Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 11

23. März 2000

Datum:
Do. 23. März 2000
Von:
MBN

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Jürgen Strickstrock, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz 
Postanschrift: Postfach 1560, 55005 Mainz, Tel. 06131/253-128 oder 129, Fax 06131/253-402. E-Mail: pressestelle@bistum-mainz.de

Berichte

  • Katholikenrat: Erstmals Frau an der Spitze 
  • Fastenhirtenwort von Bischof Lehmann zur Ökumene 
  • Rheinland-Pfalz-Ausstellung: Junge Seite der Katholischen Kirche 
  • "Ein Tag wie in Taizé" begeistert 
  • Sport ist von unverzichtbarem Wert für die Gesellschaft 
  • Ökumenische Notfallseelsorge geht in Mainz an den Start 
  • Reiter: Klares Nein gegen eugenische Selektion 
  • Diözesanversammlung 2000 des KDFB
  • KDFB-Präsidentin Steichele ermutigt Frauen 
  • Härtere Strafen gegen Internet-Kriminalität gefordert  
  • Die Apokalypse nicht den Sekten überlassen
  • Lehmann: Hoffnung auf ein größeres Europa 
Berichte 

Katholikenrat: Erstmals Frau an der Spitze

Darmstädterin Dr. Hildegard Dziuk bei konstituierender Sitzung zur Vorsitzenden gewählt

Mainz. Die Darmstädter Ärztin Dr. med. Hildegard Dziuk (39) wurde bei der konstituierenden Sitzung des neuen Katholikenrats im Bistum Mainz am Samstag, 18. März, in Mainz zur Sprecherin gewählt. Mit der neuen Vorsitzenden steht in der mehr als 30-jährigen Geschichte des höchsten Laiengremiums der Diözese zum ersten Mal eine Frau an der Spitze. Die Medizinerin ist bereits seit sechs Jahren Mitglied des Katholikenrates und hat nun die Nachfolge des im September 1999 plötzlich verstorbenen Manfred Römermann angetreten.

Die Neukonstituierung des Katholikenrates ergab sich aus den Pfarrgemeinderatswahlen vom 7. November 1999. Dziuk war bereits in der letzten vierjährigen Amtszeit stellvertretende Sprecherin des Gremiums. Die 41 - von 64 möglichen - stimmberechtigten Delegierten aus den Dekanaten, den Verbänden und dem Beirat von Katholiken anderer Muttersprache und die fünf neu hinzugewählten Mitglieder wählten bei ihrer Sitzung im Bildungszentrum Erbacher Hof Hildegard Pieroth (61), Hanau-Steinheim, und Reinhold Jäger (58), Mörlenbach, zu stellvertretenden Vorsitzenden.

Dziuk kommt aus der Pfarrgemeinde Darmstadt-Liebfrauen. Beruflich ist sie im Schuldienst an der Berufsbildenden Schule in Michelstadt/Odw. tätig. Schwerpunkt ihrer bisherigen Tätigkeit auf Diözesanebene war ihre Mitarbeit im Sachausschuss Bewahrung der Schöpfung der Diözesanversammlung. In ihrer Heimatpfarrei engagiert sie sich vor allem in der Ökumenischen Arbeit und in einer Hospizgruppe. Pieroth, seit neun Jahren im Katholikenrat, war bereits in der vergangenen Amtszeit stellvertretende Sprecherin. Jäger gehört dem Katholikenrat seit acht Jahren an.

Der Dezernent für die pastoralen Räte im Bistum Mainz, Generalvikar Dr. Werner Guballa, erklärte in seiner Predigt in der Eucharistiefeier mit den Mitgliedern des neuen Katholikenrates: "Wir werden uns immer besser kennenlernen, vieles miteinander bedenken und besprechen. Wir werden Enttäuschungen erfahren, Meinungsverschiedenheiten aushalten und hoffentlich auch austragen. Wir werden versuchen, eine Kultur zu entwickeln, in der wir auch streiten können."

An Themen, mit denen sich der Katholikenrat in den nächsten Jahren befassen wird, nannte Guballa, der dem Gremium als beratendes Mitglied angehört, u.a. das Profil der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und den besonderen Schutz des Sonntags. Daneben verwies er auf die Sorge um die Bildung und Ausbildung junger Menschen und die Umsetzung der Ökumene im Alltag. In der Diskussion um die künftigen Schwerpunkte ihrer Arbeit nannten die Mitglieder des Katholikenrates darüber hinaus die Stärkung der Familie, den interreligiösen Dialog und das Diakonat der Frau. Auch das Engagement für die Entschuldungsaktionfonds des Bistums, die Jugendpastoral und die Medienarbeit wurden als weitere Schwerpunkte genannt.

Die Geschäftsführerin des Katholikenrates, Martina Reißfelder, erklärte, dass die Mitglieder des neuen Katholikenrates gleichmäßiger aus allen Regionen des Bistums kommen als in den vergangenen vier Jahren. Damit sei das Gremium weniger "mainzzentriert" als zuletzt. Wie sie weiter mitteilte, ist der Altersdurchschnitt des Gremiums gesunken, allerdings auch der Frauenanteil. Die Nennung genauer Zahlen hierzu sei jedoch noch nicht möglich, weil noch verschiedene Nachwahlen für den Katholikenrat anstehen. Neben den Vorstandswahlen gab es bei der konstituierenden Sitzung eine Reihe weiterer Wahlen. So wurden als Delegierte für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) bestimmt: Roland Hohenstein, Darmstadt, Hildegard Pieroth, Steinheim, und Prof. Dr. Bernd-Thomas Ramb, Linden. Vertreter in den Landesarbeitsgemeinschaften der Katholikenräte wurden Dr. Elmar Schmidt, Viernheim, und Dr. Hans-Jörg Wilhelm, Gießen, in Hessen, und Kurt Jansen, Alzey, und Wilhelm Schier, Mainz, in Rheinland-Pfalz. Darüber hinaus wurden auch zehn Delegierte des Katholikenrates für den Diözesan-Pastoralrat und vier Delegierte für den Diözesan-Kirchensteuerrat benannt.

BL (MBN)

 

Fastenhirtenwort von Bischof Lehmann zur Ökumene 

"Die Botschaft von der Rechtfertigung trifft auch heute die Menschen ins Herz"

Mainz. Der Bischof von Mainz, Dr. Karl Lehmann, lenkt in seinem diesjährigen Hirtenwort zur Österlichen Bußzeit die Aufmerksamkeit der Gläubigen auf die Gemeinsame Erklärung des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen Kirche zur Rechtfertigungslehre vom 31. Oktober 1999 in Augsburg. Der Fastenhirtenbrief, der am zweiten Fastensonntag, 18. März, in allen Gottesdiensten - wie auch in den Vorabendmessen am Samstag Abend - bekannt gegeben wird, trägt den Titel "Frei aus Gnade".

Lehmann bittet die Gläubigen in den Gemeinden um ihr Vertrauen für diesen Weg von Theologie und Kirche zur Einheit der Christen. Er ruft dazu auf, sich ernsthaft um tiefere Einsichten in diese ökumenische Erklärung zu bemühen und stellt fest: "Wir haben jetzt schon so viel erreicht, dass wir die Kraft zu aktiver Geduld aufbringen sollten, um die letzten Hindernisse glaubwürdig zu überwinden."

