Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 19

vom 22. Mai 2013

Mainz, 15. Mai 2013: Kinder sind in der Hatto-Ausstellung herzlich willkommen: Die „Maxis“ aus dem katholischen Kindergarten in Bodenheim waren in Mäusekostümen in der Ausstellung unterwegs und hatten den anwesenden Journalisten zum Auftakt ihr Mäuselied präsentiert. (c) Bistum Mainz / Blum
Mainz, 15. Mai 2013: Kinder sind in der Hatto-Ausstellung herzlich willkommen: Die „Maxis“ aus dem katholischen Kindergarten in Bodenheim waren in Mäusekostümen in der Ausstellung unterwegs und hatten den anwesenden Journalisten zum Auftakt ihr Mäuselied präsentiert.
Datum:
Mi. 22. Mai 2013
Von:
MBN

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Tobias Blum, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz
Postanschrift: Postfach 1560, 55005 Mainz, Tel. 06131/253-128 oder -129,
Fax 06131/253-402, E-Mail: pressestelle@bistum-mainz.de

Berichte

  • Hatto-Ausstellung im Dommuseum eröffnet 
  • Vortragsabend zu Papst Franziskus 
  • Festakademie für Monsignore Klaus Mayer

Personalien

  • Zwei Ehrenpromotionen vergeben
Der Einband des Evangelium Longum mit den sog. Tuotilo-Tafeln wird im Mainzer Dommuseum zum ersten Mal in Deutschland gezeigt. (c) St. Gallen, Stiftsbibliothek
Der Einband des Evangelium Longum mit den sog. Tuotilo-Tafeln wird im Mainzer Dommuseum zum ersten Mal in Deutschland gezeigt.

Berichte

„Eine herausragende Persönlichkeit der Karolingerzeit"

Ausstellung über Bischof Hatto im Mainzer Dom- und Diözesanmuseum (17.5.-11.8.)

Mainz. „Bischof Hatto I. war eine herausragende Persönlichkeit der Karolingerzeit. Wenn man bedenkt, dass die letzte Monographie über ihn aus dem Jahr 1865 stammt, ist es jetzt an der Zeit, ihm gerecht zu werden und ihn kritisch im Rahmen seiner Zeit zu sehen." Das sagte der Direktor des Mainzer Dom- und Diözesanmuseums, Dr. Winfried Wilhelmy, am Mittwoch, 15. Mai, bei einer Journalistenführung im Mainzer Dom- und Diözesanmuseum. Hatto habe als politischer Ratgeber fungiert und bedeutende Kunstwerke gestiftet. Das Haus zeigt von Freitag, 17. Mai, bis Sonntag, 11. August, die Sonderausstellung „Glanz der späten Karolinger. Erzbischof Hatto I. (891-913). Von der Reichenau in den Mäuseturm".

Anlass der Ausstellung mit 60 Werken spätkarolingischer Kunst ist der 1100. Todestag des Mainzer Erzbischofs Hatto I. in diesem Jahr. Hatto ist Protagonist der Erzählung vom Binger Mäuseturm, die fester Bestandteil des rheinischen bzw. deutschen Sagenschatzes ist: Der angeblich so „böse" Hatto soll dort zur Strafe für seine Hartherzigkeit von Mäusen aufgefressen worden sein. Im ersten Teil der Schau wird diese Sage, die besonders vom 16. bis 18. Jahrhundert sehr beliebt gewesen ist, dargestellt. Im zweiten Teil werden Leben und Wirken Hattos nachgezeichnet und seine historische Rolle neu bewertet. Dabei wird erstmals in einer Ausstellung die Zeit um 900 in den Fokus gerückt und anhand bedeutender Werke der Buchmalerei, der Plastik und der Schatzkunst beleuchtet, darunter die „Tuotilo"-Elfenbeine aus der Stiftsbibliothek St. Gallen, die im Rahmen dieser Ausstellung zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sein werden.

