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Mainz. Eine größere Sensibilität für die sozialen Nöte der Gegenwart hat der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, im Gedenken an Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811-1877) gefordert. In einem Gedächtnisgottesdienst für den großen Menschenfreund, Seelsorger, Sozialreformer und Vordenker des sozialen Rechtsstaates auf dem Mainzer Bischofsstuhl anlässlich seines 125. Todestages erklärte Lehmann am Samstag, 13. Juli, im Mainzer Dom: „Ketteler war kein distanzierter Beobachter, sondern ließ sich von der Not anrühren." Dabei sei es aber nicht geblieben, denn Ketteler „war zugleich ein großes Talent für die rasche Planung und wirksame Organisation von Hilfe vor Ort".
Lehmann erinnerte daran, dass Ketteler als Kaplan im westfälischen Beckum (1844) und bald darauf als Pfarrer in Hopsten (1846) sich zuerst der Armen und Kranken angenommen habe. Bereits als Kaplan habe er die Einrichtung eines Krankenhauses angeregt. In seiner Sorge um die Menschen habe er Infektionen nicht gefürchtet, sondern Typhuskranke gepflegt und Leichen gewaschen. Vor diesem Hintergrund bekannte Kardinal Lehmann: „Auch wir brauchen immer wieder diese eindrucksvolle Sensibilität und rasche Entschlossenheit." Sie müssten besondere Kennzeichen der sozialen und karitativen Aktivität von Christen sein.
Auch heute gebe es viele materielle Nöte, betonte Lehmann. Aber die Wahrnehmungsfähigkeit müsse noch viel größer sein, „weil die Not heute viele Gesichter hat, die nicht selten verschämt, verborgen und unsichtbar ist, besonders wenn es um tiefe Verletzungen und um Isolierung von Menschen geht". Der Kardinal ging auch auf das politische Engagement Kettelers ein, der sich als Vertreter seiner Region in die Frankfurter Nationalversammlung wählen ließ. In Frankfurt habe er im Bündnis mit den Liberalen sich grundlegend für die Menschenrechte eingesetzt und darum auch Freiheit für die Kirche gefordert. In der einzigen Rede, „die man ihn im Frankfurter Parlament halten ließ", zur Schulfrage, habe er die volle Lehr- und Lernfreiheit und das Recht der Gemeinden auf eine Volksschule verlangt. In einer vielbeachteten Totenrede für ermordete Abgeordnete warnte Ketteler vor der inneren Zersetzung großer Ideale wie Frieden, Gleichheit und Brüderlichkeit und ihrem verführerischen Missbrauch.
Pfarrer von Ketteler, der bald darauf die Aufgabe eines Propstes an der Hedwigs-Kirche in Berlin übernahm, hatte nach den Worten Lehmanns ein „untrügliches Gespür für die Grundrechte des Menschen". Diese sind „dem Staat vorgegeben. Sie sind jedem Menschen, weil er ein Geschöpf Gottes ist, verliehen und nicht von Gnaden des Staates". Deshalb konnte der Seelsorger „unerbittlich für alle Rechte kämpfen, die auch dem Gesetzgeber vor- und übergeordnet sind". Dafür habe sich Ketteler noch wirkungsvoller eingesetzt, seit er im März 1850 zum Bischof von Mainz ernannt wurde.
Nachdrücklich erinnerte Kardinal Lehmann an das Gelöbnis der katholischen Arbeitervereine vom 13. Juli 1934. Damals waren mehr als 5000 katholische Männer zum Grab des Sozialbischofs im Mainzer Dom gewallfahrtet und hatten dort ein Treuegelöbnis abgelegt. Es war ein Zeichen des Widerstandes und des Protestes gegen den Nationalsozialismus. Christentum und Kirche dürften sich nicht zurückziehen, sondern müssten die Frohe Botschaft in aller Öffentlichkeit verkünden, betonte Lehmann. Dazu gehöre auch der Mut der Männer von 1934, sich hier in Mainz zu Christentum und Kirche zu bekennen, auch wenn der damalige Gottesdienst lange durch eine alles übertönende, mit Lautsprechern übertragene Hitlerrede gestört wurde. Auch der im Oktober 2001 seliggesprochene Märtyrer Nikolaus Groß sei damals in Mainz dabei gewesen. Er bleibe in besonderer Weise ein Vorbild.
Kardinal Lehmann stellte das sozialpolitische Wirken von Bischof Ketteler besonders heraus. Er habe nicht nur Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen und Ordensgemeinschaften gegründet und unermüdlich an die „großen sozialen Fragen" erinnert,, sondern deutlich gemacht, dass „karitative Hilfe allein die Soziale Frage nicht lösen kann". Deshalb habe Ketteler ganz entschieden „die Brücke betreten, die von der karitativen Fürsorge zu Sozialreform und Sozialpolitik führt".
Zum Gedenken an das Gelöbnis von 1934 gingen die rund 1000 Gläubigen am Ende des Pontifikalamtes in einer Lichterprozession zum Grab Kettelers in der Marienkapelle im nördlichen Seitenschiff des Domes. Kardinal Lehmann hatte zu Beginn der Feier, an der auch Weihbischof Wolfgang Rolly und Generalvikar Dr. Werner Guballa teilnahmen, Gruppen der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) aus dem Bistum Mainz und den Nachbardiözesen, die mehr als 20 KAB-Banner mit sich trugen, willkommen geheißen. Zu den Konzelebranten gehörte der Verbandspräses der KAB Westdeutschlands, Pfarrer Clemens August Holtermann, Köln.