Die Botschaft von der Rechtfertigung sei "keine überflüssige Lehre von gestern", sondern treffe auch heute die Menschen ins Herz. "Wir können bei aller Anstrengung den wahren Sinn des Lebens, der auch in Not und Tod noch Halt geben kann, nicht von uns aus schaffen. Wir zerbrechen auch immer wieder an der Aufarbeitung vergangener Schuld und brauchen schließlich eine Vergebung, die uns nur von außen, von Gott, geschenkt werden kann", erklärt der Bischof. Er verweist darauf, dass die Menschen stets in Gefahr sind, in einer Haltung unverbesserlicher Selbstgerechtigkeit sich selbst zu rechtfertigen. Mit einer solchen Einstellung seien sie jedoch nicht in der Lage, wirklich für die Armen, Schwachen und Verlorenen einzutreten.

 

Rheinland-Pfalz-Ausstellung: Junge Seite der Katholischen Kirche 

Bistum Mainz präsentiert Jugendverbände auf Rheinland-Pfalz-Ausstellung

Mainz. Obwohl es eigentlich nichts zu verkaufen gibt, hat das Bistum Mainz zum fünften Mal einen Stand auf der jährlichen Rheinland-Pfalz-Ausstellung im Mainzer Volkspark. "Die Kirche muss präsent sein und kann hier ihren Facettenreichtum zeigen" erklärt Susanne Metzger-Rehn von der Öffentlichkeitsarbeit des Bischöflichen Ordinariats. In den vergangenen Jahren standen Themen wie Ordensgemeinschaften, Katholikentag oder Kirchensteuer auf dem Programm.

Auf der Rheinland-Pfalz-Ausstellung 2000 (18.-26. März) rücken der Bund der Deutschen Katholischen Jugend bzw. das Bischöfliche Jugendamt und die Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Mainz die Jugendarbeit unter dem Motto "junge Kirche im jungen Jahrtausend" in den Mittelpunkt. Frau Metzger-Rehn erwartet nach den Erfahrungen der ersten beiden Tage in diesem Jahr weniger intensive persönliche Gespräche mit den Besuchern als früher, da die Informationen im Vordergrund stünden. Die Möglichkeit dazu sei aber dennoch gegeben, zumal Bischof Dr. Karl Lehmann, der Dezernent für Jugendseelsorge, Domkapitular Prälat Heinz Heckwolf, die Dezernentin für Schulen und Hochschulen Dr. Gertrud Pollak, und der Dezernent für Caritas- und Sozialarbeit, Hans-Jürgen Eberhardt jeweils für einige Stunden als Gesprächspartner zur Verfügung stehen.

Der Bund der Deutschen Katholischer Jugend als Dachverband und die einzelnen katholischen Jugendverbände mit insgesamt etwa 17.000 Mitgliedern im Bistum stellen sich im Volkspark vor. Der gegenüber dem Vorjahr mit 40 Quadratmetern in diesem Jahr weitaus größere Stand wird von einer Plakatwand dominiert, auf der die einzelnen Verbände skizziert werden. Nach der Ausstellung wird diese Wand auf Wanderausstellung in die Gemeinden gehen. In der Mitte des Raumes kann man Bälle eine große Spielbahn hinunterlaufen lassen, die dabei die "Eckpunkte" der Jugendverbandsarbeit kreuzen. Diese sind z.B. Selbstbestimmung, Aus- und Weiterbildung oder Glaubenserfahrung und -mitgestaltung. Jeden Tag stellt sich auf der Ausstellung ein anderer Verband vor und ist mit Ansprechpartnern vertreten. Dazu zählen die Katholische Landjugendbewegung (KLJB), die Katholische Junge Gemeinde (KJG), mit einer Sinneswand zum Fühlen, Tasten und Schmecken und die Gemeinschaften Christlichen Lebens (GCL) sowie die Pfadfinderverbände mit Zelten.

Der BDKJ setzt sich für eine gerechte, menschenwürdige und demokratische Gesellschaft ein. Seine von der Basis gewählten Vertreter nehmen die Interessen der Verbände gegenüber Staat, Öffentlichkeit und Kirche wahr. Nach der Aussage des Referenten für Öffentlichkeitsarbeit des BDKJ, Oliver Schopp, will man auf der Rheinland-Pfalz 2000 zeigen, dass auch die Jugendverbände Kirche gestalten und ihr ein jüngeres Image geben. Eines der Anliegen des BDKJ ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Ehrenamt. Die Veranstalter präsentierten dazu eine Mappe mit dem Titel "Sprungbrett Ehrenamt". In sie kann man Nachweise ehrenamtlicher Tätigkeiten und Belege dafür eintragen lassen. Ziel ist es, das Engagement im Ehrenamt für den beruflichen Werdegang nutzen zu können.

Auch Matthias Weber, Diözesanreferent Gemeinschaften Christlichen Lebens von Jungen und Männern (GCL-JM) bzw. Mädchen und Frauen (GCL-MF)), stellte beide vor. Er sprach die Besucher an und verteilte Prospekte. Die GCL sind mit ca. 800 Mitgliedern im Bistum Mainz eher kleine Verbände. Ihr Betätigungsfeld ist der Lebensraum Schule an Gymnasien und Realschulen. Die Hauptanliegen der Mitglieder liegen im Bereich der Spiritualität z.B. in der Suche nach der Verwirklichung des Glaubens im eigenen Leben. Doch auch politisches Engagement und Verantwortung sollen in Gruppenstunden und Wochenendveranstaltungen erlernt werden. Nicht zuletzt nehmen auch die Probleme des Erwachsenwerdens einen breiten Raum im Programm des Verbandes ein. Für Katharina Linder ist die Präsenz ihrer Gemeinschaft wie ein Mosaikstein zu sehen, der sich in ein Gesamtbild einfügt.

An seinem Stand in der Halle 26 bietet das Bistum Mainz nicht nur Informationsblätter und Broschüren zum Thema Jugendarbeit an. Auch die Themen der vergangenen Jahre sind noch greifbar. Die Teilnahmescheine für das Preisausschreiben zum Thema Jugendverbände, die schon Säcke füllen, zeugen vom regen Zuspruch von Beginn an. Der erste Preis ist eine Ferienwoche für zwei Personen am Lago Maggiore. Die Gewinner werden am Sonntag, 26. März, am Stand des Bistums gezogen und auf dem Postweg benachrichtigt.

mso (MBN)

 

"Ein Tag wie in Taizé" begeistert 

Ökumenischer Taizé-Tag im Mainzer Willigis-Gymnasium fand großen Zuspruch

Mainz. Was macht den Geist von Taizé aus, dass Jugendliche aus aller Welt immer wieder dort hinfahren? Eine Antwort darauf versuchte die Veranstaltung "Ein Tag wie in Taizé" am Samstag, 18. März, im Mainzer Willigis-Gymnasium zu vermitteln. Der Tag wurde von der Katholischen Jugendzentrale und dem Evangelischen Stadtjugendamt ausgerichtet. Mehr als ein Drittel der etwa 250 Besucher zwischen 15 und 21 Jahren, darunter viele Firmlinge und Konfirmanden, waren noch nie in Taizé und erhofften sich auf die Frage, was Taizé ausmacht, eine Antwort.

Ist es vielleicht die Einfachheit des Lebens in Taizé, der durch die Gebetszeiten geregelte Tagesablauf, die Gemeinschaft, die Lieder? Oder ist es gar die Nähe zum Evangelium, wie Stefan Schäfer, der katholische Dekanatsjugendseelsorger und einer der Organisatoren dieses Tages, befand. Diese Nähe wird z.B. erfahrbar in den Bibellesungen. In Mainz begann der Tag mit der Stelle: "Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt."(Mk10,25), worauf sich die Gesprächsgruppen des Vormittags bezogen. Mit diesem Jesuswort erklärte der evangelische Stadtjugendreferent Uli Sander während der Begrüßung ein Anliegen von Taizé: Seinen Reichtum aufgeben und Mut machen für den letzten Schritt, der den Zusammenhang zwischen dem eigenen Glauben und Beten und dem Engagement in der Welt herstellt. Zu "Ein Tag wie in Taizé" erläuterte er, dass die sie die Elemente eines Tages in Taizé anbieten wollten, aber nicht zu kopieren versuchten. Und Björn, ein Student, Anfang 20, der schon öfter in Taizé war meinte, das ginge auch gar nicht.

