Für die Erstkommunionkinder war es schön so viele Jugendliche zu erleben und zu merken, dass es nach der Erstkommunion in der Gemeinde weitergehen kann.
Als Gemeinde freuen wir uns über das junge Leben und sind aufgerufen, trotz oder gerade wegen so vieler ungelöster Fragen, Missstände und Nöte in der Kirche uns auf das Wesentliche zu besinnen, uns zu fragen, was mich als Christin / Christ trägt und was mir ganz persönlich der Glaube bedeutet, um die jungen Menschen auf ihren Wegen und bei ihren Entscheidungen begleiten können.
Pfarrer Sudhakar Reddimasu ist für die Firmvorbereitung in unserer Gemeinde zuständig und hat den Gottesdienst gefeiert.
Seine Begrüßung der Firmbewerber und die Predigt hat er für die Homepage zur Verfügung gestellt.
"Die Texte, die uns heute zugemutet werden, sind allerdings gar nicht so gemütlich: Sie wollen uns aufrütteln. Sie wollen uns wach halten für das, was Menschen erwarten können - und das ist mehr als Gemütlichkeit.
Wir sollten uns den Advent nicht nehmen lassen, sondern ihn nützen: diese Zeit der Erwartung und der Offenheit. Ich möchte Sie nun einladen, sich zu Beginn dieses Gottesdienstes Ihre persönlichen Erwartungen in Erinnerung zu rufen und sie vor Christus zu bringen, der unsere Erwartungen erfüllen kann und sogar übertreffen wird. Das Evangelium passt wie die Faust aufs Auge zu den Nachrichten über die Missbrauchsfälle in der Kirche in Deutschland und ihre Vertuschungen und Lüge. Unser Bischof hat schon 2018 dazu Stellung bezogen und einen Brief an die Gemeinden geschrieben.
Solche Nachrichten sind nicht gerade Werbung für unsere Kirche und dienen Vielen als Begründung, sich von der Kirche abzuwenden. Solche Verbrechen sind auch schwer zu ertragen.
Umso mehr ist in der heutigen Zeit eine ehrliche und freie Glaubensentscheidung gefragt, inmitten einer zerrissenen Kirche und einer zunehmend gespaltenen und aggressiven Gesellschaft.
Auf dem Weg einer solchen Entscheidung sind auch unsere Firmbewerber, die sich heute der Gemeinde vorstellen wollen.
Viele Jugendliche erleben sich in der Kirche als Exoten.
Dennoch wagen wir einen Prozess-Weg mit den Jugendlichen.
Liebe Firmbewerber,
ihr werdet von euren Altersgenossen auch manchmal belächelt, wenn ihr sagt, dass ihr euch in der Kirche engagiert habt oder engagieren wollt.
Daher ist auch die Bereitschaft, aktiv das Gesicht unserer Kirche zu verändern, hier in Dietzenbach, in unserer Gemeinde und in den nächsten Jahren bei dem anstehenden Strukturwandel unseres Bistums, eine Herausforderung.
Eure Lebenssituation um die Firmung zu bitten hat euch zu uns geführt. In eurem Alter Entscheidungen zu fällen ist nicht leicht, macht auch vielfach Angst. Vielleicht helfen euch der eine oder andere Impuls auf dem Weg zur Firmung und vor allem das Firmsakrament selbst euch zu stärken.
Ich begrüße auch ganz herzlich Eure Eltern und Paten.
Die stärkende Kraft des Heiligen Geistes hat viel mit Beziehung und Glaubens-Erfahrung zu tun. Darum ist es sehr bedeutsam, was unsere Firmbewerber bei ihren Eltern und Paten an Glaubenserfahrung erleben dürfen. Glaube entzündet sich an Personen. Ich danke allen Eltern und Paten, die den Weg der Firmbewerber begleiten.
Auch wir, die Gemeinde, begleiten euch durch unsere Firmbegleiter auf den Weg zur Firmung. Wie wichtig uns als Gemeinde diese Begleitung ist, zeigt sich darin, dass alle Firmbegleiter auch Mitglieder in der einen oder anderen Gruppierung oder in einem Gremium sind:
Gemeinsam mit mir versuchen wir, in der Vorbereitung auf die Firmung und für unsere Pfarrgemeinde zeitgemäße Wege zu finden.
