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Mainz. Der Bischof von Mainz und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, hofft auf eine wachsende Bereitschaft zur Organspende in der Bevölkerung. In einem ökumenischen Dankgottesdienst anlässlich des 20. bundesweiten „Tags der Organspende" erklärte Lehmann am Samstag, 1. Juni, vor mehr als 500 Gläubigen im Mainzer Dom, aus christlicher Sicht sei diese Bereitschaft ein Beispiel der Nächstenliebe und Solidarität. Das Wort Hingabe sei hier wörtlich zu nehmen. Denn der Organspender schenke buchstäblich etwas von der eigenen Person, unterstrich der Kardinal.
Trotz der Rechtssicherheit durch das Transplantationsgesetz von 1997 und des enormen medizinischen Fortschritts in diesem Bereich gebe es immer noch zu viel Misstrauen, Ängste und Vorbehalte gegenüber der Organspende, bedauerte Lehmann. Zurzeit würden nur halb so viele Organspenden in Deutschland durchgeführt, wie benötigt würden, um Kranken ein neues Leben zu ermöglichen. Er verwies darauf, dass im Jahr 2000 in Deutschland 4000 Organstransplantationen durchgeführt wurden.
Nachdrücklich würdigte Kardinal Lehmann die Selbstlosigkeit der Organspender und ihrer Angehörigen, die Leistungen der Ärzte und des Pflegepersonals, die pharmazeutische Forschung, die Selbsthilfegruppen, Verbände und Einrichtungen, die sich für Organspenden einsetzen. Eltern schenkten ihren Kindern mit der Organspende oft ein Stück ihrer eigenen Gesundheit. Der größte Teil der Organspenden werde allerdings erst durch den Tod des Spenders ermöglicht. Es sei zu wünschen, dass mehr Menschen als bisher einen Organspendeausweis mit sich führten. Allerdings dürfe kein Druck ausgeübt werden, denn Freiheit und Freiwilligkeit seien für die Organspende unverzichtbar.
Kritisch äußerte sich Lehmann zu Überlegungen, wegen des Mangels an Spenderorganen Menschen als „Ersatzteillager" zu klonen. Dies sei aus christlicher Sicht nicht zu tolerieren. Denn jedes Leben sei ein einmaliges Geschenk Gottes, das in allen Phasen geschützt werden müsse. Der Kardinal schloss seine Predigt mit den Worten: „Anderen ein neues Leben ermöglichen. Dafür wollen wir beten und einander Mut machen." Der Gottesdienst wurde vom Verein „Selbsthilfe Lebertransplantierter Deutschland e.V." vorbereitet. In einer symbolischen Handlung brachten viele Teilnehmer Kerzen und Blumen zur Osterkerze vor dem Altar. Die Kerzen erinnerten an die Toten, die bereit waren ihre Organe zu spenden, erklärte der Sekretär des Bischofs, Pfarrer Udo Bentz. Die Rosen seien Zeichen des Dankes und Hinweise auf gelebte Nächstenliebe und Solidarität.
Als Liturgin wirkte neben Lehmann die frühere Klinikpfarrerin an der Chirurgischen Klinik Heidelberg, Barbara Roßner, mit. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst mit dem Motto „Von Mensch zu Mensch" durch einen Chor aus Mitgliedern des Mainzer Domchors und der Domkantorei St. Martin Mainz, unter Leitung von Domkapellmeister Prof. Mathias Breitschaft, sowie von Domorganist Albert Schönberger. Im Anschluss an den Gottesdienst fand im Erbacher Hof in Mainz ein Symposion über Transplantation und Organspende statt.
Grußwort zum 20. "Tag der Organspende" von Kardinal Lehmann
Sk (MBN)
Darmstadt/Mainz. Im Rahmen des Kultursommers Südhessen 2002 (MusikKUSS) startet in diesem Jahr ein neues Projekt „Domorganisten zu Gast an Südhessens Orgeln". Dazu heißt es im Veranstaltungskalender des Kultursommers Südhessen 2002: „Kirchen, als Stätten der Besinnung und Begegnung, waren stets auch Orte künstlerischer Inspiration und epochaler Erneuerungen in Architektur und Musik." Die südhessische Region sei reich an sakralen Gebäuden mit hervorragenden Orgeln und ansprechender Akustik. Mit dem neuen Projekt solle die Attraktivität dieser vielfältigen Orgellandschaft verstärkt hervorgehoben werden und zu einer regionalen Orgelwanderung einladen, erklärt Projektleiter Richard Berg, Darmstadt.
