Das Mainzer Domkapitel ist ein Klerikerkollegium zur Feier der Liturgie an der Bischofskirche und zu weiteren satzungsmäßigen Aufgaben im Bistum. Besondere Bedeutung hat das Domkapitel bei der Wahl eines neuen Bischofs. Daneben wirkt das Gremium beratend an der Leitung und Verwaltung des Bistums mit. Die Mitglieder sind in der Regel Dezernenten im Bischöflichen Ordinariat. Außerdem sind sie für Verwaltung, Erhalt und Unterhalt der Bischofskirche zuständig. Das Domkapitel ist eine selbstständige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Satzungsautonomie und eigenem Vermögenshaushalt.
Nach den Statuten des Domkapitels geht bei Tod oder Ausscheiden eines Bischofs aus dem Amt (Sedisvakanz) die Leitungsbefugnis für das Bistum zunächst unmittelbar auf den dienstältesten Weihbischof über. Innerhalb von acht Tagen nach Beginn der Sedisvakanz wählt das Domkapitel einen Diözesanadministrator, der weitgehend die Amtsbefugnisse des Bischofs ausübt, bis ein neuer Bischof ernannt ist.
Das Domkapitel reicht außerdem eine Vorschlagsliste mit geeigneten Nachfolgekandidaten beim Vatikan ein. Aus dieser Liste und anderen Vorschlägen benennt Rom drei Kandidaten. Das Domkapitel wiederum wählt einen von diesen drei Kandidaten in geheimer Abstimmung zum Bischof. Daraufhin ernennt der Papst den Gewählten. Als Besonderheit sehen das Badische Konkordat und das Reichskonkordat vor, dass von den drei vom Vatikan benannten Kandidaten mindestens einer einen Bezug zum Bistum Mainz haben muss.
Zu den Insignien, welche die Stellung der Domkapitulare sichtbar machen, gehört das Kapitelkreuz, das an einem rot-weißen Band um den Hals getragen wird. Die Farben Rot und Weiß sind die Farben des Domkapitels, des Bistums Mainz und Hessens. Das weiß emaillierte Kreuz zeigt auf der Vorderseite den Dom- und Bistumspatron St. Martin und auf der Rückseite ein goldenes „L“. Es erinnert an Großherzog Ludwig I. von Hessen, der das Kreuz 1829 gestiftet hat. Über dem Kreuz ist eine goldene hessische Krone angebracht. Die Chorkleidung der Domkapitulare besteht aus Talar, lang herunterhängendem Gürtelband (Zingulum), kurzem violettem Schulterumhang (Mozetta) mit Kapuze, weißem Chorrock und einer violetten Kopfbedeckung, dem Birett.
Das Mainzer Domkapitel hat sieben Mitglieder: Domdekan Heinz Heckwolf als Vorsitzender und sechs Domkapitulare. Dies sind: Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann, Offizial Prälat Dr. Peter Hilger, Monsignore Hans-Jürgen Eberhardt, Prälat Jürgen Nabbefeld, Monsignore Horst Schneider und Weihbischof Ulrich Neymeyr. Spätestens mit Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren verzichten die Mitglieder des Domkapitels auf ihr Amt. Als Emeritierte behalten sie das Recht, die Insignien des Domkapitels zu tragen. Zurzeit sind dies drei emeritierte Domkapitulare: Prälat Ernst Kalb, Prälat Josef Seuffert und Prälat Günter Emig.
Daneben gibt es eine nicht festgelegte Zahl von Ehrendomkapitularen: Pfarrer i.R. Heinrich Bardong, Propst i.R. Eckehart Wolff, Propst Engelbert Prieß und Pfarrer Klaus Forster. Das Domkapitel wird außerdem von vier Dompräbendaten bei der Feier der Liturgie unterstützt: Dompfarrer Dr. Franz-Rudolf Weinert, Prälat Dr. Klaus-Leo Klein, Vizeoffizial Gerold Reinbott und Bischofskaplan Pfarrer Johannes Zepezauer. Emeritierter Dompräbendat ist Monsignore David Nikolaus Becker. Gemeinsam bilden alle Domherren das so genannte Domstift.
Geschichtlich nachweisbar ist das Mainzer Domkapitel erstmals seit dem Jahr 970. Doch bereits seit den Anfängen des Bistums Mainz hat es einen Kreis von Geistlichen gegeben, der den Bischof unterstützte und ihn bei Abwesenheit vertrat. Das vierte Laterankonzil 1215 gewährt dem Mainzer Domkapitel das ausschließliche Recht zur Bischofswahl. 1252 erhält das Kapitel vom Papst das Recht zur Selbstergänzung. Im Jahr 1405 besteht das Mainzer Domkapitel aus 24 geistlichen Kapitularen. Nach der Übergabe der Stadt Mainz an die Franzosen im Jahr 1798 wird der Dom beschlagnahmt und das Erzbistum Mainz aufgelöst. Das Domkapitel folgt dem Erzbischof 1805 nach Regensburg. Im neuen Bistum Mainz umfasst das von Bischof Joseph Ludwig Colmar (1802-1818) errichtete Domkapitel zwei Generalvikare, acht Domkapitulare und zwei Ehrendomkapitulare. Die Zahl der Mitglieder ist bei der Neugründung 1821 durch Papst Pius VII. auf sieben festgelegt worden und seitdem unverändert geblieben. Im Jahr 2000 hat das Domkapitel seine Statuten erneuert – sie ersetzt die Satzung von 1924.
tob (MBN)