Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 39

vom 30. Oktober 2014

Mainz, 22.10.2014: Rektoratsübergabe an der KH Mainz mit (v.l.) Professorin Susanne Schewior-Popp, Professor Martin Klose, Kardinal Karl Lehmann, Professor Peter Orth und Professorin Ruth Remmel-Faßbender (c) Bistum Mainz / Matschak
Mainz, 22.10.2014: Rektoratsübergabe an der KH Mainz mit (v.l.) Professorin Susanne Schewior-Popp, Professor Martin Klose, Kardinal Karl Lehmann, Professor Peter Orth und Professorin Ruth Remmel-Faßbender
Datum:
Do. 30. Okt. 2014
Von:
MBN
Klaus Forster, Personaldezernent des Bistums Mainz, wird Domkapitular (c) Bistum Mainz
Klaus Forster, Personaldezernent des Bistums Mainz, wird Domkapitular

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Tobias Blum, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz
Postanschrift: Postfach 1560, 55005 Mainz, Tel. 06131/253-128 oder -129,
Fax 06131/253-402, E-Mail: pressestelle@bistum-mainz.de

Personalien

  • Klaus Forster wird Domkapitular (1.11.)

Berichte

  • Rektoratswechsel an der KH Mainz 
  • Neuerscheinung: Briefe von Ida Hahn-Hahn

Vorschau

  • Schockenhoff spricht über die Bergpredigt (7.11.) 
  • Symposion der KHG Gießen (8.11.) 
  • Info-Wochenende im Mainzer Priesterseminar (15.-16.11)

Dokumentation

  • Lehmann erhielt Guardini-Preis
Mainz, 27. Oktober 2014: Neuerscheinung von Dr. Helmut Hinkel (rechts) zu den Briefen von Ida Hahn-Hahn an Christoph Moufang, links Verlegerin Annette Nünnerich-Asmus. (c) Bistum Mainz / Blum
Mainz, 27. Oktober 2014: Neuerscheinung von Dr. Helmut Hinkel (rechts) zu den Briefen von Ida Hahn-Hahn an Christoph Moufang, links Verlegerin Annette Nünnerich-Asmus.

Personalien

Klaus Forster wird residierender Domkapitular (1.11.)

Einführung des neuen Gotteslobes im Mainzer Dom / Zwei neue Dompräbendaten

Mainz. Ehrendomkapitular Klaus Forster, Personaldezernent des Bistums Mainz, wird in der Nachfolge von Weihbischof Dr. Ulrich Neymeyr, ernannter Bischof von Erfurt, residierender Domkapitular im Mainzer Domkapitel. Seine Einführung erfolgt zu Beginn der Pontifikalvesper an Allerheiligen mit dem Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, Weihbischof Neymeyr sowie dem Domkapitel. Die Feier findet am Samstag, 1. November, um 15.00 Uhr im Mainzer Dom statt. Zu Beginn der Vesper werden außerdem zwei neue Dompräbendaten eingeführt: Pfarrer Privatdozent Dr. Alexander Nawar, Ökumenereferent des Bistums Mainz, und Pfarrer Michael Andreas Leja, Bischöflicher Sekretär. Die musikalische Gestaltung übernehmen der Mainzer Domchor unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck sowie Domorganist Daniel Beckmann an der Orgel.

Das Mainzer Domkapitel ist ein Klerikerkollegium zur Feier der Liturgie an der Bischofskirche und zu weiteren satzungsmäßigen Aufgaben im Bistum. Besondere Bedeutung hat das Domkapitel bei der Wahl eines neuen Bischofs. Daneben wirkt das Gremium beratend an der Leitung und Verwaltung des Bistums mit. Die Mitglieder sind in der Regel Dezernenten im Bischöflichen Ordinariat. Außerdem sind sie für Verwaltung, Erhalt und Unterhalt der Bischofskirche zuständig.

Das Domkapitel ist eine selbstständige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Satzungsautonomie und eigenem Vermögenshaushalt. Das Mainzer Domkapitel hat sieben Mitglieder: Domdekan Prälat Heinz Heckwolf als Vorsitzender und sechs Domkapitulare. Dies sind: Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann, Offizial Prälat Dr. Peter Hilger, Prälat Hans-Jürgen Eberhardt, Prälat Jürgen Nabbefeld, Monsignore Horst Schneider und Klaus Forster. Das Domkapitel wird von Ehrendomkapitularen und Dompräbendaten bei der Feier der Liturgie am Dom unterstützt. Gemeinsam bilden alle Domherren das so genannte Domstift.

Neues Gotteslob erstmals im Dom im Einsatz / Hirtenwort des Kardinals

An Allerheiligen wird im Mainzer Dom erstmals aus dem neuen Gotteslob gesungen. Vor dem Pontifikalamt um 10.00 Uhr mit Kardinal Lehmann in Konzelebration mit Weihbischof Neymeyr und dem Domkapitel wird um 9.30 Uhr im Westchor die Terz gebetet. Die musikalische Gestaltung erfolgt durch den Mainzer Domchor unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck sowie Domorganist Daniel Beckmann an der Orgel. Kardinal Lehmann hat zur Einführung des neuen Gotteslobes - die in den Gemeinden teilweise schon erfolgt ist oder in diesen Wochen erfolgt - ein Hirtenwort geschrieben, das an die Gemeinden verschickt worden ist. Das Hirtenwort trägt den Titel „Das neue Gotteslob - ein großes geistliches und kulturelles Ereignis. Kleines Hirtenwort zur allgemeinen Einführung des ,Gotteslob‘ am 1. November 2014 im Bistum Mainz".

