtigkeit und Frieden, Telefon: 06131/253-263, Fax: 06131/253-586, E-Mail: frieden@bistum-mainz.de  und im Internet unter www.bistum-mainz.de/zeitzeugen  und www.maximilian-kolbe-werk.de 

am (MBN)

Begegnungsfest in der Kirchengemeinde Liebfrauen in Mainz (23.5.)

Kinderprogramm, Gesprächsrunden und Festgottesdienst zur Renovabis-Pfingstaktion

Mainz. Die katholische Kirchengemeinde Liebfrauen in der Mainzer Neustadt beteiligt sich am diesjährigen Abschluss der Renovabis-Pfingstaktion in Mainz mit einem „Fest der Begegnung". Am Samstag, 23. Mai, lädt die Gemeinde unter der Überschrift „Vor(ur)teil frei. Gemeinsam statt einsam" ab 15.00 Uhr zu einem bunten Festprogramm in die Franz Liszt-Straße 1 ein. Die bundesweite Kampagne des Osteuropa-Hilfswerkes der deutschen Katholiken thematisiert 2015 unter der Überschrift „An die Ränder gehen!" Menschen am Rande der Gesellschaften in den osteuropäischen Ländern. Die diesjährige Renovabis-Pfingstaktion findet in Mainz ihren Abschluss.

Auftakt ist um 15.00 Uhr mit einer Andacht für Kinder, die Pfarrer Gregor Nagel und der Renovabis-Gast, Bischof Lucjan Avgustini aus Sapa in Albanien, gestalten. Ab 15.30 Uhr beginnt das Kinderprogramm unter anderem mit einer Hüpfburg, Luftballonaktion, Schminken und Basteln. Ab 16.00 Uhr sind Gesprächsrunden mit Bischof Avgustini und weiteren Gästen aus Osteuropa sowie Christen und Muslimen aus Mainz vorgesehen. Den musikalischen Rahmen gestalten die Litauische Folkloregruppe „Tuto" und die Kroatische Katholische Gemeinde Mainz. Zum Abschluss des Tages feiert die Liebfrauengemeinde um 18.30 Uhr einen Festgottesdienst. Auch für das leibliche Wohl der Besucher wird gesorgt sein.

Auf Initiative von Pfarrer Dr. Friedrich Franz Röper wird die Liebfrauengemeinde Bischof Avgustini während des Begegnungsfestes einen Kreuzweg schenken. Die 14 Ölbilder, die auf afrikanischem Holz gemalt sind, stammen von der Künstlerin Brigitta Goertz aus Essenheim. Goertz hatte den Kreuzweg in den 1970er-Jahren ursprünglich für die Ober-Olmer Kirche St. Martin geschaffen.

Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, wird am Sonntag, 24. Mai, den Abschlussgottesdienst der Pfingstaktion um 10.00 Uhr im Mainzer Dom feiern. An diesem Tag wird in allen katholischen Kirchen Deutschlands die Renovabis-Pfingstkollekte gehalten. Eröffnet worden war die 23. Pfingstaktion am 3. Mai mit einem Gottesdienst im Regensburger Dom. Seit 1993 hat Renovabis in 29 Staaten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa bei der Verwirklichung von über 20.760 Projekten mit einem Gesamtvolumen von rund 632 Millionen Euro geholfen.

Hinweis: www.renovabis.de 

tob (MBN)

Dokumentation

„Wir können und dürfen nicht vergessen"

Predigt von Kardinal Karl Lehmann zum Ende des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren

Mainz. Anlässlich des Endes des Zweiten Weltkrieges vor 70 Jahren ist am Freitag, 8. Mai, in der Mainzer Christuskirche ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert worden. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hielt die Predigt. Im Folgenden dokumentieren wir den vollständigen Predigttext des Kardinals, der beim Vortrag gekürzt wurde.

„Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht!... Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!"
(Röm 12,17.21)

Die vielen Zeugnisse, die Millionen von Menschen in diesen Wochen des Gedenkens an das Kriegsende vor 70 Jahren zur Sprache bringen, beweisen, wie lebendig das Gedächtnis noch sein kann, wenn es gegen den Strom des Vergessens zur Besinnung aufgefordert wird. Erinnerungen werden wach, als ob sie von gestern berichteten. Wunden brechen wieder auf, die bereits verheilt schienen.

Die Diskussion der letzten Jahre und auch Monate hat gezeigt, dass dabei sehr verschiedene Gefühle zusammenkommen. Vielleicht ist dies bei diesem 70. Gedenktag etwas Neues: Der Abstand von sieben Jahrzehnten gibt nun vieles ganz frei, ganz abgesehen davon, dass die wiedergewonnene Einheit unseres so lang gespaltenen Landes immer noch recht unterschiedliche Erfahrungen zutage fördert. Dabei geht es nicht nur um die verschiedenen Deutungen der Nachgeborenen, sondern auch die Erinnerungen von damals selbst weisen beträchtliche Differenzen auf.

Es gibt durchaus Gründe für diese Verschiedenheit. Wer die Hölle von Konzentrationslagern nicht durchlitten hat, wird wohl nie das Grauen nachempfinden können, das diese Menschen heute noch heimsucht. Wer seine Heimat nicht verloren, sondern sie am 8. Mai 1945 mehr oder minder unversehrt wieder geschenkt bekommen hat, kann vermutlich nie das Leid derer ermessen, die ohne Schuld von Haus und Hof verjagt worden sind. Während die allermeisten von uns nicht mehr täglich unter den Folgen der Zerstörung leiden, hallt in vielen Familien bis heute das Leid nach: das grauenvolle Schicksal des jüdischen Volkes, die brutale Ermordung der Sinti und Roma und vieler anderer, die verfolgt, gequält und ausgerottet worden sind. Unter uns leben aber auch noch viele Frauen, die bis heute keine Gewissheit haben über das endgültige Schicksal ihres Gatten und des Vaters ihrer Kinder; viele Frauen haben böse Erinnerungen an das, was ihnen an Leib und Seele widerfuhr; in den Seelen vieler Kinder zittern die Schrecken der Bombennächte nach.

Tot capita, tot sententiae, ja: tot experientiae. Wieviel Menschen, so viele Erfahrungen. Diese Tage lehren uns, dass wir sie nicht alle auf einen gemeinsamen Nenner bringen oder gar zwingen können. Als Neunjähriger am Ende des Krieges habe ich vieles anders empfunden als meine vierzehn- oder sechzehnjährigen Kameraden. Wir müssen zunächst Achtung haben vor diesen recht unterschiedlichen Erfahrungen. Toleranz und Annahme des anderen erweisen sich darin, dass wir in dieser Verschiedenheit aufeinander hören und einander achten. In den Todeszellen und Zuchthäusern, Arbeitslagern und Gefängnissen der Naziherrschaft saßen Menschen, die beileibe nicht immer einig waren in so etwas wie „Menschenbild", aber sie wussten gemeinsam, was nicht sein darf, und bestärkten so die Überzeugung von der Menschenwürde, die allen zusammen und jedem Einzelnen zu eigen ist. Davon darf sich auch etwas in den verschiedenen Erfahrungen und Deutungen der Ereignisse vor 70 Jahren spiegeln. Unser Grundgesetz wäre ohne diese Erfahrung nicht entstanden.