Vor dem Gottesdienst fanden in mehreren Gruppen Stadtführungen „Auf den Spuren von Bischof Ketteler" statt. Stationen dieses Rundgangs waren u.a. das ehemalige Knabenkonvikt und spätere Priesterseminar in der Mainzer Altstadt, die Augustinerkirche, die wiedererrichtete Pforte des im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörten Bischöflichen Palais auf dem Bischofsplatz und das dort errichtete Ketteler-Denkmal von Thomas Duttenhoeffer, Willigis-Gymnasium, Maria-Ward-Schule und die berufsbildende Ketteler-Schule nahe der St. Stephanskirche, in denen das geistige Erbe Kettelers lebendig gehalten wird.
Im Anschluss an das Pontifikalamt fand im Haus am Dom eine von der KAB veranstaltetes „Fest der Begegnung" statt. Dabei las die Mainzer Schauspielerin Gaby Reichardt Texte von Bischof Ketteler. Hans Werner Braun, Gernsheim, sang Lieder aus der Zeit Kettelers, insbesondere auch Arbeiterlieder.
Sk (MBN)
Mainz. Befürchtungen, nach dem Ausstieg aus der staatlichen Schwangerschaftskonfliktberatung könnten Rat suchende Frauen nicht mehr wie in früheren Jahren von den Beratungs- und Hilfeangeboten kirchlicher Beratungsstellen erreicht werden, haben sich nicht erfüllt. Dies betonte der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, am Donnerstag, 11. Juli, anlässlich der Unterzeichnung der Nachtragsvereinbarung mit der Landesregierung Rheinland-Pfalz über die Schwangerenberatung in den Bistümern Limburg, Mainz, Speyer und Trier in der Staatskanzlei in Mainz. Unter Hinweis auf die Jahresstatistik 2001/2002 teilte er mit, dass die Gesamtzahl der Beratungen im Wesentlichen stabil geblieben sei.
Zur Begrüßung hatte der Ministerpräsident betont: „Wir sind zusammen gekommen, um der guten Zusammenarbeit zwischen dem Land und den Bistümern einen weiteren Baustein hinzuzufügen." Es gehe darum, der Vereinbarung vom Dezember 2000 über die Schwangerenberatung Dauer zu geben. Die Erfahrung zeige, dass neben der eigentlichen Konfliktberatung ein vielfältiger Beratungsbedarf gemäß Paragraph 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes gegeben sei, unterstrich Beck. Durch die Förderung des Landes solle die Fachlichkeit der Beratung sichergestellt werden. Der Vertrag legt fest, dass das Land für die Dauer von fünf Jahren 42 Personalvollzeitstellen der katholischen Schwangerenberatungsstellen mit 25 Prozent der Kosten fördert.
In seinem Statement anlässlich der Unterzeichnung erklärte Lehmann weiter, dass die tatsächlich feststellbaren Einbrüche bei der Konfliktberatung im engeren, gesetzlichen Sinn sogar teilweise durch Steigerungen bei anderen Formen der Schwangerenberatung ausgeglichen werden konnten. Zugleich sei feststellbar, fügte Lehmann hinzu, dass Fälle der echten Schwangerenkonfliktberatung (aber ohne Ausstellung von Beratungsscheinen) nicht vollständig aus dem Tätigkeitsfeld der kirchlichen Beratungsstellen verschwinden. Als Beispiel verwies der Kardinal, der den Vertrag im Namen der vier Bistümer unterzeichnete, auf das Bistum Mainz, wo der Anteil dieser Beratungsform im Jahr 2001 zwischen 3,5 Prozent in Rheinland-Pfalz und 4,9 Prozent der Erstberatungen in Hessen gelegen habe.
Es gebe auch eine Zunahme bei der qualifizierten Beratung nach pränataler Diagnostik, berichtete Lehmann weiter. Darüber hinaus sei es gelungen, das familiäre Umfeld und die Männer besser einzubeziehen. In den Bistümern seien verschiedene Konzepte und Programme entwickelt worden, um die „Ausstiegslücke" zu überwinden. Das Bistum Speyer habe stellvertretend die Schwangerenberatung im Internet übernommen. In allen vier Bistümern gebe es entsprechende Stiftungen und stiftungsähnliche Einrichtungen. Das Bistum Mainz habe, ähnlich wie das Bistum Trier, gute Erfahrungen mit der Einrichtung eines „Netzwerks Leben" gemacht. Hier bringe das Bistum Limburg, das der Vereinbarung zum 1. Juli 2002 beigetreten ist, wertvolle Erfahrungen ein.
Zusammenfassend unterstrich Kardinal Lehmann, dass auch nach dem Systemwechsel die katholischen Beratungsstellen in Rheinland-Pfalz durch Beratung und Hilfe schwangerer Frauen in Notsituationen eine öffentliche Leistung erbringen, die dem Umfang und Charakter nach einen wesentlichen Bestandteil der sozialen Verantwortung darstelle. Sie habe sich weder zu einer Rest- noch zu einer Milieu-Beratung verändert, sondern nach wie vor offen und erfolgreich tätig für Frauen aus allen Schichten. „Wir haben Grund, unseren Beraterinnen für dieses Engagement zu danken."
Zugleich dankte Kardinal Lehmann dem Land Rheinland-Pfalz, dass es durch die Vereinbarung im Dezember 2000 und die jetzt erfolgte Verlängerung von Anfang an diesen katholischen Beratungsansatz auch in modifizierter Form anerkannt habe, wenigstens im Sinn von Paragraph 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Darum gehörten die kirchlichen Beratungsstellen auch im Interesse der betroffenen Frauen unverzichtbar in das Beratungsensemble im Land Rheinland-Pfalz. Namentlich dankte Lehmann in seinem Statement Ministerpräsident Kurt Beck, dem Vertreter des Sozialministeriums, Ministerialdirigent Wolfgang Glöckner, und dem Leiter des Katholischen Büros Mainz, Ordinariatsdirektor Bernhard Nacke. für den zügigen Abschluss der Vereinbarung.