Das neue Gotteslob ist das Nachfolgewerk des 1975 erstmals erschienenen Einheitsgesangbuches Gotteslob. Es will sowohl Gebet- und Gesangbuch für den Gottesdienst als auch Hausbuch für Familie und Alltag sein. Das neue Gotteslob besteht aus einem gemeinsamen Stammteil aller Diözesen Deutschlands, Österreichs und des Bistums Bozen-Brixen und einem jeweils verschiedenen Eigenteil der einzelnen Diözesen. Beteiligt sind insgesamt 38 Diözesen. Je nach Umfang des Eigenteils umfasst es zwischen 1.200 und 1.300 Seiten. Zehn Jahre lang haben Fachleute aus Theorie und Praxis an dem Buch gearbeitet.

Klaus Forster wurde am 12. April 1957 in Worms geboren. Er studierte von 1978 bis 1984 Katholische Theologie an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und absolvierte anschließend die Ausbildung zum Pastoralreferenten. Zunächst arbeitete er zwei Jahre als Pastoralassistent in St. Fidelis in Darmstadt, wo er auch Religionslehrer an der Berufsschule war. 1987 ging er nach Mainz und war für vier Jahre Assistent des Mainzer Weihbischofs Wolfgang Rolly. Im Jahr 1991 folgte der Eintritt in das Mainzer Priesterseminar. Im Jahr 1992 wurde er zum Diakon geweiht.

Der Mainzer Bischof Karl Lehmann weihte ihn am 10. Juli 1993 im Mainzer Dom zum Priester. Nach Kaplansstellen in Dieburg und Friedberg wurde er 1997 Pfarrer in Roßdorf und Ober-Modau. Im Jahr 2003 wechselte er nach Griesheim als Pfarrer der Gemeinden Heilig Kreuz und St. Stephan, die seit 2006 die Pfarrgruppe Griesheim bilden. Im Jahr 2011 wurde Forster von Kardinal Lehmann zum Geistlichen Rat ernannt. Er war außerdem Aufsichtsratsvorsitzender des Caritasverbandes des Bezirks Darmstadt. Am 1. September 2012 wurde er Personaldezernent des Bistums Mainz sowie Ehrendomkapitular am Hohen Dom zu Mainz.

Alexander Nawar wurde am 13. November 1962 in Büdingen geboren. Bischof Lehmann weihte ihn am 9. Juli 1988 in Mainz zum Priester. Nach Stationen als Kaplan in Mainz, Butzbach und Fauerbach war er ab 1994 Deutsch- und Religionslehrer sowie Schulseelsorger der Marienschule Offenbach. Im Jahr 1998 schloss er seine Dissertation zum Thema „Opfer als Dialog der Liebe: Sondierungen zum Opferbegriff Odo Casels" ab. 2007 erfolgte die Freistellung zur Fertigstellung seiner Habilitation, die gerade im Pustet-Verlag erschienen ist. Der Band trägt den Titel „Ordinationsliturgie und Amtsverständnis zwischen Beauftragung und Sakrament: Zu den Gottesdiensttraditionen evangelisch-lutherischer Landeskirchen". Seit dem 15. September 2014 ist Nawar Ökumenereferent des Bistums Mainz. Außerdem ist er Lehrbeauftragter an der Theologischen Fakultät der Frankfurter Goethe-Universität und mit einer Unterrichtsverpflichtung am Ketteler-Kolleg in Mainz engagiert.

Michael Andreas Leja wurde am 22. März 1985 in Frankfurt/Main geboren. Nach seinem Abitur an der Gießener Liebigschule studierte er Katholische Theologie in Mainz und Innsbruck. Nach seiner Priesterweihe am 23. Juni 2012 durch Kardinal Lehmann war er als Kaplan in der Pfarrgruppe Alsfeld/Homberg (Ohm) und als Dekanatsjugendseelsorger im Dekanat Alsfeld tätig. Seit 15. September 2014 ist er Sekretär des Bischofs von Mainz, Kardinal Karl Lehmann. Wie seine Vorgänger erhält Kaplan Leja den Titel eines Pfarrers und übernimmt auch im Rahmen und in den Grenzen seiner Verpflichtungen beim Bischof die Stelle eines Dompräbendaten innerhalb des Domstiftes am Mainzer Dom.

tob (MBN)

 

Berichte

Professor Klose neuer Rektor der KH Mainz

Professorin Schewior-Popp neue Pro-Rektorin / Feierstunde mit Kardinal Lehmann

Mainz. „Es ist ein gutes Zeichen, dass nun ein weiteres Mal ein Theologe und eine Frau aus den Nachbardisziplinen die Verantwortung tragen und teilen. Dies wird wohl auch wie bisher ein Gewinn für die Hochschule sein." Das sagte der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, anlässlich einer Feierstunde zur Rektoratsübergabe an der Katholischen Hochschule (KH) Mainz am Mittwoch, 22. Oktober. Neuer Rektor der KH ist seit dem Beginn des Wintersemester Professor Dr. Martin Klose, er tritt die Nachfolge von Professor Peter Orth an; neue Prorektorin wird Professorin Dr. Susanne Schewior-Popp, sie ist Nachfolgerin von Professorin Ruth Remmel-Faßbender. Klose vertritt den Fachbereich Praktische Theologie, Schewior-Popp den Fachbereich Gesundheit und Pflege.