Der Gegenpol zum Kampf für andere Menschen ist die Kontemplation, wie Frère Roger Schutz, der in den 40er Jahren die ökumenische Brüdergemeinschaft von Taizé in Burgund gründete, immer wieder betont. Sie findet sich im Beten, das im wesentlichen im Schweigen vollzogen wird. Im letzten "Brief aus Taizé", der sechsmal im Jahr erscheint, schreibt er über das Beten, dass es einen Weg zum Lieben und Verzeihen bahne und der Güte und herzlicher Zuwendung Raum bietet: " und auf einmal liegt uns mehr daran zu verstehen, als verstanden zu werden."

Das "Verstehen Wollen" setzt einen Austausch voraus. Beim Taizé-Tag im Willigis-Gymnasium spürte man diesen Austausch in den Gesprächsgruppen, aber auch in den spontanen Gesprächen, die zwischen einander fremden Menschen entstanden. Solche ungezwungenen Gespräche führen manchmal zu weitreichenden Freundschaften. So ist Matthias aus dem Ruhrgebiet hergekommen um eine Freundin, die er in Taizé kennenlernte, zu treffen. Doch, auch wer noch niemanden kannte wurde sofort integriert. Er wurde angesprochen, vielleicht auch bei der Essensausgabe um Hilfe gebeten. Offen zu sein für andere ist ein Prinzip von Taizé und Frère Roger hat es in seiner "Regel von Taizé" so beschrieben: "Einfalt heißt auch Loyalität gegen sich selbst, um zur Klarheit zu gelangen; sie ist ein Weg, offen zu werden für den Nächsten."

Steffi (19) und Andrea (21) aus Frankfurt waren schon mehrmals in Taizé. Sie schöpfen Kraft aus dem von Gebeten gegliederten Tagesablauf dort. Für den Taizé-Tag im Willigis-Gymnasium hatten die Veranstalter Workshops mit Jonglieren, Mandalas malen, einer Video-Umfrage, einen Film über die Communauté, Taschen und Kerzen gestalten sowie die Chorproben vorgesehen. Eingerahmt wurden die Aktivitäten durch einfache Mahlzeiten, gemeinsames Beten und einer Agape-Feier am Ende. Das Charakteristische der Gebete aus Taizé ist der Gesang mit seinen kurzen, einprägsamen Texten und einfachen Melodien. Die Eindringlichkeit dieser Lieder wurde vor allem bei der "Nacht der Lichter" in der St. Stephanskirche deutlich. Der Chor unterstützte den Gesang, der bis über den letzten Platz hinaus besetzten Kirche und die Lieder erfüllten den gesamten Raum mit Klang. Im steten Rhythmus dieser Lieder konnte man Ruhe und zu sich selbst finden. Durch eine mehrminütige Zeit der Stille in der Mitte des Gebetsgottesdienstes wurde dies noch intensiviert. Der Tag klang mit Gesang in der Kirche, die fast nur von den Kerzen der Anwesenden erleuchtet war, aus.

Fast jeder, der einmal Taizé besucht hat, verspürt die Sehnsucht, noch einmal dorthin zurückzukehren. So wünschten sich auch die Besucher des Mainzer Taizé-Tages eine Wiederholung. Davon zeugte eine Plakatwand, die für das Aufschreiben von Eindrücken aufgestellt wurde. Die Veranstalter kündigten den dritten "Tag wie in Taizé" nach 1999 und 2000 für das kommende Jahr an. Die nächste "Nacht der Lichter" wird schon am 3. Dezember sein.

mso (MBN)

 

Sport ist von unverzichtbarem Wert für die Gesellschaft 

Lehmann, Steinacker und Sterzenbach bei Podium zu Chancen und Gefahren des Sports  

Mainz. Der Sport ist aus sozialen, moralischen und medizinischen Gründen von unverzichtbarem Wert für die Gesellschaft. Darin waren sich namhafte Vertreter aus Kirche, Sport und Politik bei einer Podiumsdiskussion am Samstag, 18. März, einig, zu der der Landesarbeitskreis Kirche und Sport in das Landesfunkhaus des SWR nach Mainz eingeladen hatte. Insbesondere wurde die Bedeutung der Sportvereine mit ihrem großen ehrenamtlichen Engagement gewürdigt. Fragezeichen und Warnungen gab es vor allem im Blick auf den Missbrauch des Sports für wirtschaftliche und politische Zwecke zu Lasten der Freiheit der Sportlerinnen und Sportler, ihrer menschlichen Würde und ihrer Gesundheit. Die Diskussion über Chancen und Gefahren des Sports stand unter der Fragestellung: "Was leistet der Sport - Was sollte er sich nicht leisten?"

Der Bischof von Mainz, Dr. Karl Lehmann, stellte heraus, dass der Sport immer auch Spiel bleiben müsse. "Im Spiel verlässt der Mensch die Last und Bürde des Alltags. Das Spiel löst geronnene Ordnungen unseres Lebens auf, schafft dadurch Überraschung und Verwirrung, aber auch schöpferische Produktivität und Einfallsreichtum", erklärte er. Neben dem Spiel gehöre zum Sport allerdings auch das Leistungs-, das Konkurrenz- und das Gleichheitsprinzip. Der Sport gewähre Achtung durch Qualitäten, die im Alltag oft verborgen bleiben. Leistung werde hier in höchstem Maß objektiv, messbar, vergleichbar und durchsichtig. Prinzipien wie Leistung und Konkurrenz, unterstrich Lehmann, würden im Sport in geradezu idealer Weise verwirklicht. Der Sport erfülle seine Zwecke am besten, wenn ihm nichts Zusätzliches aufgeladen werde, wenn man "den Sport Sport sein lässt". Nachdrücklich verwies der Bischof auf die Vorbildfunktion des Sports und bekannte, ihn rege zum Beispiel die Hatz auf Trainer besonders auf wie auch der gnadenlose Umgang mit Spielern, die sich in einem Formtief befinden. Für den Sport wie für die Gesamtgesellschaft sollte die im Zeugnis der Bibel enthaltene "goldene Regel" gelten, die sagt: "Alles, was ihr von anderen erwartet, tut auch ihnen!"

Der stellvertretende Leiter des Landesfunkhauses, Dieter Klein, hatte zu Beginn der Veranstaltung in seiner Begrüßung den Schriftsteller Albert Camus zitiert, der 1930 gesagt habe, das Meiste, was er von der Moral wisse, verdanke er dem Fußball. Dies griff der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Peter Steinacker, Darmstadt, auf und bekannte, dass er selbst seinem Sportverein, in dem er aktiv sei, sehr viel zu verdanken habe. Wichtig sei für ihn die Freude am Sport im Miteinander von Leib, Seele und Geist. Dazu gehöre die Freude an der Körperlichkeit und an der Leistung, wie auch am Sieg, ohne den Gegner zu vernichten. Der Sport helfe auch, das Miteinander von Konkurrenz und Solidarität zu lernen. Er biete Durchlässigkeit und Aufstiegschancen für Menschen aus allen sozialen Schichten. Nachdrücklich trat Steinacker dafür ein, zwischen der Würde und dem Wert eines Menschen zu unterscheiden. Die Würde sei ihm von Gott geschenkt, unabhängig von seiner Leistung. Dies müsse auch im Sport beachtet werden.

