Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 20

19. Mai 2004

Das Gelbe Haus in der Marienstraße in Offenbach. (c) MBN
Das Gelbe Haus in der Marienstraße in Offenbach.
Datum:
Mi. 19. Mai 2004
Von:
MBN

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Berichte

  • Kardinal Lehmann über „Bürde und Würde des Alters“
  • Ökumene beim Rheinland-Pfalz-Tag
  • Weihbischof Guballa würdigte Notfallseelsorge
  • Feierstunde 20 Jahre Gelbes Haus
  • Diskussion über Agenda 2010 mit Friedhelm Hengsbach
  • Caritas in der Diözese Mainz neu aufgestellt
  • Johannes Smykalla in den Ruhestand verabschiedet
  • 100 Jahre „Dom der Bergstraße“

Vorschau

  • Das Bistum Mainz auf dem Katholikentag in Ulm (16.-20.6.)

Neuerscheinungen

  • Buch über die Mainzer Nibelungen-Handschrift
Berichte

„Es ist wichtig, sein Leben im Alter anzunehmen“

Ansprache von Kardinal Lehmann über „Bürde und Würde des Alters“

Mainz. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, hat dazu aufgerufen, „sein Leben im Alter anzunehmen und Ja zu sich zu sagen“. Diese Annahme des Alters bringe es mit sich, dass das Älterwerden und das Altsein nicht nur einen Verfall, „sondern eine ursprüngliche Form positiven Lebens darstellt, das eine eigene Produktivität aufweist“. Dazu gehöre auch, „dass man eine volle Freude hat an dem, was man jetzt genießen kann“. Wer sein Leben im Alter in dieser Weise annehme, für den könne das Alter eine eigene Würde und Selbständigkeit bekommen. Lehmann hielt am Sonntag, 16. Mai, die Ansprache bei der Verleihung der Willi Abts-Preise der Albert und Loni Simon-Stiftung zur Förderung des selbst bestimmten Lebens alter Menschen in Mainz im Ratssaal des Mainzer Rathauses. Thema seines Vortrages war: „Von der Bürde und Würde des Alters. Inspirierende Einsichten aus der Bibel für das Älterwerden“. Der Mainzer Sozialdezernent Michael Ebling, der auch Vorstandsvorsitzender der Albert und Loni Simon-Stiftung ist, verlieh die Förderpreise an Dr. Ulrike Scherzer, Dresden, und Ines Himmelsbach M.A., Frankfurt. Die Verleihung der Willi Abts-Preise fand nach 2000 und 2002 in diesem Jahr zum dritten Mal statt. 

Lehmann wies darauf hin, dass das Alter nicht schon ein Wert an sich sei. Wörtlich sagte er: „Die Armut des Menschen vor Gott, das Wissen um die menschliche Bedürftigkeit und um die Notwendigkeit, das Entscheidende von Gott her zu erhalten, macht den alten Menschen erst reich. Der Alte ist letztlich nur dann wirklich weise, wenn er fähig wird, das Leben wieder in die Hände Gottes zurückzulegen. Wo es zur schrittweisen Übereignung an Gott wird, ist Altern - mit all seinen Gebrechen - das Gegenteil des Scheiterns.“ Er räumte ein, dass die Annahme des Alterns nicht ohne Krisen ablaufe. Es sei „bewegend, wenn ein solches Leben den Glauben an Gott nicht verliert“. Denn die Urfragen des menschlichen Lebens ließen sich nicht auslöschen. „Nur wer das Leben bisher schon als ‚vorläufig’ erfahren und bejaht hat, kann auch in dieser Situation gelassen bleiben. Alt werden, ohne den Glauben an Gott, ist schlimm.“ 

Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift lasse sich die Qualität einer Gesellschaft nicht zuletzt daran messen, „ob sie Sinn, Verständnis und Ehrerbietung aufbringt gegenüber alten Menschen“, sagte der Mainzer Bischof. Er zeigte anhand von Zitaten aus dem Alten Testament eine grundsätzlich positive Deutung der letzten Lebensphase in der Bibel auf. Gleichzeitig werde dort jedoch auch realistisch über die Schattenseiten des Alters berichtet. Das vierte Gebot („Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.“ Ex 20,12) richte sich in seinem ursprünglichen Sinn an die erwachsenen Kinder, die Versorgung der alten Eltern sicherzustellen. Im Verständnis dieses Gebotes herrsche schon seit langer Zeit Verunsicherung, weil es vor allem „in der Perspektive der Unterordnung der Kinder unter die Eltern gedeutet wurde und dabei besonders die Aspekte der Autorität und des Gehorsams hervorgehoben wurden“. 

Michael Ebling wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass die Ausschreibung der Förderpreise in Deutschland „inzwischen sehr viel Aufmerksamkeit erhalte“. Kardinal Lehmann wünschte er zu dessen Geburtstag „alles Gute für Ihre Zukunft und Ihr so wichtiges Amt“. Auch der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel schloss sich in seinem Grußwort den Glückwünschen für den Mainzer Bischof an. Mit der Verleihung der Förderpreise mache die Stiftung „ihr aktives bürgerschaftliches Engagement deutlich, das zu mehr Solidarität in der Stadt Mainz beiträgt“, sagte Beutel. Den musikalischen Rahmen der Feierstunde gestalteten Frank Riedel (Saxophon) und Simone Wahl (Klavier) vom Peter-Cornelius-Konservatorium in Mainz. 

Verleihung der Willi Abts-Preise an Ulrike Scherzer und Ines Himmelsbach

Dr. Ulrike Scherzer erhielt den ersten Preis in Höhe von 4.000 Euro für ihre Dissertation an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Ihre Promotion trägt den Titel: „Integrierte Wohnmodelle in der Nutzungsphase. Eine Nachuntersuchung von vier Modellvorhaben des ‚Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus - EXWoSt’“. Gewürdigt wurde die Preisträgerin durch eine Laudatio von Professor Wilfried Bernhard vom Kuratorium der Albert und Loni Simon-Stiftung. Mit dem zweiten Preis in Höhe von 2.500 Euro wurde Ines Himmelsbach M.A. geehrt. Sie hat ihre Untersuchung „Sehbehinderung im Alter - Eine qualifizierte Studie zum Umgang mit Sehverlust im Kontext von Biographien“ an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main als Magisterarbeit eingereicht. Die Laudatio für Himmelsbach hielt Professorin Marianne Künzel-Schön, die Mitglied im Kuratorium der Stiftung ist. 

Die Albert und Loni Simon-Stiftung engagiert sich für die Förderung des selbst bestimmten Lebens alter Menschen in Mainz. Sie wurde 1989 gegründet und hat die Seniorenarbeit der Stadt bisher mit 830.000 Euro gefördert. Mit den Willi Abts-Preisen für wissenschaftliche Arbeiten werden Untersuchungen ausgezeichnet, die zur Förderung des selbstbestimmten Lebens im Alter beitragen und anwendungsorientiert sind. Die Förderpreise tragen den Namen des verstorbenen ersten Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Willi Abts. Die Albert und Loni Simon-Stiftung arbeitet mit fünf weiteren Stiftungen in der „Mainzer Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Stiftungen“ (MAGUS) zusammen. 

tob (MBN)
 

„Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben“

Ökumenischer Gottesdienst beim Rheinland-Pfalz-Tag mit Lehmann und Steinacker

Oppenheim. Beim Rheinland-Pfalz-Tag in Nierstein-Oppenheim hat der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Dr. Peter Steinacker, Darmstadt, Ministerpräsident Kurt Beck und seinem Kabinett für die Unterstützung gedankt, welche die Kirchen immer wieder durch die Landesregierung erfahren. Beim ökumenischen Gottesdienst in der Katharinenkirche in Oppenheim hieß Steinacker am Samstagvormittag, 15. Mai, die Ehrengäste aus Politik, Gesellschaft und Kirche wie auch die zahlreichen Gläubigen, die sich zur Mitfeier eingefunden hatten, auch im Namen des Bischofs von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, und der Ortsgeistlichen beider Konfessionen herzlich willkommen. Das bunte Treiben beim Rheinland-Pfalz-Tag spiegele das Leben des Landes in seiner Vielfalt und die Kirchen gliederten sich unter dem Motto „Mittendrin“ gerne ein, erklärte Steinacker und stellte fest: „Das Land hat eine spirituelle Mitte.“ 