Sk (MBN)
Mainz. Die katholischen Schwangerenberatungsstellen der Bistümer Mainz, Speyer, Trier und jetzt auch Limburg werden bis Ende 2007 vom Land Rheinland-Pfalz gefördert. Dies ist Gegenstand einer Vereinbarung zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und den Bistümern, die am Donnerstag, 11.Juli, durch Ministerpräsident Kurt Beck und den Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, im Namen der beteiligten Bistümer in der Mainzer Staatskanzlei unterzeichnet wurde.
Damit wird die Vereinbarung vom 6. Dezember 2000, die zunächst auf zwei Jahre befristet war, verlängert und auf das Bistum Limburg ausgedehnt. Dort werden seit 1. Juli 2002 nun auch keine Beratungsbescheinigungen mehr ausgestellt.
Die Beratungsstellen dieser Bistümer werden unter anderem den Aufgabenkatalog nach Paragraph 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes weiter wahrnehmen. Ministerpräsident Beck würdigte die Vereinbarung als weiteren Beleg für die gute Zusammenarbeit von katholischer Kirche und Landesregierung. Kardinal Lehmann dankte für die mit der Vereinbarung erneut gegebene Anerkennung und für die Unterstützung.
Nach der Vereinbarung erhalten die Schwangerenberatungsstellen in den vier Bistümern für insgesamt 42 Personalvollzeitstellen eine Landesförderung (bisher 40, für das Bistum Limburg kommen zusätzlich zwei Stellen hinzu). Sie erfolgt in Höhe von 25 Prozent der Kosten des Fachpersonals.
Die Beratungsstellen, die eine Förderung gemäß dieser Vereinbarung erhalten, sind auch berechtigt, Anträge bei der Landesstiftung "Familie in Not – Rheinland-Pfalz" und bei der Bundesstiftung "Mutter und Kind – Schutz des ungeborenen Lebens" zu stellen.
Paragraph 2 des „Gesetzes zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten" (Schwangerschaftskonfliktgesetz) beinhaltet unter anderem das Recht, sich in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen von einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle informieren und beraten zu lassen. Diesen Anspruch auf Beratung kann jede Frau und jeder Mann wahrnehmen.
Der damit gegebene Beratungsanspruch umfasst neben Sexualaufklärung und Familienplanung unter anderem Informationen über familienfördernde Leistungen und Hilfen für Kinder und Familien, einschließlich der besonderen Rechte im Arbeitsleben. Informiert wird auch über soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere, insbesondere über finanzielle Leistungen sowie Hilfen bei der Suche nach Wohnung, Arbeits- oder Ausbildungsplätzen oder deren Erhalt. Die Beratungsstellen sollen auch auf Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft hinweisen.
Sk (MBN)
Mainz. Der langjährige Ökonom und Finanzdezernent des Bistums Mainz, Domkapitular i.R. Josef Ludwig vollendet am Samstag, 27. Juli, sein 85. Lebensjahr. Einen Tag zuvor, am Freitag, 26. Juli, feiert der Jubilar sein Goldenes Priesterjubiläum. Ludwig war von 1961 bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahre 1987 Leiter der Finanz- und Vermögensverwaltung des Bistums Mainz und seit 1982 auch Ökonom des Bistums.
Josef Ludwig wurde am 27. Juli 1917 in Mainz-Gonsenheim geboren. Nach seinem Theologiestudium in Mainz wurde er wegen seines Militärdienstes und seiner Kriegsgefangenschaft erst zehn Jahre später als ursprünglich geplant (1952 statt 1943) zum Priester geweiht. Nach vierjähriger Kaplanszeit in Ober-Mörlenbach und Offenbach-Bieber und ein einjähriger Zusatzausbildung am Bischöflichen Institut für kirchliche Verwaltung in Köln trat Ludwig 1958 in den Dienst der Bistumsverwaltung in Mainz ein und wurde 1961 Direktor der Bischöflichen Finanzkanzlei.
Dem Mainzer Domkapitel gehörte Ludwig von 1970 bis 1991 an. Papst Johannes Paul II. verlieh ihm für seine Verdienste 1985 den Ehrentitel eines Prälaten. Für Prälat Ludwig standen als Finanzdirektor und Ökonom der Diözese Mainz immer seelsorgliche Belange im Mittelpunkt. Entschieden setzte er sich für die Belange der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, zum Beispiel für eine gerechte Bezahlung der Pfarrhaushälterinnen und der Seelsorgehelferinnen (heute Gemeindereferentinnen) sowie eine ausreichende Altersversorgung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst.
Sk (MBN)
Mainz. An seinem 80. Geburtstag hat der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann die Verdienste des emeritierten Professors für Pastoralliturgie, Msgr. Dr. Günter Duffrer, gewürdigt. Günter Duffrer wurde am 13. Juli 1922 in Bingen geboren. Von 1962 bis 1989 lehrte er an den Ausbildungsstätten für Pastorale Berufe des Bistums Mainz. Erst 1997 wurde er als Dozent für Liturgik am Institut für Kirchenmusik in Mainz und als Diözesanpräses der Kirchenchöre entpflichtet.
Im Rahmen einer Feierstunde zu Ehren des Jubilars erklärte Kardinal Lehmann in seiner Laudatio am Samstagabend, 13. Juli, im Erbacher Hof, in Mainz., dass Monsignore Duffrer durch seine Tätigkeit als Bischöflicher Sekretär bei Bischof Prof. Dr. Albert Stohr (1953-1958) und das vertiefende Studium der Theologie und Liturgie in Rom mit dem Lizentiat und abschließender Promotion (1958-1961) über die pastoralliturgischen Bemühungen des Mainzer Regens Markus Adam Nickel im 19. Jahrhundert „in idealer Weise vorbereitet war, die liturgischen Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils im Bistum Mainz mit verwirklichen zu helfen". Es sei für ihn eine dankbare Aufgabe gewesen, dass Bischof Prof. Dr. Hermann Volk ihn, der als Konzilsvater und Theologe in besonderer Weise an einer Erneuerung des Gottesdienstes beteiligt war, noch vor Konzilsende, im April 1965, zum „Diözesanbeauftragten für Liturgie" ernannte.