Der Präsident des Landessportbundes, Prof. Dr. Rüdiger Sterzenbach, erklärte, die Sportfunktionäre könnten auf die Leistungen, die sie besonders für junge Menschen erbringen, stolz sein. Im Sport werde den jungen Menschen eine sinnvolle Freizeitgestaltung angeboten und sie lernten mitmenschlichen Umgang und Fair play. Das Ehrenamt sei allerdings auch die Möglichkeit der Selbstverwirklichung für die rund 150.000 Ehrenamtlichen in den Sportvereinen in Rheinland-Pfalz. Nicht unterschätzt werden dürfe die Sozialfunktion des Sports mit der Integration von Behinderten und Nichtbehinderten, von Ausländern und Deutschen, Jungen und Alten. So sei der Sportverein nicht nur Interessengemeinschaft sondern auch Gesinnungsgemeinschaft und Solidargemeinschaft.

Im Blick auf die Gefährdungen des Sport warnte Sterzenbach insbesondere vor der wachsenden Fremdbestimmung durch die Medien unter dem Diktat der Einschaltquoten und der Manipulation durch Doping. Der Sport stehe in besonderer Weise im Spannungsfeld des Wertewandels in der Gesellschaft. Der Präsident des FSV Mainz 05, Harald Strutz, plädierte dafür, die Verbindung von Sport, Wirtschaft und Medien nicht nur negativ zu sehen. In einer Zeit, in der die Kommunen immer weniger Geld für den Sport zur Verfügung stellen könnten, sei es unverzichtbar, Sponsoren für den Sport zu finden, die z.B. auch die Jugendarbeit der Vereine finanzieren könnten.

Als aktive Spitzensportler bekannten sich der Hürdenläufer Florian Schwarthoff und die Fußballerin Steffi Jones zur Vorbildfunktion der Sportler. Schwarthoff berichtete, dass er bei den Olympischen Spielen Konkurrenz und Gemeinschaft zugleich erlebt habe. "Ich glaube, dass auch im Spitzensport Ideale gelebt werden", betonte er. Beide erklärten, durch diese Diskussion seien ihnen die Gemeinsamkeiten von Sport und Kirche erst richtig bewusst geworden.

In der von Beatrix Reiss, SWR-Landesschau, moderierten Diskussion mit dem Publikum, forderten die Vorsitzende des CTG Koblenz, Monika Sauer, und der Vorsitzende des ASC Theresianum Mainz, Studiendirektor Joachim Nieß, die Medien sollten nicht nur dem Spitzensport Sendeplätze und Sendezeiten einräumen. Reiss erklärte dazu, die SWR-Landesschau praktiziere dies bereits im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Aber in den Sportsendungen entschieden die Zuschauer über die Einschaltquoten, welche Veranstaltungen übertragen würden und welche nicht. Wer eine Änderung wolle, müsse deshalb auch eine Bewusstseinsänderung unter den Zuschauern herbeiführen, damit die sog. Randsportarten und nicht nur publikumswirksame Sportarten wie Fußball und Tennis zum Zug kämen. Die Sportwissenschaftlerin Prof. Dr. Gertalies Schohs, Koblenz, und die stellvertretende Leiterin der Bischöflichen Marienschule in Boppard, Magdalena Mohr-Quadt, traten dafür ein, den Schulsport nicht zu vernachlässigen.

Der Vorsitzende des Arbeitskreises Kirche und Sport im Landessportbund Rheinland-Pfalz, Udo Sopp, der zu der Veranstaltung eingeladen hatte, betonte, der Sport müsse sich immer seiner Wurzeln in der christlich-abendländischen Kultur bewusst bleiben. Er würdigte besonders die Verdienste der kirchlichen Sportverbände, des katholischen Verbandes Deutsche Jugendkraft (DJK) und des evangelischen Eichenkranz im Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) um die ganzheitliche Sicht des Sports und seine ethischen Prinzipien. Sie seien maßgeblich auch am Zustandekommen der Arbeitskreise Kirche und Sport seit 1965 beteiligt gewesen. Sopp erinnerte nachdrücklich an die gemeinsame Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Sport aus dem Jahr 1990 mit dem Titel "Sport und christliches Ethos", die es verdiene , neu ins Bewusstsein gerückt zu werden.

Für die Landesregierung hatte Innen- und Sportminister Walter Zuber zu Beginn in einem Grußwort erklärt, die Frage, was der Sport leiste, sei leicht zu beantworten und u.a. auf die Förderung von Gesundheit, Toleranz und Integration sowie die Prävention gegen Gewalt und Drogen hingewiesen. Zur Frage, was der Sport sich nicht leisten dürfe, verwies er vor allem auf sportfremde Einflüsse, absurde Gewinnmöglichkeiten für Athleten, kommerzielle Fremdbestimmung und Manipulation durch Doping. Wichtig sei es ihm vor allem, dass die Sportorganisationen dem Solidaritätsschwund in der Gesellschaft entgegenwirkten und die starken und reichen Vereine bzw. Sportarten die schwachen und armen unterstützten.

 

Ökumenische Notfallseelsorge geht in Mainz an den Start 

Spenden für die Erweiterung der technischen Ausrüstung erbeten

Mainz. Die ökumenische Notfallseelsorge für das Stadtgebiet Mainz nimmt am 3. April 2000 ihre Arbeit auf. Jeweils zwei der insgesamt 26 hauptamtlichen Seelsorger werden dann für jeweils eine Woche in Rufbereitschaft stehen, erläuterte Dekanatsreferent Jürgen Nikolay, Projektleiter der Notfallseelsorge, am Dienstag, 21. März, vor Journalisten in Mainz. Getragen wird das Projekt vom Katholischen Dekanat Mainz-Stadt und dem Evangelischen Dekanat Mainz, die für die Anschubfinanzierung des Projekts in Höhe von DM 3.000,- und die laufenden Kosten aufkommen. Im Anschluss an die Pressekonferenz erhielten die Notfallseelsorger in einem ökumenischen Gottesdienst in der St. Johanniskirche ihre Beauftragungsurkunden durch das Bistum Mainz und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).

Aufgabe der Notfallseelsorger am Einsatzort ist vor allem die Betreuung der unverletzten Beteiligten und der verletzten Personen während der Rettung oder in Wartezeiten. Falls es gewünscht wird, spenden die Seelsorger Sakramente und beten für Sterbende und Tote. Außerdem kümmern sie sich um Angehörige, die zum Einsatzort kommen oder um erschöpfte Helfer. Daneben stehen die Notfallseelsorger auch für die Überbringung von Todesnachrichten zusammen mit der Polizei bereit. Die hauptamtlichen Seelsorger haben zwischen November 1999 und Februar 2000 eine berufsbegleitende Zusatzqualifikation für ihre Aufgabe erworben. Dabei ging es vor allem um den Umgang mit Menschen unter Schockeinwirkung und in Leid und Trauer. Auch der Umgang mit Suizidgefährdeten war Teil der Ausbildung. Besonders dankte Nikolay den Rettungsdiensten, der Polizei und der Feuerwehr, die den Notfallseelsorgern in Probeschichten erste Eindrücke von Notfalleinsätzen ermöglicht haben.