Neun international renommierte Titularorganisten deutscher Kathedralen werden ihr Programm den speziellen Möglichkeiten der jeweiligen Instrumente anpassen. „Freunde der Orgelmusik wird die neue Reihe sicherlich begeistern und die mit Orgelklängen weniger vertrauten Konzertbesucher überzeugen, dass die Königin der Instrumente weit mehr ist als nur ein sakrales Begleitinstrument", unterstreicht Berg. Zugleich kündigt er an, es sei geplant, im kommenden Jahr auch Kathedralorganisten aus dem europäischen Ausland einzuladen.
Die Reihe wird am Sonntag, 16. Juni (17.00 Uhr), in der katholischen Pfarrkirche St. Georg in Bensheim gestartet. Der Speyerer Domorganist Leo Krämer spielt Werke von u.a. J.S. Bach, F. Mendelssohn Bartholdy und C. Franck. Insgesamt umfasst die Reihe elf Konzerte, von denen der Mainzer Domorganist Albert Schönberger alleine drei gestaltet. Am 18. August spielt Schönberger in der Pfarrkirche Heppenheim-St. Peter und am 15. September in Mühlheim-St. Markus. Hinzu kommt ein Konzert zusammen mit den Mainzer Dombläsern am 8. August in der evangelischen Laurentiuskirche Trebur.
Weitere Mitwirkende im Projekt „Domorganisten im Kultursommer Südhessen" sind Josef Still, Trier (am 20.7. in der ev. Stadtkirche, Michelstadt), Klemens Schnorr, Freiburg (am 3.8. in der ev. Stadtkirche Michelstadt), Wolfgang Baumgratz, Bremen, (am 25.8. in der Pfarrkirche St. Michael in Nieder-Ramstadt), Markus Eichenlaub, Limburg (am 25.8. in der ev. Burgkirche Dreieich), Hans-Jürgen Kaiser, Fulda (am 25.8. in der Pfarrkirche Biblis-St. Bartholomäus), Hans-Otto Jakob, Frankfurt (am 22.9. in der Balthasar Neumann-Kirche St. Cäcilia, Heusenstamm) und Silvius von Kessel, Erfurt (am 29.9. in Dieburg-St. Wolfgang).
Der Kultursommer Südhessen 2002 umfasst den Zeitraum vom 29. Mai bis 29. September. Das Programm hat drei Teile: Das allgemeine Programm mit u.a. Konzerten auf Burgen und Schlössern, Orgelkonzerten in Kirchen sowie Kunst und Kultur an besonderen Orten. Der zweite Teil ist das „Vierte südhessische Straßentheaterspektakel" vom 15.-25. August und der dritte Teil die „Tage der offenen Ateliers" am 21. und 22. September.
Sk (MBN)
Mainz. Nach vierwöchiger Dauer ist am Mittwoch, 5. Juni, die viel beachtete Jubiläumsausstellung „Vom Kirchenfürsten zum Bettelbub. Das heutige Bistum Mainz entsteht (1792-1802-1830)" zu Ende gegangen. Mehr als 3000 Besucher setzten sich mit dem Zerfall des alten Erzbistums Mainz in den Jahren 1792 bis 1802 und dem Aufbau des heutigen Bistums Mainz (1802-1830) auseinander. Die Leiterin der Abteilung Publizistik, Dr. Barbara Nichtweiß, die die Ausstellung konzipiert und gestaltet hat, erklärte am Schlusstag, sie sei mit der guten Resonanz und der Zustimmung der Besucher mehr als zufrieden.
Die über 200 Einträge im Gästebuch der Ausstellung sind einhellig positiv. Immer wieder danken die Besucherinnen und Besucher für die „sehr gelungene", „sehr informative", „gut gegliederte", „beeindruckende", „übersichtlich gestaltete", „hoch interessante" und „sehr gut illustrierte" Ausstellung. „So langsam begreife ich, wo überall in und an Kirchen das Mainzer Rad zu finden ist", schrieb ein Besucher am 24. Mai. Für einen Geistlichen, der während der Nazizeit zur Schule ging, war die Ausstellung „ein mit Freude und Dankbarkeit nachgeholter Geschichtsunterricht". Ein anderer stellte die Frage: „Wann ist Vergangenheit vorbei?" und lieferte gleich die Antwort mit: „Nie! Ich habe dazu gelernt."
Ein Besucher hob besonders die gute Präsentation von Bischof Josef Ludwig Colmar als „Vorreiter der Ökumene und deutsch-französischer Geistesbildung" hervor. Besucher aus Australien schrieben: „Wir kamen, sahen und staunten. Wunderbar!" Das positive Echo wird auch daraus deutlich, dass mehrere hundert Besucher ihr Interesse an einer Dokumentation der Ausstellung angemeldet haben und benachrichtigt werden wollen, sobald sie vorliegt. Nichtweiß hatte eine solche Veröffentlichung angeboten, nachdem ein illustrierter Katalog zur Ausstellung nicht zustande gekommen war.