Eröffnung durch Kardinal Lehmann

Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, eröffnete die Ausstellung am Freitag, 17. Mai, im vollbesetzten Obergeschoss des Kreuzgangs vom Mainzer Dom. Wörtlich sagte er: „Es scheint mir jedoch an der Zeit zu sein, dass wir besonders von Mainz, seinem Erzbischofssitz aus, die Wege der Forschung nachvollziehen und ihn, ganz gewiss in den Grenzen des Gesagten, wenn nicht zu rehabilitieren, so wenigstens zu verstehen versuchen. Dafür ist es Zeit." Der Kardinal wies darauf hin, dass die Forschung der letzten Jahrzehnte Hatto „positiver zu sehen gelehrt" habe.

Weiter sagte er: „Er hat zu seiner Zeit wie manch andere Mainzer Erzbischöfe als einflussreicher Staatsmann die Geschichte des fränkischen Reiches, besonders Ostfrankens, und der deutschen Reichskirche maßgeblich mitgestaltet. Er hat auch um 900 Mainz als Bischofsstadt erweitert und die Kathedrale, wohl die heutige St. Johanniskirche, mit mehr Glanz ausgestattet." Die Kulturdezernentin der Stadt Mainz, Marianne Grosse, würdigte in ihrem Grußwort die „enge und gedeihliche Zusammenarbeit" des Dommuseums mit dem Naturhistorischen Museum Mainz. Dort widmet sich eine Sonderausstellung ab dem 29. Mai dem Thema „Ratten".

Im Rahmen der Eröffnung überreichte Direktor Wilhelmy den ersten Band der neuen wissenschaftlichen Reihe „Forschungsbeiträge des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums Mainz" an Kardinal Lehmann. Den Auftakt macht das Buch „Der Alte Dom zu Mainz. Zur Architektur der Johanniskirche" von Professor Dethard von Winterfeld, das ebenso wie der Ausstellungskatalog im Verlag Schnell und Steiner erschienen ist. Die begleitende Vortragsreihe zur Ausstellung wird am Mittwoch, 29. Mai, um 18.00 Uhr von Professor Dr. Dethard von Winterfeld mit einem Referat über die Johanniskirche in Mainz eröffnet.

Kinder sind herzlich willkommen

Wilhelmy wies darauf, dass die Ausstellung sich auch ausdrücklich an Kinder wende. „Es ist mir ein großes Anliegen, unser Haus auch für Kinder zu öffnen", daher gebe es ein umfangreiches museumspädagogisches Angebot für Kinder ab vier Jahren. Kinder waren auch die ersten, die durch die Ausstellung geführt wurden. Die „Maxis" aus dem katholischen Kindergarten in Bodenheim waren in Mäusekostümen in der Ausstellung unterwegs und hatten den anwesenden Journalisten zum Auftakt ihr Mäuselied präsentiert. Im Kreuzgang des Domes weisen außerdem kleine blaue Mäuse den Weg in die Sonderausstellung.

Hinweise:

  • Weitere Informationen beim Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum, Domstraße 3, Telefon: 06131/253-344, E-Mail: info@dommuseum-mainz.de, sowie auf der Internetseite www.dommuseum-mainz.de
  • Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10.00 bis 17.00 Uhr; Samstag und Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr; an kirchlichen Feiertagen geschlossen; abweichende Öffnungszeiten auch im Internet. Am 30. Mai (Fronleichnam) geöffnet von 11.00 bis 18.00 Uhr
  • Winfried Wilhelmy (Hrsg.): Glanz der späten Karolinger. Erzbischof Hatto I. von Mainz (891-913). Von der Reichenau in den Mäuseturm. Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2013, 216 Seiten mit 155 Abbildungen. 25,95 Euro. ISBN 978-3-7954-2714-6.
  • Professor Dethard von Winterfeld: „Der Alte Dom zu Mainz. Zur Architektur der Johanniskirche". (Band 1 der Forschungsbeiträge des Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseums Mainz), Verlag Schnell und Steiner, Regensburg 2013. 12,80 Euro. ISBN 978-3-7954-2777-1.

tob (MBN) 

 

