Kunst und Glaube in Burgund:Burgund - 7
Nachlese
In der Lesung vom heutigen Tag berichtet der Hohepriester, dass er im Tempel die Schriftrolle mit der Weisung des Herrn gefunden hat. Diese Nachricht löst bei den Verantwortlichen im damaligen Jerusalem eine innere Bewegung aus. Sie haben ein Gespür dafür, dass etwas Wesentliches verloren ging, und dass mit diesem Fund die Chance zu einer Veränderung besteht.
In Fontenay hatte ich etwas Zeit, um in Ruhe die unterschiedlichen Teile des dortigen Kreuzganges auf mich wirken zu lassen. Bernhard von Clairvaux hat mit Licht und Material einen Ort schaffen lassen, an dem der einzelne Mönch nicht verloren ging. Wer diesen Kreuzgang betritt, wird sichtbar, nimmt Raum ein. Nichts lenkt ab, versperrt die Sicht. Wer diesen Raum betritt wird öffentlich und wird, paradoxerweise, auch sehr privat.
Zugleich lädt dieser schöne und freie Raum den Einzelnen (heute auch die einzelne Besucherin) dazu ein, sich selbst wahrzunehmen. Nicht in einem Kreisen um die eigene Befindlichkeit, sondern im Hören auf die eigene Seele. Dieser Kreuzgang ist ein offener Raum, der unwillkürlich die Seele fragen lässt, ob sie das Schöne wahrnimmt? Die Sprache dieses Raumes ist spirituell. Die ganze Schönheit dieses Kreuzganges spricht von einem Gott, der wie einst in der Paradieserzählung sich auf die Suche nach dem geliebten Menschen macht. „Adam wo bist?“
Es lohnt sich, Räume frei zuhalten oder wieder frei zu machen. Der Schönheit und dem Freiraum, die Möglichkeit einzuräumen, uns das Wesentliche zu zeigen.