Im Blick auf die Renovierungsarbeiten an der Katharinenkirche - zurzeit ist nur der Westchor zugänglich, wo auch der Gottesdienst gefeiert wurde – sagte Steinacker, beide Kirchen seien ständig reformbedürftig und wie auf einer Dauerbaustelle im Umbau begriffen. „Wir nehmen beide die Herausforderungen an, um in einer sich wandelnden Gesellschaft den suchenden Menschen Antwort zu geben.“ Eine besonders bewegende Antwort auf die verbreitete Mutlosigkeit vieler Menschen gab Kardinal Lehmann in seiner Predigt. Ausgehend von einem Wort des Propheten Jeremia aus dem AltenTestament (Jer 29) sagte er, die darin enthaltende Verheißung Gottes „Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben“ rechtfertige keine ungebrochene Fortschrittsgläubigkeit, die meine, innerhalb kürzester Zeit in fast allen Lebensbereichen Veränderungen größten Ausmaßes durchführen zu können. Genauso wenig sei sie eine Stütze für die heimliche Resignation, „die heute nach dem Zusammenbruch vieler Wünsche und Illusionen das Denken und Wollen nicht weniger Menschen geradezu gelähmt hat“. 

Der Prophet Jeremia, der alle denkbaren Anfechtungen und Anschläge auf sein Leben erfahren habe, verschweige nicht das Dunkel und den Schmerz der Geschichte. Er fordere seine Landsleute im Exil jedoch dazu auf, das Nächstliegende zu tun: „Baut Häuser, pflanzt Gärten, zeugt Söhne und Töchter...Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum Herrn, denn wenn es ihr wohlgeht, so geht es auch euch wohl.“ Jeremia könne nur so nüchtern von dieser Zukunft und Hoffnung sprechen, „weil er sie in Gott geborgen und gegründet weiß“, betonte Lehmann. Das Wort „Ich will euch Zukunft und Hoffnung geben“ sei auch ein Wort für die Gegenwart. 

„Wir brauchen inmitten vieler Schwarzseherei und Resignation, endloser Klage und Kurzsichtigkeit der Perspektiven, bei aller Nüchternheit eine neue Zuversicht, begründete Hoffnung, die uns aus den deprimierenden Stimmungen reißt und uns nach vorne befreien hilft“, erklärte der Kardinal. Diese Zuversicht und die Bereitschaft, etwas zu verändern, „gilt für uns alle, besonders aber für unser Land, dessen Menschen immer wieder eine solche Zuversicht hatten, ein Land mit vielen Kriegen, die Europa in der Mitte durchzogen“. Aber die Menschen seien immer wieder mutig gewesen, die Hoffnung auf Frieden und Wohlergehen nicht aufzugeben, „fleißig und praktisch“. Darin schließe sich auch der Reigen zwischen Glaube und Politik, Religion und Gemeinwohl, Kirche und Gesellschaft, sagte Lehmann und schloss seine Predigt mit dem Appell: „Bemüht euch um das Wohl der Stadt, des Staates, und betet für sie zum Herrn, denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl.“ 

Als Liturgen wirkten neben Lehmann und Steinacker mit: die evangelische Pfarrerin der Katharinengemeinde, Manuela Rimbach-Sator, und der katholische Ortspfarrer von Nierstein und Oppenheim, Johannes Gans. Musikalisch gestaltet wurde die Feier durch das Bläserensemble der Katharinenkirche unter Leitung von Ralf Bibiella.

Bei einem Empfang im Anschluss an die Feier in der Katharinenkirche dankte Ministerpräsident Beck allen Beteiligten für den großartigen Gottesdienst zum Auftakt des Rheinland-Pfalz-Tages. In dieser herrlichen Landschaft könne man voll Dankbarkeit auf mehr als 50 Jahre des Friedens zurückschauen, in denen Vieles aufgebaut werden konnte. Beck bekräftigte das gute Einvernehmen mit den Kirchen und stellte fest: „Wir haben unterschiedliche Aufgaben, aber viele gemeinsame Verpflichtungen.“ 

Erstmals eigenes ökumenisches Kirchenprogramm „Mittendrin“

Die Kirchen waren nicht nur mit dem ökumenischen Gottesdienst auf dem Rheinland-Pfalz-Tag präsent. Zum ersten Mal beteiligten sie sich in Nierstein-Oppenheim mit einem gemeinsamen umfangreichen Programmangebot. Unter dem Motto „Mittendrin“ boten das Katholische Dekanat Mainz-Süd und die Evangelische Kirche in Rheinhessen ein vielgestaltiges Programm an. „Botschafterinnen und Botschafter“ warben mit attraktiven bunten Flyern für das kirchliche Angebot. Auf ihren roten T-Shirts war zu lesen „Kirche ist mobil“ (Katholisches Dekanat) oder „Lebensart“ (Evangelische Propstei). Das Programm umfasste u.a. geistliche Musik in den Kirchen der beiden Städte, eine Steinmetzaktion um die Katharinenkirche zum Mitmachen und verschiedene Gottesdienste. Die Caritas und die Diakonie stellten ihre Einrichtungen und Angebote vor. Ebenso präsent waren u.a. der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), das Kolpingwerk, die Katholische Frauengemeinschaft (kfd) und die Polizeiseelsorge. Der BDKJ hatte zwei Fahrrad-Rikschas angemietet, um Gäste zwischen Nierstein und Oppenheim hin und her zu transportieren. Die freiwilligen Spenden der Fahrgäste sollen für Zwecke der Jugendarbeit genutzt werden. 

Die Angebote fanden insgesamt einen guten Anklang, so z.B. die „Nacht der 1000 Lichter“ in Nierstein-St. Kilian und das Gospelkonzert „Colours of Gospel“. Auch die meditativen „Atempausen“ mit Texten, Gedanken und Musik in den Kirchen hatten ihre Interessenten. Dafür hatten sich Prominente als Mitwirkende zur Verfügung gestellt, unter ihnen Familienministerin Doris Ahnen, die ZDF-Journalisten Gundula Gause und Dieter Kürten, die Schriftstellerin Petra Urban und die Schauspielerin Gaby Reichhardt sowie die ehemalige deutsche Weinkönigin Simone Renth. Eine besonders positive Resonanz gab es, wie Dekanatsreferent Christoph Rüdesheim berichtete, auf den gemeinsamen Kirchenwagen, der beim abschließenden Festzug am Sonntagnachmittag von Nierstein nach Oppenheim teilnahm. Dabei ging es um die Ökumene, das Miteinander der Kirchen. 

Auf dem Wagen waren zwei Kirchen zu sehen, die ihre Türme einander zuneigen und sich die Hand geben. Der Wagenaufbau war von zwei Schreinern aus Nierstein und Oppenheim gestaltet worden. Der Unterbau trug ein Banner mit den Logos der Evangelischen Propstei Rheinhessen und des Katholischen Dekanates Mainz-Süd. Das Motto „Glaube verbindet“ war auch durch zwei farbige Figuren (gelb und lila) dargestellt, die durch ein Klettband miteinander verbunden waren und „einander nicht loslassen“, unterstrich Rüdesheim. Der Wagen war Leihgabe eines Mainzer Fastnachtsvereins. Das Motiv „Glaube verbindet“ wurde auch durch Holzpüppchen anschaulich, die in der JVA Dietz hergestellt wurden. Sie waren von Claudia Bläsius-Wirth vom Pfarrgemeinderat Guntersblum erfunden worden. Sie hat auch das Logo des Dekanates, Kreuz mit Weintrauben, geschaffen. Besonders publikumswirksam waren das ausverkaufte Kirchenkabarett mit Thomas Klumb in der Kelterhalle der Niersteiner Winzergenossenschaft und das Konzert der Mainzer Hofsänger in der Katharinenkirche. Ministerpräsident Kurt Beck bekräftigte die positive Bilanz mit den Worten: „Wir haben noch nie bei einem Rheinland-Pfalz-Tag eine so starke Integration der Kirchen erlebt.“ Es wurde sogleich angeregt, beim Rheinland-Pfalz-Tag 2005 in Bad Ems wiederum ein ökumenisches Kirchenprogramm anzubieten. 