Ein Bischof des Volkes und der Armen

Hermeneutische Schlüssel zum Verständnis von Papst Franziskus

Mainz. „Papst Franziskus - Geistliche Inspiration und pastorales Wirken" war ein Vortragsabend am Dienstag, 14. Mai, im Haus am Dom in Mainz mit dem Pastoraltheologen Professor Dr. Michael Sievernich SJ von der Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt/Main und dem Leiter der Projektabteilung der Bischöflichen Aktion Adveniat für Lateinamerika, dem Religionspädagogen Thomas Wieland, überschrieben. Sie näherten sich der Person und dem Amtsverständnis des Papstes aus unterschiedlichen Perspektiven. Während Sievernich die „geistlichen Quellen des Heiligen Vaters" in den Blick nahm, stellte Wieland das pastorale Handeln des früheren Erzbischofs von Buenos Aires und Vorsitzenden der Argentinischen Bischofskonferenz in den Mittelpunkt. Beide wollten, wie die Diplom-Theologin Silke Lechtenböhmer, Studienleiterin der Bistumsakademie Erbacher Hof, bei der Einführung erläuterte, dem Publikum „hermeneutische Schlüssel" an die Hand geben, um das Handeln und das „Programm" des neuen Papstes, der seit dem 13. März im Amt ist, besser zu verstehen.

Sievernich unterstrich, dass mit der Wahl von Jorge Mario Bergoglio (76) erstmals ein lateinamerikanischer Bischof Papst wurde und damit die „Kirche des Südens", rund die Hälfte der weltweit 1,2 Milliarden Katholiken, repräsentiert, und dass zum ersten Mal ein Jesuit gewählt wurde. Er verwies auf die 24 Ordensleute, die im Lauf der Kirchengeschichte das Papstamt inne hatten, unter ihnen der Minorit Clemens XIV., der 1773 den Jesuitenorden auflöste und den letzten Ordensgeneral einsperren ließ. Mit seiner Namenswahl „Francesco" habe Papst Franziskus die „Seele Italiens" getroffen und sich dessen Programm „Dank - Dienst - Demut" zu eigen gemacht und im Nu die Herzen der Menschen gewonnen.

Der Sohn eines italienischen Einwanderers sei von dem großen mittelalterlichen Heiligen und dessen Armutsideal ebenso geprägt worden wie von dem Piemontesischen Sozialkatholizismus - zu dessen prominenten Vertretern der heilige Johannes Don Bosco gehört - und der ignatianischen Spiritualität, die vom Dienst am Wort und am Sakrament und den Werken der Barmherzigkeit gekennzeichnet sei. Wie bei der Generalkongregation der Jesuiten in den Jahren 1974/75 zum Thema „Glaube und Gerechtigkeit" gehe es Papst Franziskus um den Dienst am Glauben und die Förderung der Gerechtigkeit. Bischof Bergoglio habe immer die politische Dimension des pastoralen Handelns im Blick gehabt, die den Einsatz für Menschenwürde und die Beseitigung des Elends umfasste. Das Leitmotiv der Kirche Lateinamerikas als „Kirche der Armen" bedeute für ihn geistliche Armut als Öffnung zu Gott und Einsatz für die Armen in einer befreienden Pastoral.

Sievernich verwies auch auf die Nähe des Papstes zu Literatur und Kunst, besonders zu dem Schriftsteller Jorge Luis Borges. Bei einem Studienaufenthalt in Frankfurt habe er sich intensiv mit dem Werk von Romano Guardini auseinander gesetzt und sich mit der deutschen Literatur, unter anderem mit Hölderlin, beschäftigt. Ein Schlüsseltext zum Verständnis von Papst Franziskus sei dessen Rede im Vorkonklave, die in Auszügen veröffentlicht wurde. Darin habe er das Herausgehen der Kirche aus der Beschäftigung mit sich selbst hinaus zu den „Peripherien" gefordert. Die Kirche sei kennzeichnet vom „Geheimnis des Mondes". Wie der Mond sein Licht von der Sonne erhalte, habe die Kirche ihr Licht nicht aus sich selbst, sondern aus der Leuchtkraft von Jesus Christus.