Durch seine Dozententätigkeit für Liturgie, besonders für Pastoralliturgik in allen Mainzer Ausbildungsstätten für Priester und Diplomtheologen, Pastoralreferent/inn/en und Gemeindereferent/inn/en, für Ständige Diakone und für Kirchenmusiker, habe Duffrer Generationen von hauptamtlich in der Seelsorge Tätigen geprägt. Nicht nur die „Professionellen", sondern auch die ehrenamtlichen Laiendienste „lagen Duffrer von Anfang an am Herzen", fügte Lehmann hinzu. Besonders die Kantorenkurse, vor allem im Zusammenhang der Einführung des „Gotteslob" und die Ausbildungskurse für Kommunionhelfer/innen (1968 bis 1989) habe er jahrzehntelang mit Hingabe gehalten. Auch außerhalb des Bistums sei Duffrer ein anerkannter Berater und geschätzter Referent gewesen, unterstrich der Kardinal. Er war viele Jahre Berater in der Liturgischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz (1971-1989). Mit dem Mainzer Diözesan-Kirchenmusikdirektor Heinrich Rohr habe ihn bis zum Tod des Alt-Meisters (1998) eine enge Zusammenarbeit und tiefe Freundschaft verbunden.
Zum Dank für sein segensreiches Wirken habe das Bistum dem Jubilar eine Festschrift gewidmet. Sie wurde ihm durch den Herausgeber, Dompräbendat Dr. Franz-Rudolf Weinert, in der Nachfolge Duffrers Dozent für Pastoralliturgik, und die Leiterin der Abteilung Publizistik im Bischöflichen Ordinariat Mainz, Dr. Barbara Nichtweiß, überreicht. Der Titel der Festschrift, „Geistlich leben aus dem Gottesdienst. Pastoralliturgie nach dem Konzil", verweise auf das besondere Charisma Duffrers, betonte Weinert. Zu Beginn der Feierstunde hieß Domdekan Weihbischof Wolfgang Rolly, Angehörige, Freunde und Weggefährten des Jubilars willkommen. Der Feierstunde voraus ging eine Dankvesper in der Gotthard-Kapelle des Domes.
Das Bändchen enthalte keine Beiträge anderer Autoren, sondern eine Auswahl von 18 Beiträgen Duffrers zu liturgiewissenschaftlichen und pastoralliturgischen Fragen. Sie umfassen den Zeitraum von 1969, der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, bis heute, wie Weinert unterstrich.. Der Jubilar könne auf reiche Jahre zurückschauen, „auf eine Zeit, in der sich viel bewegte und auch bewegen ließ". Duffrer betonte in seinem Dankeswort, er freue sich besonders darüber, dass vieles, das ihm am Herzen liege, nun auf diese Weise weitergegeben werde.
Kardinal Lehmann schreibt dazu in seinem Geleitwort: „Wenn wir zum Zeichen des Dankes eine Auswahl seiner wichtigeren Schriften herausgeben, so bietet diese Sammlung nicht nur einen interessanten Rückblick, der uns an die Ursprünge der liturgischen Erneuerung führt, sondern wir werden auch konfrontiert mit den ursprünglichen Zielen und frischen Anfängen der Liturgiereform, die nicht einfach erledigt sind oder abgehakt werden könnten, sondern uns immer wieder neu herausfordern und manchmal auch entlarven."
Das in drei Teile gegliederte Bändchen enthält im ersten Teil Beiträge „Zur Theologie der Liturgie", im zweiten Teil zur „Pastoralliturgie im Gefolge der Liturgiereform" und im dritten und letzten Teil Duffrers Überlegungen zum „Gottes-Lob", zur „Musik in der heiligen Liturgie". Das zweite Kapitel spiegelt, wie Weinert erläutert, ein Stück Rezeptionsgeschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils und erinnert an die Anfänge der Liturgiereform nach dem Konzil. Der Herausgeber hebt besonders hervor, dass Duffrer die Musik als wichtige Dimension der Liturgie besonders gepflegt hat. „Immer war sie ihm ein Anliegen, Liturgie und Musik als eine Einheit zu verstehen."
In einem Aufsatz über „Geistliche Aufbauhilfe der Gemeinde durch Laien", verwies Duffrer 1998 auf die Mitwirkung der Laien als Kommunionhelfer: „Man sollte nicht übersehen, dass es sich hier um eine der erstaunlichsten Früchte des Konzils handelt, wenn man an den geistlichen Aufbau der Gemeinde durch die Mithilfe des Volkes Gottes denkt." Duffrer kommt zu dem Schluss: „Wenn wir heute endlich die Notwendigkeit der Erwachsenenkatechese im Hinblick auf die immer dringlicher werdende Erwachsenentaufe entdecken, dann kann ich aus diesen Erfahrungen nur bestätigen, dass die Erkenntnis richtig ist, die Grundwahrheiten unseres Glaubens den Menschen im Erwachsenenalter in einer Neuevangelisierung zugänglich zu machen."
Im Anhang enthält das Bändchen den Nachweis der Erstveröffentlichungen der hier zusammen gestellten Beiträge von Dr. Duffrer. Die ausführliche, von Franz-Rudolf Weinert erstellte Bibliografie, verzeichnet sechs selbständige Publikationen, 83 Beiträge in Zeitschriften, Sammelwerken und Lexika, neun liturgische Bücher und Werkbücher, bei denen Günter Duffrer als (Mit-)Herausgeber tätig war.