In seinem Grußwort dankte Lehmann Orth und Remmel-Faßbender für Ihr bisheriges Engagement; Orth und Remmel-Faßbender waren von 2008 bis 2014 Rektor bzw. Pro-Rektorin. „Sie haben in diesen Jahren den Ausbau der Hochschule mit aller Kraft und Geschicklichkeit begleitet. Sie haben für Lernende und Lehrende erfolgreich Sorge getragen. Sie haben die zentralen Themenstellungen in der Sozialen Arbeit, in der Praktischen Theologie und in dem sehr gewachsenen Bereich für Gesundheit und Pflege gestärkt und der Hochschule zu gutem Ansehen verholfen", sagte der Kardinal. Er wies außerdem darauf hin, dass in dieser Zeit die Umbenennung von Katholische Fachhochschule in Katholische Hochschule erfolgt sei. „Dies ist ein Zeichen, dass Sie nicht nur für die Lehre, sondern auch für eine größere Zahl wichtiger Forschungsobjekte von außen Zustimmung und Anerkennung gefunden haben", betonte Lehmann.

Auch Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, Dezernentin für Schule und Hochschule im Bistum Mainz und Vorsitzende des Verwaltungsrates der KH Mainz, dankte in ihrem Grußwort Orth und Remmel-Faßbender für die Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. „Wir haben miteinander und zueinander Brücken gebaut - auch solche, an denen die nachfolgende Hochschulleitung weiter bauen wird", sagte sie. Als Einrichtung der rheinland-pfälzischen Diözesen habe die KH ein „Alleinstellungsmerkmal, das sich noch profilschärfer als prägende Kraft dieser Hochschule herausbilden soll", betonte Pollak. Und weiter sagte sie: „Gerade heute - wo wir täglich erfahren müssen, wie Menschenrechte grässlich missachtet werden - sind wir neu herausgefordert, in dieser Hochschule selbst, aber auch durch die Qualität ihrer Arbeitsergebnisse, angemessene Argumente und Werte in die Gesellschaft zu tragen." Weitere Grußworte sprachen unter anderen Staatssekretär Walter Schumacher vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Rheinland-Pfalz sowie Professor Dr. Roman Heiligenthal von der Landesschulpräsidentenkonferenz.

Ansprachen von Orth und Klose

Die Festveranstaltung wurde eingerahmt durch Ansprachen von Professor Peter Orth und Professor Dr. Martin Klose. Orth ging in seinem Vortrag auf die Veränderungen an der KH in den vergangenen sechs Jahren ein. Er verwies unter anderem darauf, dass es in Folge der Bologna-Reform seit 2008 zu einer erfolgreichen Umsetzung der neuen Studienstruktur gekommen sei; zudem seien zwei Stiftungsprofessuren eingerichtet und ein Qualitätsmanagement aufgebaut worden. Bedingt durch die neuen Studienstrukturen, die starken Geburtenjahrgänge, die erweiterten Hochschulzugangsmöglichkeiten, „aber auch durch die Attraktivität unserer Hochschule" sei die Zahl der Studenten weiter angestiegen betonte Ort: „Wir verzeichnen in den vergangenen sechs Jahren einen Zuwachs der Studierenden um 48 Prozent", sagte er.

Klose wies in seinem Vortrag insbesondere auf den Bildungsauftrag der Katholischen Hochschule ein: „Dieser besondere Bildungsauftrag orientiert sich am christlichen Menschenbild und realisiert sich dementsprechend als Bildung, die als religiöse die Augen vor dem Transzendenzbezug des Menschen nicht verschließt, die als soziale jeden Menschen als Würdewesen wertschätzen und respektieren lernt, und die als Selbstbildung Verantwortung für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit zu übernehmen sucht", sagte er. Es gehöre „zum Katholischen und damit zur dieser Hochschule", dass ihr „geistige Enge, ängstliche Abgrenzung und Rückzug ins intellektuelle Ghetto fremd" seien. Vielmehr setze sie „entschieden auf Offenheit für Andere und Anderes, auf Bereitschaft zum selbstkritischen Diskurs, auf wertschätzende Begegnung mit wem auch immer und auf die Kraft der Argumente", sagte er.

Hinweis: www.kfh-mainz.de

am (MBN)

 

Vortrag über Ida Hahn-Hahn (28.10.)

Neuerscheinung von Dr. Hinkel zu ihren Mainzer Briefen an Christoph Moufang

Mainz. Mit einem Vortrag begleitet der Direktor der Mainzer Martinus-Bibliothek, Dr. Helmut Hinkel, die Veröffentlichung der Mainzer Briefe von Ida Hahn-Hahn (1805-1880) an den Mainzer Domkapitular und Regens Christoph Moufang. Hinkel spricht am Dienstag, 28. Oktober, um 18.15 Uhr bei freiem Eintritt in der Martinus-Bibliothek unter der Überschrift „Ida Hahn-Hahn. Exzentrisch, selbstverliebt, überspannt - eine Künstlernatur?" Der Vortrag von Dr. Hinkel widmet sich besonders ihrer „katholischen Zeit" in Mainz und gibt Einblicke in das kirchliche, politische und kulturelle Leben dieser Epoche. Der reich bebilderte Band „Ida Hahn-Hahn. ‚Ich hätte große Lust mit Ihnen zu zanken.' Mainzer Briefe an Christoph Moufang" erscheint im Nünnerich-Asmus Verlag und Media GmbH in Mainz.

In der Einleitung zur Neuerscheinung bezeichnet Hinkel die erstmals herausgegebenen Briefe als „eindrucksvolle Streiflichter auf die Stadt Mainz und ihre Bewohner, das Bistum, die politische und religiöse Lage der Zeit, die handelnden Personen und nicht zuletzt die Schreiberin selbst". Das Buch könne sicherlich ein Anstoß sein, sich mit der umfangreichen Korrespondenz von Ida Hahn-Hahn zu beschäftigen, sagte Hinkel vor Journalisten am Montag, 27. Oktober, in der Martinus-Bibliothek.

