Schmuckband Kreuzgang

Predigt von Pfr. Sudhakar Reddimasu zum 2. Adventssonntag, 4. Dezember 2022 in Sankt Martin

Schwestern und Brüder! Jede Zeit braucht ihren Johannes, einen Propheten, der deutlich bewusst macht, worauf es vor Gott ankommt. ...

2. Adevntssonntag, 4.12.2022 (c) Marc O. Reinschmidt
2. Adevntssonntag, 4.12.2022
Datum:
Mi. 7. Dez. 2022
Von:
Helena Doetsch

Predigt am 2. Adventssonntag, 4. Dezember 2022

Schwestern und Brüder!

Jede Zeit braucht ihren Johannes, einen Propheten, der deutlich bewusst macht, worauf es vor Gott ankommt. Johannes war dies in seiner Zeit.

Er versuchte die Menschen wach zu rütteln und so das Kommen Jesu vorzubereiten. Der selige Adolf Kolping war dies im 19. Jahrhundert.

Vor 157 Jahren starb er in Köln. Heute am 4.12. ist sein Gedenktag. Er wollte auch die Menschen wachrütteln und ihnen bewusst machen, dass jeder und jede Verantwortung hat für den anderen. Gegen den Egoismus im aufkommenden Kapitalismus kämpfte er für die kleinen Leute.

Die Wandergesellen, die oft ausgenutzt wurden. Das hat er selbst als Schustergeselle erlebt. Er wollte gerechten Lohn für die Arbeiter, die von ihrem Lohn die Familien oft nicht ernähren konnten. Er fordert ein die Solidarität unter den Menschen und ermutigte besonders die Christen dazu.

Adolf Kolping war es, der den Grundsatz lehrte: „Eigentum verpflichtet!“

Ein Grundsatz, der bis heute gilt und heute um so mehr bedacht werden muss.

In einer Zeit, in der die Reichen immer reicher werden und der Mittelstand immer kleiner wird und immer mehr vom Mindestlohn leben müssen.

Jede Zeit braucht ihren Propheten, der mahnt und wachrüttelt.

Papst Franziskus ist sicher heute einer, der die Menschheit immer wieder an ihre Verantwortung füreinander erinnert. Aber ich möchte einen anderen Menschen zitieren. Den ehemaligen Chefermittler der US-Börsenaufsicht.

Sein Name ist Robert Khuzami. Er stellt ganz einfach fest:

Ich zitiere:

„Die Gier schnell reich zu werden,

koste es, was es wolle,

ist ein schweres Verbrechen gegen die Menschheit.

Ohne Umkehr, ohne Bekehrung,

ohne Einsicht in die hohe Verantwortung,

die jeder von uns hat,

rennt die Welt wieder in eine Finanzkrise.“

Jede Zeit braucht ihren Propheten, der mahnt und wachrüttelt.

Aber es braucht auch Menschen, die auf ihn hören, die sich ändern, die das Miteinander leben, einander helfen und achten. Menschen, die sich nicht von der Gier leiten lassen, nicht vom Hass und nicht von der Missgunst, sondern Menschen, die sich leiten lassen, die sich taufen lassen vom Feuer des Heiligen Geistes.

Menschen, die nicht auf die anderen deuten: Die sollen mal machen. Sondern, die bei sich anfangen.

Der große Schriftsteller Gilbert Chesterton, der Erfinder von Pater Brown, trat 1922 zum katholischen Glauben über, vor genau 100 Jahren!

Eines Tages bekam er von einer englischen Zeitung einen Brief mit der Bitte, sich an einer Umfrage zu beteiligen.

Die Frage lautete: „Was ist faul an dieser Welt?“

Chesterton legte den Brief beiseite.
Kochte sich einen Kaffee.
Setzte sich in seinen Lieblingssessel.
Rauchte eine seiner besten Zigarren und trank einen Whiskey dazu.

Dann hatte er die Antwort. Er schrieb keinen Brief. Er schrieb nur ein Wort auf die Frage:
„Was ist faul an dieser Welt?“
Er schrieb nur: „ICH!“

Schwestern und Brüder!

Die Antwort ist kein Scherz. Es ist eine mutige, ehrliche Antwort.
Kein Zeigen auf die anderen. Kein langes Gerede. Chesterton berührt den Punkt, um den es in der Welt geht: Das bin ICH.

Ich bin meine Aufgabe. Zuerst muss ich auf mich schauen. Wenn etwas faul ist, suche ich die Gründe nicht woanders, sondern erst einmal bei mir.

Das ist die Umkehr, die Johannes meint. Die Frage:

Hat Gott Freude an mir?
Bin ich Gott recht?

Diese Frage darf uns im Advent beschäftigen. Gott rettet nicht die Welt, er rettet mich!

Gott erlöst nicht die Welt, er erlöst mich!
Deshalb darf er von mir etwas fordern.

Gott fragt bei seiner Wiederkunft nicht die Welt, er fragt mich!
Ob ich gerecht war und geteilt habe.
Ob ich die anderen mit Würde behandelt habe.
Ob es in meinem Leben darum ging, dass nur ich Glück hatte,
oder ob das Glück der anderen mir auch wichtig war.

Und Gott wird fragen: War ich, dein Schöpfer, der Liebhaber Deines Lebens, Dir auch wichtig?

„Was ist faul an dieser Welt?“

Da fällt mir vieles in dieser Welt ein. Aber ich beginne über die Frage nachzudenken und frage mich: „Was ist faul in meiner Welt?“

Wie Chesterton komme auch ich zu dem Schluss:

Ich!

Pfarrer Sudhakar Reddimasu, Pfarrvikar

Download: Predigt zum 2.Adventssonntag 2022