Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 36

vom 30. Oktober 2013

Eindrücke von der Glaubensfeuer-Illumination 2011 in Darmstadt. (c) Bistum Mainz / Öffentlichkeitsarbeit
Eindrücke von der Glaubensfeuer-Illumination 2011 in Darmstadt.
Datum:
Mi. 30. Okt. 2013
Von:
MBN

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Tobias Blum, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz
Postanschrift: Postfach 1560, 55005 Mainz, Tel. 06131/253-128 oder -129,
Fax 06131/253-402, E-Mail: pressestelle@bistum-mainz.de

Berichte

  • Kardinal Lehmann würdigte „Netzwerk Leben"
  • Baumaßnahmen der Willigis-Schulen abgeschlossen
  • Reuchlinpreis für Lehmann und Huber
  • Erstes Spitzengespräch zwischen Kirche und Sport
  • Konzilstagung der Pastoralen Räte
  • Veranstaltung mit Missio-Gast Monsignore Schroedel

Vorschau

  • Eindrücke aus Kamerun (ab 10.11.)
  • Interview zur „Glaubensfeuer"-Illumination (8. & 30.11.)
Berichte

Kardinal Lehmann würdigte „Netzwerk Leben"

Bistumsinitiative für Frauen in Schwangerschaft und Not präsentierte seine Arbeit

Mainz. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hat „die vorbildliche Arbeit" der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Bistumsinitiative „Netzwerk Leben" gewürdigt. „Ich möchte allen sehr herzlich danken, die in diesen zwölf bis dreizehn Jahren haupt- und ehrenamtlich mitgewirkt haben, dieses ‚Netzwerk Leben' in vielfältiger Weise auszubauen", sagte er bei einer Veranstaltung von „Netzwerk Leben" am Montag, 28. Oktober, im Erbacher Hof in Mainz. Und weiter: „Die Beratung schwangerer Frauen, die zögern, das Kind auszutragen, ist ein ganz fundamentaler Auftrag auch für die Kirche von heute."

Die Veranstaltung stand unter der Überschrift „Bistumsinitiative Netzwerk Leben - Aktuelle Entwicklungen" und stellte die Arbeit des Netzwerkes in Rheinhessen und Mainz in den Mittelpunkt. Eigene Projektstellen gibt es in diesem Gebiet in den Orten Alzey, Bingen, Bodenheim, Mainz und Worms. „Netzwerk Leben" ist eine Initiative des Bistums Mainz für Frauen in Schwangerschaft und in Notsituationen, die 2001 ins Leben gerufen wurde. Neben konkreten Angeboten für Frauen und Familien ist es auch ein Anliegen der Initiative, verlässliche und nachhaltige Angebote und Hilfen für Frauen und Familien sicher zu stellen.

Lehmann betonte in seinem Impulsreferat zu Beginn des Tages, dass einem menschlichen Embryo bereits Personenwürde zukommt und er deswegen auch rechtlich geschützt werden müsse. Der Embryo sei „bereits ein individuelles menschliches Wesen, das ein eigenes Recht auf seine Existenz hat und Achtung verlangt. Deshalb erfordert dieses Wunder des Lebens auch rechtlichen Schutz." Der Kardinal nannte vier Grundargumente für den Lebensschutz bereits für frühe Embryonen: „die humanspezifische Entwicklung des Menschen als Mensch von Anfang an; die Potentialität zur vollständigen menschlichen Entwicklung hin; die Kontinuität der Entwicklung; das Verständnis der Individualität mit der Verschmelzung von Samen- und Eizelle, durch die eine für das Individuum einheitliche und vollständige genetische Information entstanden ist."

Es sei „eine bleibende Verpflichtung, dass das Christentum von Anfang an die Abtreibung abgelehnt hat", sagte Lehmann. Er zitierte verschiedene Quellen aus der Frühzeit der Kirche, wo dies zum Ausdruck kommt. Daran werde deutlich, „dass die Christen mit ihrem Einsatz für das Leben des ungeborenen Kindes eine Aufgabe aus dem Urerbe des Christentum aufnehmen und ihr immer wieder in den verschiedenen Situationen gerecht werden müssen".