Ida Hahn-Hahn war eine der meistgelesenen Autorinnen des 19. Jahrhunderts. Sie war eine für ihre Zeit sehr emanzipierte Frau, die mit großer Öffentlichkeitswirkung zum katholischen Glauben konvertierte. 1853 gründete sie in Mainz das Kloster „Vom guten Hirten", das in der Nähe der Kirche St. Stephan lag, wo sie bis zu ihrem Tod lebte, ohne selbst Mitglied des Ordens zu sein. Der Mainzer Bischof, Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811-1877), hatte entscheidend zu Ida Hahn-Hahns Konversion zum Katholizismus im Jahr 1850 in Berlin beigetragen. Sie war daraufhin Ketteler als ihrem geistlichen Mentor nach Mainz gefolgt, wo sie auch 1880 starb und auf dem Hauptfriedhof beerdigt wurde. Die Originale der 52 jetzt edierten Briefe an Domkapitular Moufang aus den Jahren 1861 bis 1879 befinden sich im Dom- und Diözesanarchiv Mainz. Die Briefe Moufangs an Ida Hahn-Hahn sind verloren gegangen.

Ein Schwerpunkt in den Briefen ist das Engagement von Hahn-Hahn für eine freie katholische Universität, das allerdings letztlich aus finanziellen Gründen, dem Desinteresse der Bischöfe und dem Kulturkampf gescheitert sei, erläuterte Hinkel. Er hob hervor, dass bereits die selbstständigen Reisen und die Verwaltung ihrer eigenen Finanzen für eine Frau in dieser Zeit äußerst ungewöhnlich gewesen seien. In den 1920er Jahren sei das Interesse an Ida Hahn-Hahn zunächst stark zurückgegangen. Mittlerweile gebe es wieder ein größeres Interesse an ihrer Person, „wobei allerdings ihre katholische Zeit kaum wahrgenommen wird".

Verlegerin Dr. Annette Nünnerich-Asmus bekannte, dass „Ida Hahn-Hahn mich fasziniert. Sie ist eine Frau mit zwei Gesichtern." Zum einen sei sie sehr stark in ihrem Standesdenken als Adlige verhaftet gewesen, zum anderen sei sie eben auch sehr selbstständig, extrem eigenwillig und auch kämpferisch gewesen. An ihren Briefen an Christoph Moufang, der unter anderem der Zentrumsfraktion im Deutschen Reichstag angehörte, werde deutlich, wie „eine mit kritisch-intellektuellem Verstand begabte Frau das politische Umfeld und die gesellschaftlichen Verhältnisse ihrer Zeit auch öffentlich kommentiert". Die Briefe seien „ungemein unterhaltsam und gelehrsam". Hinkels Veröffentlichung über Ida Hahn-Hahn sei „ein rundum gelungenes Buch, das ihr wieder zu der Geltung verhelfen kann, die ihr gebührt".

Leben und Werk von Ida Hahn-Hahn standen bereits 2011/2012 im Mittelpunkt einer Kabinettausstellung in der Mainzer Martinus-Bibliothek, die unter der Überschrift „Von Babylon nach Jerusalem. Die Schriftstellerin Ida Hahn-Hahn" gezeigt wurde. Dazu ist in der Reihe der Mainzer Perspektiven ein gleichnamiger Band von Sabine Gruber und Ralph Zade erschienen.

Hinweis: Ida Hahn-Hahn, „Ich hätte große Lust mit Ihnen zu zanken. Mainzer Briefe an Christoph Moufang". Herausgegeben und eingeleitet von Helmut Hinkel. Nünnerich-Asmus Verlag und Media GmbH, Mainz 2014, 312 Seiten, rund 150 unbekannte oder seltene Abbildungen von Mainzer Persönlichkeiten und Ansichten der Stadt und zum Teil im Krieg zerstörte Bauten, gebunden, 19,90 Euro. ISBN: 978-3-943904-60-4

tob (MBN)

 

Vorschau

Die Bergpredigt (7.11.)

Akademiesoirée mit Professor Schockenhoff

Mainz. Mit „Die Bergpredigt. Aufruf zum Christsein - Provokation für Nichtchristen" ist eine Akademiesoirée mit Professor Dr. Eberhard Schockenhoff, Freiburg, überschrieben. Die Veranstaltung der Bistumsakademie Erbacher Hof findet am Freitag, 7. November, um 17.00 Uhr im Mainzer Haus am Dom statt. Schockenhoff ist Professor für Moraltheologie an der Theologischen Fakultät der Albert Ludwigs-Universität in Freiburg.

am (MBN)

 

„Ausverkauf des Menschen!?" (8.11.)

Symposion der Katholischen Hochschulgemeinde Gießen mit Müntefering und Süssmuth

Gießen. Unter der Überschrift „Ausverkauf des Menschen?! Gesellschaft, Wirtschaft und Ethik im Gespräch" steht ein Symposion der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) Gießen am Samstag, 8. November. Es findet ab 10.00 Uhr im Konzertsaal des Gießener Rathauses statt. Das Impulsreferat am Vormittag spricht Franz Müntefering, ehemaliger Vizekanzler und Bundesminister für Arbeit und Soziales und seit 2013 Präsident des Arbeiter-Samariter-Bundes Deutschland. Das Thema seines Vortrages lautet: „Verantwortung in der modernen Gesellschaft - Spannungsfeld Gesellschaft, Wirtschaft und Ethik - Gedanken zu einer zukunftsfähigen Gesellschaft".