Dennoch dürfen wir es uns nicht so einfach machen, dass jeder nur auf seinen Anschauungen beharrt, andere Verständnisse ausblendet oder sie gar verurteilt. Es ist nicht leicht, die gegensätzlichen Gefühle und Erlebnisse zusammenzuhalten. Aber wenn wir ehrlich sind, dann haben sich diese Spannungen und Widersprüche auch damals im eigenen Herzen und in derselben Person zugetragen. Wir waren froh, dass die Angst um Leib und Leben bald zu Ende ging, aber wir hatten auch Angst vor den Besatzern. Bis mitten in die Befreiung hinein gab es Zerstörung. Nicht alle haben dies in gleicher Weise erfahren. Die Maitage 1945 waren für viele auch der Beginn unsagbaren Leidens: Mord, Schändung, Vergewaltigung, Vertreibung von Haus und Hof, Wegnahme des Eigentums. Manche erzählen, dass sie auf der Flucht oder der Vertreibung Armbinden tragen mussten mit der Kennzeichnung „Deutscher" (abgekürzt in verschiedenen Sprachen), gewiss nicht so schutzlos machend wie der Judenstern, aber doch nicht ohne Ähnlichkeit mit ihm. Im Übrigen müssten wir viel mehr die Opfer auch vieler anderer Nationen beklagen. Professor Heinrich August Winkler hat dies heute auch bei der Feier des Deutschen Bundestages erwähnt.

Nein, wir dürfen manche törichten Vokabeln und Losungen der letzten Zeit nicht weiterverwenden. Die Blutspur dieser zwölf Jahre Schreckensherrschaft hat sich so tief in das Gedächtnis vieler Menschen unseres Jahrhunderts eingegraben, dass es nie einen Schlussstrich unter diese Geschichte geben kann. Am allerwenigsten im Blick auf die vielen unschuldigen Opfer aus anderen Völkern wie auch aus unserem eigenen Volk. Es wäre schändlich, wenn wir fremdes Leid, das es letztlich ohnehin nicht gibt, vergessen würden oder gar möchten, jedoch stets nur das eigene Leiden im Munde führen. Dies wäre ein ganz und gar unerlaubtes Aufrechnen. Es ist schlimm, dass solches da und dort vorgekommen ist. Aber deshalb allein dürfen wir nichts verschweigen. Wir können und dürfen nicht vergessen, auch die jüngeren Generationen nicht. Es gibt eine Haftung unseres Volkes, die wir nicht abschütteln können.

Man darf bei aller Betonung der eigenen Erfahrungen das ganze Geschehen von damals nicht unterschlagen. Es wäre auch fatal, wenn wir die verschiedenen Gefühle und Deutungen jener Tage zur Rechtfertigung gegenwärtiger politischer Positionen oder gar Ideologien missbrauchen würden. Der Respekt vor den Opfern verbietet uns solche erbärmlichen Spiele. Wehe, wenn wir die letzte Gemeinsamkeit so vieler Opfer, den Verrat und die Achtung ihrer Menschenwürde noch einmal preisgeben.

Es ist schwer, diese gemeinsame Erfahrung von damals festzuhalten. Es ist nicht nur schwierig, weil wir im Zuge der hohen Individualisierung unserer Gegenwart gerne und fast zwangsläufig unsere eigenen Empfindungen absolut setzen. Das ganze Phänomen dieses Kriegsendes zersetzt sich immer wieder vor unseren Augen. Wir mussten befreit werden, weil wir uns selbst nicht frühzeitig und tatkräftig von der Diktatur lossagten. Der Widerstand hatte zwar im Volk viele Formen - von der Nichtbeachtung vieler Vorschriften bis zur Sabotage -, aber nur Wenige wagten dafür ihre ganze Existenz. Es wäre auch gelogen, wollten wir die Befreiung glorifizieren. Es gab gewiss bei den Siegern weitgehend nüchternen Anstand, keine übertriebene Siegestrunkenheit und wenig Hass. Heimlich wussten auch sie, dass dieser Krieg am Ende keinen Sieger kannte, sondern dass es nur Besiegte gab. Es gab jedoch genügend Pläne, Deutschland zu zerstückeln, industriell zu demontieren und in eine Agrargesellschaft zurück zu verwandeln. Wer froh war, als Soldat wieder in die Heimat zurückkehren zu können, hatte stets das Stoßgebet auf den Lippen: „Lieber Gott, hilf mir, dass ich nach Hause komme." Auch von außen gab es trotz des Sieges angstvolle Fragen. „Was sind die Deutschen, wenn ihr hoffnungsloser Glaube zusammenstürzt? Was bleibt von ihnen übrig? Was sonst war in ihnen vorbereitet? Welches zweite Leben könnten sie jetzt beginnen? Was sonst sind sie ohne ihren furchtbaren militärischen Glauben? Wie sehr fühlen sie ihre Ohnmacht, da es für sie nichts als Macht gab? Wohin können sie noch fallen? Was fängst sie auf?" (Aufzeichnungen von Elias Canetti in London 1945) Wir erinnern uns an die Furien blinder Zerstörungswut, als in den letzten Wochen und Tagen der „Werwolf" wütete, die SS-Leute sogenannte Deserteure, die fast noch Kinder waren, an den Bäumen aufhängten und ältere Männer im „Volkssturm" hingeopfert wurden.

