Schmuckband Kreuzgang

150 - 100 - 75 - ein paar Leseempfehlungen

von Pfarrer Martin Weber & Mitteilungen aus dem Pastoralraum 13.07. - 01.09.2024

2024_Mitteilungen-aus-dem-Pastoralraum (c) Pastoralraum Heusenstamm-Dietzenbach
2024_Mitteilungen-aus-dem-Pastoralraum
Datum:
So. 14. Juli 2024
Von:
Helena Doetsch

150 – 100 – 75

Wie schon öfters, wenn die Ferien vor der Tür stehen, ein paar Leseempfehlungen.

Vor 150 Jahren wurde in London Gilbert Keith Chesterton geboren. Früh wandte er sich dem Schreiben zu. Schnell wurde er einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, vor allem durch seine Kritik am Burenkrieg der Engländer in Südafrika. In seinen literarischen Werken zeigt er sich als Meister der Sprache. Er setzt sich intensiv mit den Geistesströmungen der modernen Zeit auseinander. So unterschiedliche Denker wie Bloch, Musil oder Enzensberger haben ihn geschätzt. Im Jahr 1922 verursacht er einen Skandal durch seine Konversion zur katholischen Kirche, die in England nicht gut angesehen war. Er veröffentlichte wunderbare Biographien über Franz von Assisi und Thomas von Aquin und wurde zu einem scharfzüngigen Verteidiger der katholischen Orthodoxie und ihrer Dogmen. Chesterton war überzeugt: „Wenn Menschen aufhören an Gott zu glauben, glauben sie nicht an nichts, sondern an alles Mögliche.“ - Chesterton ist einer breiten Öffentlichkeit – auch in Deutschland – bekannt durch Pater Brown; ein katholischer Priester, der kniffelige Kriminalfälle löst. Er steht außerdem stellvertretend für viele Konvertiten, die, obwohl von vielen Seiten misstrauisch beäugt, so belebend für die Sache des Katholischen sind.

Mit dem Wort „kafkaesk“ umschreiben wir verwirrende, beunruhigende, gleichzeitig skurrile und bedrohliche Situationen und Erfahrungen. Man hat es im Rückgriff auf Franz Kafka geprägt. Dieser hat wie kaum ein anderer eine Welt beschrieben, die aus den Fugen geraten ist. Vor kurzem haben wir seinen 100. Geburtstag gefeiert. Seine Hauptwerke „Der Prozess“ und „Die Verwandlung“ sind mehr als Abiturientenlektüre, sondern Weltliteratur. Sein berühmter Satz: „Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ trifft auf Kafkas Werk selbst zu. Erfreuliche Lektüre ist es nicht unbedingt; der Mensch in Kafkas Universum ist allein, ohne geistige Grundlage, ohne einen personalen Gott. Wir Christen leben auch in dieser kafkaesken Welt – und haben eine Botschaft für sie. Aber das setzt voraus, dass wir sie in all ihrer Abgründigkeit wahrnehmen. - Dass uns all diese Werke übrigens erhalten geblieben sind, verdanken wir einem nicht eingehaltenen Wort. Kafkas Freund Max Brod sollte seine Texte verbrennen. Er tat es nicht: Gott sei Dank!

George Orwell schließt sich fast nahtlos daran an. Nicht literarisch. Das ist kein Vergleich zu Kafka. Aber sein Roman „1984“ und der berühmte Satz daraus „Big brother is watching you“ – vor 75 Jahren ist das erschienen – berührt und erschreckt bis heute. Es ist das Psychogramm einer Diktatur, die nicht nur den äußeren, sondern auch den inneren Menschen beherrschen will.

Vielleicht schauen Sie in den Ferien bei diesen drei Jubilaren einmal vorbei. Zwar sind sie in die Jahre gekommen, haben aber weiterhin einiges zu sagen!

Martin Weber, Leitender Pfarrer

150-100-75 Wort von Pfarrer Weber

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