Sk (MBN)

 

Weihbischof Guballa würdigte Notfallseelsorge als „notwendige Ergänzung“

Vortrag beim siebten Bundeskongress Notfallseelsorge und Krisenintervention in Frankfurt

Frankfurt. Als „notwendige Ergänzung“ der Arbeit von Rettungsdiensten und Polizei hat der Mainzer Weihbischof Dr. Werner Guballa am Freitag, 14. Mai, das Angebot der Notfallseelsorge gewürdigt. Guballa sprach beim siebten Bundeskongress Notfallseelsorge und Krisenintervention im Zentrum für Brandschutz, Katastrophenschutz und Rettungsdienste der Frankfurter Feuerwehr. Der Titel seines Vortrages lautete: „Das Angebot kirchlicher Begleitung für Menschen in unheilen Situationen“. Zu dem Kongress unter der Überschrift „Gewalterfahrungen“ vom 12. bis 14. Mai waren rund 400 Teilnehmer von Kriseninterventionsteams und der Notfallseelsorge nach Frankfurt gekommen. 

Weihbischof Guballa würdigte den Einsatz von Polizei und Rettungsdiensten. Wörtlich sagte er: „Die Kirchen schätzen die psychologische Beratung und Begleitung, aber sie sind genauso davon überzeugt, dass der Mensch in seiner Würde und in seiner Ganzheit nicht recht gesehen und verstanden würde, wäre die Seelsorge in Krisensituationen außen vor.“ Er wies darauf hin, dass Notfallseelsorge kirchenintern als neues Feld seelsorglicher Arbeit immer deutlicher wahrgenommen wird. „Aber es ist keineswegs so, dass diese Wahrnehmung flächendeckend ist. Viele sind bis heute der Meinung, dass es ausreichend sei, die Notfallseelsorge durch den Seelsorger vor Ort wahrnehmen zu lassen.“ Seit dem katastrophalen ICE-Unglück bei Enschede sei die Aufmerksamkeit für die Unfallseelsorge gestiegen. 

Die besonderen Notsituationen der heutigen Zeit bedürfen jedoch einer besonderen Ausbildung, sagte Guballa. Notfallseelsorge sei zwar schon immer ein Anliegen vor allem der gemeindlichen Seelsorge gewesen, weil es immer zu den berechtigten Anliegen der Menschen gehört habe, sich an Pfarrhäuser zu wenden und dort um Hilfe zu bitten. „Gerade von ihren Pfarrern erwarten die Menschen in ihren Krisen Hilfe und Zuwendung. Weil die Sorge um Menschen in Not und in unheilen Situationen der zerbrochenen Lebensentwürfe zum Grundbestand kirchlichen Handelns gehört, ist die Notfallseelsorge keine Sonder- oder Kategorialseelsorge, sondern ein Element der Gemeindeseelsorge und immer auf die jeweilige Gemeinde bezogen, in der sich ein Notfall ereignet.“ Das bedeute jedoch nicht, „dass jeder in einer Gemeinde tätige Pfarrer oder Diakon, jeder Pastoralreferent oder Gemeindereferent einfachhin sich als Notfallseelsorger oder Notfallseelsorgerin bezeichnen könne“. 

Hilfe für Opfer und Täter

Guballa stellte fest, dass der Bundeskongress auch die menschlichen Gewaltsituationen in den Blick nimmt und erklärte, Aufgabe der Kirchen sei es, sich allen Menschen in Not zuzuwenden. Dabei dürfe zwar nicht Recht und Unrecht außer Acht gelassen werden, aber es sei notwendig, „sich nicht nur zu denen zu stellen, die auf der Seite des Rechts stehen, sondern für alle da zu sein, die in Not sind und dies sind Opfer, Täter und oft auch in den entsprechenden Situationen die Rettungskräfte, die Augenzeuginnen und Augenzeugen einer Gewalttat“. Weiter sagte er: „Ihnen allen wendet sich Notfallseelsorge zu als ein Angebot der seelsorglichen Begleitung von Menschen in Not. In der unbestechlichen Arbeit der Polizei, in der konsequenten Anwendung notwendiger medizinischer Maßnahmen durch die Rettungsdienste und in dem oft das menschliche Erwarten übertreffenden Einsatz der Feuerwehr gewinnt die kirchliche Notfallseelsorge in dem eben genannten Sinn ihr Profil.“ 

Der Weihbischof wies darauf hin, dass sich Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger ihrer Beauftragung durch Christus versichert sein könnten, der sagt: „Geht, ich sende Euch!“ Dies sei ein Wort Christi, dem die Notfallseelsorger nicht ausweichen können. Christus, der sich selbst dem Menschen im Unheil zuwende, bedürfe dazu allerdings der Menschen, die dies in seinem Namen tun. „Ihnen ist er, wenn sie dies tun, gegenwärtig“, sagte Guballa. „Von dieser Gottesgegenwart dürfen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger ausgehen. Deswegen können sie auch gegenwärtig sein als zur Verfügung stehende Hilfe bei einem Einsatz, eine Hilfe, die Opfer, Täter und Einsatzkräfte umfasst.“ 

tob (MBN)
 

Giebelmann: „Das Gelbe Haus ist Teil der Wesensaufgabe der Kirche“

Feierstunde zum 20-jährigen Bestehen der Jugendberufshilfe-Einrichtung in Offenbach

Offenbach. „Das Gelbe Haus gehört in die Mitte des kirchlichen Lebens, das Gelbe Haus ist Teil der Wesensaufgabe der Kirche.“ Das sagte der Mainzer Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann am Freitag, 14. Mai, in seiner Predigt zum 20-jährigen Bestehen des Gelben Hauses in Offenbach. Wer nach dem Kerngeschäft der Kirche frage, müsse sich am Beispiel Jesu orientieren, „der alle zu sich gerufen hat, die müde und beladen sind,“ sagte Giebelmann. Der Gottesdienst und die anschließende Feierstunde für die Jugendberufshilfe-Einrichtung fanden in den Räumen der Portugiesischen Gemeinde Offenbach, direkt hinter dem Gelben Haus, statt. 

Der Generalvikar würdigte, dass die Jugendlichen im Gelben Haus „nicht irgendeine Nummer sind“, sondern persönlich angesprochen und gefördert werden. „Sie erfahren, dass sie wichtig sind für die Gesellschaft, auch wenn andere ihnen etwas Anderes einreden wollen.“ Es sei „überlebenswichtig“ für eine Gesellschaft, „jungen Menschen einen Ort zu geben, wo sie das Leben lernen können“, sagte der Generalvikar. Er dankte im Namen des Bistums den Lehrenden, dem Vorstand und allen Unterstützern und Förderern des Gelben Hauses für deren Engagement, „besonders Pfarrer Lorenz Eckstein, der immer wieder Motor dieses Hauses war“. Die Einrichtung sei in den letzten 20 Jahren „selten so nötig wie jetzt“ gewesen. Darum bedürfe es der gemeinsamen Anstrengung, für die Zukunftssicherung des Gelben Hauses zu sorgen. 

Ziel des Gelben Hauses in Offenbach ist „die Förderung der dauerhaften sozialen und beruflichen Integration von Jugendlichen“, heißt es im aktuellen Konzept der Einrichtung. „Die jungen Menschen sollen lernen, Verantwortung für sich, andere und die Gesellschaft, in der sie leben, zu übernehmen.“ Am 9. Mai 1984 wurde die Vereinssatzung des Gelben Hauses durch das Bischöfliche Ordinariat Mainz genehmigt. Der erste Lehrgang in der Holz- und Metallwerkstatt begann im November 1984. Domkapitular Josef Seuffert weihte das Gelbe Haus am 18. Januar 1985 offiziell ein. 

Festschrift „20 Jahre Gelbes Haus Offenbach e.V.“

Nach Angaben von Frank Mach, dem pädagogischen und geschäftsführenden Leiter des Gelben Hauses, werden derzeit 74 Jugendliche in vier verschiedenen Projektbereichen betreut. Wie zum 10-jährigen Jubiläum gebe es auch in diesem Jahr eine Festschrift über die Einrichtung, die er allen Teilnehmern mit auf den Weg gab. Begrüßt hatte die Gäste der Jubiläumsveranstaltung Pfarrer Lorenz Eckstein, erster Vorsitzender des Vereins „Gelbes Haus Offenbach“. Getragen wird die Einrichtung von mehreren katholischen Sozialverbänden, dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend, Diözesanverband Mainz, dem Dekanat Offenbach und dem Bistum Mainz. 