Wie Sievernich ließ sich auch Wieland nicht auf Spekulationen ein, was Papst Franziskus möglicherweise tun könnte, sondern hielt sich an die Fakten seines bisherigen Wirkens. Er schilderte seine Bedeutung als Provinzoberer der Jesuiten in Argentinien bereits mit 36 Jahren, als Dekan der Jesuitenuniversität, als Weihbischof und Erzbischof von Buenos Aires (seit 1998) und als Präsident der Argentinischen Bischofskonferenz. Bei der fünften Generalversammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM) 2007 in Aparecida/Brasilien habe er die Redaktion des Abschlussdokumentes geleitet. Ausführlich ging Wieland auf die kirchlichen Aufbrüche in den 1970er Jahren, den politischen Wandel in Argentinien und die revolutionären Bewegungen ein. Damals engagierten sich (1974) die Jesuiten Franz Jalics und Orlando Yorio als Seelsorger im Armenviertel „Bajo Flores" in der argentinischen Hauptstadt. Wieland berichtete, dass 1976 mit dem Putsch der Generäle die blutigste Militärdiktatur in der Geschichte Argentiniens begann. In den Jahren 1976 bis 1983 seien etwa 30.000 Opfer der Diktatur „verschwunden". Die beiden Jesuiten wurden im Mai 1976 verhaftet und gefoltert und kamen erst nach fünf Monaten wieder frei.

Bis heute werde die Rolle des damaligen Jesuitenprovinzials Bergoglio kontrovers diskutiert, vor allem in der Frage, ob er mehr für die Verschleppten hätte tun können. Der Friedensnobelpreisträger von 1980, Esquivel habe betont, dass der heutige Papst kein Kollaborateur gewesen sei. Jalics habe nach der Papstwahl erklärt, dass er nichts mit seiner Verschleppung zu tun gehabt habe. Wieland hob hervor, dass Bergoglio zu politischen Missständen in Argentinien sich immer wieder mutig öffentlich geäußert habe, unter der Regierung Perons ebenso wie unter der Präsidentschaft von Nestor Kirchner und dessen Ehefrau und Nachfolgerin Cristina Fernández de Kirchner. Innerkirchliche Konflikte habe er jedoch intern und diskret zu lösen versucht und sei damit nicht an die Öffentlichkeit gegangen.

Ein Jahr nach seiner Ernennung zum Erzbischof habe Bergoglio die Geistlichen seiner Diözese in einem Schreiben aufgefordert, eine „Kultur der offenen Tür" zu pflegen. Zu seiner „missionierenden Pastoral" gehörten „geschwisterliche" Gemeinden, gut ausgebildete Laien, eine an alle Bevölkerungsschichten gewandte Evangelisierung und die Unterstützung für Arme und Kranke. Der „Bischof des Volkes" habe als besonderes Defizit beklagt, dass die Jugendlichen weitgehend allein gelassen würden, auch von der Kirche, und ein mit seiner Unterstützung initiiertes „Start"-Programm für sie forciert. Im interreligiösen Gespräch habe sich Bergoglio für ein gutes Verhältnis zur großen jüdischen Gemeinde eingesetzt - „mit 250.000 Mitgliedern nach New York die zweitgrößte jüdische Gemeinde außerhalb Israels". Bergoglio sei wie Helder Camara und Oscar Romero durch die Armen „bekehrt" worden.

Kardinal Karl Lehmann, der an der Veranstaltung teilnahm, verwies in der Aussprache auf die Schärfe und Knappheit seiner Stellungnahmen zu Ehescheidung und Homosexualität. Zugleich habe er jedoch betont, dies dürfe keine negativen Konsequenzen im Umgang mit den Betroffenen haben. Als Papst sei er allerdings gefordert, in diesen Fragen „strukturell" vorzugehen. Den argentinischen Theologen Lucio Gera habe er als Verfechter einer „Spiritualität des Volkes" besonders geschätzt, erklärte Sievernich. Gera gehörte zur Bewegung „Priester für die Dritte Welt" und verstand sich wie Gustavo Gutierrez als Befreiungstheologe, eine Position, die sich Bergoglio nicht zu eigen gemacht habe. Aber als sein „Lehrer" Gera im August 2012 starb, habe er dafür gesorgt, dass er in der Krypta der Kathedrale von Buenos Aires beigesetzt wurde.