In einer Gesprächsrunde zum Thema „Netzwerk Leben und Kinderschutz in Kirche und Gesellschaft" bezeichnete Lehmann die Pfarreien als „wichtige Horchposten", um die Nöte der Menschen wahrzunehmen. Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling würdigte, dass das Bistum Mainz mit dem „Netzwerk Leben" den Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung „positiv gewendet" habe. Georg Diederich, Caritasdirektor des Caritasverbandes Worms, hob hervor, dass auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter stets eine Ausbildung und Begleitung erhalten, „denn keiner soll unbegleitet anderen helfen". Wichtige Kooperationspartner für ihre Arbeit seien neben den Kindertagesstätten vor allem die Schulen sowie Frauen- und Kinderärzte, sagte Sabine Strohmenger, Netzwerk „Kinderschutz" im Landkreis Alzey-Worms. Andrea Keber, Pfarrgemeinderatsvorsitzende der Pfarrgruppe Nieder-Olm, hob hervor, „dass die Kirche zu den Menschen gehen muss. Das ist unser Auftrag." In Gesprächen mit „Netzwerk Leben" frage die Pfarrei nach Unterstützungsmöglichkeiten und setze dann Hilfsmaßnahmen um, wie etwa den Brotkorb, die Kleiderkammer, Schreibstube und ein Café. Moderiert wurde die Gesprächsrunde von der ZDF-Journalistin Susanne Conrad.

Außerdem wurden im Gespräch mit Winfried Reininger vom Diözesancaritasverband verschiedene Projekte der Initiative „Netzwerk Leben" aus Mainz und Rheinhessen vorgestellt, etwa die Arbeit von Familienpaten, auch mit interkulturellem Hintergrund, „Gruppenarbeit mit Frauen nach der Geburt" des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) oder eine interaktive Übersichtskarte der pastoralen Kooperationen zu „Netzwerk Leben" im Dekanat Bingen. Kardinal Lehmann überreichte die „Netzwerk Leben"-Beauftragungen an Mitarbeiter aus Seelsorge und Caritas in den rheinhessischen Dekanaten. In seiner Begrüßung hatte der Mainzer Diözesancaritasdirektor, Domkapitular Prälat Hans-Jürgen Eberhardt, Kardinal Lehmann als „Gründungsvater" von „Netzwerk Leben" bezeichnet. Er hob hervor, dass die Begleitung und Förderung der Arbeit von „Netzwerk Leben" eine „wesentliche Aufgabe" des Diözesancaritasverbandes sei.

Hinweis: www.bistum-mainz.de/netzwerk-leben

tob (MBN)

 

„Wir brauchen Orte der Sammlung"

Lehmann weihte neuen Altar der Kapelle der Willigis-Schulen

Mainz. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hat den Altar der neu gestalteten Kapelle der Willigis-Schulen in Mainz geweiht. „Der Altar ist ein Bild für Jesus Christus selbst, von dem wir lernen, dass wir uns für andere einsetzen sollen", sagte Lehmann in einem Gottesdienst in der Kapelle am Mittwoch, 23. Oktober. Die Kapelle bezeichnete er als einen Ort, „wo man sich vom Lärm und Gerede zurückziehen kann". „Vor allem unsere kirchlichen Schulen brauchen Orte der Sammlung und des Ruhigwerdens. Auch das Lernen braucht Pausen und Unterbrechung, damit die Seele atmen kann", betonte er. Im Anschluss an den Gottesdienst segnete Lehmann die Kreuze für die Klassenräume.

Im Zuge der Sanierung des so genannten Atrium-Bereichs der Schule, die im Jahr 2010 begonnen hatte, wurden neben der Neugestaltung der Kapelle unter anderem ein Lernzentrum mit Bibliothek eingerichtet und die naturwissenschaftlichen Fachräume saniert. Dazu kamen eine Brandschutzmängelsanierung und die Sanierung der Haustechnik, der Lüftungsanlagen und die Erneuerung der Waschräume und der WC-Anlagen. Die Kosten der Baumaßnahmen betrugen rund elf Millionen Euro. Das Land Rheinland-Pfalz förderte die Baumaßnahmen mit über 3,7 Millionen Euro, von Seiten des „Vereins der Freunde" des Willigis-Gymnasiums gibt es eine Finanzierungszusage von 500.000 Euro; die restlichen Kosten trägt das Bistum Mainz. Zum Willigis-Schulverbund gehören das Bischöfliche Willigis-Gymnasium und die Bischöfliche Willigis-Realschule. Träger der Schulen ist das Bistum Mainz.