Vorstellung des Firm-Kurses durch einen Vertreter der Gemeinde:
"Liebe Gemeinde,
in der Vorbereitung haben wir darauf vertraut: Firmung ist Geschenk und Gnade und es benötigt dafür keine Vorbereitung.
Daher ist das Ziel unseres Firmkurses, jungen Menschen für das Geschenk des Heiligen Geistes zu öffnen und dieses Geistesgeschenk durch die Stärkung für das konkrete eigene Leben und seine Aufgaben erlebbar zu machen.
Auf dem Weg zu diesem Geschenk fragen wir nach:
Was erwarten junge Menschen von unserer Kirche,
von unserer Pfarrgemeinde,
vom christlichen Glauben.
Wir nehmen die Firmbewerber ernst, das ist nicht leicht, weder für die Jugendlichen noch für uns Firmbegleiter, weil die Jugendlichen selbst noch in großen Abhängigkeiten leben:
die unterschiedlichen Familiensituationen,
die Schule, der Gruppenzwang und die eigene Persönlichkeit müssen zusammengebracht werden.
Im Vertrauen auf die Kraft des Heiligen Geistes vertrauen wir auch den Jugendlichen, jeder und jedem Einzelnen, so unterschiedlich er oder sie auch sein mag.
Ihre Bereitschaft in der Pfarrgemeinde zu helfen haben die Firmlinge ja schon öfters bewiesen. In einem intensiven Wochenende wollen wir sie weiter auf die Firmung vorbereiten.
Mit denen, die sich für den Empfang des Firm-Sakraments entscheiden, aus welchen Gründen und Motivationen auch immer, freuen wir uns, die letzten entscheidenden Schritte gemeinsam zu gehen."
Pfarrer Reddimasu:
Ich bitte die Firmbewerber jetzt nach vorne zu kommen und sich der Gemeinde vorzustellen.
Ich danke euch, dass ihr euer Gesicht der Gemeinde gezeigt habt! Hinter jedem Namen, hinter jedem Gesicht, verbirgt sich die Zusage Gottes:
Du bist einmalig,
Du bist wertvoll,
Du bist einzigartig,
Du bist unersetzbar!
Nun frage ich euch vor dieser Gemeinde nach Eurer Bereitschaft.
Bereitschafts-Fragen
Ich danke Euch für Eure Bereitschaft und bitte die Gemeinde um ihr Gebet für diese jungen Menschen.
Als Firm-Bewerber soll unser Glaube Hand und Fuß haben, das heißt: wir wollen achtsam sein und das Leben, die Menschenwürde und die Menschenrechte schützen.
Predigt
Bei der Eröffnung des Weltjugendtages in Krakau 2016 fragte Papst Franziskus die Jugendlichen immer wieder:
„Können sich die Dinge ändern?“ „Können sich die Dinge ändern?“
Und jedes Mal riefen zigtausend Jugendliche dem Papst ihr lautes „JA!“ entgegen.
Im Vorfeld der Jugendsynode der Bischöfe in Rom erinnerte sich Papst Franziskus daran und schrieb: „Dieser Schrei entspringt eurem jugendlichen Herzen, das die Ungerechtigkeit nicht erträgt und sich nicht der Wegwerf-Kultur beugen will, noch der Globalisierung der Gleichgültigkeit das Feld überlassen will. Hört auf diesen Schrei, der aus eurem Inneren aufsteigt.“
Der Papst fragt junge Menschen persönlich:
Was erwartest du von deiner Kirche?
Wie glaubst du?
Wie kann dir die Kirche helfen?
Genau mit diesen Fragen wollen wir nun den entscheidenden Weg der Firm-Vorbereitung mit unseren Firm-Bewerbern gehen. Wir haben dabei unser Dietzenbach und unsere Pfarrgemeinde im Blick.
„Können sich die Dinge ändern?“ fragen auch wir konkret unsere Firm-Bewerber: Bist du bereit, mit uns die Dinge zu ändern.
Wie können wir, die Gemeinde, dir dabei helfen?
Liebe Firm-bewerber, wahrscheinlich wird keiner von Euch nach der Firmung sich in der Pfarrgemeinde engagieren.
Das ist nun mal auch eine Frucht des Heiligen Geistes, sich frei entscheiden zu können.