Die Alarmierung der Notfallseelsorger erfolgt ausschließlich durch die zentrale Leitstelle des Deutschen Roten Kreuzes in Mainz. Privatpersonen können die Notfallseelsorger nicht direkt alarmieren, erklärte Nikolay. Nach ihrer Anforderung durch die Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienste wird einer der Seelsorger durch die Leitstelle angerufen und spricht sich mit seinem Kollegen ab. Es ist vorgesehen, dass in der Regel beide Seelsorger zusammen zu einem Einsatz gehen. Die Ausrüstung besteht aus Mobiltelefon, gelb-blauer Schutzweste mit der Aufschrift "Notfallseelsorger" und einem Notfallkoffer. Darin enthalten sind unter anderem eine Bibel, Kerzen, Spielzeug für Kinder, Schreibzeug und ein Stadtplan. Nikolay wies darauf hin, dass die Ausrüstungsgegenstände derzeit noch von Team zu Team weitergegeben werden müssten. Vor allem für die Erweiterung der technischen Ausrüstung sei man daher auf Spenden angewiesen.

Rolf Ebeling, Polizeidirektor im Polizeipräsidium Mainz, machte die Zuständigkeit für die Zusammenarbeit mit den Notfallseelsorgern deutlich. Wenn die "Gefahren abwehrenden Dienste" wie Polizei und Feuerwehr ihre Aufgaben am Einsatzort erledigt haben, bestehe oftmals noch der Bedarf für Nachsorge, den diese Einsatzkräfte jedoch nicht leisten könnten. An diesem Punkt setze dann die Arbeit der Notfallseelsorger ein, sagte Ebeling. Zusammen sei das "eine runde Sache". Eine Einsatzkräftenachbetreuung durch die ökumenische Notfallseelsorge werde man nicht anbieten, sagte Jürgen Nikolay, weil zum einen die personelle Ausstattung nicht ausreichend ist und zum anderen die speziellen Qualifikationen noch fehlten. Jedoch stehe dem Malteser-Hilfsdienst (MHD) in Mainz für diesen Bereich ein interdisziplinäres Team zur Verfügung. Nikolay wies darauf hin, dass die Pfarrer, Pfarrerinnen, Pastoralreferent/inn/en, Gemeindereferent/inn/en und Diakone keine Extravergütung für ihre Tätigkeit erhalten. Für den Herbst 2000 habe man einen zweiten Ausbildungskurs geplant, um den Kreis der Notfallseelsorger zu erweitern. Bisher sieht der Dienstplan vor, dass jeder Notfallseelsorger viermal im Jahr für jeweils eine Woche Rufbereitschaft hat.

Im anschließenden ökumenischen Gottesdienst überreichten der katholische Dekan Heinz Schmitz und der evangelische Dekan Wolfgang Drewello den Notfallseelsorgern ihre Beauftragungsurkunden durch das Bistum Mainz und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass der Dienst als Notfallseelsorger im Auftrag der Kirche vollzogen wird.

BL (MBN)

 

Reiter: Klares Nein gegen eugenische Selektion 

Moraltheologe Reiter kritisiert Pläne zur Einführung der Präimplantationsdiagnostik

Mainz/Freiburg. Unter ethischen Gesichtspunkten ist die Präimplantationsdiagnostik (PID) nach Auffassung des Mainzer Moraltheologen Prof. Dr. Johannes Reiter eindeutig abzulehnen. In einem vorab veröffentlichten Beitrag für die in Freiburg i. Br. erscheinende Monatsschrift "Herder-Korrespondenz" (Nr. 4/2000) kritisiert Reiter unter der Überschrift "Selektion noch vor der Schwangerschaft", dass die Präimplantationsdiagnostik mit der erklärten Absicht durchgeführt würde, den Embryo bei Vorliegen eines Gendefektes zu vernichten.

Der Moraltheologe verweist dazu auf einen von der Bundesärztekammer am 24. Februar 2000 vorgestellten "Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik". Dem Diskussionsentwurf nach solle die PID erlaubt sein. Jedoch sollten für die Erlaubnis hohe Hürden aufgerichtet werden: Extrem enge Indikationsstellung, intensive Aufklärung und Beratung des betroffenen Paares, Genehmigung durch eine Ethikkommission, Verbot der PID an totipotenten Zellen und Verbot des Klonens.

Auch wenn die PID, wie der Richtlinienentwurf dies vorsehe, nicht breitflächig eingesetzt werden solle, sei zu befürchten, betont Reiter, dass ihre Anwendung der Vorstellung eines "Menschen nach Maß" in der Gesellschaft Vorschub leiste und zu tiefgreifenden Veränderungen in der Einstellung gegenüber Krankheit und Leiden und vielleicht auch gegenüber Behinderten und ihren Angehörigen führe. Daher müsse die Frage gestellt werden, ob die PID lediglich eine vorverlegte pränatale Diagnostik ist, wie ihre Befürworter dies gerne darstellten, oder ob sie nicht doch eine andere Handlungsqualität aufweist, "insofern sie nämlich ausschließlich die Selektion menschlichen Lebens zum Ziel hat".

Mahnend weist Reiter darauf hin, dass die Entscheidung, menschliches Leben zu verwerfen, leichter getroffen werde, wenn sich der menschliche Embryo noch außerhalb des Mutterleibes befindet. Zur Legitimation der Präimplantationsdiagnostik bediene man sich auch des Vergleichs mit der nicht verbotenen Pränataldiagnostik. Doch dieser Vergleich hinke. Die konventionelle pränatale Diagnostik werde nicht ausschließlich mit dem Ziel durchgeführt, Embryonen mit einer genetischen Krankheit abzutreiben, sondern habe auch lebenserhaltende Motivationen, stellt Reiter klar. Anders als die Pränataldiagnostik biete die Präimplantationsdiagnostik die Möglichkeit, zur Etablierung einer spezifischen Schwangerschaft unter mehreren Embryonen auszuwählen. Es werde also unterschieden zwischen Embryonen, deren Entwicklung fortgesetzt, und solchen, bei denen sie beendet werden solle. Indem Embryonen einer Qualitätskontrolle unterzogen werden, würden eugenische Strategien angewandt, auch wenn die Bundesärztekammer dies in ihrem Entwurf nicht wahrhaben wolle. Mit der PID sei jedoch auch die Möglichkeit eröffnet, nach Geschlecht und anderen Merkmalen zu selektieren.

Reiter verweist darauf, dass die PID die ohnehin schon bestehenden ethischen Probleme der künstlichen Befruchtung im Reagenzglas (In-vitro-Fertilisation) verschärft. Das Lehramt der katholischen Kirche lehne deren Anwendung generell ab. Werde die In-vitro-Fertilisation (IVF) in Verbindung mit der PID bei Personen angewandt, die als Überträger einer Erbkrankheit infrage kommen, so werde die medizinische Indikation der IVF grundlegend verändert, unterstreicht er. Zweck ihrer Anwendung sei jetzt nicht mehr die Behandlung von Unfruchtbarkeit, sondern der Ausschluss eines kranken Kindes. Das bedeute, mahnt Reiter, dass damit nicht nur die PID, sondern auch die IVF dem Zweck der Selektion dienstbar gemacht werde. Dagegen erheben sich, wie er unterstreicht, schwere ethische Bedenken. "In Anbetracht solcher Einwände ist umso deutlicher darauf hinzuweisen, dass Kinderlosigkeit als solche keine Krankheit ist, und dass der berechtigte Kinderwunsch nicht um jeden Preis erfüllt werden muss." Darum liege der Schluss nahe, dass vom Risiko einer Erbkrankheit betroffenen Personen entweder das Eingehen einer Risikoschwangerschaft oder der freiwillige Verzicht auf Kinder zuzumuten ist. Ein solcher Verzicht sei auf jeden Fall eine ethisch verantwortliche Entscheidung, bekräftigt der Moraltheologe.