Vielen Besuchern schien erst in der Ausstellung bewusst zu werden, welch ein gewaltiger Umbruch mit der Französischen Revolution und der Säkularisation für die Kirche von Deutschland und das bedeutendste Erzbistum nördlich der Alpen verbunden war. Das Gästebuch enthält nur ein (leises) kritisches Wort, in dem es heißt: „Ausgezeichnet; wenn weniger Text noch besser." Die meisten würdigten jedoch gerade die griffigen Überschriften und die informativen Texte.
Den Niedergang des alten Erzbistums verdeutlicht gleich die erste Texttafel, auf der es heißt: „Man stelle sich vor, Karl Lehmann wäre nicht nur Bischof von Mainz und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, sondern zugleich Metropolit eines Drittels der deutschen Bistümer, obendrein ein Ministerpräsident, Leiter der Staatskanzlei der Bundesregierung, Bundestagspräsident, ferner das Zünglein an der Waage bei der Wahl des Bundeskanzlers, ohne Einschränkung durch Parteien und Parlamente, die vom Volk gewählt werden. Völlig undenkbar? Heute ja. Aber bis zum 18. Jahrhundert alles verbriefte Rechte des Mainzer Oberhirten."
Beim Rundgang durch die vier Abteilungen der Ausstellung konnten die Besucher, die zum Teil zwei und mehr Stunden im Haus am Dom verbrachten, eine Fülle von „Entdeckungen" machen. Dazu gehörte zum Beispiel das „Dekadengesangbuch", das 1799 in Bingen gedruckt wurde. Durch die Französische Revolution und damit auch in der „Mainzer Republik" war die Sieben-Tage-Woche durch einen so genannten Revolutionskalender mit Zehn-Tage-Woche ersetzt worden. Der Revolutionskalender ersetzte auch die christlichen Feste durch Nationalfeste und die Sonntage durch „Dekadi-Tage". Die „Dekadischen Lieder für die Franken am Rhein" im dritten Jahr der Republik (1795), in Straßburg herausgegeben, enthielten umgetextete Kirchenlieder.
Wie hart die Säkularisation mit der Enteignung kirchlichen Besitzes empfunden wurde, zeigt ein Zeugnis aus Seligenstadt: „In Anwesenheit einer hessen-darmstädtischen Gesandtschaft verlas am 6. Dezember 1802 Abt Marzellinus II. Molitor unter Tränen seinen 20 benediktinischen Mitbrüdern den Aufhebungsbescheid." Zu den interessantesten Dokumenten gehörten u.a. die Rekonziliationsurkunde nach Rettung und Wiederherstellung des Mainzer Domes als Gotteshaus vom 15. August 1804 und die Translation des Erzbistums Mainz nach Regensburg durch die Bulle von Papst Pius VII. vom 1. Februar 1805. Besonders attraktive Schaustücke der Ausstellung waren der so genannte Napoleon-Kelch und ein Chormantel Bischof Colmars, beides Geschenke von Kaiser Napoleon bzw. dessen Gattin Kaiserin Joséphine. Der Chormantel ist das umgearbeitete Hochzeits- oder Krönungsgewand der Kaiserin mit originaler Empire-Gold-Stickerei, das die Kaiserin 1804 bei der Kaiserkrönung getragen hatte.
Zu den „Entdeckungen" der Ausstellungsbesucher gehörten auch Parallelen der seelsorglichen Situation im neuen Bistum Mainz zur Gegenwart. So beklagte Bischof Colmar 1812, dass viele Gemeinden wegen des Priestermangels ohne Pfarrer auskommen mussten. Zum heutigen „Netzwerk Leben" im Bistum Mainz gab es 1810 eine Entsprechung in der „Muttergesellschaft" (Société Maternelle), die durch Napoleons zweite Gattin Marie Louise 1810 ins Leben gerufen wurde. Ihr Ziel war es, bedürftige Mütter und ihre Kinder zu unterstützen. Colmar warb für diese Initiative im ganzen Bistum. Eher „exotische" Exponate der Ausstellung waren die Flügelchorhemden, die Bischof Colmar für die Seminaristen eingeführt hatte, und das damals zur Begleitung des von ihm wiederbelebten gregorianischen Chorals aus Frankreich eingeführte schlangenförmige Holzblasinstrument Serpent, von dem heute nur noch wenige Exemplare erhalten sind.