Im Anschluss sind Arbeitskreise sowie eine Podiumsdiskussion vorgesehen. Das Schlussreferat um 14.45 Uhr hält Professorin Dr. Rita Süssmuth, ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit und langjährige Präsidentin des Deutschen Bundestages. Das Thema ihres Vortrages lautet: „Gesellschaft im Wandel: Brauchen wir neue Perspektiven und Werte? - Gedanken zu Gesellschaft, Wirtschaft und Moral".

Hinweis: Weitere Informationen im Internet unter www.khg-giessen.de

am (MBN)

 

„Komm und sieh!" (15.-16.11.)

Wochenende für junge Männer im Mainzer Priesterseminar

Mainz. Das Bischöfliche Priesterseminar in Mainz lädt junge Männer ab 16 Jahren von Samstag, 15., bis Sonntag, 16. November, zu einem Informationswochenende ein. Im Rahmen der Veranstaltung unter der Überschrift „Komm und sieh!" (Joh 1,39) besteht unter anderem die Möglichkeit, die Seminaristen im Mainzer Priesterseminar kennen zu lernen und mit ihnen sowie mit der Leitung des Hauses ins Gespräch zu kommen. Neben geistlichen Angeboten sind außerdem ein Ausflug, eine Besteigung von St. Stephan sowie eine Informationsrunde zu Theologiestudium und Priesterausbildung vorgesehen.

Hinweis: Weitere Informationen und Anmeldung (bis 7. November erbeten) beim Bischöflichen Priesterseminar, Subregens Markus Lerchl, Augustinerstraße 34, 55116 Mainz, Telefon: 06131/266211, E-Mail: info@bpsmainz.de oder markus.lerchl@bistum-mainz.de, Internet: www.bpsmainz.de

am (MBN)

 

Dokumentation

„Seine zahllosen Bücher begleiten mich bis heute"

Kardinal Lehmann in München mit dem Romano Guardini-Preis ausgezeichnet

München. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, ist in München mit dem Romano Guardini-Preises der Katholischen Akademie in Bayern ausgezeichnet worden. Die Verleihung fand am Dienstag, 28. Oktober, in den Räumen der Akademie statt. Im Folgenden dokumentieren wir die Dankesrede Lehmanns ohne Anmerkungsapparat und Literaturverzeichnis; die Rede des Kardinals war mit „Romano Guardini und Mainz" überschrieben.

Die Verleihung des Romano Guardini Preises 2014 ist für mich eine große Freude. Ich danke sehr herzlich der Katholischen Akademie in Bayern für die Verleihung, ganz besonders auch für die Grußworte der Herren Reinhard Kardinal Marx, Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle und Akademiedirektor Dr. Florian Schuller. Ihnen allen danke ich für die Mitfeier und die guten Wünsche, nicht zuletzt auch dem Arcis Saxophon Quartett für die musikalische Begleitung. Herrn Professor Dr. Jean Greisch aus Paris danke ich für die Übernahme der Laudatio, ganz besonders aber für seine Darstellung, in der ich mich gut wiederfinde: Jenseits von Optimismus und Pessimismus: Denken und Glauben im Zeichen der Zuversicht.

Die Auszeichnung mit diesem Preis bedeutet für mich mehr als manche andere Ehrung. Dies hat einen einfachen, aber bis heute nachwirkenden Hintergrund: Als ich in der ersten Hälfte der 1950er Jahre bis zum Abitur 1956 das Staatliche Gymnasium in meiner Heimat Sigmaringen besuchte, gab es neben einem einflussreichen Lehrer, Professor Dr. Nikolaus Maier, besonders zwei Autoren, die ich geradezu verschlungen habe und die mich bis heute geprägt haben: Romano Guardini und Josef Pieper. Mein karges Taschengeld habe ich fast ganz in den Kauf ihrer Bücher investiert. Später habe ich bei gelegentlichen Besuchen in München auch einige Vorlesungen von Romano Guardini gehört. So war ich nach meinen philosophischen und theologischen Studien in Freiburg und Rom gut vorbereitet, um als Assistent von Karl Rahner, dem ersten Romano Guardini Preisträger, am neu geschaffenen Institut für Christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie der Ludwig Maximilians-Universität in München - freilich unter ganz anderen Bedingungen - das Erbe Romano Guardinis mitpflegen zu dürfen (1964-1967). Als Karl Rahner im Jahr 1967 einem Ruf nach Münster folgte, hat er mich zu Romano Guardini mitgenommen, um diesem die schmerzliche Nachricht von seinem Weggang von München persönlich zu überbringen. So durfte ich einmal Romano Guardini die Hand geben und ihm persönlich begegnen. Seine zahllosen Bücher begleiten mich bis heute, um nur einige zu nennen, für die ich immer besonders dankbar war: Vom Geist der Liturgie, Von Heiligen Zeichen, Der Herr, Vom Ende der Neuzeit und die aus dem Nachlass herausgegebene zweibändige Ethik.

Als ich 1983 Bischof von Mainz wurde, habe ich mich immer wieder um die Person und das Werk Romano Guardinis gekümmert. Anfangs wusste ich wenig um das schwierige Verhältnis zwischen Mainz und Romano Guardini. Frau Professorin Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz hat dann in ihrer großen Guardini-Biografie, die zum 100. Geburtstag im Jahr 1985 erschien, diese problematische Beziehung weitgehend aufhellen können. Ich hatte mich zur gleichen Zeit darum bemüht. Das Zerwürfnis zwischen Mainz und Romano Guardini hat mich im Lauf der folgenden drei Jahrzehnte jedoch nie losgelassen. Darum möchte ich dazu auch im Rahmen dieser Preisverleihung einige Worte sagen.