Sk (MBN)

 

„Brückenbauer zwischen Juden und Christen"

Festakademie zu Ehren von Monsignore Klaus Mayer im Erbacher Hof

Mainz. Zu Ehren des langjährigen Pfarrers von St. Stephan in Mainz, Monsignore Klaus Mayer, hat die Bistumsakademie Erbacher Hof in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Mainz e.V. am Donnerstag, 16. Mai, eine Festakademie mit dem Titel „Gottes nie gekündigter Bund" veranstaltet. Anlass war der 90. Geburtstag Mayers am 24. Februar dieses Jahres. Im Festvortrag „Das Alte Testament als Wahrheitsraum des Neuen" beleuchtete der evangelische Alttestamentler Professor Dr. Frank Crüsemann, Bethel, die innere Einheit von Altem und Neuem Testament.

Für Jesus und die Verfasser der Schriften des Neuen Testaments sei die Bibel der Juden nie in Frage gestellt, sondern durchgängig als Autorität herangezogen worden, um die Gegenwart Gottes zu bezeugen, betonte er. Mayer dankte ihm für seine Darstellung und sagte: „Der Gott der Väter ist der Gott Jesu Christi." Diese Wahrheit müsse gerade vor dem Hintergrund der leidvollen Geschichte von Juden und Christen, besonders der grauenvollen Shoa, ausgesprochen werden.

Energisch widersprach Crüsemann der immer noch verbreiteten Auffassung, das Alte und das Neue Testament stünden im Gegensatz zueinander, weil das Neue das Alte Testament „überbiete". „Meine Generation ist noch von diesem Muster geprägt worden", stellte er fest. Aber diesen Gegensatz gebe es nicht. „Das Kontrastmodell ist falsch", unterstrich er und verwies auf die vielen Schriftstellen im Neuen Testament, die dies belegten. Er verdeutlichte dies am Text der Bergpredigt. Jesus sei nicht gekommen, das Gesetz und die Propheten aufzuheben, sondern um sie zu erfüllen (Mt 5,17). Paulus bezeugt, dass Jesus auferweckt wurde „gemäß der Schrift" (1 Kor 15,4).

Am Beispiel des zwölfjährigen Jesus im Tempel werde deutlich, dass er sich bewusst in die jüdische Tradition einfügte. Im Gegensatz zu einer Darstellung der Szene auf einem Bild von Albrecht Dürer, auf dem Jesus die Schriftgelehrten und Hohenpriester belehrt, habe Jesus dem Bericht des Lukas-Evangeliums zufolge unter den Lehrenden gesessen, ihnen zugehört und sie befragt (Lk 2,46). Jesus sei also der ideale „Thora-Hörer" gewesen, betonte Crüsemann und beklagte, dass er in der christlichen Kunst kein Bild gefunden habe, „das den hörenden Jesus zeigt". Die Geistverkündigung der Propheten werde vom Neuen Testament in der Gestalt Jesu als Messias bestätigt. Es gelte, das Neben- und Miteinander von Altem und Neuem Testament zu erkennen, und das Neue unter der Folie des Alten zu verstehen. Denn die vom Geist inspirierte Schrift sei Grundlage von Glauben und Heil.

An den Vortrag Crüsemanns schloss sich ein Gespräch des Vorsitzenden der Mainzer Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Reinhard Goebel, mit Monsignore Mayer an, das von Privatdozent Dr. Ralf Rothenbusch, Studienleiter der Akademie, moderiert wurde. Bei dem Gespräch, in das das Publikum einbezogen wurde, ging es unter anderem um den Wiederaufbau von St. Stephan nach dem Krieg und den Neubau der Synagoge in Mainz. Mayer berichtete, wie er auf Grund von Abbildungen der Chagall-Fenster in Jerusalem und Zürich den Mut gefasst habe, den jüdischen Künstler um Fenster für St. Stephan zu bitten. Zu seinem Erstaunen habe er nach anfänglichem Zögern eine Zusage erhalten und konnte 1978 das erste Fenster installieren, als Marc Chagall schon 86 Jahre alt war. St. Stephan, von Willigis als Reichskirche erbaut, werde als Kirche der Versöhnung zwischen Christen und Juden und als Friedenskirche eine bleibende Bedeutung haben. Goebel hatte darauf verwiesen, dass Mayer im Jahr 2000 mit einem Eintrag ins Goldene Buch des Jüdischen Nationalfonds als „Brückenbauer zwischen Juden und Christen in Deutschland" geehrt wurde.