Sk (MBN)
Mainz. Das dialogische Prinzip und das personale Denken überhaupt haben eine unverzichtbare Bedeutung für die Theologie der Gegenwart. Dies betonte der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, am Dienstagabend, 4. Juni, in einem Vortrag im Mainzer Dom zum Thema „Die Tiefe im Antlitz des Anderen. Bleibende Einsichten aus dem Erbe des dialogischen Denkens." Lehmann sprach in der von der Katholischen Akademie Erbacher Hof veranstalteten Reihe der Domvorträge mit dem Leitthema „Dem Antlitz des Anderen begegnen". Es gebe kaum einen Bereich der Theologie, der nicht ganz grundlegend vom dialogischen und personalen Denken beeinflusst wurde, unterstrich der Kardinal. Besonders spürbar sei dies z.B. in der Gotteslehre, in der theologischen Anthropologie und der Gnadenlehre, aber auch im Verständnis von personaler und sakramentaler Frömmigkeit.
Wie Lehmann darlegte, gibt es kaum einen namhaften Theologen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, der sich nicht die dialogische Denkweise grundlegend angeeignet und sie in Dienst gestellt hätte. In den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils sei dies vielfach auch kirchenamtlich manifest geworden. Man spüre dies z.B. deutlich an der neuen Wendung des Offenbarungsverständnisses, betonte Lehmann. „Die Offenbarung vollzieht sich nicht in erster Linie satzhaft, sondern ergeht in einer personalen Zuwendung Gottes, der in die Geschichte hineinspricht und vom Menschen hörend aufgenommen wird." Lehmann verwies auch auf die Beziehungs-Realitäten in der Theologie z.B. von Dietrich Bonhoeffer, für den der „Du-Charakter" Gottes entscheidend sei. Joseph Ratzinger gründe seine „Einführung in das Christentum" auf ein Verständnis des Seins als „Sein-Für", als „beziehentliches Sein". Klaus Hemmerle bezeichnete das Wesen des Seins als „Sich-Geben". Heribert Mühlen entwerfe im Rahmen seiner Geistlehre (Pneumatheologie) eine „Wir-Ontologie", welche die Einseitigkeiten eines objektivistischen Es und einer subjektivistischen „Ich-Ontologie" zu vermeiden suche.
Zugleich zeigte Lehmann auch die Grenzen dieses Denkens auf. In der Dialog-Konzeption des Verhältnisses von Gott und Mensch komme die Transzendenz Gottes nicht selten zu kurz, gab er zu bedenken. Ähnliches gelte für den Geheimnischarakter. Hier müsse viel mehr die analoge Struktur der Beziehungen mitgedacht werden, wenn man diese auf Gott und den Menschen anwende. „Beziehungen" seien immer „gegenseitig". Dies treffe aber nicht das ganze Verhältnis Gottes zur Welt und seine Beziehung zur Schöpfung, die asymmetrisch verstanden werden müsse.
Der Kardinal hob hervor, dass der jüdische Philosoph Emmanuel Lévinas (1906-1995) ein neues Kapitel in der Geschichte des dialogischen Denkens begonnen habe. Ihm sei es besonders um das Aufmerksamsein gegenüber der ethischen Verpflichtung gegangen, „die der Andere darstellt". Er verwies auf ein Bildwort bei Lévinas „Das Antlitz des Anderen". Vor jedem Sprechen und vor jeder Gebärde „begegnet mir der Andere" mit dem Gebot „Du sollst nicht töten" oder auch mit der eindringlichen Bitte: „Lass mich nicht allein." Hier liege das Geheimnis der individuellen und der sozialen Anlage des Menschen. Nicht zuletzt durch das Sicheinlassen auf biblische Denkweisen, habe Lévinas tatsächlich neue Dimensionen des dialogischen Prinzips entdeckt und zur Sprache gebracht. Es sei die am weitesten vorgetriebene Phänomenologie des Anderen, die auch noch die Gedanken von Franz Rosenzweig, Martin Buber und Ferdinand Ebner übertreffe. Dabei sei es nicht zufällig, dass der Begriff des „Antlitzes" eine entscheidende Bedeutung gewinne, unterstrich Lehmann.