Grußwort von Kardinal Lehmann

Generalvikar Giebelmann las am Ende seiner Predigt das Grußwort von Kardinal Karl Lehmann zum Jubiläum der Einrichtung vor. Dort heißt es: „Bis heute ist die Jugendarbeitslosigkeit eine der zentralen sozialen Fragen in unserem Land. Umso wichtiger ist es, wenn Menschen sich zusammentun, um diesen Missstand anzugreifen. Besonders mit der Jugendarbeitslosigkeit dürfen wir uns nicht abfinden. Den jungen Menschen eine Perspektive zu geben, Benachteiligte besonders in den Blick zu nehmen und durch verschiedene Angebote eine gute Zukunft zu ermöglichen, ist auch Aufgabe der Kirche.“ 

Weiter schreibt der Mainzer Bischof: „Durch die Kontakte zu Schulen, Unternehmen und Sozialbehörden ist mit dem Gelben Haus ein solides Netzwerk entstanden, das zukunftsorientiert arbeiten will. Ich danke allen Beteiligten für Ihren Einsatz. Die jungen Menschen möchte ich ermutigen, diese Angebote als Chance zu nutzen, ihre Fähigkeiten einzubringen und Selbstvertrauen für eine gute Zukunft zu entwickeln.“ 

Domdekan Heinz Heckwolf, Dezernent des Seelsorgedezernates im Bischöflichen Ordinariat Mainz, dankte in seinem Grußwort allen, die zum Erfolg der Einrichtung beigetragen haben, für ihre Unterstützung. Für die Zukunft wünschte er der Einrichtung „offene Augen für die Situation der Jugendlichen, ein sicheres Urteil für das, was nötig ist und Mut zu entschlossenem Handeln“. 

„Die Projekte des Gelben Hauses sind nicht mehr wegzudenken aus dieser Stadt“, sagte Heike Habermann (SPD), MdL, Offenbach. „Das Haus ist Vorreiter für Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit in Offenbach gewesen“, sagte die Landtagsabgeordnete. Sie erinnerte daran, dass derzeit rund 17 Prozent der Offenbacher Schüler ihre Schule ohne Abschluss verlassen. Als „große Chance, Bildung für Benachteiligte gesetzlich zu verankern“, bezeichnete in ihrem Grußwort Anna Warnking, von der Katholischen Jugendsozialarbeit in Trier, die anstehende Reform des Berufsbildungsgesetzes. 

Zusammen mit Generalvikar Giebelmann zelebrierten bei der Eucharistiefeier: Domdekan Heinz Heckwolf, der Diözesanpräses der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, Pfarrer Dr. Friedrich Franz Röper, Mainz, Kolping-Diözesanpräses Harald Christian Röper, Eppertshausen, Pfarrer Kurt Sohns, Offenbach, und Pfarrer Lorenz Eckstein. Den musikalischen Rahmen des Gottesdienstes gestaltete die Mädchen-Band „Nonnenbunker“ der Marienschule Offenbach. 

Hinweis: Gelbes Haus e.V., Arbeits- und Berufsförderung für junge Menschen, Marienstraße 36, 63069 Offenbach, Internet: http://www.gelbes-haus-offenbach.de 

tob (MBN)

 

Die Agenda 2010 in der Diskussion

Podiumsgespräch mit Professor Friedhelm Hengsbach SJ in der KHG Mainz

Mainz. Als Alternative zu den Maßnahmen der Agenda 2010 fordert Friedhelm Hengsbach SJ für die sozialen Sicherungssysteme „eine Beitragspflicht aller mit allen verfügbaren Einkommen“. Eine solche Form der „konstitutionellen Solidarität beruht auf der Verfassung und nicht allein auf der Erwerbsarbeit“. Hengsbach ist Sozialethiker an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt/Main. Er äußerte sich am Donnerstag, 13. Mai, bei einer Podiumsdiskussion mit rheinland-pfälzischen Sozialpolitikern in der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) in Mainz. Thema des Abends war „Agenda frustrata? – Über Steuern, Jobs, Gesundheit und andere Katastrophen“. 

„Den Ansatz der Agenda 2010 halte ich für falsch“, sagte Hengsbach. Es sei bereits eine „Fehldiagnose“, die Globalisierung und die demographische Entwicklung als Gründe für das Reformpaket anzugeben. Das Konzept der Bundesregierung werte gesellschaftliche Risiken als persönliches Versagen und führe damit zu einer Privatisierung von Risiken. „Mit der Agenda 2010 ist die Spaltung der Gesellschaft vollzogen und auf mehr Wachstum kann man vergebens warten.“ Ein „Hauptschlüssel“ für eine Alternative zu den Reformen der Bundesregierung sei die Schaffung von Arbeitsplätzen. Jeder Bürger brauche eine materielle Absicherung, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, seine Beteiligungsgerechtigkeit in der Gesellschaft einlösen zu können. 

Dr. Peter Schmitz, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, bezeichnete die Vorschläge von Professor Hengsbach als „revolutionären Traum“. „Wenn ich sehe, wie schwierig es ist, selbst kleinste Veränderungen in der Politik zu erreichen, sehe ich keine Chance Ihr Konzept umzusetzen.“ Vom Ansatz her halte er die Agenda 2010 „für einen Schritt in die richtige Richtung“. Denn Ziel sei es, „den Teufelskreis von Einnahmeproblemen in der Sozialversicherung zu durchbrechen, damit die Lohnnebenkosten sinken und Arbeitsplätze geschaffen werden können“. Es gebe viele Gründe, dass sich das Konzept politisch nicht wirklich umsetzen lasse, „auch die Reformunwilligkeit der Bevölkerung“. 

Nils Wiechmann, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Mitglied im Ausschuss für Bildung und Jugend des rheinland-pfälzischen Landtages, bezeichnete die Agenda 2010 als „Notoperation, die gemacht werden muss, um wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen“. „Niemand wird die bisherigen Maßnahmen als sozial gerecht bezeichnen“, sagte Wiechmann, „und mehr Beschäftigung und Wachstum, was wir uns alle gewünscht haben, ist nicht eingetreten“. Deshalb müsse es in Zukunft darum gehen, die Agenda 2010 sinnvoll weiterzuführen. „Jetzt sind die dran, die etwas breitere Schultern und einen größeren Geldbeutel haben“, sagte Wiechmann. Notwendig sei, beispielsweise Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer zu reformieren. 

Hochschulpfarrer Dr. Thomas Krenski hatte die Gäste der Podiumsdiskussion zu Beginn des Abends begrüßt. Er erklärte, dass die KHG mit der Veranstaltung ein Forum schaffen wolle, in dem auch gesellschaftspolitisch relevante Fragen erörtert werden können. Die Sozial- und Ausländerreferentin der KHG, Martina Pentz, wies darauf hin, dass Friederike Ebli (SPD) und Hedi Thelen (CDU) ihre Teilnahme an der Diskussion abgesagt haben. Die Moderation des Abends hatte Franz Hamburger, Professor für Sozialpädagogik an der Johannes Gutenberg-Universität, übernommen. 

tob (MBN)

 

Caritas in der Diözese Mainz stellt sich neu auf

Vertreterversammlung wählte nach Konstituierung den Aufsichtsrat

Mainz. Die konstituierende Sitzung der neuen Vertreterversammlung des Caritasverbandes für die Diözese Mainz war ein letzter großer Meilenstein auf dem Weg zur Umsetzung der neuen Satzung, die sich die Caritas durch einstimmigen Beschluss der Vertreterversammlung im Herbst 2003 gegeben hat. Die Sitzung fand am Samstag, 15. Mai, im Mainzer Caritashaus am Südbahnhof unter Leitung von Weihbischof Dr. Werner Guballa statt. Die Vertreterversammlung hat den neuen Aufsichtsrat gewählt, der künftig den hauptamtlichen Vorstand des Caritasverbandes zu kontrollieren hat. Als eine Art „Parlament der Caritas“ begleitet die Vertreterversammlung die Arbeit und bestimmt die verbandspolitische Richtung mit. In der Regel tagt sie zweimal pro Jahr. 