Hinweis: Günter Duffrer. Geistlich leben aus dem Gottesdienst. Pastoralliturgie nach dem Konzil. Erschienen in der Reihe Mainzer Perspektiven. Berichte und Texte aus dem Bistum. Nr. 15, hrsg. von Dr. Franz-Rudolf Weinert, Abteilung Publikationen im Bischöflichen Ordinariat, Mainz 2002. 160 Seiten, 4 €.
Sk (MBN)
Mainz. Der erste Mainzer Erzbischof, der vom Papst seines Amtes enthoben wurde, war Erzbischof Heinrich (1142-1153), den die Päpstlichen Legaten Bernhard von S. Clementi und Gregor von S. Angelo an Pfingsten 1153 absetzten. Ihr Vorwurf an den Erzbischof lautete „Verschleuderung von Kirchengut" und „Unwürdigkeit". Selbst die Fürsprache Hildegards von Bingen und Bernhards von Clairvaux konnte die Entscheidung Papst Eugen III. nicht rückgängig machen. Heinrich war auf dem Weg zum Bischofsamt zunächst Propst des Mainzer Stiftes St. Viktor und anschließend Dompropst gewesen. Er gehörte zu den engsten Mitarbeitern von Adalbert I. (1110-1137), dem bedeutendsten Mainzer Erzbischof dieser Epoche.
Dies berichtet der Bonner Theologe Christoph Waldecker in seiner im Wintersemester 2000/2001 angenommenen Doktorarbeit, die nun als Buch erschienen ist. Waldecker untersucht das Leben und Wirken der Mainzer Erzbischöfe in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts (1100-1160). In welchen Spannungen die Erzbischöfe in dieser Zeit standen, wird aus dem Titel des Buches deutlich: „Zwischen Kaiser, Kurie, Klerus und kämpferischen Laien". Am härtesten bekam diese Spannungen Erzbischof Arnold (1153-1160) zu spüren. Der Nachfolger des beliebten und angesehenen Erzbischofs Heinrich hatte es in vielfacher Hinsicht schwer. Arnold galt als Freund des Stauferkönigs Konrad III., der ihn im Herbst 1151 zum Reichskanzler ernannte. Den Verdacht, er habe, als er 1152 im Auftrag Erzbischof Heinrichs von Mainz nach Rom reiste, dessen Absetzung mitbetrieben, konnte Arnold nie ganz ausräumen.
Wie hart die Auseinandersetzungen waren, zeigte sich zum Beispiel daran, dass Erzbischof Arnold zur Beilegung einer Fehde mit dem Pfalzgrafen Hermann bei Rhein verlangte, dass seine Gegner, an der Spitze der Pfalzgraf, zur „Harnescharre" verurteilt wurden. Sie mussten einen Eselssattel oder andere Gegenstände über der Schulter, im härenen Gewand und barfuss vom Stift St. Peter zum Kloster St. Alban tragen. Stift und Kloster lagen außerhalb der Stadtmauern. Der Pfalzgraf musste die demütigende Strafe des „Hundetragens" auf sich nehmen und dazu einen Jagdhund auf seinen Schultern zum Kloster schleppen. Auch Arnold selbst wurde von Friedrich I. im Sinn des Ausgleichs und der Friedensstiftung zu dieser Strafe verurteilt. Sie wurde ihm jedoch wegen seines Lebenswandels und seines hohen Alters erlassen.
Die Konflikte Arnolds mit dem Mainzer Adel und den Ministerialen, die am Aufstand gegen ihn beteiligt waren, führten schließlich zu der Ermordung des Erzbischofs am 24. Juni 1160 im Kloster St. Jakob vor Mainz. Der Erzbischof hatte wohl die Bedrohlichkeit seiner Lage falsch eingeschätzt und sich nach einer Romreise wieder in seine Bischofsstadt gewagt. Nach seiner Heimkehr stürmten bewaffnete Mainzer Bürger das Kloster St. Jakob und ermordeten den Erzbischof. Papst Viktor der IV. sprach über die Mörder Arnolds den Bann aus (1161), und zwei Jahre später verurteilte Friedrich I. bei einer Fürstenversammlung in Mainz die Mörder Arnolds zu „ewiger Verbannung" und befahl, die Mauern der Stadt zu schleifen.
Die Mainzer Erzbischöfe der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts standen in ihrer weltlichen Politik und der Leitung des größten Erzbistums nördlich der Alpen, wie aus dem Schicksal Arnolds hervorgeht, nicht nur in den Spannungen der Gegensätze zwischen Papst und Kaiser, Welfen und Staufern, sondern auch in den Konflikten, die sich aus den Beziehungen zum aufstrebenden Adel, dem Machtzuwachs des Domkapitels und der wachsenden Selbständigkeit des Bürgertums ergaben.
Christoph Waldecker schildert all dies in den verschiedenen Kapiteln seines Buches. Nach einem einleitenden biografischen Teil, in dem er die Erzbischöfe Ruthard (1089-1109), Adalbert I. (1110-1137), Adalbert II. (1137-1141), Marcolf (1141-1142), Heinrich (1142-1153) und Arnold (1153-1160) porträtiert, beleuchtet er die Beziehungen zu den Päpsten und in einem weiteren Kapitel die Beziehungen zu den kirchlichen Kräften in Mainz, zu denen neben dem Domkapitel die Prioren der Stifte und die Äbte der Klöster gehörten, sowie zum Adel, der Ministerialität und den Bürgern von Mainz.