Nicht in der eigenen Freiheit und nicht in der Allgemeinheit des Menschseins des Anderen, sondern in der Einmaligkeit des „Antlitzes des Anderen" gründe die Verantwortung für den Anderen. Zu diesem Denkansatz des jüdischen Philosophen aus Paris stellt Lehmann fest, dass man schon lange eine Vermittlung zwischen der Rolle der Ich-Du-Beziehung und einer Sozial-Ontologie vermisst habe. Lehmann verwies auf die jahrelange Auseinandersetzung zwischen Johann Baptist Metz und Karl Rahner über die Defizite jeder Orientierung primär am Einzelnen. Metz habe daraus seine „politische Theologie" entwickelt. In der Tat stelle sich die Frage, ob ein dialogisches Denken, das ausschließlich auf die Beziehung selbst setzt, in der Lage sei, das Personsein des Menschen wirklich ausreichend zu erfassen, bekräftigte Lehmann.
Er verdeutlichte dies am Beispiel der Auseinandersetzung um den Schutz des menschlichen Lebens und kritisierte die Position einer Reihe evangelischer Ethiker, die den Standpunkt vertreten, dass der Mensch ohne die soziale Gemeinschaft nicht zum Menschen werden könne. Von daher sei für sie die Feststellung, das menschliche Leben sei vom Zeitpunkt der Befruchtung an ein Mensch „höchst problematisch". Eberhard Jüngel unterscheide deshalb grundsätzlich zwischen menschlichem Leben und dem Leben eines werdenden Menschen. Dem gegenüber betonte Lehmann, dass die Frage nach dem moralischen Status des Embryo und seiner Menschenwürde nicht allein von den eng geführten Kategorien der Annahme und der Anerkennung beantwortet werden könne. Dies zeige, dass auch grundsätzlich plausible dialogische philosophische und anthropologische Entwürfe ergänzungsbedürftig seien, betonte Lehmann. Der Kardinal schloss mit der Feststellung, wie wertvoll das dialogische Denken für die Theologie sei, dass sie sich aber mit keinem Entwurf ausschließlich identifizieren dürfe.
Akademiedirektor Dr. Peter Reifenberg hatte zu Beginn des Vortrags betont, in der Vortragsreihe gehe es unter verschiedenen Aspekten immer neu um die Frage, „was das Menschsein trägt". Nach dem Vortrag dankte er dem Kardinal für diese „Lehrstunde". In seinem Bekenntnis und seiner Rückbindung an die Praxis habe Lehmann das „ganze Programm" der Akademie zusammen gefasst.
Sk (MBN)
Mainz. Vorstandsmitglieder des Carneval-Clubs Weisenau (CCW) haben dem Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, am Freitag, 31. Mai, im Bischofshaus in Mainz einen Scheck in Höhe von 5.500 € zugunsten des Dombauvereins Mainz e.V. überreicht. Es war der Erlös der letzten Benefizsitzung des Vereins am 27. Januar 2002.
Wie CCW-Geschäftsführer Dieter Lüttringhaus berichtete, hat der CCW bisher bereits drei Benefizsitzungen zugunsten des Dombauvereins veranstaltet und daraus insgesamt weit über DM 30.000 zum Erhalt des Wahrzeichens der Stadt zur Verfügung gestellt. Das Engagement werde von den Aktiven in diesem relativ kleinen Fastnachtsverein mitgetragen. Denn zu der ohnehin schon hohen Zahl von zwölf Sitzungen pro Session sei die Benefizveranstaltung jeweils als 13. hinzu gekommen. Um den Besuchern der Benefizsitzung etwas Neues bieten zu können, habe man auch das Programm verändert. Kapellmeister Peter Müller habe zugunsten des guten Zwecks auf einen Teil seiner Gage verzichtet. Weitere 249 € kamen hinzu, weil der Protokoller des Abends als Gag gleich zu Beginn einen Hut für den Dombauverein herumgehen ließ, berichtete Lüttringhaus weiter.
Kardinal Lehmann dankte sehr herzlich für diesen Einsatz und die großzügige Spende. „Ich freue mich, dass Ihnen der Dom so nahe liegt", erklärte er und stellte fest: „Da kommen zwei Mainzer Traditionen zusammen: Dom und Fastnacht. Diese Verbindung ist uns wichtig." Der Vorsitzende des Dombauvereins, Anton Issel, meinte scherzhaft, den Weisenauern liege der Dom wohl so am Herzen, weil sie ihn von ihrem Stadtteil her sehen könnten, „wenn sie sich auf die Fußspitzen stellen". Issel lobte die Qualität der Weisenauer Sitzungen sehr, dankte dem CCW aber besonders für die Zuwendung vor drei Jahren. Denn der CCW habe damit beispielgebend für andere Vereine gewirkt. „Das hat uns geholfen", unterstrich Issel und fügte hinzu: „Es war nicht nur das Geld, sondern auch Vermittlung von Solidarität und Sympathie."