Dieses widersprüchliche Ganze des Kriegsendes sollte uns umtreiben. Es verbietet jede simple Parteinahme. Ich glaube, dass es kaum ein anderer so gut zur Sprache gebracht hat wie der erste Bundespräsident Theodor Heuss, der zum Abschluss der Verfassungsberatungen vor dem Parlamentarischen Rat in Bonn am 8. Mai 1949 über die Lage der Deutschen erklärte, der 8. Mai 1945 bleibe „die tragischste und fragwürdigste Paradoxie der Geschichte für jeden von uns. Warum denn? Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind." Genau hier liegt die bleibende Ambivalenz dieses Tages. Das Janusgesicht lässt sich nicht einfach zum Verschwinden bringen. Darum darf auch keine falsche Trauer gefördert werden, weil zum Beispiel unser Land den Krieg verloren hat.

Die Paradoxie und Zweideutigkeit darf jedoch nicht so weit gehen, dass der befreiende Durchbruch des Kriegsendes im Bewusstsein zurücktreten könnte. Der 8. Mai 1945 brachte die langersehnte Befreiung und so am tiefsten Punkt unserer Geschichte auch neue Hoffnung. Dass sie aus den Trümmern erstand, mindert nicht ihre Bedeutung. Im Gegenteil. Gerade der Widerstand hat viele für diese Stunde des Neubeginns starkgemacht. Man darf sich ja nicht einmal die Frage stellen, was aus uns geworden wäre, wenn der Schrecken am 8. Mai 1945 nicht gebrochen worden wäre. Wir kennen ja die Pläne derer, die in zwölf Jahren die Verbrechen angehäuft haben und vom tausendjährigen Reich träumten.

Früher sprach man gerne im Blick auf den 8. Mai 1945 von der „Stunde null" (vgl. dazu heute R. Blasius, In der Opferrolle. Deutsche in West und Ost verklärten das Kriegsende gern zur „Stunde null", in FAZ vom 8.5.2015, S.15) Gewiss, nur der Zusammenbruch des bisherigen Staates eröffnete die Chance eines Neuanfangs, der die existentiellen politischen Erfahrungen und die eindringlichen Lektionen der jüngsten Vergangenheit zu nutzen versuchte. Unsere Verfassungen in den Ländern und im Bund zeugen vom Willen zu einem solchen Neuanfang. Es gab jedoch offensichtlich nicht einfach die blanke „Stunde null", die eine radikale politische Erneuerung Deutschlands erlaubte. Dafür sorgte von außen auch die Besatzungspolitik, die es auf ihre Weise mit einem Neuanfang versuchte: die sogenannte Entnazifizierung und die Entmilitarisierung, die Prozesse gegen die Schuldigen, die Beschränkung des politischen Lebens (vgl. K.D. Bracher, Wendezeiten der Geschichte, Stuttgart 1992, 232ff). An keinem Punkt kann man besser erkennen, wie wenig Vergangenheit einfach „bewältigt" werden kann. Bis in unsere Tage wird immer wieder festgestellt, dass diese Vergangenheit in vielen Bereichen, zum Beispiel auch in der Justiz und Diplomatie, „lange Schatten" hatte (vgl. das gleichnamige kleine Buch von Peter Graf Kielmansegg, Berlin 1989).

