"Dom Helder, wenn wir an dich erinnern, so tun wir es aus Respekt vor dem, was du warst, vor dem, was du erduldet, und vor dem, was du bewirkt hast. Aus Bewunderung für deinen Lebensweg, den du nicht über Prachtstraßen im Wagen gereist bist, sondern zu Fuß und per Anhalter in den schmuddeligen Gässchen der Armenviertel. Vielleicht auch aus Faszination für deine Radikalität, deine Eloquenz und deinen Humor, deine Einfachheit im Lebensstil und in der Liebe und aus Dankbarkeit für das Geschenk, das du für die Armen Recifes gewesen bist, für die
Kirche in Brasilien, für die Kirche in der Welt von heute. Vor allem aber hoffen wir, dass du uns auf die Spur bringst, der Zeichen Gottes in unserer alltäglichen Welt, im Leid unserer Geschwister uns ermutigst zum genauen Hinsehen, zum Kräfte Sammeln in Stille und Gebet, zum gewaltlosen Kampf für eine menschlichere Welt. Dass ein Funke deiner Fröhlichkeit auf uns überspringe und das Düster der Resignation vertreibe, die Zweifel, die uns wie Räuber im Dunkel übefallen. Dass in uns etwas von deiner Leidenschaft wachse, deiner unerschütterlichen Leidenschaft im Glauben und in der Liebe zu den Armen, dass du uns von deinem Traum erzählst, der der Traum Gottes ist, der Traum von Gerechtigkeit und Leben." (Julia Stabentheiner)
Geboren wurde er am 7. Februar 1909 in Fortaleza/ Ceará im Nordosten Brasiliens als elftes von 13 Kindern. Fünf seiner Geschwister starben schon in jungen Jahren an Diphterie, weil es an medizinischer Versorgung fehlte.
Gerne hätte ihn seine Mutter José genannt – aber sein Vater entschied sich für „Hélder“. Diesen Namen, der „klar“ und „hell“ bedeutete, hatte er in einem Lexikon gefunden. Nomen est omen?
Sein Vater João Câmara Filho war von Beruf Buchhalter und nebenbei Journalist. Für ihn als Freimaurer war es nicht selbstverständlich, dass seine Kinder katholisch getauft werden. Aber Hélders Vater war zwar Freimaurer, aber nicht ungläubig. Er war weder antireligiös und schon gar nicht antichristlich.
Dom Hélder Câmara sagte dazu: „Es schien mir und scheint mir auch heute noch, daß es sich vielmehr um eine Reaktion gegen gewissen Haltungen der Kirche hier und da handelte, vielleicht auch gegen gewissen Priester.“
Grundsätzlich war die religiöse Erziehung der Kinder Sache von Hélders Mutter. Donã Adelaide Pessôa Câmara war eine gläubige Frau, die allerdings selbst auch – nach Aussagen Hélders – nur einmal im Jahr zur Kirche ging.
Hélder blieb – im Gegensatz zu vielen anderen Kindern in seiner Heimat – das Los eines lebenslangen Analphabetentums erspart, denn seine Mutter war Grundschullehrerin und prägte ihn über das Schulische hinaus in besonderer Weise. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen lehrte sie ihn auch ein tiefes Empfinden für Gerechtigkeit und Achtung aller Menschen. „Ihr verdanke ich, daß ich es nicht fertigbringe, das Brot, das ich mit meinem Nachbarn, meinem Bruder teilen könnte, allein zu essen.“
Schon früh – im Alter von etwa acht Jahren – stand für den jungen Hélder fest: „Ich möchte Priester werden!“. Mit dem Segen der Eltern, die ihn trotz knapper finanzieller Ressourcen so gut wie möglich unterstützten, trat er am 2. September 1923 im Alter von erst 14 Jahren ins Seminar ein.
Quellen:
Dom Hélder Câmara oder der unglaubliche Traum (Mary Hall)
Dom Hélder Câmara – Die Bekehrungen eines Bischofs (aufgezeichnet von José de Broucker)
Dom Hélder Câmara – Ein Vorbild?
(Festrede Dr. Max Weber anlässlich der Eröffnung des Camarahauses am 20.10.1974)