In den Aufsichtsrat hat die Vertreterversammlung Dr. Wilhelm Westenberger, Mainz, gewählt, bisher stellvertretender Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes, sowie die beiden bisherigen Vorstandsmitglieder: die Mainzer Vorsitzende des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF), Inge Schilling, und Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrmann, Groß-Zimmern. Weiterhin wurden Dr. Michael de Frénes, Kelsterbach, Prof. Dr. Alfred Malcherek, Mainz-Kostheim, und Jürgen Bank, Leutesdorf, in den Aufsichtsrat gewählt. Weihbischof Dr. Werner Guballa war gemäß der neuen Satzung bereits zuvor von Kardinal Karl Lehmann als Vorsitzender des Aufsichtsrates berufen worden. 

In die Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes wurden als Vertreter der Diözese Mainz gewählt: Rudolf Strauss, Worms, Jürgen Bank, Leutesdorf, und der Gießener Caritasdirektor Bernhard Brantzen. Peter Deinhart wurde als Vertreter des Caritasverbandes in die Diözesanversammlung gewählt. Er hatte diese Funktion bisher schon wahrgenommen. 

Mit herzlichen Worten des Dankes und Blumen verabschiedete Weihbischof Guballa die bisherigen ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder Westenberger, Schilling und Gehrmann aus ihrer alten Funktion, die sie zehn Jahre lang ausgeübt hatten. Er würdigte insbesondere die vielen Vorarbeiten und wertvollen Beiträge, die sie in den vergangenen zwei Jahren zur Ausarbeitung und Beschlussfassung der neuen Satzungen geleistet haben. 

Im Anschluss an die Vertreterversammlung fand die konstituierende Sitzung des Aufsichtsrates statt. Der Aufsichtsrat wählte Westenberger zum stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden. Dieser begrüßte, dass Domkapitular Hans-Jürgen Eberhardt, der bisherige Vorsitzende des Caritasverbandes für die Diözese Mainz, von Kardinal Lehmann zum Diözesan-Caritasdirektor und Vorsitzenden des neuen, hauptamtlichen Vorstands berufen wurde. Zu dessen zweitem Mitglied wurde Peter Deinhart gewählt. Der Aufsichtsrat beschloss, die dritte Vorstandsstelle, die nach der neuen Satzung möglich ist, vorerst nicht zu besetzen. 

Die neue Satzung

Eine Reform der Satzungen der Caritasverbände war notwendig geworden, weil man Fehlentwicklungen vorbeugen und zugleich geänderten staatlichen Rahmenbedingungen wie dem KonTraG-Gesetz (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich) Rechnung tragen wollte. Unter Federführung des bisherigen Vorstands waren die neuen Satzungen in dauerndem Kontakt mit Kardinal Lehmann in zweijährigen Beratungen sehr intensiv vorbereitet worden. In der zweiten Jahreshälfte 2003 wurden die neuen Satzungen, die parallele Strukturen bei den Bezirkscaritasverbänden Darmstadt, Gießen, Mainz, Offenbach und Worms vorsehen, durch die damaligen Vertreterversammlungen beschlossen. Anliegen der neuen Satzungen ist es, durch Trennung von Geschäftsführung und Aufsicht auf allen Ebenen der Caritas ein Maximum an Klarheit und Transparenz zu schaffen. 

„Caritas als Erfüllung des Liebesgebotes Christi gehört zusammen mit Verkündigung und Gottesdienst zum Auftrag und zu den unverzichtbaren Lebensäußerungen der Kirche.“ Mit diesem programmatischen Satz beginnt die Präambel der neuen Satzung, in der auch klar ausgesagt wird, dass der Caritasverband unter dem Schutz und der Aufsicht des Bischofs von Mainz steht. 

In der Diözese Mainz gibt es sowohl bei den Bezirkscaritasverbänden wie beim Diözesancaritasverband jeweils nur noch einen hauptamtlichen Vorstand. Er besteht aus dem oder der Vorsitzenden und bis zu zwei weiteren hauptamtlichen Mitgliedern, die alle den Titel Caritasdirektor bzw. Caritasdirektorin tragen. Der Vorsitzende ist zugleich Sprecher des Vorstandes und leitet dessen Sitzungen. Grundsätzlich sind alle Vorstandsmitglieder gleichberechtigt. Der Vorsitzende wird vom Bischof berufen. Der Aufsichtsrat kann dazu einen Vorschlag unterbreiten. Die übrigen Mitglieder des Vorstandes werden nach Wahl durch den Aufsichtsrat vom Bischof von Mainz ernannt. Der Vorstand leitet den jeweiligen Verband. Er ist für die Ausführung der Beschlüsse der Verbandsorgane zuständig und diesen nach in der Satzung im Einzelnen festgelegten Pflichten Rechenschaft schuldig. 

Der Aufsichtsrat hat mindestens fünf und höchstens elf Mitglieder. Sein Vorsitzender wird vom Bischof berufen, während die anderen Mitglieder von der jeweiligen Vertreterversammlung gewählt werden. Er tagt wenigstens fünfmal pro Jahr. Neben den Rechten bei der Berufung des Vorstandes ist es seine vornehmste Aufgabe, den Vorstand zu kontrollieren und zu beraten. So befasst er sich zum Beispiel mit dem Jahresabschluss, dem Wirtschaftsplan sowie dem Tätigkeits- und Finanzbericht des Vorstandes, bevor er sie zur endgültigen Verabschiedung an die Vertreterversammlung weiterleitet. 

Die Vertreterversammlung ist bei allen Caritasverbänden das Basisorgan. Sie ist das Parlament der Caritas. Bei den Bezirkscaritasverbänden setzt sie sich zusammen aus Vertretern der Caritasgruppen, der Kirchengemeinden, der korporativen Mitglieder und der Fachverbände. Die Vertreterversammlungen der Bezirkscaritasverbände wählen ihre Vertreter in die Vertreterversammlung des Diözesan-Caritasverbandes. In allen Vertreterversammlungen hat zukünftig auch ein Mitglied der Mitarbeitervertretung der Caritasverbände Sitz- und Stimmrecht. Die Vertreterversammlungen wählen auf ihren jeweiligen Ebenen die Mitglieder in den Aufsichtsrat, sie geben Impulse in die Caritasarbeit und beschließen die vom Aufsichtsrat geprüften und kommentierten Rechenschaftsberichte und Zukunftsplanungen. 

Neu: Kirchengemeinden sind Mitglieder

Der Caritasverband kennt wie bisher persönliche und korporative Mitglieder. Persönliches Mitglied kann werden, wer bereit ist, an der Erfüllung des Auftrags der Caritas mitzuwirken. Neu ist, dass die persönliche Mitgliedschaft künftig an die Zahlung eines Beitrags in Höhe von derzeit zwölf Euro gebunden ist. Korporative Mitglieder sind Träger von Einrichtungen und Diensten, die Aufgaben der Caritas wahrnehmen. Erstmals ausdrücklich als Mitglieder aufgezählt sind in den neuen Satzungen die katholischen Kirchengemeinden. Sie repräsentieren die Caritas der jeweiligen Gemeinde, sind zum Beispiel durch die Kindergärten häufig auch Träger karitativer sozialer Einrichtungen. Künftig sind sie über eigene Vertreter fest in den Verbandsorganen verankert.

jow (MBN)

 

Besondere Verdienste um kooperative Pastoral und Gemeindeseelsorge

Johannes Smykalla von Kardinal Lehmann in den Ruhestand verabschiedet

Mainz. Die außergewöhnlichen Verdienste von Ordinariatsrat Johannes Smykalla (64) um die kooperative Pastoral im Bistum Mainz hat der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, gewürdigt. Smykalla trat 1973 in den Dienst des Bistums Mainz als Referent für die Pfarrgemeinderäte und Dekanatsräte. 1991 übertrug ihm Lehmann die Leitung der Abteilung „Grundsatzfragen und Gemeindeseelsorge“ im Dezernat Seelsorge sowie das Referat „Gemeindeaufbau, Pfarrverbände, Dekanate“. Beim Empfang zur Verabschiedung Smykallas in den Ruhestand dankte ihm Kardinal Lehmann am Montagabend, 17. Mai, für seine verantwortliche Mitarbeit von mehr als drei Jahrzehnten. 