Es ist bekannt, dass Romano Guardini ein Jahr nach seiner Geburt in Verona (17. Februar 1885) mit seiner Familie nach Mainz kam, weil sein Vater als Importkaufmann eine Firma vor allem für den Geflügel- und Eierhandel sowie auch für Wein in Mainz gründete. Als der Vater 1919 in Mainz starb und die Familie wieder nach Italien bzw. in die Schweiz zog, blieb Romano Guardini als einziger in Deutschland. Er ist in diesen Jahrzehnten tief in die deutsche Kultur und Sprache hineingewachsen und nahm 1911 die deutsche Staatsbürgerschaft an. Zeitlebens galt es, in der Spannung zwischen der italienischen Heimat und der deutschen Wahlheimat ein eigenes Leben zu finden. Später wird er sagen: „Ich (war) so schon durch persönliches Lebensschicksal darauf hingeleitet, nach der Einheit weit auseinander liegender Wirklichkeiten zu suchen." Man kann schon hier gleichsam die Urzelle der späteren Lehre vom Gegensatz erkennen. Hier wurzelt auch die schon frühe, sich aber durch das ganze Leben ziehende Entdeckung Guardinis, dass diese Spannung zwischen Italien und Deutschland am besten in einem neuen Europa gelebt und in gewisser Weise so auch aufgelöst werden kann.

Die Familie Guardini lebte in Mainz ziemlich unauffällig. Der Aufenthalt war in der Zeit des Ersten Weltkrieges jedoch nicht einfach. Romano besuchte als ältester Sohn das heutige Rabanus Maurus-Gymansium und studierte nach dem Abitur (1903) in Tübingen, München und Berlin Chemie und Nationalökonomie. München wird dann zum Ort einer bis in die Wurzeln reichenden religiösen Krise. Der Glaube ist ihm zerronnen. Dr. Karl Neundörfer, der 1926 in den Bergen tödlich verunglücken sollte, wurde zum unentbehrlichen Freund und Gesprächspartner. Beide entschlossen sich zum Dienst des Priesters. Ein Wort Karl Neundörfers weist auf den Kern dieser Entscheidung in einem längeren Kampf: „Im letzten liegt die Wahrheit da, wo die größte Möglichkeit der Liebe ist."

Wenn Mainz bis ca. 1920 der Lebensort Guardinis war, so war die Stadt für ihn immer auch der Ort mit einer großen christlichen Überlieferung, einem öffentlichen wirksamen Glauben und eines reformerisch orientierten Katholizismus, der nicht zuletzt durch Bischof W. E. von Ketteler (1811-1877) und seit 1848 durch die Katholikentage geprägt war. Dies darf man nicht vergessen, wenn gleich deutlicher von den Belastungen zwischen Mainz und Romano Guardini die Rede sein wird. Aber es bleibt dabei: Die Entscheidung für diesen Beruf ist im Mainzer Priesterseminar für ein ganzes Leben getroffen worden. Nach seinen eigenen Worten ist die Priesterweihe (1918) im Mainzer Dom „die Grundlage meiner Arbeit gewesen".

So kann er kurz vor seinem Tod seinem Freund Felix Messerschmid (1904-1981) auf die Frage, weshalb er zeitlebens den Glauben bewahrt habe, zur Antwort geben: „Weil ich es meinem Bischof bei der Priesterweihe versprochen habe." Trotz aller Spannungen ist Romano Guardini Priester des Bistums Mainz geblieben. Deswegen hat er auch im Necrologium Moguntinum 1802/03-2009 seinen Platz.

Wir danken Romano Guardini dafür, dass er diese Aufgabe ganz und vorbehaltlos erfüllt hat. Dieses Ganze bestand für ihn immer aus zwei Dimensionen, nämlich einerseits Gott und anderseits den Menschen der Zeit ganz nahe zu sein. In diesem Zusammenhang beschreibt er auch die Auffassung von Amt und Autorität. „Er (der Priester) scheut sich, feste Ergebnisse und Weisungen an sie (die Gläubigen) heranzutragen, sondern stellt sich mit ihnen zusammen in das Suchen und Fragen hinein, um mit ihnen gemeinsam hinauszufinden. Ich weiß, was man einwenden kann." Amt und Autorität mit Gehorsam sind nicht einfach selbstverständliche Ausgangspunkte, sondern Guardini möchte sich neben den Anderen stellen „und mit ihm zusammen in den Gehorsam zu gelangen" suchen.

Von einer solchen Brüderlichkeit des Glaubens lebte Guardinis Denken. Und dies ist mit der eben skizzierten Auffassung vom Priestertum wohl die zweite wichtige Dimension seines Vermächtnisses. Guardini wollte brüderlich zeigen, was er sieht, und sagen, was er hört, vertrauensvoll und arglos, demütig und offen. Vom Glauben her wollte er die lebendige Wirklichkeit der Welt verstehen. Er suchte so das Menschliche im Christlichen und das Christliche im Menschlichen. Akademische Lehre war ihm nichts anderes als „die beständige, sozusagen methodische Begegnung zwischen dem Glauben und der Welt... im Konkreten". Meisterhaft hat er diese Aufgabe zusammengefasst in einem Brief an Papst Paul VI., in dem er für die Glückwünsche zu seinem 80. Geburtstag (1965) dankt und den uns wiederum Felix Messerschmid überliefert hat: „Noch zur Zeit meiner ersten theologischen Studien wurde mir etwas klar, das von da ab meine ganze Arbeit bestimmt hat: Was den modernen Menschen überzeugen kann, ist nicht ein historisch oder psychologisch oder wie immer modernisiertes Christentum, sondern nur die uneingeschränkte und ungebrochene Botschaft der Offenbarung. Natürlich ist es dann die Aufgabe des Lehrenden, diese Botschaft mit den Problemen und Nöten unserer Zeit in Beziehung zu setzen. Ich habe das in den verschiedensten Milieus zu tun versucht, darunter zwanzig Jahre lang in der gewiss wenig christlichen Luft von Berlin. Die Erfahrung war immer die gleiche. Was der heutige Mensch zu hören wünscht, ist die volle und reine christliche Botschaft. Vielleicht sagt er dann nein zu ihr; aber er weiß wenigstens, worum es geht. Diese Erkenntnis hat sich immer aufs Neue bewährt." Dies scheint mir das bleibende Testament Romano Guardinis auch für unsere Zeit zu sein.