Waldecker legt in seinem Buch dar, dass die Mainzer Erzbischöfe in ihren Beziehungen zum jeweiligen Papst und Kaiser bzw. König verhindern wollten, mit beiden gleichzeitig in Konflikt zu geraten. Die Erzbischöfe wechselten je nach Situation immer wieder die Fronten. Der einzige, der gegen den unausgesprochenen Grundsatz dieser erzbischöflichen Politik verstieß, wurde prompt im Konflikt zwischen Friedrich Barbarossa und Papst Eugen zerrieben.
Alle Erzbischöfe dieser Zeit auf dem Mainzer Bischofsstuhl fühlten sich in gleicher Weise der Tradition des Erzbischofs Bonifatius verpflichtet, durch dessen Bedeutung Mainz als das erste Bistum im Reich und sein Inhaber als erster Reichsfürst nach dem König galt. Die Mainzer Erzbischöfe standen der größten Kirchenprovinz des Abendlandes vor und dem Erzbischof waren 14 Suffragan-Bischöfe untergeordnet, von Verden im Norden bis Chur im Süden, sowie von Straßburg im Westen bis Olmütz im Osten. In einem Spruch, der am Hochaltar des Mainzer Domes gestanden haben soll, wird Mainz als „Goldene Stadt" und „besondere Tochter der Römischen Kirche" bezeichnet. Die Vorrangstellung des Erzbistums Mainz vor den anderen (Erz-)Bistümern brachte der bedeutendste Mainzer Erzbischof dieser Epoche, Adalbert I., am deutlichsten zum Ausdruck.
Zur differenzierten Betrachtung hat der Autor eine Unterteilung in zehn Untersuchungsgebiete vorgenommen: Stadt Mainz, Rheingau, Nahe, Lahn, Main, Wetterau, Nordhessen, Leine-Weser, Eichsfeld und Thüringen. Dabei stand als Leitfrage im Mittelpunkt: „Wie standen Klerus, Adel und Ministerialität zu ihrem Oberhirten?"
Hinweis: Christoph Waldecker. Zwischen Kaiser, Kurie, Klerus und kämpferischen Laien. Die Mainzer Erzbischöfe 1100 bis 1160. Erschienen in der Reihe Quellen und Abhandlungen zur mittelrheinischen Kirchengeschichte. Im Auftrag der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte. Herausgegeben von Franz Staab, Band 101, Selbstverlag der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte, Mainz 2002, 452 Seiten, broschiert. € 41,-.
Sk (MBN)
Der SPIEGEL verbreitet in seiner heutigen Ausgabe gegen einen Priester des Bistums Mainz den Verdacht, einen ihm zur Personensorge anvertrauten 14-jährigen Jugendlichen sexuell missbraucht zu haben. Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der ersten Vermutungen in dieser Richtung hat das Bistum mit der Information des Jugendamtes und – auch auf Bitten des Betroffenen – der zuständigen Staatsanwaltschaft die ersten notwendigen Schritte eingeleitet. Bis zur Klärung der Vorwürfe ist der Betroffene von seinen priesterlichen Ämtern beurlaubt. Die notwendige innerkirchliche Untersuchung ist eingeleitet. Im Übrigen nehmen wir Bezug auf die Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz vom 14. Juli.
(MBN)
Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, zum Bericht des SPIEGEL vom 15. Juli 2002 „Vertuschen und Versetzen"
In seiner morgigen Ausgabe behandelt der SPIEGEL das Thema pädophiler Straftaten von Priestern. Dabei stützt er sich auf Einzelfälle, deren Darstellung auch mich sehr beunruhigt. Wir werden dieser Berichterstattung rasch und intensiv nachgehen und gegebenenfalls nicht davor zurückschrecken, die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Besonders schmerzt mich das Leid, das den Opfern in solchen Fällen zugefügt wird.
Die Deutsche Bischofskonferenz erörterte eingehend Maßnahmen zur Prävention und Aufarbeitung von Fällen pädophilen Fehlverhaltens kirchlicher Mitarbeiter und wird diese auf der kommenden Herbstvollversammlung im September verabschieden. Wir müssen uns allerdings selbstkritisch fragen, ob wir diesbezüglich nicht noch konsequenter werden vorgehen müssen. Allerdings stoßen wir dabei nicht selten an die Grenzen einer schnellen und verlässlichen Aufklärbarkeit. Reichen die Indizien, wird der Betreffende sofort vom Dienst suspendiert, wie ich bereits im Gespräch mit dem SPIEGEL vom 24. Juni 2002 / Nr. 26 erklärt habe. Wir wissen uns hier im Einklang mit den Forderungen des Papstes und den Regelungen der US-Bischofskonferenz. Die Kirche befindet sich wie die Gesellschaft in einem Lernprozess über diese ernste Problemat.
(MBN)
Mainz/Rüsselsheim. Nach der Beurlaubung des Pfarrers der Gemeinde Rüsselsheim-Hassloch, Norbert E., wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen wird die Bistumsleitung nun den Pfarrer der Nachbargemeinde Rüsselsheim-Königstädten, Ulrich Jung, zum vorläufigen Pfarradministrator bestellen, sobald er von einer Ferienreise zurück ist. Diese vorläufige Regelung wurde zwischen Vertretern der Bistumsleitung und dem Pfarrgemeinderat der Gemeinden Dreifaltigkeit und Auferstehung Christi in Rüsselsheim-Hassloch am Abend des 18. Juli 2002 besprochen. Außerdem wurde die Vertretung in den Gottesdiensten während der Urlaubszeit geregelt.
