Im Bistum Mainz beginnt die Geschichte des Berufes mit Ende des 2. Weltkrieges.
Bischof Albert Stohr richtet bereits am 12. Mai 1945, noch in der Woche der Kapitulation, ein Grundsatzhirtenwort an seinen Diözesanklerus „Zum großen Umbruch dieser Tage. In diesem Hirtenwort merkt er kritisch an, dass man nicht einfach an die Jahre von 1933 anknüpfen und alte Positionen und Methoden unreflektiert übernehmen kann. Im Zusammenhang mit den Erörterungen über die Seelsorge, die den wichtigsten und umfangreichsten Teil des Hirtenwortes ausmacht, formuliert der Bischof wörtlich: „Noch eine andere Ergänzung unserer Sorge um die Seelen soll hier erwähnt werden, die nach meiner festen Überzeugung in Zukunft noch an Wert gewinnen wird: die Seelsorgehilfe durch die Frau. Auch wenn alle unsere Priester aus dem Krieg zurückgekehrt sind, wird diese Hilfe ihre volle Wichtigkeit behalten“. Damit deklariert der Bischof die Integration der Frauen in die aktive Seelsorge und eröffnet die Möglichkeit, sich aktiv am pastoralen Dienst zu beteiligen.
Der Bedarf an Hilfe ist wichtig geworden durch die vielfältigen Notlagen bei Kriegsende und dem Zustrom der Ostflüchtlinge nach Oberhessen. Es entstand ein Seelsorgenotstand, dem mit herkömmlichen Mitteln und dem Klerus allein nicht ausreichend begegnet werden konnte.
Schon ein Jahr später wird die `Caritas- und Pfarrhelferinnenschule St. Gottfried in Ilbenstatt gegründet, in der die Ausbildung der weiblichen Hilfskräfte, die als Pfarrhelferinnen bezeichnet wurden, erfolgte. Das Caritaswerk St. Gottfried umfasste neben der Schule noch ein Kinder- und Jungmädchenheim.
Die Pfarrhelferinnen sollten einerseits caritativ helfen und andererseits auch das religiöse Leben in den Ortschaften stützen und pflegen. Dazu sollten sie eine Ausbildung zur Mithilfe bei der Jugend- Gefährdetenfürsorge erhalten, um Armenpflege ausüben und Helfergruppen der Caritas führen und anleiten zu können. Nicht zuletzt sollen auch Veranstaltungen bei Kindern und Jugendlichen sowie die Erteilung von Religionsunterricht zum Aufgabenbereich gehören.
Nach dem der erste Kurs am 22. Juli 1947 sein Abschlussexamen abgelegt hatte, wurde der genaue Aufgabenbereich in den Anstellungsdekreten verfasst.
Sie übernahm 1946 zusammen mit Frau Bäumer und Frau Plassmann den Aufbau und die Leitung des Caritaswerkes St. Gottfried in Ilbenstadt. Im gleichen Jahr beauftragte sie Bischof Stohr mit der Gründung und Leitung eines Seelsorgehelferinnenseminars.
Von 1946 bis 1972 war sie die Leiterin des Seminars, das 1962 nach Mainz verlegt wurde. In ihrer Zeit wurden 361 Frauen für Gemeinde und Schule ausgebildet.
Frau Dr. Reinartz engagierte sich zeitlebens sozial, auch unter Einsatz ihres Privatvermögens; sie prägte die Menschen um sich mit tiefer geerdeter Religiosität und Liebe zur Kirche ebenso wie durch Stärkung der sozialen Verantwortung; außerdem lag ihr an einer ganzheitlichen Ausbildung für ganzheitlichen, weitsichtigen Einsatz in der Pastoral.
Vor allem in der Konzilszeit suchte sie nach einer angepassten Veränderung der Ausbildung. Sie pflegte intensive Kontakte mit der dt./österreichischen Seminarleiterkonferenz; unter ihrer Federführung kam es zur Studienreform (1967-1970).
Sie war zuständig für den Berufseinsatz („Diözesanreferentin“). Mit dieser Aufgabe kam es zur rechtlichen Klärung der beruflich-sozialen Absicherung der Seelsorgehelferinnen.
»Sie war Wegbereiterin für das eigenständige berufliche Wirken von Frauen in der Kirche!«
Der Wechsel der Ausbildungsstätte von Ilbenstadt nach Mainz stand beim Tod von Bischof Stohr (1961) schon fest und wurde von seinem Nachfolger Bischof Volk dann auch sofort vollzogen. Der Umzug fand 1962 statt.