Romano Guardini hat es - wie schon erwähnt - nicht leicht gehabt mit Mainz. Er fand es recht schwierig im Priesterseminar und spricht z.B. sehr hart von einem dort herrschenden „System des Misstrauens und der Beaufsichtigung, das bis ins Einzelne ging" in der ganzen Erziehung. Wegen mancher Kritik, vor allem auch im Blick auf die Professoren, dachten einige Verantwortliche daran, man solle ihn doch lieber gehen lassen. Dies gilt auch für Dr. Karl Neundörfer. „Das hat uns aber doch nicht geschadet, und wir waren, wenn auch mit einem Semester Verzögerung, zum Ziel gekommen. Nach zwei Zwischenstationen kam ich als Kaplan nach St. Christoph in Mainz." Guardini war Kaplan in Heppenheim (Bergstraße), in Darmstadt (Krankenhaus), in Worms (Dom), in Mainz (St. Christoph, St. Ignaz, St. Emmeran und St. Peter). Er hatte stets das Empfinden, dass man ihm in Mainz nicht wohlwollend gesonnen sei. Auch gab es grundlegende Einwände gegen die Jugendarbeit, die Guardini bei der bekannten Jugendgruppe „Juventus" mit einer größeren Nähe zur Jugendbewegung betrieben hatte. Das Zentrum des Widerstands gegen ihn sah Guardini auch später bei Domkapitular und (ab 1920) Generalvikar Dr. Ludwig Bendix (1857-1923). Dieser sei trotz mancher Fähigkeiten - so schreibt Guardini noch nach über 30 Jahren - „ein Reaktionär reinsten Wassers" gewesen. Guardini beklagt die Zwiespältigkeit im Verhalten ihm gegenüber. Bendix hat wohl auch die Berufung Guardinis nach der Promotion in Freiburg i. Br. 1915 als Professor an das Mainzer Priesterseminar verhindert. „Gegen seinen Willen konnte aber nichts geschehen, so wurde die Situation für mich allmählich unhaltbar." Bitter formuliert Romano Guardini: „Natürlich muss die oberste Behörde der Diözese das Recht behalten, ihr Urteil über eine Persönlichkeit zu ändern. Das muss sich aber auf Tatsachen stützen ... Das alles ist aber in Mainz nicht geschehen ... Die Sache ist mir zuerst sehr nahe gegangen. Dann habe ich freilich erkannt, welche gütige Fügung darin gelegen hat. Ich bin gezwungen worden, aus der engen Mainzer Luft ins Weite zu gehen und kann dafür nicht dankbar genug sein. In Mainz hätte ich entweder die größten Schwierigkeiten bekommen, oder wäre zu Grunde gegangen - geistig und wahrscheinlich auch körperlich."

Hier könnte noch vieles ergänzt werden, etwa im Blick auf die Verzögerungen der Freistellung für die Promotion und besonders die Habilitation. Ich will und muss dies übergehen. Schließlich schreibt Romano Guardini in seinem Lebensbericht: „Damals habe ich mich innerlich von der Mainzer Diözese gelöst, umso mehr, als mein Vater im Jahr 1919, kurz nach seiner Rückkehr aus der Schweiz gestorben war und meine Mutter sich entschloss, nach Italien zurückzukehren. Ich bin dann noch einmal nach Mainz gegangen, als ich die Berliner Professur (1923) bekommen hatte; die Enttäuschung, welche ich damals erfuhr, hat die Trennung definitiv gemacht."

Guardini hat es wohl den Verantwortlichen auch nicht immer leicht gemacht. Er hat selbst an den Grenzen seiner eigenen Persönlichkeit gelitten. Auch wenn man die folgenden Worte nicht überschätzen darf, geben sie zu denken. „Zusammenfassend muss ich sagen, dass ich die menschliche Beziehung, welche der Seelsorger mit seiner Gemeinde haben muss, nicht fand. Dabei war ich immer überzeugt, dass er die eigentliche Form des Priestertums sei. Ich habe aber zum Volk, zur Weise seines Denkens und zur Form seiner Interessen nie richtig hingefunden." Guardini hatte zudem große Probleme mit der Schule. Freilich, er hat auch gute und dankbare Erinnerungen an das Bistum Mainz zum Ausdruck gebracht, an Heppenheim, Worms und manche Freunde.

