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Weltkirche ganz nah

Bei Exkursionen wird die hiesige Kultur erfahren: Bistumsmitarbeiterin Meike Jolie (rechts) mit Schwester Gordana Davidovic.
Priester, Ordensleute, pastorale Mitarbeitende – nicht wenige kommen aus dem Ausland, um hierzulande tätig zu sein. Wie geht es ihnen dabei? Und wie werden sie begleitet? Beispiele aus der Region.
Datum:
5. Juni 2025
Von:
Elisabeth Friedgen und Anja Weiffen | Glaube und Leben

„Ich fühle viel Liebe für dieses Land, wo mich so viele Menschen wirklich herzlich aufgenommen haben“, sagt Schwester Gordana Davidovic über Deutschland. Die 43-jährige Ordensfrau, die ursprünglich aus Bosnien stammt, lebt im bosnisch-kroatischen Konvent
der „Schulschwestern Franziskanerinnen von Christus dem König“ in Mainz. Zweimal kam sie aus ganz unterschiedlichen Gründen nach Deutschland – und hat hier letztendlich ihre Heimat gefunden. 1992 floh sie als 10-jähriges Mädchen mit ihrer Familie vor dem Krieg in Bosnien und landete in Düsseldorf. Obwohl sie damals viel entbehren musste, hat sie gute Erinnerungen an diese Zeit: „Ich habe mich gleich willkommen gefühlt. So viele Menschen haben uns herzlich aufgenommen und wollten für uns da sein“, berichtet Schwester Gordana. Als 15-Jährige entschloss sie sich, Franziskanerin in der bosnisch-kroatischen Kongregation ihres Ordens
zu werden, lebte dann einige Jahre in Zagreb, wo sie die Schule abschloss und Theologie studierte.
Doch Deutschland blieb in ihrem Herzen. Als ihre Provinzoberin sie 2017 fragte, ob sie in den Konvent nach Mainz gehen würde, war Schwester Gordana sofort begeistert. Inzwischen arbeitet sie mit halber Stelle in der kroatischen katholischen Gemeinde in Wiesbaden, die restliche Zeit widmet sie ihrer Ausbildung zur Pastoralreferentin in Hofheim. „Ich bin wirklich glücklich hier, darum möchte ich auch für die deutschen Katholiken da sein, nicht nur für kroatische und bosnische“, sagt sie. Mit ihrer Arbeit möchte sie auch etwas zurückgeben von dem, was ihr Gutes widerfahren ist. Dafür nimmt sie auch gern Herausforderungen an. Am schwierigsten fand sie zu Beginn ihrer Ausbildung vor allem die rheinhessische Mundart. „Das war nicht einfach – vor allem, wenn ich Kollegen zu Trauergesprächen begleitet habe. Denn bei so etwas möchte man die Menschen ja ganz besonders gut verstehen, um ihnen zu helfen.“ Inzwischen geht das viel besser. Auch, weil sie in den Sprachkursen von Meike Jolie viel Fachvokabular gelernt hat, das sie für ihre Arbeit in der Kirche braucht. Jolie ist Referentin für sprachliche und kulturelle Integration der pastoralen Mitarbeitenden im Bistum Mainz (zum Interview). Wenn Schwester Gordana anderen Ordensleuten aus der Weltkirche einen Rat geben sollte, dann wäre das wohl dieser: „Man sollte die Mentalität und die Kultur Deutschlands kennenlernen. Was man kennt, das kann man auch gut verstehen und annehmen.“


Meike Jolie

26 Prozent aller Katholiken und Katholikinnen im Bistum Mainz sprechen eine andere Muttersprache. Der Einsatz von pastoralen Mitarbeitenden aus der Weltkirche spiegele diese Zahl in gewisser Weise wider, erläutert Meike Jolie. Priester und Ordensleute aus der Weltkirche dienten demnach nicht als Lückenbüßer für fehlende Berufungen hierzulande. Ihr Einsatz im Bistum solle stattdessen einem neuen interkulturellen Miteinander in den Gemeinden gerecht werden.
„Die katholische Kirche ist ihrem Wesen nach Weltkirche“, zitiert Jolie aus den Leitlinien des Bistums zu Personal aus anderen Herkunftsländern. Insofern gehörten interkultureller Austausch und Internationalität zutiefst zum Selbstverständnis der Kirche. 2020 veröffentlichte Bischof Peter Kohlgraf zu diesem Thema im Amtsblatt Leitlinien. Durch diesen hohen Anspruch entstünden klare Anforderungen an beide Seiten, sowohl an die fremdsprachigen Priester und Ordensleute als auch an die hiesigen Mitarbeitenden und Gemeinden, so Jolie. Vor allem Offenheit, Kommunikationsbereitschaft, Wertschätzung und Geduld seien auf beiden Seiten gefragt.
Wetter, Essen und Dialekte – das waren für Pater Joshy die größten Hürden, als er nach Deutschland kam. „Ich musste erst lernen, dass es in Deutschland nicht automatisch warm ist, sobald die Sonne scheint“, sagt er schmunzelnd. Pater Joshy George Pottackal, der überall nur Pater Joshy genannt wird, stammt aus Indien und wurde bereits mit 15 Jahren Karmeliter.
Kurz nach seiner Priesterweihe kam er 2004 nach Mainz, wo er mit Unterbrechung bis heute im Karmeliterkloster
lebt. Noch während er dort den Pastoralkurs für Ordenspriester absolvierte, wurde er 2006 Stadtjugendseelsorger in Mainz und Schulseelsorger, später war er auch in verschiedenen Mainzer Pfarreien als Seelsorger tätig. In Meike Jolies Sprachkurs lernte er alle Fachbegriffe rund um Messe und Liturgie, übernahm 2009 mit zwei Mitbrüdern eine Pfarrstelle in Neckartal. 2022 kehrte der
heute 47-Jährige nach Mainz zurück und wurde Personalreferent für die Priester des Bistums. Von einem Lückenbüßer kann also weder bei ihm noch bei Schwester Gordana die Rede sein. Beide vertreten eine wachsende Gruppe Gläubiger, die sich einbringt – auch in der Verantwortung. „Ich durfte von Anfang an immer wieder neue Aufgaben übernehmen“, sagt Pater Joshy. Weil man ihm viel zutraute, konnte er an den Herausforderungen wachsen und sich in Deutschland zuhause fühlen, denkt er. Mindestens
genauso wichtig sei für ihn die Offenheit der Menschen gewesen: „Das große Vertrauen, das mir alle von den Pfarreiteams bis zum BDKJ-Vorstand entgegengebracht haben, hat mir sehr bei der Integration geholfen.“