Schließlich gab es aber keine wirklich gemeinsame Linie in der Besatzungspolitik. Bald zeigten sich darüber hinaus die ersten Konflikte des „Kalten Krieges", in die wir bald hineingezogen worden sind. In Teilen Deutschlands und Europas ist die Hoffnung auf eine wirksame Befreiung bald bitter enttäuscht worden. Unser Vaterland wurde geteilt. Freiheit und Demokratie konnten im Osten nicht wirklich aufgebaut und realisiert werden. Wieder begann ein Flüchtlingsstrom, der nun fast drei Millionen Bewohner der Sowjetischen Besatzungszone umfasste, bis der Mauerbau am 13. August 1961 die „Abstimmung mit den Füßen" abrupt beendete. Allein dies zeigt, wie wenig uns eine „Stunde null" im Sinne einer Pause zu wirklich neuem Nachdenken und zu einer total anders gerichteten Entscheidung möglich war.

Aber es gab in dieser Zeit eben doch neue Weichenstellungen für die Zukunft. Trotz der Belastung der Diktatur und der großen Zerstörungen gelang der Wiederaufbau erstaunlich schnell. Im Westen wurden aus den Kriegsgegnern von gestern rasch Verbündete. Statt der geplanten Umerziehungs- und Kontrollpolitik gab es bald Schritte auf eine Einbeziehung der Bundesrepublik Deutschland in ein übernationales westeuropäisches Bündnissystem. Für die große Mehrheit der Deutschen wurde der 8. Mai 1945, mehr als man vor 70 Jahren denken konnte, zu einer Befreiung nicht nur als Ende von Diktatur und Krieg, sondern zu einer unverhofften Chance für die Demokratie. Anders als in der unglückseligen Zeit nach dem Ende des Ersten Weltkrieges haben die Deutschen die Chance zu einem solchen Neuanfang konsequent ergriffen. Es war ein Glücksfall, dass durch das Zusammenwirken europäischer und amerikanischer Impulse die westliche Demokratie in unserem Land nicht nur gegründet, sondern auch gefestigt werden konnte. Durch die beständige Auseinandersetzung mit Faschismus und Totalitarismus erfolgte eine Abgrenzung der freiheitlich-demokratischen Position gegen Rückfälle.

Der Wiederaufbau und die Stärkung der freiheitlichen Demokratie, einschließlich der Menschenrechte, wären nicht möglich gewesen, ohne das stetige Einbeziehen Deutschlands in die europäische Integration. Es mutet manchmal wie ein Wunder an, wie diese Einigung Europas bis heute Macht erhielt und sich in vielem durchsetzen konnte. In Wirklichkeit war es natürlich der „lange Weg zum Westen", der dies endlich möglich machte. Vermutlich konnte es nur so gelingen, die Verführungskraft eines unduldsamen Nationalismus nicht nur bei uns einigermaßen zu bannen. Dies sollten wir bei der Europa-Skepsis unserer Tage nicht vergessen.

Wir sind noch auf diesem Weg. Der 8. Mai 1945 hat uns nicht losgelassen. Die Paradoxie dieses Tages besteht immer noch weiter in den Aufgaben unserer Gegenwart. Immer noch leiden wir unter den Folgen der eigenen Geschichte. Wir können unsere gemeinsame Haftung für die Folgen unserer Vergangenheit nicht einfach abschütteln, auch wenn niemand von Kollektivschuld spricht oder die nachwachsenden Generationen moralisch belastet. Gedenktage erwecken vielleicht den Eindruck, als solle jeder neuen Generation die Last einer Schuld, die nicht die ihre ist, weitervererbt werden. Eine Aufgabe bleibt auf jeden Fall für alle bestehen, nämlich die Erinnerung an die äußerste Unmenschlichkeit in Impulse der Menschlichkeit zu verwandeln. Vielleicht kann man nur so all das ertragen, was geschehen ist. Wir müssen auch endlich zur „Normalität", z.B. der Anerkennung von Menschenwürde und Menschenrechte kommen, und uns nicht immer wieder auf Auschwitz berufen, wenn es um weltweit anerkannte Humanität und um die Menschenwürde geht.