Akademische Feier

Bei der anschließenden Akademischen Feier lobte Ordinariatsdirektorin Dr. Getrud Pollak, Dezernentin für Schulen und Hochschulen im Bistum Mainz, die Baumaßnahmen. „Die Schule ist wirklich ansprechend und neu stimmig geworden. Darüber freuen wir uns an diesem Tag. Gerne danke ich allen, die in der Bauzeit handwerklich zu Gange waren oder bei vollem Schulbetrieb - Lärm und Staub ertragend - gearbeitet haben", sagte sie. Weiter betonte Pollak, dass ganzheitliche Bildung sich aber nicht mit dem äußeren Erscheinungsbild zufrieden geben könne: „Allen tut gewiss ein zweckmäßiges, schönes Schulhaus gut. Alle sollen auch das Neue nutzen und genießen - Lernzentrum, Naturwissenschaften oder renovierte Klassenräume mit neuester Technik. Doch was nützt das auf Dauer ohne wertschätzende Atmosphäre, ohne guten Geist, der in den Mauern herrscht?" Pollak betonte, dass die Förderung von Schülern nicht „primär Maß an allgemeinen Leistungsmesslatten", sondern an den Begabungen des „konkreten Schülers" nehmen sollte. „Von dort her sind seine Mängel zu bearbeiten und seine Möglichkeiten zu erweitern. Wichtig dabei ist nicht die äußere Fassade, sondern das Menschenbild, die Perspektive, der Blick auf den jungen Menschen", sagte sie.

Zu Beginn der Akademischen Feier in der Turnhalle der Schule hatte Dr. Roman Riedel, Leiter des Willigis-Schulverbundes, die Anwesenden begrüßt, darunter auch Staatssekretär Hans Beckmann vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur. Riedel dankte dem Bistum Mainz und dem Land Rheinland-Pfalz für die Investitionen, mit deren Hilfe man nun erfolgreich in die Zukunft gehen könne. Riedel bezeichnete die Diözese Mainz als Schulbistum: „Wenn Kirche junge Menschen treffen will, so an den Schulen." Es bleibe Auftrag einer kirchlichen Schule, in einer „zunehmend säkularisierten Welt" christliche Werte zu vermitteln. Musikalisch gestaltet wurde die Feierstunde unter anderen von der Big Band und dem Symphonie-Orchester der Willigis-Schule.

Hinweis: www.willigis-online.de

am (MBN)

 

Reuchlinpreis für Lehmann und Huber

Auszeichnung der Stadt Pforzheim und der Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Pforzheim. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, und der frühere Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Dr. Wolfgang Huber, sind am Samstag, 26. Oktober, mit dem Reuchlinpreis 2013 der Stadt Pforzheim ausgezeichnet worden. Sie erhielten den in Kooperation mit der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vergebenen Preis insbesondere für ihren ökumenischen Dialog des Respekts, für ihren offenen, auch kritischen christlich-muslimischen Dialog und für ihren Einsatz für innerkirchliche Reformen, sagte Oberbürgermeister Gert Hager bei dem Festakt im Stadttheater der Stadt Pforzheim: „Ihr Handeln steht damit in guter Tradition der Träger des Reuchlinpreises der Stadt Pforzheim - vor allem aber im Sinne der moralisch-ethischen Werte eines Johannes Reuchlin." Der Preis ist nach dem aus Pforzheim stammenden Humanisten Johannes Reuchlin (1455-1522) benannt und wird seit 1955 vergeben. Die alle zwei Jahre verliehene Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. Bei der 27. Verleihung in diesem Jahr wurden erstmals zwei Persönlichkeiten ausgezeichnet.

Die Laudatio auf Kardinal Lehmann hielt der evangelische Neutestamentler, Professor Dr. Gerd Theißen. Wörtlich sagte er: „Nicht weil er sich gegen die Kirche profiliert hat, sondern weil er diese Kirche in ihrer Größe und in ihren Widersprüchen glaubwürdig repräsentiert, finden sich Katholiken in Kardinal Lehmann wieder. Deswegen wird er von Protestanten geschätzt - vor allem, weil er das Stranden von Hoffnungen immer so geschickt moderierte, dass ein wenig Hoffnung überlebte."

Theißen ging auf Lehmanns Verteidigung der Königsteiner Erklärung der deutschen Bischöfe zum Thema Empfängnisverhütung aus dem Jahr 1968 ein: „Diese Erklärung verteidigte Karl Lehmann gegenüber Johannes Paul II. mit den Worten: ‚Es hat auf die Dauer keinen Sinn, wenn die Kirche meint, die Lehre stimmt, aber die Leute handeln völlig anders. Mit solchen Unwahrhaftigkeiten kann man bei uns nicht leben.' Das ist gut katholisch gedacht, klingt sehr protestantisch. Vor allem aber: Das ist die Realität. Fortschritt geschieht in der katholischen Kirche oft durch eine milde Form normativer Amnesie gegenüber einigen Kirchengesetzen - kombiniert mit der tiefen Überzeugung, dass ein abweichendes Gewissen, selbst wenn es irren sollte, zu respektieren sei. Kardinal Lehmann verkörpert für mich diese katholische Weisheit, im Prinzipiellen das Alte zu bewahren und im Praktischen gleichzeitig viel zu verändern." Die Laudatio auf Bischof Huber hielt der katholische Moraltheologe Professor Dr. Eberhard Schockenhoff aus Freiburg.