Später sah Guardini sein Verhältnis zu Mainz zwar klar und ungeschminkt, zugleich jedoch in einem etwas milderen Licht. Über seine Kritik schreibt er: „Davon war sicher Vieles unnötig und Manches ungerecht; aber schließlich steht die Weisheit ja nicht am Anfang, sondern am Ende." Insgesamt beklagt er immer wieder eine Nichtachtung des notwendigen Vertrauens. Hier war er besonders sensibel. Dies war „symptomatisch für den Geist und die Methode der ganzen Erziehung". Dies schreibt Guardini noch sehr entrüstet nach so langer Zeit. Immer wieder betont er die Freundschaft zu Dr. Karl Neundörfer und zu Herrn und Frau Schleußner, die er geradezu als seine „geistigen Eltern" empfand. Der Ärger saß sehr tief, sodass Romano Guardini nach 1923 erst wieder im Jahr 1944 Mainzer Boden betrat. Ausdrücklich schreibt er, dabei habe er „keinen Groll empfunden".

Besondere Gestalt gewonnen hat das bessere Verhältnis zu Mainz in der Freundschaft zu Bischof Albert Stohr. Beide kannten sich bereits aus dem Priesterseminar. Später gab es eine stärkere Annäherung, die Bischof Stohr wohl auch von sich her gesucht haben dürfte. Dies war leichter möglich geworden, als Bischof Dr. Stohr (1890-1961) im Jahr 1940 mit Bischof Landersdorfer für die Liturgie in der Deutschen Bischofskonferenz verantwortlich wurde. Es war die Zeit, als eine heftige Auseinandersetzung um die liturgische Bewegung im Gang war. So hat sich Bischof Stohr Guardinis „Wort zur liturgischen Frage" in einem kritischen Augenblick der Geschichte der Erneuerung des Gottesdienstes (1940) bewusst zu eigen gemacht. Albert Stohr sagte später, Guardini habe in diesem Brief an ihn „in bewundernswerter Klugheit und mit meisterlichem Geschick einen Weg zwischen Zuviel und Zuwenig, zwischen engem Beharren und gar zu stürmischem Vorwärtsschreiten gewiesen und seinen Freunden und Gesinnungsgenossen einen kaum zu überschätzenden Dienst geleistet". Bischof Stohr nannte ihn in diesem Zusammenhang 1940 deswegen auch „Anwalt des liturgischen Anliegens".

Bischof Dr. Stohr hat auch maßgeblich die Beauftragung Romano Guardinis mit der neuen Übersetzung des lateinischen Textes der Psalmen gefördert („Nova Vulgata"). 1941 begann Guardini die Übersetzung, 1949 hat er sie mit großer Anerkennung, gerade auch von Bischof Stohr, abgeschlossen. So hat die Freundschaft der beiden Männer - Guardini spricht selbst von ihr in einer handschriftlichen Buchwidmung des Jahres 1950 - und ihre gemeinsame Aufgabe bei der liturgischen Erneuerung auch eine Wiederannäherung an Mainz gebracht, jedenfalls einen versöhnlicheren Ton ermöglicht. Guardini schreibt darum, Bischof Stohr habe ihm „in der gütigsten Weise seine Freundschaft" geschenkt und dies sei von Stohr „als Überbrückung des damals geschehenen Risses verstanden und von mir (Guardini) auch dankbar als solche empfunden worden". 1958 widmete er öffentlich sein Buch „Religion und Offenbarung" (1957) Bischof Albert Stohr. Wenn auch Guardini die erlittenen Verletzungen nie vergessen konnte, so hat sich doch das Verhältnis zu Mainz sehr entspannt. So schreibt er in Notizen des Jahres 1958: „Die Neuralgie ist immer noch so stark, dass ich mich nicht zu reisen getraue. Heute Morgen kam der Gedanke, ich wollte wieder einmal nach Mainz, die alten Orte sehen, sofern sie noch da sind ... die Gonsenheimer Straße, St. Bonifatius, das Seminar ... ‚Altershausen‘." Dafür gibt es auch noch andere Anzeichen. Bischof Stohr erwirkt nach einem Zögern Roms im Jahr 1952 den Prälatentitel für Guardini, er besucht ihn 1960 während des Eucharistischen Kongresses in München, als Guardini krank war. Nicht wenige Briefe bestätigen diese starke Annäherung und neue Nähe.

Trotz der langsam entspannten Atmosphäre verlassen einem, wenn man aus Mainz kommt, nicht Scham und Beklemmung. Die Verehrung für Romano Guardini in Mainz ist gewiss auch heute immer noch sehr hoch. Viele wissen freilich nichts mehr von den Verwicklungen und Verletzungen der frühen Jahre. Aber es muss doch von Mainz im Blick auf diese Zeit, soweit so etwas überhaupt möglich ist, ein Wort der Entschuldigung und der Bitte um Vergebung erwogen werden. So habe ich als Bischof von Mainz schon in meinem ersten Wort über Guardini, wohl etwas erschrocken über das Missverhältnis, gesagt, als damals 1984 „Die Berichte über mein Leben" erschienen sind: „Es war mir (erst recht nach dem Erscheinen dieses Buches) klar, dass wir nicht nur zu danken, sondern auch etliches wieder gut zu machen hatten, soweit dies menschenmöglich ist." Seither sind über 30 Jahre vergangen. Bei der Entgegennahme des Preises mit seinem Namen hier in München fühle ich mich - ganz im Sinne von Bischof Albert Stohr - gerade als Bischof von Mainz - nicht nur persönlich, sondern dienstlich-amtlich - zutiefst verpflichtet, fast 50 Jahre nach Romano Guardinis Tod angesichts der Verletzungen von damals um Entschuldigung, Nachsicht und Vergebung zu bitten. Ich bin dankbar, dass ich an diesem Abend die Gelegenheit bekommen habe, dies auch öffentlich zur Sprache zu bringen. Herzlichen Dank!

(MBN)