Zugleich verweist Reiter darauf, dass das Bundesgesundheitsministerium dem Diskussionsentwurf der Bundesärztekammer im Gegensatz zur Bioethikkommission des Landes Rheinland-Pfalz kritisch gegenübersteht und die Meinung vertritt, dass diese Möglichkeit der Fortpflanzungsmedizin mit dem Embryonenschutzgesetz nicht vereinbar sei und gesetzlich verhindert werden sollte. Dies könnte, wie Reiter darlegt, in dem geplanten Fortpflanzungsmedizingesetz geschehen, in dem das bisherige Embryonenschutzgesetz aufgehen könnte. Im Mai werde das Bundesgesundheitsministerium ein Symposium zur Fortpflanzungsmedizin durchführen. Danach solle im Juni der Ethik-Beirat des Ministeriums eine Stellungnahme dazu abgeben.

Reiter erinnerte daran, dass die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorausschauend im Gemeinsamen Wort zur Woche für das Leben 1997 unter dem Titel "Wieviel Wissen tut uns gut? Chancen und Risiken der voraussagenden Medizin" die Präimplantationsdiagnostik abgelehnt haben. Auch in der diesjährigen Woche für das Leben, die vom 1. bis 8. Juli unter dem Leitwort "Leben als Gottes Bild - Die Bedeutung ethischer Ressourcen" veranstaltet wird, solle die Präimplantationsdiagnostik ein Schwerpunkt sein.

 

Diözesanversammlung 2000 des KDFB 

KDFB befasst sich auf Mitgliederversammlung mit Chancen und Aufgaben der Zukunft

Mainz. Die Zukunft des Katholischen Deutschen Frauenbunds (KDFB) steht im Mittelpunkt der diesjährigen Diözesanversammlung des Verbandes am Dienstag, 21. März. Um die Möglichkeiten der nächsten Jahre gezielt angehen zu können, wird dabei die Präsidentin des Verbandes, Prof. Dr. Hanneliese Steichele, das Hauptreferat mit dem Titel "Zur Zukunftsfähigkeit des Katholischen Deutschen Frauenbundes" halten.

Die Versammlung unter Leitung der Diözesanvorsitzenden Anne Franz, Darmstadt, beginnt um 10.00 Uhr mit einem Wortgottesdienst im Bildungszentrum Erbacher Hof in Mainz. Daran schließt sich um 11.00 Uhr der Bericht des Diözesanvorstandes an. Das Referat von Prof. Steichele, mit anschließender Diskussion, ist für 13.30 Uhr vorgesehen. Wie es in der Einladung heißt, wird sich der Verband mit den an ihn gestellten Aufgaben für die Zukunft beschäftigen und den darin liegenden Chancen für die Frauen in der Kirche. Nach Auffassung der KDFB-Präsidentin müssen sich die Frauen vernetzen, um in der Kirche etwas zu bewegen. Das Jahresprogramm des Verbandes befasst sich mit neuen Medien- und Kommunikationstechnologien sowie deren Konsequenzen für die menschliche Kommunikation.

Professorin Steichele lehrt seit 1977 Altes und Neues Testament an der Katholischen Fachhochschule Mainz, deren Rektorin sie von 1992 bis 1997 war. Von 1986 bis 2000 nahm sie daneben ehrenamtlich das Amt der Diözesanvorsitzenden des Katholischen Bibelwerks im Bistum Mainz wahr. 1999 wurde sie zur Präsidentin des KDFB auf Bundesebene gewählt. Kurz nach ihrer Wahl erklärte sie: "Aufgrund seiner biblisch-christlichen Tradition hat ein kirchlich gebundener Frauenverband einen verlässlichen Rahmen. Er lässt sich von der Frauenbewegung inspirieren, ohne ins Extreme abzudriften. Ein Frauenverband ist etwas Tragendes, etwas Unterstützendes. Solidarisch kann gemeinsam ein Weg gegangen werden."

mso (MBN)

 

KDFB-Präsidentin Steichele ermutigt Frauen 

"Selbstbewusst weibliche und christliche Stärke zeigen"

Mainz. Zu seiner diesjährigen Diözesanmitgliederversammlung hatte der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB), Diözesanverband Mainz, am Dienstag, 21. März, in den Erbacher Hof in Mainz geladen. Als Referentin begrüßte die Diözesanvorsitzende Anne Franz, Darmstadt, die im vergangenen Jahr neu gewählte Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes, Prof. Dr. Hanneliese Steichele.

Im Anschluss an den Tätigkeitsbericht des Vorstandes und die Berichte der Vertreterinnen des Frauenbundes in den verschiedenen politischen und kirchlichen Gremien referierte die Mainzer Professorin zum Thema "Zur Zukunftsfähigkeit des Katholischen Deutschen Frauenbundes". Ausgehend von einer kurzen Schilderung der gegenwärtigen Situation in Gesellschaft, Kirche und Frauenbund entwickelte Steichele im Rahmen ihres Vortrages zukünftige Arbeitsschwerpunkte und Aufgabenstellungen für den Katholischen Deutschen Frauenbund.

"Wir stehen am Ende einer homogen christlich geprägten Gesellschaft und erleben das Aufkommen eines Pluralismus von Weltanschauungen, Religionen und Lebensstilen", stellte sie fest. Hinzu komme, dass viele Christinnen und Christen zunehmend "Glaubensnöte" erlebten, die ihre Ursachen in den großen kulturellen Umbrüchen der Gegenwart haben. Die Situation der Frauen in dieser Zeit sei einerseits von einer Individualisierung der Lebensstile geprägt - "die eine und selbe Frau gibt es nicht mehr" - andererseits zeige sich, dass Frauen immer noch zögerten, Selbstbewusstsein zu zeigen und den Drang zur Selbstdarstellung, sowie Konfliktbereitschaft vermissen ließen. Daraus resultiere oftmals immer noch eine Scheu vor der Übernahme von Macht in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen.

Wie aus dieser Situation heraus neue Aufgaben, Ziele und Herausforderungen für den Katholischen Deutschen Frauenbund erwachsen, zeigte die KDFB-Präsidentin auf. Zunächst gelte es, den Frauen im Verband Raum zu geben, ihre Stärken zu zeigen. In Anlehnung an den von italienischen Philosophinnen entwickelten "Affidamento-Ansatz" müsse im Katholischen Deutschen Frauenbund eine Beziehungskultur unter Frauen entwickelt werden, die nicht bei der Konkurrenz und Rivalität, sondern bei der Stärke der Frauen ansetze. Indem die Verschiedenheit von Frauen betont werde, würden gegenseitige Impulse möglich und produktive Vernetzungen auch über Generationen von Frauen hinweg geschaffen.

Auch das Verhältnis des Frauenbundes zur Kirche und ihrer Leitung ist nach Ansicht von Prof. Steichele von fundamentaler Bedeutung für die Zukunft des Verbandes. Ein Ausspruch von Hedwig Dransfeld - 1912-1924 Vorsitzende des KDFB - könne auch heute noch als Leitlinie dienen: "Der Katholische Frauenbund ist als Verein an der Lehre der katholischen Kirche orientiert und mit dem eigenen Gewissen entscheidend." Gerade bei aktuellen Fragestellungen wie dem Einsatz des Frauenbundes für das Diakonat der Frau, die Unterstützung für "Donum vitae" oder für die Lehrtätigkeit junger Theologinnen müsse der Frauenbund entsprechend "Flagge zeigen", erklärte Steichele.