tob (MBN)

 

Startschuss für Spitzengespräche zwischen Sport und Kirche

Landessportbund und Kirchen in Rheinland-Pfalz plädieren für mehr Sonntagsschutz

Mainz. Erstmals haben sich in Rheinland-Pfalz Vertreter aus Kirche und Sport zu einem Spitzengespräch getroffen. Am Montagabend, 28. Oktober, betonten die rund ein Dutzend Teilnehmer aus dem Landessportbund, den katholischen Bistümern und den evangelischen Kirchen des Bundeslandes in Mainz ihre gemeinsame Verantwortung für die Gesellschaft und forderten einen besseren Schutz des Sonntags. Die Sonn- und Feiertage dienten der Verfassung nach „der seelischen Erhebung". Dazu könnten Sportangebote der Vereine und Besuche der Gottesdienste in den Kirchengemeinden auf je eigene Weise beitragen. Ökonomische Zwänge und Auswüchse bei den Ladenöffnungszeiten dürften nicht dazu führen, die Sonn- und Feiertagsruhe weiter auszuhöhlen. Neben dem Thema Sonntagsschutz standen Fragen nach dem Ehrenamt und eine bessere Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderung auf der Tagesordnung. Die Begegnungen sollen in Zukunft regelmäßig stattfinden.

Zum Landessportbund Rheinland-Pfalz gehören rund 6.000 Vereine mit etwa 1,6 Millionen Mitgliedern. Die am Treffen beteiligten Landeskirchen und Bistümer, deren Gebiet auch über das Bundesland Rheinland-Pfalz hinausreicht, repräsentieren insgesamt knapp acht Millionen evangelische und katholische Gläubige. An dem Spitzentreffen nahmen neben der Präsidentin des Landessportbundes Rheinland-Pfalz, Karin Augustin, unter anderen der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung, der stellvertretende Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, Gottfried Müller, der Vizepräsident der Evangelischen Kirche im Rheinland, Dr. Johann Weusmann, der Weihbischof des Bistums Trier, Jörg Michael Peters, sowie Domkapitular Franz Vogelgesang vom Bistum Speyer und Dr. Beate Gilles, Dezernentin im Bistum Limburg, teil.

ekhn (MBN)

 

Die Kirche muss „bei den Menschen sein"

Tagung der Pastoralen Räte mit Professor Hilberath zum Konzil

Mainz. „Zu kurz gekommene Impulse" des Zweiten Vatikanischen Konzils hat der Lehrstuhlinhaber für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Universität Tübingen, Professor Dr. Bernd Jochen Hilberath, in Erinnerung gerufen. Bei einer Tagung der Pastoralen Räte im Bistum Mainz erklärte Hilberath am Samstag, 26. Oktober, im Eröffnungsvortrag in der Bistumsakademie Erbacher Hof in Mainz, das Anliegen der Mehrheit der Konzilsväter sei es gewesen, die Kirche als „Kirche in der Welt von heute" zu positionieren, „das heißt ihr Selbstverständnis nicht ohne Sendung, communio nicht ohne missio zu konzipieren". Zu dieser Problematik habe Papst Franziskus deutlich zu erkennen gegeben, dass er seiner Kirche bisher vernachlässigte Passagen der Dogmatischen Konstituion („Lumen gentium" - „Licht der Völker") in Verbindung mit der Pastoralkonstitution („Gaudium et spes" - „Freude und Hoffnung") ins Stammbuch schreiben wolle. „Kirche ist dort, wo Menschen aus dem Geist des Evangeliums heraus leben." Dies sei eher dort zu erfahren, wo die Kirche - „nicht nur, aber auch in materieller Hinsicht - arm ist, beziehungsweise nichts sie hindert, bei den Menschen zu sein".

Der Mainzer Generalvikar, Prälat Dietmar Giebelmann, der auch Dezernent für die Pastoralen Räte ist, erklärte in einem Grußwort zu Beginn der Tagung, es gehe darum, dass die Kirche bei den Menschen sei, deren Sprache spreche. Das Bistum brauche Männer und Frauen, die der Kirche vor Ort ein Gesicht geben. Glaube brauche Heimat und Vernetzung und dürfe nicht zur Folklore verkommen. Als „Zeichen der Zeit" führte der Generalvikar für die Gegenwart unter anderem die Migration, die Globalisierung, die Schere zwischen Arm und Reich, die Zukunft der Familien und die Jugendarbeitslosigkeit in den Mittelmeerländern an. Im Blick auf zerbrechende Beziehungen müsse die Kirche heilen. „Eine Kirche, die nicht heilt, verfehlt ihren Auftrag", bekräftigte er.