Schon früh habe sich gezeigt, dass Smykalla seine theologischen Kenntnisse aktualisieren, vertiefen und erweitern wollte. Dabei nahmen, wie der Kardinal hervorhob, die human-wissenschaftlichen Kenntnisse von Anfang an eine wichtige Stellung ein. Nach und nach habe sich Smykalla besonders in den Bereichen Supervision und Gemeindeberatung weitergebildet, nicht zuletzt auch in der Eheberatung. Im Jahr 1984 erhielt er die fachliche Anerkennung als Supervisor der Gemeinde-, Sozial- und Bildungsarbeit. Dies sei gewiss eine gute Voraussetzung gewesen, um nicht nur die recht unterschiedlichen Zuständigkeitsbereiche im Seelsorgeamt zu koordinieren, sondern auch um die Pastoral in den Pfarrgemeinden, Dekanaten und Städten zu einer intensiveren Kooperation anzuregen, erklärte Lehmann. 

Im Lauf der Jahre sei die Tätigkeit immer wichtiger geworden, fügte er hinzu. Nicht nur der Priestermangel, sondern auch die Notwendigkeit einer zielbewussten Zusammenarbeit aller pastoralen Berufe sowie der Haupt- und Ehrenamtlichen brachten gerade bei der Schaffung der Pfarrverbände von allen eine stärker aufeinander abgestimmte Einsatzlage und Zusammenarbeit. Hier habe Smykalla viele Untersuchungen und Projekte gefördert, berichtete Lehmann. Als Beispiel nannte er das sogenannte AKK-Projekt, das den Lebensraum der Gemeinden Amöneburg, Kastel und Kostheim ins Auge fasste. Dieses Projekt sei dann im größeren Stil für den Lebensraum Mainz, nicht zuletzt für die erweiterte Innenstadt, fortgeführt worden, unterstrich der Bischof. 

1997 kam für Smykalla der wichtige neue Bereich der Gemeindeberatung hinzu. Dafür habe das Bistum ihm aus Anlass seiner 25-jährigen Dienstzeit Dank und Anerkennung ausgesprochen, die er „von ganzem Herzen“ auch bis in die jüngste Gegenwart hinein bekräftigen könne. In seiner Tätigkeit habe Smykalla mit einer guten theologischen Bildung, einem hohen Einfühlungsvermögen für die Situation der Gemeinden und der einzelnen beteiligten Personen, aber auch mit einer sehr hohen Loyalität zum Bistum und zu den Verantwortlichen, seine Aufgabe wahrgenommen. „Er hatte viel Fingerspitzengefühl, ererbte und liebgewonnene Traditionen durchaus zu wahren, aber ihre Verlebendigung immer stärker schöpferisch voran zu treiben“, lobte der Kardinal. Diese Gratwanderung habe Smykalla unermüdlich und mit einem hohen Einsatz, sensibel und wirksam bewältigt. 

Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann hieß die Gäste zu Beginn des Empfangs willkommen, unter ihnen Weihbischof Dr. Werner Guballa. Die konkrete Gemeinde habe immer im Mittelpunkt der Sorge und des Engagements von Smykalla gestanden, hob der Generalvikar hervor. Wie kein anderer habe er alle Dekanate, jede Pfarrei und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekannt. Vor diesem Hintergrund hieß der Generalvikar auch die Dekane willkommen, an der Spitze den langjährigen Sekretär der Dekane-Konferenz, Pfarrer Thomas Groß, Seligenstadt, wie auch die Dekanatsreferenten, die Smykalla immer wieder zusammen geführt habe. Der Generalvikar verwies auch auf die Zusammenarbeit Smykallas mit der Bundeskonferenz für Gemeindeberatung, mit dem Diözesan-Caritasverband und mit dem Kloster Jakobsberg der Missionsbenediktiner und hieß deren Repräsentanten willkommen, unter ihnen den Diözesan-Caritasdirektor Peter Deinhart, den Sekretär des Priesterrates, Msgr. Prof. Dr. Alfred Mertens, den Vorsitzenden der Bundeskonferenz für Gemeindeberatung, Pfarrer Willi Kovermann, den Prior des Klosters Jakobsberg, P. Aurelian Feser OSB, und Karmelitenpater Dr. Leo Groothuis als Vertreter von „Nr. 10 – Kirche am Markt“ und für das Netzwerk Weisenau. 

Pfarrer Kovermann, Dortmund, hob als Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindeberatung, in seinem Grußwort hervor, dass Smykalla diese Arbeitsgemeinschaft vor ca. zwölf Jahren mitbegründet und viel dazu beigetragen habe, die beteiligten Bistümer in diesem Bereich zu vernetzen. Die Konferenz sei zu einer Plattform geworden, auf der sich viele austauschen und orientieren konnten. Die Unterschiedlichkeiten zwischen den einzelnen Bistümern habe Smykalla als Bereicherung „durch andere Blickwinkel und Erfahrungen“ gesehen, wie sie die Gemeindeberatung auch in den Gemeinden vermitteln will. Zurzeit sind 20 Bistümer an der Konferenz beteiligt. Einen besonderen Dank richtete Kovermann an das Bistum Mainz, das bei vielen Konferenzen eine hervorragende Gastfreundschaft gewährt habe. Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV) im Bischöflichen Ordinariat, Oberrechtsrat Günter Zwingert, dankte für die gute Zusammenarbeit und stellte fest, dass jeder Abschied die Chance bringe, um Neues zu wagen. 

In seinem Dankeswort stellte Smykalla heraus, was ihm in seinen Jahren im Bistum Mainz „am Herzen lag“. Wichtig sei ihm vor allem gewesen zu unterscheiden, „was ich will und was ich damit bewirke“. Dieses vom Anderen Lernen, heiße adressatenorientiert zu arbeiten, unterstrich er. Hinzu komme, dass er Fremdheit als eine Bereicherung verstehe. Diese Einstellung habe ihm geholfen, lebendig zu bleiben. Immer sei es seine Überzeugung gewesen, gemeinsam gesandt zu sein. Auf der Ebene des Miteinander, heiße dies, eine solidarische, partnerschaftliche und theologische Beziehung untereinander zu haben. Besonders am Herzen habe ihm auch die Kommunikation gelegen. Für jede Zeit, erst recht in den anstehenden Herausforderungen in der Kirche, stecke darin der motivations- und identifikationsstiftende und vertrauenserhaltende Wert. Darum habe er sich zusammen mit anderen immer für Transparenz, Verbindlichkeit und Offenheit eingesetzt. 

Smykalla dankte Kardinal Lehmann, der Bistumsleitung insgesamt, dem Dezernenten für Seelsorge, Domdekan Heinz Heckwolf, den Kolleginnen und Kollegen und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die jahrelange Unterstützung und Zusammenarbeit. Besonders viel habe er Weihbischof Wolfgang Rolly zu verdanken, der aus gesundheitlichen Gründen am Empfang verhindert war, und Weihbischof Josef Maria Reuss. Zugleich dankte er u.a. den Kollegen aus anderen Bistümern, unter ihnen Pfarrer Dr. Martin Lörsch, Trier, und Herwig Steinitz, Limburg, mit denen er in der „Konferenz Pastorale Entwicklung“ gearbeitet habe. Mit viel Anerkennung und Engagement sei er am Suchprozess Lebensraum orientierte Seelsorge (LOS) in der Stadt und im Dekanat beteiligt gewesen. In diesem Zusammenhang dankte er für jahrzehntelange enge Kooperation, besonders Dekan Heinz Schmitz und Dekanatsreferent Jürgen Nikolay. Auch die Zusammenarbeit mit den Caritasverbänden sei ihm aus dem Verständnis eines gemeinsamen Dienstes heraus von Anfang an eine selbstverständliche Praxis gewesen. Ein persönliches, besonderes herzliches Wort des Dankes richtete Smykalla an seine langjährige Mitarbeiterin Alexandra Desor, deren Kompetenzbeteiligung vieles erst möglich gemacht habe. Einen Dank richtete er auch an seine Frau Helga, für die er jetzt wohl wieder mehr Zeit haben werde. Und schließlich dankte er auch allen, die zum Gelingen des Empfangs beigetragen haben, vor allem Diözesankirchenmusikdirektor Thomas Drescher und Kantorin Mechthild Bitsch-Molitor, die die Feier am Klavier mit Stücken seines Lieblingskomponisten Schubert musikalisch umrahmten. 

