Nachlese Pilgerreise

Ägypten 6

Datum:
Fr. 20. Juli 2018
Von:
Christine Rall

Ägypten das Land der Gegensätze

Frühmorgens in Assuan
In aller Herrgottsfrühe sieht man zwei junge Frauen in Joggingkleidung am Nil entlang laufen. Bei uns ein alltägliches Bild. In Ägypten nicht. Nach ein paar Minuten fahren zwei Polizeiwagen  in Schrittgeschwindigkeit nebenher, einfach so –zur Sicherheit für die Touristinnen.

Ein seltsames Bild.

Auf der linken Seite sehen wir vom Bus aus  die Wüste - rechts den  Nil. Eine Seite voll steiniger Trockenheit und Dürre.

Auf der anderen Seite vom Bus ist alles grün, voll Leben , Ackerbau auf saftigen Feldern, Kinder mit den Vätern auf dem Feld, Menschen jeglichen Alters lachen und winken uns zu. Kinder spielen  auf der Straße, Frauen tragen ihre Einkäufe mit Körben auf ihrem Kopf. Ältere zahnlose Männer sitzen beieinander und rauchen Wasserpfeife. An anderer Stelle waschen Hausfrauen ihr Geschirr direkt im Nil, ebenso wird Wäsche in großen Zubern (auch) direkt  im Nil gewaschen. Man kommt sich vor wie auf einer Zeitreise. Die Bilder ziehen vorbei, als ob hier die Zeit still gestanden hätte.

 

Ein seltsames Bild.

Hotelpool in Kairo: Wie gut die Abkühlung nach dem heißen Tag und all den Besichtigungen tut. Auf einmal halte ich an - so ein seltsamer Anblick. Ganz ruhig zieht die Muslimin ihre Bahnen im Pool. So wie ich. Aber es sind nur ihre Augen sehen. Körper und Kopf sind verhüllt. Mit dieser ungewöhnlichen Kleidung kann sie frei sein und im öffentlichen Pool schwimmen. So habe ich eine Frau in Burka noch nie gesehen.

Ein seltsames Bild.

Pyramiden, Sphinx,  Wüstenklöster… wir staunen und entdecken unsere Umgebung.
Um uns herum ägyptische Familien, Schulklassen. Alle kommen uns herzlich entgegen, möchten ein Foto mit uns haben oder machen? Schenken uns einfach ihr Lächeln, eine Berührung, eine warme und  herzliche Freundlichkeit.

 

Ein seltsames Bild.

Wir treffen uns zum Gottesdienst nach diesem Tag voller Eindrücke. Der Bischof von Asiut begrüßt uns in der Kirche und nimmt sich viel Zeit für ein Gespräch mit uns. Während unserem Austausch mit dem Bischof über verfolgte Christen, über Glauben, Frieden und Kirche in Ägypten kommt auf einmal eine Großfamilie in die Kirche, um Seelenamt für ihren Verstorbenen zu feiern.  Sie schauen uns an, sie strahlen uns an. Manche möchten ein Bild von uns haben. Sie haben Tüten dabei und verteilen Brot an  uns. Jeder Einzelne bekommt seinen Brotfladen fest in die Hand gedrückt. Am Nachmittag hat unser Reiseführer erzählt, dass das ägyptische Wort für Brot auch Leben bedeutet. Jetzt haben wir es auch mit dem Herzen verstanden: Sie verschenken mit dem Brot ihr ? oder ein Stück Leben?  an uns.
An uns Fremde, saubere Deutsche, die bei der kleinsten Gelegenheit ihre Desinfektionstücher auspacken - an uns, die wir voller Skepsis und Sorge in dieses Land gereist sind.

 

Nie habe ich so intensiv geträumt wie auf dieser Reise und nie konnte ich mich so intensiv an den Traum erinnern, vielleicht war es nicht nur ein Traum.

Text: Christine Rall