Es scheint mir auch, dass wir an einem anderen Punkt den Mut zur Wahrheit haben müssen. Beim Wiederaufbau unseres Landes kamen die Anstrengungen hauptsächlich den ökonomischen, sozialen und militärischen Faktoren unserer Sicherheit zugute. Der daraus entstehende Wohlstand hat gewiss auch unserer jungen Demokratie genützt. Die Grenze einer solchen pragmatischen Orientierung, hinter der die intellektuellen, moralischen und auch religiösen Bemühungen zurückblieben, kam jedoch um die Mitte der 1960er Jahre bald ans Licht. Eine vertiefte Bewusstseinsbildung, die den Neuanfang des 8. Mai 1945 immer noch gleichsam nachholen musste, gab es zwar in Anfängen und Fragmenten, aber sie hinkt bis heute den sozio-ökonomischen Veränderungen in letztlich doch fataler Weise nach.

Die „Grundwerte"-Diskussion der siebziger und späteren Jahre verebbte wieder. Auch beim Neubau des gemeinsamen europäischen Hauses kommen bis heute Ethos und Kultur zu kurz. Der gemeinsame Nenner ethischer Überzeugungen wird immer kleiner. Gemeinsinn wird rar. Die Berufung auf das Gewissen wird inflationär und entbehrt oft einer letzten Überzeugung. Die Präambel unserer Verfassung hatte den Mut, für dieses letzte Fundament - und sei es als Chiffre - noch den Namen Gottes zu benennen: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ...". Ob es jedoch auf die Dauer für alle und für jeden uneingeschränkt und absolut Menschenwürde und Menschenrechte sowie einen unantastbaren Schutz für sie geben kann, ohne dass sie den Schutz und die Ermutigung, die Gewähr und die Mahnung von Gott her haben, ist noch nicht ausgemacht. Frieden und Freiheit sind keine Selbstverständlichkeit. Sie waren es auch noch nie.

Vielleicht haben wir diese Lektion der Jahre 1933-1945 immer noch nicht genügend eingelöst. Ihre Erfüllung beginnt damit, dass wir entschlossen und von Anfang an jedem Unheil und jedem Unrecht entgegentreten. Dies ist mindestens die gemeinsame Verantwortung aller Demokraten, die uns diesen Gedenktag nicht zu einem überflüssigen öffentlichen Ritual, sondern zu einem ernsthaften Erbe werden lässt.

Worauf kommt es in dieser Stunde an - 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges? Darauf, dass wir Gott die Ehre geben, auf sein Wort hören, ihn um Vergebung und den Geist der Versöhnung bitten, und ihm antworten mit unserem Gebet und mit der Tat unseres Lebens. Menschliche Antworten auf die Schrecken und das Grauen, die dieser Krieg über die Völker Europas und die ganze Welt gebracht hat, reichen allein nicht aus. Darum sind wir hier versammelt. In Demut und Scham neigen wir uns vor Gott, um ihn zu bitten, die Schuld zu vergeben und die Menschen in einem neuen Geist zusammenzuführen, damit die Wunden heilen.

Im Gebet wollen wir den Herrn anrufen, dass er uns die Einsicht und die Kraft schenkt, jeder ungerechten Gewalt und jedem Unrecht von Anfang an zu widerstehen, den Frieden zu suchen und zu fördern sowie Gottes Weisungen zum Leben zur Richtschnur unseres Handelns zu machen. Lassen Sie mich wiederum die zentralen Sätze des Heiligen Paulus im Römerbrief (12, 17.21) zitieren, die ich am Anfang anführte: „Vergeltet niemand Böses mit Bösem! Seid allen Menschen gegenüber auf Gutes bedacht! ... Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!". Amen.

(MBN)

DÖHREN--GIEBELMANN--HEITKÖTTER (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)