In grundlegenden Thesen ging Hilberath den Fragen nach: „Was, wer und wo ist Kirche?", „Wozu ist Kirche (noch) gut?" und „Wie sollen wir das Konzil auslegen?". Das vom Konzil favorisierte Bild der Kirche sei die Kirche als „Zeichen und Werkzeug", das heißt als „Sakrament für die engste Vereinigung der Menschen untereinander und mit Gott". Ebenso wichtig sei das Bild der Kirche als „Volk Gottes", das die Teilhabe aller an den „drei Ämtern" Christi (Priester, Hirte, Prophet - Liturgie, Verkündigung, Diakonie) im Blick habe. Kirche sei nicht „Festung", sondern „Karawane", Kirche unterwegs. „Nicht die Kirche, sondern Christus ist das Licht der Völker" sei die Botschaft des Konzils. Für die Pastoralen Räte bedeute dies, Charismen zu entdecken sowie Beratung und Mitsprache der Gläubigen zu fördern.

„Wie viele Priester haben wir noch?" dürfe nicht die Kernfrage sein. Vielmehr müsse von der Berufung aller her gesehen werden, was Kirche ist. Nach außen habe das Konzil die Kirche gegenüber den anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften sowie den anderen Religionen und Weltanschauungen neu positioniert. Es werde nicht ausgeschlossen, dass die „Kirche des dreieinen Gottes" sich auch in anderen Kirchen verwirklichen könnte und anerkannt, dass es in anderen Religionen „Wahres und Heiliges gibt" und der Heilswille Gottes alle Menschen umfasst.

Weniger ausführlich seien die Aussagen des Konzils zu der Frage, „wo Kirche anzutreffen ist". Nach 50 Jahren erscheine diese Frage dringender denn je. Es gelte, sich neu bewusst zu machen, dass der Weg der Erlösung von Armut und Verfolgung geprägt sei. Die Kirche sei „Kirche der Armen" und die Solidarität mit ihnen habe höchste Priorität. „In der Nachfolge Jesu kann der Ort der Kirche nur bei den Menschen sein", unterstrich Hilberath. Alle Formen und Strukturen seien darauf hin auszurichten. Kirche sei glaubwürdig vor allem da, „wo sie diakonische Kirche ist" und durch „erfüllte Zeuginnen und Zeugen" repräsentiert werde.

In der Aussprache im Plenum ging es zunächst darum, dass durch die Strukturreform die Gemeinden zu groß geworden seien und die Kommunikation vor Ort dadurch erschwert sei. Die Forderung, dass jede Gemeinde das „Recht" auf eine sonntägliche Eucharistiefeier habe, korrigierte Hilberath mit der Feststellung: „Die Gemeinde hat die Pflicht zur Eucharistie", und erklärte unter starkem Beifall der über 100 Teilnehmer: „Wenn die Zugangsbedingungen zum Priesteramt dies nicht zulassen, müssen wir sie ändern." Skeptisch äußerte er sich zu Wortgottesdiensten mit Kommunionausteilung, weil dies den Wortgottesdienst abwerte. Die Wandlung der Gaben von Brot und Wein sei wichtig, „damit wir Menschen uns wandeln". Ohne diese spirituelle Grundlage „gerieten wir in einen heillosen Aktivismus", warnte er.

Zu der aus dem Plenum geäußerten Sorge, im Bistum würden aus Kostengründen keine Ständigen Diakone mehr neu angestellt, sagte der Personaldezernent für die Geistlichen, Ehrendomkapitular Klaus Forster, dies treffe nur bedingt zu: „Wir bevorzugen Diakone mit Zivilberuf." Hilberath bekannte: „Mir sind die Diakone am liebsten, die wirklich Diakone sind und kein Priesterersatz."

Das Thema der Tagung „Im Zeichen der Zeit. Impulse des Zweiten Vatikanischen Konzils für die Kirche von heute und morgen" wurde in insgesamt sechs Workshops für verschiedene Bereiche konkretisiert. Die Themen hießen: „Laien und Amt" (Hilberath), „Auftrag zum Dienst am Menschen" (Hans Jürgen Dörr, Abteilungsleiter Gemeindeseelsorge und seelsorgliche Dienste), „Milieusensible Pastoral" (Johannes Brantzen, Referent für Gemeindeaufbau), „XXL-Pfarrei - Monster oder Werk des Heiligen Geistes" (Pfarrer Andreas Unfried, Oberursel), „Ehrenamt und Charisma" (Pastoraltheologin Miriam Dierenbach-Kläui, Universität Mainz) und  „Pfarrgemeinderat - Auslaufmodell oder Erfolgsgeschichte?" (Ulrich Janson, Referent für Pfarrgemeinderäte, Seelsorge- und Dekanatsräte).