Pfarradministratoren haben dieselben Rechte und Pflichten wie ein Pfarrer. Sie sind für die von ihnen verwalteten Pfarreien verantwortlich. Eine Neubesetzung der Pfarrei in Rüsselsheim-Hassloch kann erst nach dem endgültigen Ausscheiden des bisherigen Pfarrers sowie einer Neuausschreibung der dann vakanten Pfarrstelle erfolgen. Unterdessen wurde seitens des Pfarrgemeinderats erklärt, die Gemeinde „sei keineswegs verlassen": „Die Verantwortlichen des Pfarrgemeinderates sind die ganze Zeit mit aller Kraft bemüht, innerhalb der Pfarrgemeinde Hilfestellung zu leisten."
Unterdessen läuft die kircheninterne Vorermittlung gegen den betroffenen Priester unter Leitung des Justitiars des Bistums weiter. Im Rahmen dieses Vorermittlungsverfahrens werden die be- und entlastenden Beweise erhoben. Nach Abschluss dieses Verfahrens (vgl. CIC can. 1717) entscheidet der Bischof, ob der Fall nach den geltenden kirchenrechtlichen Bestimmungen offiziell nach Rom berichtet werden muss; in diesem Fall entscheidet man dort über das weitergehende Verfahren. Parallel zu den kircheninternen Untersuchungen läuft die strafrechtliche Ermittlung, die von der Staatsanwaltschaft Darmstadt geleitet wird. Das Bistum hatte von Anfang an die Staatsanwaltschaft – auch auf Bitte des betroffenen Priesters – eingeschaltet.
(MBN)
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie haben mir im Zusammenhang von Beschuldigungen gegen einen Pfarrer unseres Bistums wegen sexueller Übergriffe auf Minderjährige geschrieben. Ich habe sorgfältig alle Briefe und e-mails gelesen. Ich bin aber schlechterdings nicht in der Lage, persönlich jeden einzelnen Brief gesondert zu beantworten. Dies tut mir leid, aber ich stehe unmittelbar vor der Abreise zum Weltjugendtreffen in Toronto, wo ich aus vielen Gründen anwesend sein muss. Nach meiner Rückkehr habe ich seit Monaten meinen Urlaub gebucht, den ich auch nicht verschieben kann. Schließlich häufen sich immer vor den großen Ferien zahlreiche Verpflichtungen. Ich bitte Sie deshalb um Verständnis, wenn ich Ihnen einen gemeinsamen Brief schreiben muss. Dabei dürfen Sie voraussetzen, dass ich Ihre einzelnen Briefe genau zur Kenntnis genommen habe und dass ich in einigen Fällen wirklich auch neue Erkenntnisse gewonnen habe.
Wenn ich die gesamte Sach- und Diskussionslage sowie auch Ihre Einlassungen vor Augen habe, muss ich einige Feststellungen treffen, die ich inzwischen in einem FAZ-Artikel zusammengefasst habe und den ich Ihnen beilege. [siehe Dokumentation in dieser Ausgabe der MBN Seiten 14-15]. Im Blick auf die Mainzer Situation möchte ich nur wenige Dinge hinzufügen:
Im konkreten Fall hat der betroffene Priester sich – gewiss zum Ärger mancher in der Gemeinde – sehr intensiv mit gefährdeten Jungen aus schwierigen Familien und Verhältnissen gekümmert. Man erwartet dies auch gerade von einem noch jüngeren Priester. In diesem Zusammenhang hat er auch auf Bitten der Mutter und mit Einverständnis des Jugendamtes Frankfurt sowie der Zustimmung des Bischöflichen Ordinariates in Mainz den Jungen in das Pfarrhaus aufgenommen. Bis heute gibt es keinen Beleg, dass er sich sexuell an diesem Jungen vergriffen hat. In anderen Fällen – im Blickpunkt steht vor allem ein recht lange zurückliegender Falle – bedürfen die Vorwürfe einer sehr sorgfältigen Untersuchung. Diese Untersuchungen sind sowohl von staatlicher wie kirchlicher Seite auch im Gange. Insgesamt trifft man dabei auf eine sehr schwierige und komplizierte Verflechtung einer ganzen Reihe von beteiligten Personen und ihrer Milieus. Wir müssen hier erst vieles entwirren, haben damit viel zu tun und tragen auch allen Beteiligten gegenüber eine große Verantwortung.
Ich muss nicht eigens betonen, dass wir jeden tatsächlichen Fall von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen sehr bedauern. Jeder Fall ist ein Fall zu viel. Wir müssen in erster Linie um die Opfer besorgt sein. Aus allen diesen schmerzlichen Erfahrungen der Vergangenheit und auch der Gegenwart haben wir gelernt und wollen wir weiter lernen. Wir werden auch im Bistum Mainz in Zukunft noch mehr diesbezüglichen – wenn auch noch so vagen – Hinweisen verstärkt nachgehen und uns um eine frühzeitige Aufklärung bemühen. Wir sind dabei allerdings auch nach wie vor auf eine aktive Mitverantwortung und Mithilfe aller in unseren Gemeinden angewiesen.
In diesem Sinne bitte ich auch in diesem Falle und künftig um Ihr Vertrauen sowie um ihre Unterstützung und bleibe mit freundlichen Grüßen
Ihr
+ Karl Kardinal Lehmann
(derzeit auf dem Weltjugendtreffen in Toronto)
Ein besonderes Phänomen bedrückt zur Zeit die katholische Kirche: Es sind Fälle sexueller Übergriffe von Priestern auf Minderjährige, vor allem an Jungen, bekannt geworden. Nüchtern betrachtet muss man wohl mit weiteren Enthüllungen dieser Art rechnen.