Nicht zuletzt werde die Zukunft des Frauenbundes aber auch in entscheidendem Maße vom Dialog des Verbandes mit Gesellschaft und Politik bestimmt. Dem Verband müsse es gelingen, Frauen soziales und politisches Handeln aus christlicher Weltsicht in attraktiver, glaubwürdiger und lebendiger Art und Weise zu ermöglichen. Den Bildungsauftrag des KDFB, der in den letzten Jahren eine deutliche ökologische und handlungsorientierte Ausrichtung erhalten hat, gelte es lebendig zu halten. Wichtige Themen, die aufgegriffen werden müssten, seien die neuen Kommunikationstechnologien, Rentenreform, Biomedizin und Bioethik. "Wir müssen selbstbewusst weibliche und christliche Stärke zeigen", ermutigte Steichele die KDFB-Mitglieder abschließend.

PHG (MBN)

 

Härtere Strafen gegen Internet-Kriminalität gefordert 

KDFB und Landesfrauenrat informierten über Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Internet

Mainz. Über "Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Internet" hat die Geschäftsführerin der Menschenrechtsorganisation "Lobby für Menschenrechte e.V.", Monika Gerstendörfer, am Samstag, 18. März, im Mainzer Rathaus informiert. Zu der Veranstaltung hatten der Diözesanverband Mainz des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) und der Landesfrauenrat Rheinland-Pfalz gemeinsam eingeladen.

Für die Veranstalter hießen Ulrike Kahl-Jordan (Landesfrauenrat) und Elisabeth Geurts (KDFB) die Diplom-Psychologin willkommen und dankten ihr für ihr Engagement. Gerstendörfer, die seit Jahren für verschiedene Frauenorganisationen tätig ist, gab durch ihren Vortrag einen Einblick in den großen Problembereich der Gewalt gegen Frauen im Internet. Sie erläuterte, welche Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Internet begegnen. Sie verwies auf die Schwierigkeit der Verfolgung und Bestrafung der Täter und die aus dieser neuen Form der Kriminalität resultierenden Aufgaben für Kindergarten, Schule und Eltern.

Unter dem Eindruck des Vortrags formulierten Teilnehmerinnen der Veranstaltung in den anschließenden Workshops konkrete Forderungen, die bei der weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema als Leitlinien gelten sollen. An erster Stelle steht dabei die Forderung, sexuellen Kindesmissbrauch im Medium Internet endlich zum Verbrechen zu erklären und die verschiedenen Formen der Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Internet als organisierte Kriminalität einzustufen. Die Frauen forderten, die existierenden Strafmaße für Internetkriminalität zu differenzieren. Insbesondere die Anfangsstrafen müssten deutlich verschärft werden.

Die hierzu erforderlichen Gesetzesinitiativen sollten im Gespräch mit politischen Mandatsträgern eingefordert werden. "Dabei setzen wir auf Vernetzung der verschiedenen Frauenverbände. Aber gerade Männer müssten für das Thema sensibilisiert werden, damit eine breite Solidarität im Kampf gegen die Gewalt im Internet erreicht werden, erläuterte eine Teilnehmerin. Im Rahmen des Dialogs über die Problematik solle insbesondere auch eine Sensibilisierung des Sprachgebrauchs erreicht werden, forderten die Frauen. Es gehe nicht an, hatte Gerstendörfer betont, dass verharmlosend von "Pädophilen" oder "Kinderpornos" gesprochen werde. Treffender seien vielmehr die Bezeichnungen "Pädokrimineller" oder "Kinderfolterdokumentation".

Einen weiteren Schwerpunkt im Kampf gegen die Gewalt gegen Frauen und Mädchen im Internet muss nach Ansicht der Teilnehmerinnen die Präventions- und Aufklärungsarbeit in Kindergärten und Schulen bilden. Die Einführung von Medienpädagoginnen und -pädagogen an Kindergärten und Schulen dürfe nicht länger aufgeschoben werden, damit Kinder und Jugendliche vor den Gefahren des Internet besser geschützt und ihnen Kompetenz im Umgang mit den neuen Medien vermittelt werden könne.

PHG (MBN)

 

Die Apokalypse nicht den Sekten überlassen

Studientagung im Erbacher Hof suchte Zugänge zur Offenbarung des Johannes

Mainz. "Die Apokalypse wird zu Unrecht den Spinnern und Fantasten überlassen", brachte Prof. Dr. Otto Böcher, Mainz, den Grundtenor der Studientagung "Endzeit - Wendezeit. Die Botschaft der Offenbarung des Johannes" auf den Punkt, die am 17./18. März in der Katholischen Akademie Erbacher Hof in Mainz stattfand. Doch habe gerade dieser Missbrauch durch Sekten dazu beigetragen, dass sich seriöse Exegeten in den letzten 150 Jahren relativ wenig um dieses Buch der Bibel gekümmert haben.

Dabei sei die Offenbarung des Johannes natürlich kein "häretisches Buch". Niemand solle sich von Aussagen beirren lassen, die meinen, die Offenbarung stünde besser nicht im biblischen Kanon, sagte Böcher. Vor allem die reiche Tradition christlicher Kunst und Architektur, lasse sich ohne dieses Buch gar nicht denken".

Veranstaltet wurde die Studientagung von der Akademie des Bistums Mainz Erbacher Hof. In den Vorträgen wurde neben dem zeitgeschichtlichen Hintergrund der apokalyptischen Literatur anhand einzelner Texte die Visionen genauer entfaltet. Behandelt wurde auch die kunstgeschichtliche Bedeutung der Apokalypse.

Prof. Dr. Rudi Ott, Religionspädagoge am Mainzer Priesterseminar, sagte, dass der Jahrtausendwechsel deutlich gemacht habe, wie sehr die zentrale Frage nach dem Ende der Welt in der heutigen Gesellschaft durch so belanglose Umstände wie die Jahreszahl 2000 zu Tage gefördert werden kann. Die damit verbundenen Ängste treten dabei meistens in Form von Vorstellungen aus der jüdisch-christlichen Apokalyptik auf, ohne dass noch ein Bezug dazu besteht, sagte Ottund: ". Was aber unter diesem Segel fährt, ist eine kupierte Apokalypse". Denn in der Apokalypse gehe es um die Deutung der Geschichte im Rahmen der Botschaft von Jesus Christus. Eine Veränderung dieses Bezugsrahmens könne sich daher nicht auf die Bibel berufen, sagte Ott. Abweichungen von dieser Intention seien daher "Fantasieprodukte, die sich bestimmter Elemente der Apokalypse bedienen".

Prof. Dr. Marius Reiser, Mainz, erklärte die allen Apokalypsen zugrunde liegende Sicht der Geschichte als "großes Drama auf dem Theater der Welt". Grundlegend für dieses jüdisch-christliche Geschichtsbild sei die Überzeugung, dass die Geschichte von Gott auf ein Ziel hin ausgerichtet ist, nämlich "das Leben in Güte und Gerechtigkeit für alle". Um dem Wohl aller Menschen gerecht zu werden, müsse sich der Mensch dem Willen Gottes unterwerfen, laute eine zweite Grundannahme der apokalyptischen Literatur, sagte der Neutestamentler. Denn alleine Gott als Schöpfer könne das Wohl aller Menschen im Blick haben. Wenn einzelne Menschen ihren eigenen Willen durchsetzen, führt dies immer wieder zur Unterdrückung anderer. Folgerichtig müsse dann in diesem Geschichtsbild dem Ziel der Schöpfung Gottes Gericht vorausgehen.