Zur Abordnung des CCW gehörten neben Geschäftsführer Lüttringhaus und Kapellmeister Müller Schatzmeister Franz Lendle, Geschäftsstellenleiter Hanns-Günter Ingebrand und der Leiter des Musikzuges, Rüdiger Schlesinger.
Sk (MBN)
Mainz. Die Kapelle der Maria Ward-Schule in Mainz hat vor wenigen Tagen rechtzeitig zum Diözesan-Katholikentag eine „neue" Glocke erhalten. Wie die Schulleitung jetzt mitteilte, ist es die dritte Glocke, die seit Erbauung der Kapelle (1862-1865) zum Gottesdienst einlädt. Im Jahr 1863 stifteten die damaligen Pensionärinnen den Schwestern eine Glocke. Wie die Glocken fast aller Kirchen, musste auch dieses Glöckchen während des Zweiten Weltkrieges zu Rüstungszwecken abgegeben werden. Zusammen mit dem kleinen Glöckchen aus dem Jahre 1948 hat die Kapelle nun erstmals zwei Glocken. Die bisherige kleine Glocke unbekannter Herkunft wird künftig in Verbindung mit der Turmuhr nur noch zum Stundenschlag genutzt.
Die neue Glocke wird nach einer wechselvollen Geschichte nun hoffentlich endgültig eine neue und friedliche Funktion im Turm der Kapelle der Maria Ward-Schwestern bekommen, hofft Schwester M. Notburga. Ihre ursprüngliche Herkunft ist noch nicht ganz geklärt, wie der Glockensachverständige der Diözese Mainz, Günter Schneider, anlässlich der Segnung der Glocke am 16. Mai durch Schulpfarrer Cornelius Herrlich, ausführte. Sie wurde laut Aufschrift 1676 von Timotheus Hartz in Heidelberg gegossen, vermutlich für einen Turm im badischen Raum. Thimotheus Hartz war ein Wandergießer aus der Gegend um Neuburg an der Donau, der sich später in Heidelberg niedergelassen hatte. Die Glocke hat einen Durchmesser von 55,7 cm und wiegt 120 kg. Sie ist auf den Ton fis gestimmt.
Es war die Zeit des Wiederaufbaus nach dem 30-jährigen Krieg, als die Glocke entstand, und das Besondere ist, dass sie alle weiteren Kriege unbeschadet überstanden hat. Viele andere Glocken wurden in Kriegen zu Kanonen oder Munition eingeschmolzen, dieses Schicksal blieb ihr erspart. Allerdings hat sie mehrmals ihren Platz gewechselt. Vermutlich während der Zeit der Säkularisation kam sie als Gemeindeglocke auf das Rathaus von Hamm in Rheinhessen. Zwei Bürgermeister haben sich auf ihr mit ihren Namen verewigt.
Später, vermutlich kurz nach dem Ersten Weltkrieg, wurde sie für eine neue Glocke in Zahlung gegeben und stand einige Zeit im Lager einer Glockengießerei. 1934 suchte die katholische Kirchengemeinde St. Laurentius in Worms-Leiselheim gebrauchte Glocken für ihr neu erbautes Gotteshaus, so kam diese Glocke mit zwei anderen in den dortigen Turm. Im Zweiten Weltkrieg erhielt sie eine Registriernummer und ist knapp der Ablieferung nach Hamburg auf den sog. Glockenfriedhof und dem Einschmelzen entgangen.
Sie läutete bis 1960 in Leiselheim. Als dort neue Glocken angeschafft wurden, stellte man sie in einer Ecke im hinteren Teil der Kirche ab, wo sie über 40 Jahre unbemerkt schlummerte, bis sie vor einem Jahr wiederentdeckt wurde. Die Kirchengemeinde stellte sie daraufhin für eine liturgische Aufgabe innerhalb der Diözese kostenlos als Dauerleihgabe zur Verfügung.
Li/Sk (MBN)
Hamburg/Mainz. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann, hält am Freitag, 7. Juni, die Festrede anlässlich der Verleihung des „Hamburger Bürgerpreises 2001" in der St. Michaelis-Kirche in Hamburg. Die Feier, bei welcher der „Verein der Freunde des Tierparks Hagenbeck e.V." ausgezeichnet wird, beginnt um 16.30 Uhr. Anerkennungspreise erhalten ein Ortsverband des Arbeiter Samariter-Bundes „Samariter International" und der Gemeinnützige Verein zur Unterstützung von Familien mit seelisch kranken Eltern e.V. „SeelenNot".