Janson, der die Gesamtleitung der Tagung hatte, stellte im Workshop „Pfarrgemeinderäte" klar, dass diese im „Weltdienst" ein Beschlusrecht haben, und im „Heilsdienst" ein Beratungsrecht. Nach 45 Jahren ihres Bestehens seien die Pfarrgemeinderäte nur zukunftsfähig, wenn es ihnen gelinge, jeweils eine Gemeinschaft zu sein. Es dürfe kein Gegeneinander von Verwaltungsrat und Pfarrgemeinderat geben. In einem Schlusspodium, in das Weihbischof Dr. Ulrich Neymeyr einbezogen war, wurden die Ergebnisse der Workshops vorgestellt. Neymeyr betonte, weil vieles im Fluss ist, sei es wichtig, sich an den Texten des Konzils neu zu orientieren. Die Tagung schloss mit einer Vesper, die der Weihbischof leitete.

Sk (MBN)

 

Hoffnungsvolles Miteinander von Christen und Muslimen

Missio-Gast Schroedel berichtete über seine Erfahrungen als Pfarrer in Kairo

Mainz. „Gibt es geistliche Impulse aus der Begegnung von Christen und Muslimen in Ägypten?". Diese Frage der Mainzer Diözesanreferentin für den christlich-islamischen Dialog, Dr. Barbara Huber-Rudolf, beantwortete der Seelsorger der deutschsprachigen Katholiken in Kairo, Monsignore Joachim Schroedel bei einem Vortragsabend zum Monat der Weltmission am Donnerstag, 24. Oktober, im Haus am Dom in Mainz mit einem eindeutigen Ja. Das Internationale katholische Missionswerk Missio in Aachen hatte für die diesjährige Kampagne Ägypten als Beispielland gewählt. Der Missio-Gast, der seit 19 Jahren in Ägypten wirkt und für die deutschsprachige Seelsorge in Ägypten, Äthiopien, Syrien, Jordanien, im Libanon und im Sudan sowie im Lateinischen Patriarchat Jerusalem zuständig ist, hat in seinem Heimatbistum Mainz eine Vielzahl von Vorträgen gehalten und für diesen Abend den interreligiösen Dialog als Schwerpunkt gewählt.

Schroedel berichtete von vielen Begegnungen mit „normalen" Christen und „normalen" Muslimen, die sich der Tradition ihres Landes bewusst gewesen seien. „Männer und Frauen, die an einem großen Strom aufgewachsen sind - am Nil ebenso wie am Rhein - sehen, wer schon vor ihnen da war", stellte er fest und wies darauf hin, dass Ägypten das erste christianisierte Land war. Der Dialog mit einem seiner besten Freunde, Scheich Mustafa von der Sultan Hasan-Moschee in Kairo, sei von Humor geprägt, berichtete er und unterstrich: „Der Dialog braucht Geduld und ein offenes Ohr."

Nach seinen Erfahrungen ist der gegenseitige Respekt von Christen und Muslimen in Ägypten in den letzten Jahren gewachsen. Im säkularen Staat unter Mubarak habe die Religion keine große Rolle gespielt. Aber heute frage man verstärkt nach dem Bekenntnis. Bei den Muslimen sei die Überzeugung lebendig, dass der Mensch von Natur aus religiös sei. Dies komme auch in Äußerlichkeiten wie Gebetszeichen und Bartformen zum Ausdruck. Der fünfmalige Ruf zum Gebet sei auch für Christen eine Mahnung, das Beten nicht zu vernachlässigen. Zum Verhältnis von Christentum und Islam verwies Schroedel auf die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils zu den nichtchristlichen Religionen, in der es heißt: „Die Kirche achtet nichts gering, was in anderen Religionen wahr und heilig ist." Dieser Satz sei für ihn grundlegend.

