Das 1977/78 von Prof. Bruno Müller-Linow entworfene und umgesetzte Elisabethfenster ist ein Meisterwerk der Kirchenfensterkunst. Das Leben der Heiligen Elisabeth wird auf der Fläche von 9 mal 3 Metern mit 8000 Glasfrakmenten dargestellt, die jeweils nochmal mit Lötzinn bemalt sind. Neben Szenen aus dem Leben der Heiligen wird die Dekadenz des höfischen Lebens sowie Orte unserer heutigen Zeit dargestellt, in denen der Künstler Bedarf zum Handeln im Geiste Elisabeths erkennt.
Deutung des Künstlers Bruno Müller-Linow
Im oberen Fensterteil spendet Gottes Auge Licht. Seitlich schweben Engel herab und bringen die Krone des Ewigen Lebens zu Elisabeth (in Anlehnung an MT.16,28: Einem Jeden wird vergolten nach seinen Werken.) In der Mitte Brötchen für die Armen und die legendäre Rose in Elisabeths Schürze. Als Zeichen des geschichtlichen Hintergrundes finden wir Kaiserkrone und Insignien Friedrich II. und Mitra wie Stab Papst Gregors IX., als Symbole für das Leiden Christi, dem sich Elisabeth stets verbunden fühlte, Passionsblume und Christusdorn. In den größeren Maßwerkfenstern die Wunderrosen der Legende.
Deutung des Künstlers Bruno Müller-Linow
Im mittleren Hauptfeld sehen wir links die Wartburg und rechts die Grabeskirche des Heiligen Franziskus, darunter der Heilige Franz einmal mit den Tieren und dann stehend mit einem Aussätzigen. Links davon wird der Heiligen Elisabeth, die umgeben von ihren Kindern Brot und Früchte an Arme verteilt, der Mantel des Heiligen Franz umgehängt, den dieser der Legende nach ihr als Zeichen der geistigen Verbundenheit durch einen Bruder hat bringen lassen. In den kleinen Feldern darunter speist Elisabeth Hungrige und kleidet Frierende. Im großen Rundbild sehen wir rechts einen Wunschtraum Elisabeths dargestellt: Sie sagte zu ihrem Mann "Wir sollten ein gutes und armes Leben führen, durch das wir Gott dienen können" Ludwig sollte mit eigenen Händen das Land bebauen und sie selbst die Schafe hüten. Links davon steht die raue Wirklichkeit: Ludwig verabschiedet sich von seiner Frau, um am Kreuzzug teilzunehmen. Hinter ihm steht der Tod, Ludwig wird nicht zurückkehren.
Den Darstellungen in den beiden senkrechten Seitenstreifen liegt die Botschaft Elisabeths als Sendbotin Gottes an die Frauen zugrunde, die mit Unkeuschheit durchflossen, mit Hochmut überzogen und mit Eitelkeit umfangen sind, wie Mechthild von Magdeburg es ausführte. Links finden wir Szenen aus dem Leben der Heiligen Elisabeth und ihrer Zeit: oben eine sich schmückende, eitle Frau in mittelalterlicher Tracht, dann Elisabeth, die Aussätzige wäscht und kleidet, ein fürstliches Schlemmergelage im Uberflu8, Elisabeth, die Brot an die Hungernden verteilt und zuunterst höfische Damen, die dem Minnesang lauschen.
Im rechten Seitenstreifen Szenen heutiger Zeit: Eine Frau schminkt sich im Autospiegel spiegelnd vor dem Szenarium des Frankfurter Hauptbahnhofes und der Hochhäuser, die Schlange des Bösen umschlingt die Gruppierung. In den Bildern darunter werden Werke der Barmherzigkeit in der Nachfolge Elisabeths vollbracht: Hilfe für behinderte Kinder, Betreuung von Kindern, Alten- und Sterbehilfe, im untersten Bild ist Mutter Theresia in Indien zu erkennen.
Deutung des Künstlers Bruno Müller-Linow
In der Sockelzone sehen wir die Hl. Elisabeth wie sie vor der Doppelturmfassade der Marburger Elisabeth-Kirche unter dem Kreuz zusammenbricht, darunter Elisabeth im Sarg. Das noch leere, aber schon von Rosen durchglühte, zu ihren Ehren zu gestaltende Fenster lehnt am Sarge, ein Priester legt davor seiner Gemeinde den Matthäus-Text 16,24 aus: "Wenn jemand mir nachfolgen will, so verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf und folge mir." Rechts treten vor der Fassade der Darmstädter Elisabeth-Kirche Mütter, Kinder, Alte, Gebrechliche und ein Bischof zum Sarge hinzu. Im linken Sockelteil verkündet der Mainzer Bischof Siegfried III. die Heiligsprechung Elisabeths vom Turm des Erfurter Domes aus, und Kaiser Friedrich II. führt im Büßerhemd eine Menschenschaar zum Sarge der toten Heiligen, ihr seine Krone darbietend.
Die Bilder des Mittelfeldes sind sinnbildlich eingefasst von dem gürtenden Strick der Franziskanerkutte. Eingebettet sind alle Bilder in fließendes, wogendes Wasser mit bewegten Schilfblättern darin. Elisabeth selbst hat einmal gesagt: "Wir sind wie Schilf, das am Flussufer wachst. Schwillt der Fluss, so beugt sich das Schilf und taucht unter, und das Wasser fließt darüber hinweg. Hört aber das Hochwasser auf, so richtet sich das Schilf wieder empor und wachst in seiner Kraft weiter."