Sk (MBN)

 

100 Jahre „Dom der Bergstraße“

Festakt zum Kirchenjubiläum von St. Peter in Heppenheim / Vortrag von Professor Jürgensmeier

Heppenheim. Im Rahmen der Feiern zum 100-jährigen Jubiläum der Pfarrkirche St. Peter in Heppenheim/Bergstraße fand am Freitag, 14. Mai, im Kurfürstensaal des Kurmainzer Amtshofs in Heppenheim ein Festakt statt. Der Leiter des Instituts für Mainzer Kirchengeschichte, Prof. Dr. Friedhelm Jürgensmeier, hielt den Festvortrag zum Thema „100 Jahre Dom der Bergstraße“. Jürgensmeier zeigte auf, in welcher kirchengeschichtlichen Situation St. Peter erbaut wurde und wie sich das damalige Kirchenverständnis im Bau niedergeschlagen hat. In einem großen kirchengeschichtlichen Längsschnitt zeigte er die Entwicklungen in den vergangenen 100 Jahren auf. 

In einem Grußwort erklärte Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann, der die Grüße des Mainzer Bischofs, Kardinal Karl Lehmann, und des Domkapitels überbrachte: „Sie feiern in diesem Jahr nicht nur den einhundertsten Weihetag Ihrer Kirche, auch Ihr Kirchenchor kann auf eine einhundertjährige Geschichte zurückblicken. Diese Duplizität könne als Ausdruck der geistlichen Lebendigkeit der Pfarrgemeinde St. Peter verstanden werden. Sie lebe in vielen Gruppen und Verbänden. In dieser Vielzahl werde die Gemeinschaft des Glaubens sichtbar. Die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien das eigentliche Kapital der Gemeinde, unterstrich er. 

Die Pfarrei St. Peter mit dem „Dom der Bergstraße“ hat nach den Worten Giebelmanns seit langer Zeit für Südhessen eine besondere Bedeutung. Von hier ging die Gründung anderer Pfarrgemeinden aus. Die Pfarrei St. Peter sei ein Zentrum des religiösen Lebens, eingebunden in viele Bezüge von Schule, Krankenhaus, caritativen Diensten, Dekanat und Bistum. Für diese Offenheit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit dankte der Generalvikar besonders dem Pfarrer von St. Peter und Dekan des Dekanates Bergstraße-Mitte, Msgr. Hermann-Josef Herd. Die Kirche St. Peter, die die Stadt Heppenheim hoch überragt, sei weithin sichtbar und damit die Kirche als Volk Gottes, als Gemeinschaft der Glaubenden in dieser Gesellschaft sichtbar und erkennbar. „Die Welt bedarf des Glaubenszeugnisses in einer Zeit, da viele über eine notwendige Neuorientierung der Gesellschaft sprechen,“ erklärte Giebelmann. Er verwies darauf, dass in diesem Jahr der Heppenheimer Markus Lerchl in Mainz zum Priester geweiht wird und Janina Adler von Kardinal Lehmann zum Dienst als Pastoralreferentin gesendet wird. Dies zeige, dass die Gemeinde St. Peter ein Ort ist, „an dem die Sorge um die geistlichen Berufe in unserer Kirche gegenwärtig ist“. Er hoffe, dass auch in den künftigen Jahren immer wieder junge Menschen aus der Pfarrgemeinde einen geistlichen Beruf ergreifen. 

Jubiläumsfestschrift

An diesem Abend wurde auch die Festschrift „100 Jahre Dom der Bergstraße“ St. Peter Heppenheim (1904-2004) durch die Schriftleiter des Buches, Hermann Berg und Josef Zelinger vorgestellt. Kardinal Lehmann erklärt darin in einem Interview: „Gerade in Heppenheim und besonders in St. Peter kann man sehen, dass die Kirche Stadt auf dem Berg, Licht der Welt und so auch dann hoffentlich Salz der Erde ist“. In gemeinsamen „Worten zum Geleit“ erklären Pfarrer Herd, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Barbara Balke, und der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates der Pfarrei, Günter Peter: „Was die Menschen vor über hundert Jahren, gerade auch die Erbauer, bewegt hat, das können wir am Bau selbst ablesen. Denn die vielen Besucherinnen und Besucher unserer wunderbaren Altstadt bestaunen: die Ehrfurcht vor dem Geheimnis Gottes und das unübersehbare Bekenntnis zu ihm, die Treue zum Glauben und vorbildlicher Einsatz für ein schönes und weiträumiges Gotteshaus.“ Sie stellen fest, dass sich in Gesellschaft und Kirche in den letzten 100 Jahren gewaltige Veränderungen ereignet haben. Auch am Gotteshaus und am Gemeindeleben seien die Jahre nicht spurlos vorbeigegangen. Worauf es jedoch in der Vergangenheit wie auch in der Gegenwart und in der Zukunft ankomme, sei dies: „dass sich Menschen des Glaubens gemeinsam auf seine Spur machen“ und sich als „Kirche aus lebendigen Steinen“ begreifen. 

Professor Jürgensmeier verwies in seinem Vortrag einleitend auf eine ganze Reihe von Kirchen, die der Erbauer des Doms der Bergstraße, der Mainzer Dombaumeister Ludwig Becker (1855-1940) geschaffen, erweitert oder vollendet hat und nennt dazu u.a. St. Elisabeth in Darmstadt, St. Gordianus und Herz-Jesu in Planig bei Bad Kreuznach, St. Pankratius in Mainz-Hechtsheim, St. Georg in Rüsselsheim und St. Stephan in Mainz-Gonsenheim sowie St. Jakobus in Ockstadt in der Wetterau. Becker war nicht auf einen Baustil festgelegt. Seine Kirchen sind entweder romanisch, gotisch oder barock. Jürgensmeier richtete seinen Blick auf den damaligen Mainzer Bischof Georg Heinrich Kirstein (1904-1921) und schilderte die Spannungen und Auseinandersetzungen von der Kulturkampfzeit bis zum Streit um die Gewerkschaftsbewegung. Der Kirchenhistoriker verwies darauf, dass Papst Leo XIII. eine Bewegung einleitete, die eine vorsichtige Öffnung der Kirche zur Moderne bedeutete. 

Es war die Zeit des Reformkatholizismus mit dem Drang, sich aus dem durch die Kulturkampfgesetze geschaffenen Ghetto zu befreien. Seit dem Ende des Kulturkampfs habe auch im Bistum Mainz eine rege Bautätigkeit begonnen. Becker habe zu den Architekten gehört, die nach der Jahrhundertwende daran gingen, sich von einer zu sklavischen Nachahmung der überkommenen Stile zu lösen. Er sei nicht nur beim neugotischen Stil geblieben, sondern habe auch in der Art der Renaissance und sogar mit Formen des Barock gebaut. In dieser Zeit des Übergangs und Aufbruchs habe auch die damals begonnene Liturgische Bewegung ihren Niederschlag gefunden. Becker ging es darum, die Gemeinde mehr als früher in die Liturgie einzubeziehen. Er sah in der Liturgie die Liturgie die Baumeisterin der Kirchen“. Man sehe St. Peter an, dass sie in dieser Übergangszeit erbaut wurde, sagte Jürgensmeier. Der Dom der Bergstraße dokumentiere nicht mehr einen Katholizismus im Ghetto. Vielmehr wirke er offen und dominant in die Landschaft. Der Innenraum werde breit und beziehe die Gemeinde mit ein. Das Gotteshaus war Zentrum, in dem sich die Gläubigen an Sonn- und Feiertagen fast vollständig versammelten. Deshalb wundert es nicht, dass die Kirche über 1.500 Sitzplätze verfügte. Jürgensmeier schloss seinen Vortrag mit der Feststellung: „Die Welt von 2004 ist anders als die von 1904. Schlechter als vor einem Jahrhundert ist sie nicht.“ Möglicherweise sei sie in manchem etwas oberflächlicher geworden. Eine Rückbesinnung zur Gegenwartsbestimmung und Zukunftsplanung tue immer Not. Das Ereignis 100 Jahre „Dom der Bergstraße“ könne dazu erneuter Anlass und Anstoß sein. 