Im Nahen Osten könne man vom respektvollen Umgang von Christen und Muslimen miteinander lernen. Ägypten sei ein „religionsgesättigtes" Land, und Muslime und Christen seien jeweils „stolz auf ihren Glauben". Im Bildungsbereich brauche Ägypten, wie Schroedel darlegte, besondere Unterstützung. Dazu führte er 170 christliche Schulen an, die überwiegend von Muslimen besucht werden. Hinzu kommen acht deutsche Auslandsschulen mit etwa 150 Lehrkräften aus Deutschland. Missio helfe beim Aufbau von Gemeindezentren für die 250.000 mit Rom unierten katholisch-koptischen Christen und bei der Einrichtung von Erste Hilfe-Stationen. Außerdem gebe es ein von Missio unterstütztes Müllprojekt von Vinzentinerinnen, mit dem ein Mädchengymnasium unterhalten wird.

Zu den innenpolitischen Auseinandersetzungen um die Muslimbruderschaft und Staatspräsident Mursi stellte Schroedel fest, Mursi habe ungewollt zwei „gute Dinge" bewirkt. Er habe gezeigt, dass mit Islamismus „kein Staat zu machen ist" und es geschafft, Christen und Muslime einander näher zu bringen. Es habe 22 Millionen Unterschriften gegen Mursi gegeben und das Militär habe geholfen, den Willen des Volkes umzusetzen und Mursi abgesetzt. Sonst hätte es einen Bürgerkrieg gegeben. Trotz der über 200 Gewaltakte gegen Kirchen und andere Gebäude von Christen, die überfallen und angezündet wurden, würden Christen in Ägypten nicht systematisch verfolgt, stellte Schroedel klar. „Ich bin optimistisch: die Ägypter wollen sich nicht auseinander dividieren lassen", betonte er. Sie führten einen „Dialog des Lebens",  wollten miteinander leben und einander in Not helfen.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte der Leiter des Seelsorgeamtes, Domdekan Prälat Heinz Heckwolf, hervorgehoben, dass Missio vor allem Bildungsangebote unterstützt, darunter Schulen und die Arbeit mit Behinderten. In einem ersten Vortrag erläuterte Huber-Rudolf die Chancen und Grenzen des Dialogs von Christen und Muslimen. Die negativen Erfahrungen der Christen im Nahen Osten, die massiv von Übergriffen getroffen seien, dürften nicht überhört werden. Das Erstarken der moslemischen Fundamentalisten führe immer wieder zu Zusammenstößen. Obwohl die Verfassung Religionsfreiheit garantiere, fühlten sich die Christen oft als „Bürger zweiter Klasse". Von den rund 85 Millionen Einwohnern Ägyptens seien etwa sieben bis neun Millionen christlich. Die meisten gehörten der koptisch-orthodoxen Kirche an. Eine entscheidende Frage liege darin, ob sich die Muslime als demokratiefähig erweisen werden. Deshalb gelte es, einen Islam zu stützen, „der zu inneren Reformen finden kann".

Missio-Referentin Stefanie Völkl, die Schroedel bei seinen Terminen im Bistum Mainz begleitete und den Abend im Haus am Dom moderierte, betonte, im interreligiösen Dialog gehe es nicht darum, das Eigene beim Anderen zu suchen, sondern darum, die Anderen kennen und verstehen zu lernen. Missio wolle die Bedrängnis der christlichen Minderheiten stärker in den Blick rücken, Spendengelder gezielt dafür einsetzen, die Bildung muslimischer Kinder und Jugendlicher zu fördern und Impulse für die Vertiefung des christlich-islamischen Dialogs setzen.                                      

Sk (MBN)

 

Vorschau

Eindrücke aus Kamerun (ab 10.11.)

Reisebericht des früheren Personaldezernenten Eberhard Hüser / Gast aus Kamerun

Mainz. „Kamerun im Herzen Afrikas - Ein-Drücke einer Begegnungs- und Studienreise" ist ein Vortragsabend am Sonntag, 10. November, um 16.00 in der Karmeliterkirche in Mainz überschrieben. Der frühere Personaldezernent des Bistums Mainz, Eberhard Hüser, war gemeinsam mit Karmeliten im August in Kamerun und berichtet über seine Eindrücke. Gezeigt werden auch rund 100 Bilder von der Reise.

Darüber hinaus organisiert Hüser auch eine Gastwoche (18.-22. November) für Professor Dr. Nazaire Abeng von der Katholischen Universität von sechs zentralafrikanischen Ländern mit Sitz in Yaounde, der Hauptstadt Kameruns. Abeng ist Gründer der Universität, hat den Lehrstuhl für Kirchengeschichte und ist Vater von fünf Kindern. Am Dienstag, 19. November, wird Abeng um 18.00 Uhr in einem aktuellen Forum der Mainzer Universität über das Thema „Zwischen Fanatismus und Toleranz - eine afrikanische Perspektive zum Verhältnis Islam und Christentum" sprechen. Am Mittwoch, 20. November, wird er nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Evangelischen Studierenden Gemeinde (ESG) Mainz gegen 20.15 Uhr in der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) zu dem Thema: „Gesichter Gottes in Afrika" referieren.

tob (MBN)

 

Interview mit Lichtdesigner Thomas Gerdon

Illuminations-Projekt „Glaubensfeuer" in Einhausen und Friedberg (8. & 30.11.)