Wenn es dennoch bei dem oder der einen oder anderen anders kommt und ihr Geschmack am Leben der Pfarrgemeinde empfindet, oder auch merkt, eh, das tut mir ganz persönlich gut, hier mit zu leben und mit zu arbeiten, dann seid herzlich willkommen. Die Leute in unseren Gremien wie Pfarrgemeinderat, Verwaltungsrat, bei den KFD-Frauen, der Kolpingsfamilie, die Katecheten für die Taufe, Erstkommunion, Firmung, die Pfadfinder, Kirchenchor usw. haben sich als Erwachsene bewusst entschieden.
Darum bin ich überzeugt, irgendwann in eurem Leben wird Jesus in eurer inneren Stimme die Frage stellen:
Bist du bereit, mit mir die Dinge zu ändern.
Dann erinnert euch an das Geschenk der Firmung und sagt JA zu einer gerechteren, friedlicheren und toleranten Welt.
Liebe Schwestern und Brüder!
„Können sich die Dinge ändern?“ Auf diesem Weg der Änderung wollen uns zwei Heilige in dieser Zeit des Advents begleiten. Die Kirche stellt sie uns in den vier Wochen des Advents besonders vor Augen, denn sie haben sich auch auf das Kommen Jesu vorbereitet. Sie haben durch ihr Handeln und Tun die Leute auf den Erlöser hingewiesen. Sie waren wachsam.
Die eine ist Maria, die Mutter Jesu. Sie hat sich neun Monate auf die Geburt ihres Sohnes vorbereitet. Maria hat nicht viel gesprochen von diesem Geheimnis, das ihr der Engel anvertraute.
Maria ist die stille Frau, die uns durch ihr Schweigen auf ihr Kind aufmerksam machen will.
Die zweite Person, auf die ich hinweisen möchte, war nicht so still. Es ist Johannes der Täufer. Er ist im Gegensatz zur stillen Maria der mächtige Rufer in der Wüste, ein rauer Geselle, der mutig zur Umkehr aufruft, der es nicht scheut den Ehebruch von König Herodes und seiner Frau anzuprangern. Johannes der Täufer ruft auf zu einem Neuanfang, zu Umkehr, zu Buße, zu einer guten Weihnachtsvorbereitung.
Maria steht für die Ruhe, für die Stille des Advents, für die Abende, wo man die Adventskranzkerzen anzündet, ein Gebet mit den Kindern spricht und Lieder singt. Die Stimme des Gewissens spricht nicht in der Hektik des Alltags, sondern du hörst sie, wenn es ganz leise ist, wenn wir uns besinnen, so wie es bei der Gottesmutter Maria in Nazareth war, die sich vorbereitet auf die Geburt ihres Sohnes.
Zwei ganz verschiedene Menschen und doch ist ihnen eines gemeinsam: Ihr Wunsch sich auf die Ankunft des Herrn vorzubereiten.
Beide überzeugen durch ihr einfaches, schlichtes Leben: Die Armut im Stall zu Bethlehem und die Armut des Johannes in der Wüste. Er ernährte sich von Heuschrecken und wildem Honig. Er war bekleidet mit einem Gewand aus Kamelhaaren.
Beide überzeugen durch ihren festen Glauben, der nicht wankte: Maria, die große Frau des Glaubens, die trotz der vielen Fragen über ihren Sohn treu blieb und Jesus bis unters Kreuz folgte. Johannes, der sich nicht scheute, für die Wahrheit und für seinen Auftrag seinen Kopf hinzuhalten und zu sterben bereit war.
Beide warteten auf den Kommenden mit einer Sehnsucht, die ihr ganzes Wesen erfüllte. So wollen auch wir warten.
Treten wir ein durch dieses Tor des Advents, wo links und rechts diese beiden großen Heiligen uns begrüßen und mit uns gehen. Lassen wir uns berühren von ihren Worten, die sie uns zurufen und von ihrer Botschaft, die sie uns mitteilen wollen. Dann wird es ein guter Advent im Sinne der Kirche, ein Erwarten der Herrlichkeit Christi und ein Warten auch auf das Christkind. Amen.
„Können sich die Dinge ändern?“
Download:2022, 1. Adventssonntag, Einführung Firmbewerber