Der Geistliche gab weitere Episoden aus seinem Leben wieder, zum Beispiel, wie er mit Hilfe seiner katholischen Mutter Unterschlupf im Benediktinerkloster Ettal fand (sein jüdischer Vater war 1934 nach Argentinien emigriert), nach Auflösung des dortigen Gymnasiums als Externer trotz Schikanen das Abitur am Adam Karillon-Gymnasium in Mainz (dem späteren Rabanus Maurus-Gymnasium) schaffte und in den Folgejahren der Deportation durch die Nazis entging.

Mayer stellte heraus, wie positiv er - damals noch Pfarrer in Gau-Bickelheim - das Zweite Vatikanische Konzil erlebt habe mit den weitreichenden neuen Perspektiven zum interreligiösen Gespräch, zur Ökumene und zur liturgischen Erneuerung. Im Blick auf den Priestermangel hätte er es gerne gesehen, wenn die Kirche den hauptamtlichen Diakonen und Pastoralreferenten den Weg zum Priestertum ermöglicht hätte, bekannte er und stellte bedauernd fest: „Am Mut zu neuen Wegen hat es oft gefehlt."

Sk (MBN)

 

Personalien

Zwei Ehrenpromotionen an der Theologischen Fakultät

Akademische Feier für Leo Declerck und Jesús Garcia González

Mainz. Jesús García Gonzáles aus Mexiko-Stadt/Mexiko und Leo Declerck aus Brügge/Belgien sind im Rahmen einer Akademischen Feier mit der Ehrenpromotion der Katholisch-Theologischen Fakultät Mainz gewürdigt worden. Bei der Veranstaltung am Dienstag, 21. Mai, in der Alta Mensa der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hielt Professor Dr. Elmar Klinger aus Würzburg den Festvortrag zum Thema „Das Zweite Vatikanum - ein Wendepunkt und das Programm der Kirche in der Welt von heute".

Gonzáles (Jahrgang 1935) erhält den Ehrendoktor für seinen Einsatz für die Erneuerung der Kirche durch das Zweite Vatikanische Konzil in Lateinamerika, wie Professor Dr. Johannes Meier (Mittlere und Neuere Kirchengeschichte) in seiner Würdigung erläuterte. Daneben habe er sich - zum Teil unter Lebensgefahr - Verdienste bei der Vernetzung von Bischöfen und Theologie erworben. Seit 1981 hat er viele Besuche in deutschen Kirchengemeinden gemacht, um dort über die Entwicklung der Kirche in Lateinamerika zu sprechen. Von 1976 bis 2003 übte er unter anderem eine Lehrtätigkeit als Professor an der Universidad Iberoamericana aus. Seit 2003 ist er emeritiert.

Declerck (Jahrgang 1938) hat sich seit seiner Pensionierung mit der Sichtung, Archivierung und Erschließung von Nachlässen von Konzilsteilnehmern, also sowohl von Konzilsvätern, Konzilstheologen und in anderen Funktionen am Konzilsgeschehen Beteiligten beschäftigt. Den Mainzer Kollegen sei er unter anderem bei Nachforschungen über den Mainzer Bischof Albert Stohr und seine Anfänge in ökumenischen Aktivitäten sowie bei der Konzilsvorbereitung sehr behilflich gewesen, wie Professor Dr. Leonhard Hell (Dogmatik und Ökumenische Theologie) in seiner Würdigung erläuterte. Auf diese Weise habe Declerck der theologischen Wissenschaft einen großen Dienst erwiesen, ohne selbst wissenschaftliche Positionen und Ehren anzustreben. Mit der Ehrenpromotion solle ihm für seine Arbeit gedankt werden. Declerck war von 1972 bis 1996 Generalvikar des Bistums Brügge. Heute ist er Rektor der Kirche im Beginenhof von Brügge und damit auch Hausgeistlicher der dort ansässigen Benediktinerinnen geworden sowie Domherr (Canonicus) der Sankt-Salvator-Kathedrale von Brügge.

tob (MBN)