Dies trifft die Kirche in diesem Land ähnlich wie in den Vereinigten Staaten ins Mark. Auch wenn der Umfang dort sehr viel größer ist, so ist jeder Fall einer zu viel. Man wagt eigentlich nicht, von „Fällen" zu sprechen, wenn man an die seelischen Verwundungen der einzelnen Opfer denkt. Der Schock sitzt auch so tief, weil diese Verfehlungen einzelner eine Institution treffen, die stets für Ordnung in den sexuellen Beziehungen eintritt und nun selbst empfindlich getroffen wird. Viele, die die Moralansprüche der Kirche ohnehin beargwöhnen, sehen sich in ihren Urteilen bestätigt.
Einige Fälle sind neueren Datums. Aber die Medien stochern auch gerne in den letzten Jahren herum, um eine möglichst beeindruckende Liste derartiger Verfehlungen präsentieren zu können. Nicht selten geht man dabei wenig differenziert vor.
Sobald solche Verdachtsfälle aufgeklärt sind, erscheint die Entwicklung rückblickend immer eindeutig und transparent gewesen zu sein. Tatsächlich jedoch sind solche Situationen fast nie so eindeutig, wie sie im Nachhinein erscheinen mögen. Manchmal handelt es sich um bloße Gerüchte. Bisweilen ergeben sich daraus gewisse Verdachtsmomente. Auch wenn man diesen sorgfältig nachgeht, muss man oft feststellen, dass sie beim besten Willen mit den der Kirche zur Verfügung stehenden Mitteln nicht ausreichend aufgeklärt werden können. Wir tappen oft länger im Dunkeln. Wer nur vom Endpunkt gewonnener Erkenntnisse aus denkt, hat keine Ahnung von den Grenzen der Aufklärbarkeit. Der Pädophile leugnet meistens, solange er nur kann; seine Einsicht in Schuld fehlt. Betroffene im Umkreis schweigen oder ziehen sich bei näherem Nachfragen ins Unverbindliche zurück. Es ist nur zu leicht, aber dennoch falsch, angesichts dieser Schwierigkeiten rasch von „Vertuschung" zu reden.
Sexuelle Verfehlungen gerade gegenüber Kindern machen zornig. Dennoch sollte man auch unter diesen Umständen jedem Beschuldigten das Recht auf ein faires Gehör und eine peinlich genaue Untersuchung zugestehen. In einer der gerade laufenden Ermittlungen musste der Staatsanwalt öffentlich darauf hinweisen, dass die bisher vorgebrachten Vorwürfe „sehr dünn" seien. Er hat ausdrücklich vor einer Vorverurteilung gewarnt.
Die Erfahrung lehrt, dass das Umfeld solcher Fälle sehr verschieden sein kann. Manchmal kommen betroffene Kinder bzw. Jugendliche auch aus schwierigen Lebensverhältnissen. Seelsorge will gerade auch in schwierigen Situationen dieser Art helfen, manchmal vielleicht sogar etwas zu naiv, kann dadurch aber auch rasch selbst in Situationen der Gefährdung kommen.
Alle diese Aspekte entschärfen freilich nicht das Unrecht solcher Verfehlungen. Wenn der Kirche Kinder und Jugendliche anvertraut werden, ist ein Missbrauch dieses Vertrauens – moralisch wie juristisch – unerträglich und untragbar. Gewiss gibt es diese Verfehlungen auch in anderen Berufsgruppen und nicht zuletzt leider auch in den Familien selbst. Aber die Kirche stellt sich hier selbst unter einen besonderen Anspruch; deshalb wiegt jede Schwäche um so schwerer. Wir müssen uns jetzt selbstkritisch fragen, ob es uns immer gelungen ist, dem Handlungsanspruch in einzelnen Fällen gerecht zu werden. Ich will damit nicht den Stab brechen über Verantwortliche der letzten Jahre und Jahrzehnte in den Diözesen, die unter anderen Rahmenbedingungen gearbeitet und nicht selten auch unter den Grenzen der Aufklärungsmöglichkeiten gelitten haben. Doch nachdem inzwischen mehr bekannt ist über das Problem und Ausmaß der Pädophilie und ihre zerstörerischen Folgen, ist es an der Zeit, noch energischer und effektiver vorzugehen. Dabei ist auch klar, dass eine rein strafrechtliche Behandlung im Falle solcher sittlicher Verfehlungen für die Kirche nicht genügen kann.
In unseren vergleichsweise recht großen und personalintensiven Diözesen herrschte bisher die Überzeugung vor, man werde im eigenen Bereich schon selbst mit derartigen Problemen fertig. Es wächst nun jedoch über die einzelnen Diözesen hinaus das Bedürfnis nach Transparenz, Koordination und gemeinsamen Leitlinien der Prävention, Therapie und des Vorgehens. Auch die stärkere Einbeziehung externer Experten und Ansprechpartner wird empfohlen, zum Teil auf überdiözesaner Ebene. In anderen Ländern werden solche neuen Wege teilweise bereits begangen; auf der Ebene der Deutschen Bischofskonferenz werden sie derzeit gerade geprüft. Zudem gibt es seit 1.1.2002 neue Richtlinien der römischen Glaubenskongregation, wonach bei wahrscheinlichen pädophilen Verfehlungen von Priestern an Minderjährigen unter 18 Jahren eine Meldepflicht nach Rom besteht und man von dort aus das weitere Verfahren bestimmt. Auch darum besteht bei uns neuer Bedarf an Koordinierung. Ich wäre persönlich erleichtert, wenn in unserer Bischofskonferenz sobald wie möglich entsprechende Übereinstimmung erzielt und Beschlüsse gefasst werden könnten. Vielleicht kann so auch verloren gegangenes Vertrauen wiedergewonnen werden.
Der Autor ist Bischof von Mainz und Vorsitzender der Deutschen Bischofkonferenz, vertritt hier jedoch seine persönliche Meinung.
Hinweis: Dieser Text ist am 22. Juli in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter der Rubrik „Fremde Federn" erschienen .
(MBN)