Einhausen/Friedberg. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Mainz veranstaltet zusammen mit dem Lichtdesigner Thomas Gerdon aus Heidesheim neue Termine für das Illuminations-Projekt „Glaubensfeuer". Bei der Licht-Klang-Feuer-Installation erleben die Besucher im Kirchenraum biblische Texte zu den Elementen Wasser, Licht und Feuer mit allen Sinnen. Die nächsten Termine finden am Freitag, 8. November, um 18.30 Uhr, 20.00 Uhr und 21.30 Uhr in St. Michael in Einhausen und am Samstag, 30. November um 18.00 Uhr, 19.30 Uhr, 21.00 Uhr und 22.00 Uhr in der Marienkirche in Friedberg statt. Gerdon hat bereits Lichtkonzepte für große Fernsehsendungen entwickelt. Im Interview erläutert er seine Arbeit.

Frage: Was ist das Besondere an einem Kirchenraum?

Thomas Gerdon: Der Kirchenraum ist etwas deutlich anderes als zum Beispiel ein Fernsehstudio, schon allein von der Größe her. Studios sind in der Regel recht karge Räume, vorwiegend schwarz gehalten und ohne Fenster. Ein modernes Architekturgebäude hat mit vielen geraden Flächen und Ebenen deutlich weniger Gestaltungselemente als eine Kirche. Diese gravierenden Unterschiede markieren bereits die Herausforderung, die ein Kirchenbau stellt.

Frage: Worin bestehen die spezifischen Anforderungen bei Glaubensfeuer?

Gerdon: Der Anspruch dieser Veranstaltung ist es, modern und spektakulär zu sein. Andererseits ist der Raum einer Kirche in seiner Würde zu belassen, wir sind ja nicht auf dem Rummelplatz oder in einer Disco. Die Suche nach der geeigneten, niveauvollen Ausleuchtung ist eine aufwändige Arbeit und stellt manchmal einen schmalen Grat dar. Es steht ja nicht Effekthascherei im Vordergrund, da wäre technisch noch viel mehr machbar. Sondern es soll die Besonderheit des Raumes zum Ausdruck kommen, auf die bei der Veranstaltung die abgestimmte Programmierung von Musik und Licht Bezug nimmt.

Frage: Was empfinden Sie, wenn zum Beispiel einen Altar, das Zentrum eines Gotteshauses, illuminieren?


Gerdon: Ich bin katholisch, war in meiner Heimatpfarrei auch Ministrant und weiß
um die Bedeutung dieses Ortes. Bei der Veranstaltung selbst bin ich so konzentriert auf den störungsfreien Ablauf des Programms, dass für spirituelles oder ähnliches Empfinden kein Platz ist. Dazu ist auch der Aufwand und die Verantwortung zu hoch. Spiritualität erlebe ich eher in der Phase der Programmierung, wenn die Kirche noch leer ist. Dann nehme ich auch am ehesten Veränderungen an Gegenständen oder Figuren wahr, die durch den Einsatz des Lichtes entstehen.

Frage: Wie sind die Reaktionen - gerade auch bei jüngeren Besuchern?


Gerdon: Das Projekt zeigt den Besuchern, dass sich Kirche auch heute zeitgemäß und modern präsentieren kann. Wenn ich in meinem beruflichen Alltag jungen Leuten von Glaubensfeuer erzähle, ernte ich meist ungläubiges Staunen, dass dies in einer Kirche möglich ist. Bei der Uraufführung habe ich Gruppen Jugendlicher gesehen, die sich noch lange nach Ende der Veranstaltung über ihre Eindrücke austauschten.


Frage: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten...


Gerdon: ...dann würde ich gerne einmal den Mainzer Dom illuminieren. Ich bin in
Mainz geboren und kenne das Gotteshaus von Kindesbeinen an. Dabei würde ich gerne mit Licht die beeindruckenden Dimensionen des Raumes herausarbeiten. Die Größe und Weite des Domes stellt ganz besondere Anforderungen. Da denke ich zum Beispiel an Lichtbündel mit einem Durchmesser von bis zu einem Meter.

Hinweis: www.glaubensfeuer.com

mk (MBN)

Bilder zu Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 36 vom 30. Oktober 2013

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