Der „Hamburger Bürgerpreis" wurde 1982 ins Leben gerufen. Er wird jedes Jahr von den Abgeordneten der Hamburger CDU aus dem Europäischen Parlament und dem Deutschen Bundestag sowie der Hamburgischen Bürgerschaft und den Bezirksversammlungen verliehen. Mit ihm werden Mut und Zivilcourage, soziales Engagement und mitmenschliches Handeln von Bürgern ausgezeichnet, „die Verantwortung für ihre Mitmenschen und das Gemeinwohl übernehmen". Der Preis ist nicht parteipolitisch bestimmt, sondern soll unabhängig von politischen Gesichtspunkten herausragende Beispiele für die Arbeit am Gemeinwohl ehren.
Sk (MBN)
Mainz. Unter dem Titel „Vita Sacra" werden vom 10. bis 19. Juni 2002 im Haus am Dom in Mainz Arbeiten von Studierenden der Fachhochschule Mainz, Fachrichtung Architektur, vorgestellt. Bei dieser Ausstellung zum Thema „Sakralbau" handelt es sich im ersten Teil um Entwürfe des 7. Semesters der FH Mainz. Ihnen war die Aufgabe gestellt, die Ruine der ehemaligen Barfüßerkirche in Erfurt einer neuen Nutzung zugänglich zu machen. Im zweiten Teil werden Ergebnisse aus 16 Arbeitsgruppen im Fach Gebäudelehre gezeigt. Als Aufgabe war jeweils die Analyse eines ausgewählten Sakralbaus gefordert. Zu den Themen, die in den Arbeitsgruppen behandelt wurden, gehören u.a.: „Die selbstbewusste Alternative – Ronchamp", „Architektur und Stille – L.I. Kahns Unitarierkirche", „Vom Bau der Kirche – Rudolf Schwarz", „1945, nach dem Krieg – Frankfurter Paulskirche" und „Moderne Gemeindezentren mit sakralem Raum – Orte der Erinnerung."
Bei der Ausstellungseröffnung am Montagabend, 10. Juni, 20.00 Uhr, werden Professor Rainer Pagel, FH Mainz, Architekturstudent Stephan Winkler und der Direktor der Katholischen Akademie Erbacher Hof, Dr. Peter Reifenberg, in die Ausstellung einführen.
Hinweis: Öffnungszeiten: 10.-19. Juni 2002,
Montag - Freitag 15.00 - 19.00 Uhr und Samstag und Sonntag, 11.00 - 16.00 Uhr.
Der Eintritt ist frei.
Sk (MBN)
Marienthal. Weihbischof Wolfgang Rolly ist Hauptzelebrant und Prediger der traditionellen Familienwallfahrt des Bistums Mainz nach Marienthal im Rheingau am Sonntag, 16. Juni. Die Wallfahrt steht unter dem Leitwort des Diözesan-Katholikentages „Mit Gott unter allen Menschen". Die Eucharistiefeier beginnt um 10.30 Uhr. Die Fußwallfahrt startet um 8.45 Uhr an der Pfarrkirche in Geisenheim. Die Teilnehmer der Kinder-Wallfahrt sammeln sich um 9.15 Uhr am Ortsausgang Johannisberg. Am Nachmittag steht um 13.15 Uhr das Musical „Die Hochzeit zu Kanaa" auf dem Programm, das von der Spielgruppe "Stella Maris" dargeboten wird. Der Wallfahrtstag, der vom Referat Ehe- und Familienseelsorge im Bischöflichen Ordinariat Mainz vorbereitet wurde, endet mit der Schlussandacht um 14.30 Uhr.
weitere Informationen zur Familienwallfahrt
Sk (MBN)
Mainz. Globalisierung und Migration, Verantwortung für die Schöpfung, Krieg und Menschenrechte, das neue Europa, therapeutisches Klonen, Stammzellenimport, Sterbehilfe, Bildungsnotstand, Kruzifixurteil, Schutz von Sonn- und Feiertag, Ehescheidung, Rechtsextremismus sind Stichworte aus einem breiten Katalog von gesellschaftlichen und kirchlichen Herausforderungen, die der Bischof von Mainz und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, im Lauf der letzten Jahre in aktuellen Kurzkommentaren aufgegriffen hat. Eine Auswahl aus einer großen Fülle solcher Stellungnahmen zu Themen der Zeit ist jetzt unter dem Titel: „Mut zum Umdenken. Klare Positionen in schwieriger Zeit" erschienen. Ein Großteil der rund 80 Texte sind als „Gastkommentar" in der Allgemeinen Zeitung Mainz oder in der monatlichen Kolumne des Bischofs „Auf ein Wort" in der Kirchenzeitung für das Bistum Mainz entstanden.
Lehmann kommt in kurzen Texten immer gleich zur Sache, um die es geht. Für den theologischen Wissenschaftler, der es gewohnt ist, Themen breit zu entfalten und differenziert auszudiskutieren, bedeutete diese Kurzform, wie er selbst bekennt, eine gewaltige Umstellung. „Die allermeisten Aussagen geben komplexe Probleme und differenzierte Sachverhalte wieder. Dennoch gibt es geradezu einen Zwang zur Knappheit, wenn man an der Börse der Nachrichten gehandelt werden will", schreibt der Kardinal in seiner Einführung mit der Überschrift: „Lob der kleinen Form". Immer wieder zur Knappheit gezwungen, habe er im Lauf der Zeit gelernt, mit diesen Beschränkungen umzugehen.
Der Kurz-Kommentar habe eine besondere Chance, gerade für den Theologen, stellt Lehmann fest. Es gebe hier eine aufschlussreiche Mischung von grundsätzlichen Perspektiven und sehr aktuellen Bezügen. Anhand eines konkreten gesellschaftlich-politischen oder kulturellen Beispiels gebe der Kurzkommentar die Möglichkeit, die konkrete Bedeutung von Prinzipien und Grundsätzen darzulegen, betont er. Diese Prinzipien blieben dabei nicht abstrakt, sondern „werden lebendig im Gegenüber zur täglichen Herausforderung". „Grundsätze treffen auf die konkrete Wirklichkeit und zeigen erst so ihre wahre Stoßkraft", unterstreicht er. Es koste freilich Mut, bekennt Lehmann, sich mit dem zeitüberlegenen Glauben so konkret und bestimmt auf eine flüchtige Realität einzulassen. Aber gerade dies sei auch eine große Chance, mit der christlichen Botschaft die geschichtliche Situation mit Augenmaß zu treffen.
Einige markante Sätze aus sehr unterschiedlichen Kommentaren mögen dies als Beispiele verdeutlichen. So schreibt Lehmann in einem Kommentar zur Herausforderung durch Biomedizin und Gentechnologie unter der Überschrift „Grenzen der Wissenschaft": „Die Hauptfrage, die hinter all diesen Problemen steht, ist die nach dem menschlichen Status des Embryos. Er ist eben nicht bloß ein Zellhaufen." Zur Zuwanderung schreibt Lehmann in einem Kommentar unter der Überschrift „Kirche als Anwalt der Schwachen": „Ein von einer breiten Mehrheit getragenes Zuwanderungsgesetz ist dringend notwendig." Ähnlich klar ist seine Stellungnahme zum Umweltschutz: „Der Mensch ist nicht der unumschränkte Herr der Schöpfung, obgleich er nur Mensch ist, wenn er auch einen Auftrag zur Arbeit und zum Herstellen hat." In diesem Kommentar erklärt er auch ein Grundprinzip solchen theologischen Argumentierens: „Die Bibel kann keine unmittelbaren Rezepte für unsere ökologische Herausforderung geben. Aber sie lehrt uns die entscheidenden Grundhaltungen, die wir in unserem Bewusstsein und in unserem Verhalten ausbilden müssen." Neben Texten zur Ökumene wurden aus eher formalen Gründen (Kurzform) auch Texte zur Lebensgestaltung, zu Glaubensfragen und zur Feier des Kirchenjahres in den Band aufgenommen.
Kardinal Lehmann hat das kleine Buch dem Mainzer Weihbischof und Domdekan Wolfgang Rolly in Dankbarkeit gewidmet mit dem Hinweis, dass Rolly vor 30 Jahren (am 2. Juli 1972) zum Bischof geweiht wurde und am 25. November dieses Jahres seinen 75. Geburtstag feiern wird. Er dankt seiner Mitarbeiterin und persönlichen Referentin Beate Hirt, die in Absprache mit ihm die Auswahl der Texte getroffen und diese nach Sachthemen gegliedert habe. Beate Hirt schreibt im Nachwort: „Bisher nur zerstreut und meist für einen eingeschränkten Leserkreis erreichbar, werden die Stellungnahmen nun in diesem Band kompakt einem breiten Publikum zugänglich gemacht." Die ausgewählten Artikel seien behutsam überarbeitet und aktualisiert worden. Der Entstehungskontext bleibe aber immer erkennbar und sei durch die Quellennachweise nachvollziehbar.
Hinweis: Karl Kardinal Lehmann. Mut zum Umdenken. Klare Positionen in schwieriger Zeit. Verlag Herder, Freiburg 2002, Band 5255 der Reihe „HERDER spektrum", broschiert, 205 Seiten, 8,90 €.
Sk (MBN)