Dankesworte von Pfarrer Herd

Pfarrer Herd erklärte in einem Dankeswort am Schluss der Veranstaltung, der Dank an Gott müsse an erster Stelle stehen. „Seinetwegen und der Menschen wegen, die als Gottesvolk seine großen Taten zu allen Zeiten verkünden sollen, ist diese imposante Kirche St. Peter errichtet worden.“ Von Herzen dankte er allen Menschen, die zum Gelingen der Jubiläumsfeierlichkeiten beigetragen haben und beitragen. Bei einem Jubiläum dürften neben den Erinnerungen an die Vergangenheit der Blick auf die Gegenwart und Impulse für die Zukunft nicht fehlen gemäß dem Wort der Dichterin Ricarda Huch: „Tradition heißt nicht die Asche aufheben, sondern die Flamme weiterreichen.“ In welchem Maß die Flamme des Glaubens in der Gemeinde St. Peter weitergereicht wurde, werde aus der Festschrift sichtbar, erklärte Herd. Besonders dankte er auch der Stadt Heppenheim und Bürgermeister Ulrich Obermayr für die Überlassung des Kurfürstensaales. Zugleich dankte er den Sponsoren, der Sparkasse Starkenburg für eine größere finanzielle Unterstützung beim Druck des Festbuches, und der Gärtnerei Mai für den Blumenschmuck. Stellvertretend für die vielen Helferinnen und Helfer dankte er Barbara Balke und Beate Crisand. Neben Generalvikar Giebelmann brachten in Grußworten auch der Vorgänger von Pfarrer Herd, Pfarrer i.R. Ewald Picard, der die Gemeinde von 1985 bis 1994 leitete, Bürgermeister Obermayr und Vertreter der Evangelischen Kirche ihre Verbundenheit und Mitfreude zum Ausdruck. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt durch Sonja Schröder (Violoncello) und Peter Martin (Klavier). 

Hinweis: 100 Jahre „Dom der Bergstraße“ St. Peter Heppenheim, Hrsg. Förderverein Marienhaus, Schriftleitung: Hermann Berg und Josef Zelinger, Heppenheim 2004, gebunden 186 Seiten mit zahlreichen Fotos in Farbe und schwarz-weiß, 12.00 Euro, zu beziehen: u.a. beim Hessentag (18.-27.6.), im Pfarrbüro, Heppenheim, Telefon: 06252 / 93090, und bei Hermann Berg, Telefon: 06252 / 74119.

Sk (MBN)

 

Vorschau

Das Bistum Mainz auf dem Katholikentag in Ulm (16.-20.6.)

Abschlussgottesdienst mit Kardinal Lehmann / Bistumsstand in der Ulmer Messehalle

Ulm/Mainz. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, ist beim Hauptgottesdienst des 95. Deutschen Katholikentages in Ulm am Sonntag, 20. Juni, Hauptzelebrant und wird die Predigt halten. Die Eucharistiefeier mit anschließender ökumenischer Segensfeier findet um 10.00 Uhr auf dem Festplatz Friedrichsau in Ulm statt. Für die musikalische Gestaltung ist unter anderem die Gruppe „Christ Guys und Band“ verantwortlich unter der Leitung von Regionalkantor Thomas Gabriel, Seligenstadt. Der Gottesdienst ist Abschluss des Katholikentages von Mittwoch, 16., bis Sonntag, 20. Juni, in Ulm. Kardinal Lehmann wird dabei voraussichtlich acht offizielle Termine im Programm wahrnehmen (siehe unten). 

Leitwort: „Leben aus Gottes Kraft“

Veranstalter des Ulmer Katholikentags ist das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), das oberste katholische Laiengremium in Deutschland, und die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die Veranstalter erwarten rund 15.000 Dauergäste und etwa 10.000 Tagesbesucher. Katholikentage verstehen sich als Forum für Christen, die ihre Meinung zu aktuellen Zeitfragen äußern und Anstöße geben wollen für gesellschaftliches Handeln. Der Blick richtet sich nicht nur auf kirchliche Themen, sondern bezieht soziale, politische und wissenschaftliche Fragen ein. Das Leitwort des 95. Katholikentages heißt „Leben aus Gottes Kraft“. Es soll nach Angaben der Veranstalter eine Verbindung zur aktuellen bioethischen Diskussion um den Lebensschutz geschaffen werden, die auch in der Wissenschaftsstadt Ulm geführt wird. „Mit diesem Leitwort und in dieser Umgebung sagen wir ja zur Wissenschaft und ihren Möglichkeiten und verlieren dennoch nicht das Maß, das Gott gesetzt hat,“ erklärte ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer. 

Kardinal Lehmann auf dem Katholikentag

Neben dem Abschlussgottesdienst am Sonntag nimmt Kardinal Karl Lehmann noch an sieben weiteren Veranstaltungen des Katholikentagsprogramms teil: 

Donnerstag, 17. Juni, 19.00 bis 20.30 Uhr:
Edwin-Scharff-Haus, OG, Großer Saal, Silcherstraße 40, Neu-Ulm
Abendgebet
Christlich-Jüdische Gemeinschaftsfeier
Leitung: Landesrabbiner Dr. Henry G. Brandt, Deutscher Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Dortmund, und Kardinal Karl Lehmann. Kantor: Daniel Tsach, Dortmund. 

Freitag, 18. Juni, 12.30 bis 13.45 Uhr:
St. Elisabeth, Blücherstraße 5
Wortgottesdienst
Fett Ulm verleiht Flüüügel. Ein etwas anderer Gottesdienst zum Abheben für Kirchendistanzierte und andere gute Christen
Leitung: Kardinal Karl Lehmann und Fabian Vogt, Beauftragter für neue Gottesdienstformen, Frankfurt/Main. Musikalische Gestaltung durch die Gruppen „Junger Chor St. Josef“, „For Heavens Sake“ und „The SoulSaviors“, Offenbach. Mit anschließender Diskussion über neue Gottesdienstformen. 

Freitag, 18. Juni, 15.00 bis 16.30 Uhr:
St. Klara, Turnhalle der Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule, Heilmeyersteige 153, Ulm-Eselsberg
Podium
Frauen in geistlicher Leitung. Feigenblatt, Notlösung oder Zukunftsvision für die Kirche?

Auf dem Podium: Heinz-Wilhelm Brockmann, Vizepräsident des ZdK, Osnabrück; Maria Haller-Kindler, Wernau; Sr. Dr. Benedikta Hintersberger OP, Augsburg, und Kardinal Karl Lehmann. Moderation: Valeria Aebert, Köln. 

Freitag, 18. Juni, 18.00 bis 19.30 Uhr:
St. Michael zu den Wengen, Wengengasse 6
Eucharistiefeier
Gottesdienst der Nationen mit Gemeinden anderer Muttersprache

Hauptzelebrant: Kardinal Karl Lehmann. Mit anschließender Begegnung. 

Freitag, 18. Juni, 20.30 bis 22.00 Uhr:
Haus der Begegnung, Großer Saal, Grüner Hof 7
Konzert
Weiter Segen sein. Lieder und Texte ein Jahr nach dem Ökumenischen Kirchentag

Mit Statements von Kardinal Karl Lehmann und Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der EKD. 

Samstag, 19. Juni, 12.30 bis 13.00 Uhr:
Messegelände, Halle 2, Böfinger Straße 50
Mittagsgebet
Spuren von Gottes Kraft. Eine Mittagsmeditation

Impuls von Kardinal Karl Lehmann. Moderation unter anderen von Professor Hubertus Brantzen, Ausbildungsleiter im Pastoralseminar des Mainzer Priesterseminars. 

Samstag, 19. Juni, 15.00 bis 16.30 Uhr:
Messegelände, Kleine Donauhalle, Böfinger Straße 50
Hauptpodium
Wozu sind wir heute berufen? Die Zukunft der Kirche 40 Jahre nach der Dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“

Auf dem Podium: Professor Hans Küng, Tübingen, Dr. Hanna-Renate Laurien, Berlin, und Kardinal Karl Lehmann. Moderation: Susanna Schmidt, Berlin. 

Bistumsstand in der Messehalle

Das Bistum Mainz beteiligt sich auch mit einem eigenen Stand (Standplatz: