Schmuckband Kreuzgang

"Aufgehoben sein bei Gott"

Predigt von Diakon Oliver Schäfer beim Ökumen. Gottesdienst an Christi Himmelfahrt

2023Himmelfahrt_01 (c) G.Tscheuschner
2023Himmelfahrt_01
Datum:
Do. 18. Mai 2023
Von:
Helena Doetsch

Am Fest Christi Himmelfahrt feierten die evangelischen und katholischen Christen in Dietzenbach gemeinsam, wie seit Jahrzehnten, einen ökumenischen Gottesdienst - zum zweiten Mal am Garten der Religionen auf dem Dietzenbacher Friedhof. Die Liturgie gestaltete Pfarrerin Andrea Schwarze gemeinsam mit Vikarin Maria Wachter, die Predigt hatte Diakon Oliver Schäfer, musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst durch den Posaunenchor der Martin-Luther-Gemeinde.

Hier finden Sie die Predigt:

„Aufgehoben sein bei Gott“

Predigt von Oliver Schäfer, Diakon im Pastoralraum Heusenstamm – Dietzenbach

beim Ökumenischen Gottesdienst an Christi Himmelfahrt, 18. Mai 2023
am Garten der Religionen auf dem Friedhof Dietzenbach

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

in meinem sehr katholischen Heimatdorf am Rande des Vogelsberges wurde das Fest Christi Himmelfahrt sehr traditionell begangen. Da gab und gibt es die sogenannten Flurprozessionen. Als Kinder zogen wir mit an den Dorfrand zu den Feldern, die gesegnet wurden, Wir trugen dabei kleine Fähnchen in der Hand.

Später, in der Sturm- und Drangzeit unserer Jugend, trugen wir dann keine Fähnchen mehr in der Hand, sondern die Deichsel eines Bollerwagens. Dessen Ladung schepperte klirrend über die Feldwege und versprach eine andere Art von Heil als die Segensgebete für die Felder. Wir feierten ohne die Kirche Vatertag, alle noch weit davon entfernt, Väter zu sein.

Was aber feiern wir eigentlich an diesem Tag?

Im Religionsunterricht wurde ich einmal von einer Schülerin gefragt, was es denn da zu feiern gäbe, wenn Jesus in den Himmel zurückkehrt und die Menschen hier alleine zurücklässt. Ihn konnten die Menschen anfassen, wie der ungläubige Thomas. Mit dem Heiligen Geist, da ist es schwieriger.

Was sagt das Fest über Jesus Christus aus, und was dann letztendlich für unser Leben?

Ein Blick in die Bibel zeigt uns, dass an Ostern nicht Jesus selbst der Handelnde ist, sondern, dass es Gott ist, der durch ihn, aber vor allem auch AN ihm handelt. Also lässt uns auch Jesus an Himmelfahrt nicht einfach hier im Stich, sondern Gott tut etwas mit und an ihm.

So, wie er Christus an Ostern zu neuem Leben erweckt hat, so nimmt er ihn jetzt bei sich auf. Er weist ihm seinen Platz an seiner Seite, an seinem Herzen zu. Diese Aufnahme ist die Konsequenz der Liebe und Treue Gottes zu seinem Sohn. Dieser bekommt den Platz an seiner Seite, der ihm gebührt. So wie Gott an Jesus Christus handelt, das ist die Antwort des liebenden Vaters auf das Leben seines Sohnes.

Der Jesuit Medard Kehl schreibt: „Christi Himmelfahrt bedeutet, dass der, der das Leben der Armen geteilt hat und die tiefste Erniedrigung des Todes erlitten hat, nun die endgültige Aufnahme des Vaters erfährt.“ Bei diesem Gott ist Jesus – und sind dann letztendlich wir alle – die wir auch immer wieder unter den Kreuzen des Lebens hinfallen, gut aufgehoben: aufgehoben aus dem, was Erde und Tod bedeuten, hinein in das Reich Gottes. Wer am Boden liegt, so feiern wir heute, wird von Gott aufgerichtet, ist bei ihm gut aufgehoben.

In den letzten Tagen haben wir „Muttertag“ und „Vatertag“ gefeiert. Wer von uns Müttern und Vätern würde nicht, wenn das Kind gefallen ist und am Boden liegt, sofort hinzueilen und das geliebte Kind in die Arme nehmen, aufheben und an sein Herz schließen? Das ist ein Bild, das mir am heutigen Tag in den Sinn kommt.

Christi Himmelfahrt heißt, dass auch wir durch Jesus bei Gott Aufgehobene, Aufgerichtete sind. Und deshalb können wir auch dem Auftrag Jesu folgen. Wir sollen ihm nachfolgen, uns an ihm ein Beispiel nehmen. Wir sollen es nicht scheuen, uns mit den Armen und Ausgestoßenen zu verbünden, das Kreuz auf uns nehmen und somit hier an seinem Reich mitzuwirken: indem wir also sozusagen anderen unter die Armen greifen und sie aufheben.

Das geht nur durch aktive Nachfolge. Unsere Religion ist kein Lippenbekenntnis. Jesus hat nicht gesagt „Sprecht mir nach“, sondern „Folgt mir nach“. Nachfolge erschöpft sich nicht im Philosophieren und in großen Gedanken. „Was steht ihr da und schaut zum Himmel“, so hören die Jünger eine Stimme. Das kann heißen: Hier, mitten in eurem Alltag gilt es das zu tun, was dieser Jesu von uns will. Wir müssen schon mit unseren beiden Beinen fest auf dem Boden, in der Realität dieses Lebens stehen. Ja, wir müssen auf dem Boden bleiben. Wer seinen Kopf immer nur in den Wolken trägt, der ist nicht mehr geerdet. Das Christentum ist letztendlich eben doch keine Buchreligion, sondern eine Religion der Nachfolge. Aber es ist auch mehr. Denn Jesus hat uns durch sein Leben sozusagen gezeigt, wo es langgeht: zum einen, indem er sich für seine Nächsten eingesetzt hat. Er hat uns aber auch in der Himmelfahrt gezeigt, wo es langgeht: nämlich zu Gott hin. Gerade an einem Ort wie hier auf dem Friedhof gilt diese hoffnungsvolle Zusage.

Wir sind hier eben nicht, wie ich anfangs in der Frage formulierte, durch die Himmelfahrt Jesu auf uns allein gestellt, im Stich gelassen. Jesus zeigt uns den Weg zum Vater.

Gott - so möchte ich meine Gedanken zusammenfassen - ist in diesem Jesus Christus so tief zu uns heruntergekommen, dass er den Tod eines heruntergekommenen Sohnes am Kreuz erfuhr. Aber Gott hat ihn dort im wahrsten Sinne des Wortes nicht hängenlassen. Er hat ihn aufgehoben und an sein Herz gezogen. Und Jesus hat uns versprochen, dass das auch unser Weg zu Gott hin sein wird, wenn er sagt: „Den Weg dorthin kennt ihr, ich werde euch holen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich es euch dann gesagt?“

In diesem Sinne können wir auch heute Vatertag feiern: Ja, unser Vater im Himmel macht großes Aufhebens um uns, seine Kinder. Wir dürfen darauf vertrauen, dass er uns immer wieder aufhebt, nicht hängen lässt und an sein Herz ziehen will. Dieses Vertrauen wünsche ich uns allen, eben, dass wir bei Gott aufgehoben sein werden.