Reiser wies darauf hin, dass das europäische Geschichtsdenken so stark von diesem jüdisch-christlichen Geschichtsbild geprägt ist, dass es sich auch in Bereichen aufzeigen lasse, die sich längst von Christentum abgewandt haben. Als Beispiel führte er den Roman "Die Rättin" von Günter Grass an. Dort werde die Geschichte der Menschheit als Drama aufgeführt, "das weder Autor noch Regisseur hat", sagte Reiser. Dem Menschen bleibe in einer solchen Welt nur Verzweiflung oder Gleichgültigkeit. Prof. Böcher wies darauf hin, dass das Wort "apokalyptisch" nicht als katastrophal missverstanden werden darf, da die Abfolge der Ereignisse stets zum Heil führten. Das Ziel dieser literarischen Gattung sei die Heilszeit und nicht das Gericht. In ihrer Grundintention seien die Apokalypsen wie die Offenbarung des Johannes und das 4. Buch Esra als "Trostbuch" geschrieben worden. Die Apokalypsen seien dabei stets "Kinder ihrer Zeit", die zur Beglaubigung ihrer Prophezeiungen Ereignisse aus der Vergangenheit als noch ausstehende ankündigen. Durch diesen "Kunstgriff fingierter Prophezeiungen" sei es heute in vielen Fällen möglich, die Abfassungszeit der Texte genau einzugrenzen, sagte Böcher.

In einem Diavortrag führte Böcher anhand zahlreicher Beispiele die Umsetzung der apokalyptischen Bilder in Architektur und Kunst vor Augen. Er wies darauf hin, dass die Dome in Speyer, Worms und Mainz jeweils auf der höchsten Stelle der mittelalterlichen Stadt errichtet worden seien, um den Kirchenbauten ganz bewusst die Bedeutung des himmlischen Jerusalem zu geben, das auf dem Berg Zion errichtet wird. Als weiteren Beleg dafür, wie stark die mittelalterliche Architektur von der Theologie durchwaltet war, zeigte Böcher Bilder von Bodenfliesen aus Kirchen, auf denen Dämonen abgebildet sind. Dies lasse sich auf das Ende der Apokalypse zurückführen, wo es heißt, das die Getauften die Dämonen mit Füßen treten werden.

Professor Ott nannte die Apokalypse in seinem abschließenden Vortrag die "Erzählung von der Kraft der Sehnsucht". Denn in der Religion gehe es auch um Utopie, um Vorstellungen, die noch keinen Ort haben in der Welt. Die in der Visionen offenbarten Bilder der Erfüllung seien daher keine Vertröstung, sondern "das eigentliche Antriebspotenzial zum Handeln für Frieden und Gerechtigkeit". Diese Bilder der Vollendung drängten sich denen auf, "die sich den Problemen der Gegenwart realistisch stellen, aber von ihrer Sehnsucht nicht ablassen", sagte Ott.

BL (MBN)

 

Lehmann: Hoffnung auf ein größeres Europa

"Die Kirchen im Westen brauchen die Hilfe der Christen in Mittel- und Osteuropa

Mainz. Das Zusammenwachsen von Europa braucht nach den Worten des Bischofs von Mainz und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Karl Lehmann, eine neue Identität, "die freilich nicht nur im politischen Bereich oder in der Übereinstimmung wirtschaftlicher Interessen gründen kann". In der ersten Ausgabe der von der Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa, RENOVABIS, und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gemeinsam herausgegebenen neuen Vierteljahresschrift "Ost-West. Europäische Perspektiven" bekennt Lehmann seine Hoffnung auf ein neues größeres Europa.

"So wichtig das Zusammenwachsen in der politischen und ökonomischen Dimension auch sein mag, so darf die kulturelle, d.h. geistig-spirituelle und ethische Identität des neuen Europa nicht so vernachlässigt werden, wie dies bisher weithin der Fall war", unterstreicht er. Die Frage nach den geistigen Wurzelkräften des künftigen Europa lasse sich nicht durch den Hinweis auf die weltanschauliche Neutralität und die Religionsfreiheit beantworten. Denn dies würde, spirituell und ethisch gesehen, einen Rückzug auf die Pluralität gleichgültig nebeneinander stehender Weltanschauungen oder einer Fluchtbewegung ganz ins Private gleichkommen, stellt Lehmann fest. Die Spaltung Europas habe das Schwergewicht auf Westeuropa und die Völker germanischer und romanischer Herkunft verschoben. Nun müsse man wieder neu lernen, dass die slawische Welt gleichursprünglich und gleichberechtigt zu den Säulen Europas gehört. Europa wurde, wie er feststellt, der erste Kontinent, der sich seinem ganzen vielgestaltigen Erbe vom christlichen Glauben erfassen ließ und damit die Voraussetzung schuf, für eine vom Glauben der Kirche geprägte Einheit und Kultur. In diesem Sinne spreche man mit Recht von den "christlichen Wurzeln" Europas. Allerdings dürfe das Christentum in seiner universalen Sendung nicht "eurozentrisch" verkürzt werden. Es habe durch die Kraft des Geistes die Fähigkeit zur Inkulturation bei allen Völkern und in allen Sprachen.

Europa dürfe sich nicht bloß auf sein christliches Erbe berufen, sondern müsse durch das heutige Zeugnis der Christen instandgesetzt werden in der Begegnung mit der Person und der Botschaft Jesu Christi neu über seine Zukunft zu entscheiden, betont Bischof Lehmann weiter. Dazu brauchten die Kirchen im Westen nicht zuletzt die Hilfe und das Beispiel der Schwestern und Brüder in Mittel- und Osteuropa, "die ihre Stärke und Freude des Glaubens, lange im Leiden erprobt, nicht um das Linsengericht moderner Anpassung preisgeben" dürften.

Neben dem Aufsatz von Bischof Lehmann enthält das Heft verschiedene Beiträgen über Serbien und weiteren Länderinformationen u.a. ein Interview mit dem Wiener Alterzbischof Kardinal Franz König, und einen Aufsatz von Ferdinand Seibt über "Jan Hus und die Tschechen". Kardinal König bekräftigt in dem Interview die gemeinsame Aufgabe, neue Wege menschlicher Wertschätzung, gegenseitigen Vertrauens und der Verständigung im interreligiösen Dialog für ein neues Europa zu finden.

Die neue Zeitschrift "Ost-West. Europäische Perspektiven" steht in der Nachfolge des von 1961 bis 1999 vom katholischen Arbeitskreis für zeitgeschichtliche Fragen herausgegebenen "Ost-West-Informationsdienstes". Sie soll vor allem Hintergrundinformationen über kirchliche und gesellschaftliche Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa enthalten. Für das erste Heft wurde Südosteuropa als Schwerpunkt gewählt. Die Redaktion verweist im Editorial darauf, dass sich mit dem Fall der Mauer 1989 die Lage in Mittel- und Osteuropa grundlegend geändert hat. Die Informationen könnten wieder relativ ungehindert hin- und herfließen. Nun gelte es, die Folgefragen in den Blick zu nehmen, die sich aus der Aufhebung der Spaltung ergeben. Mit dem Ende des staatlich verordneten Materialismus seien die Probleme längst nicht gelöst. Im Gegenteil stellten sie sich schärfer angesichts einer beschwerten Vergangenheit und einer gefährdeten Zukunft. In dieser Situation wollen die beiden Herausgeber mit der neuen Zeitschrift eine Plattform der Hintergrundinformation und der Diskussion über die Probleme und Chancen Mittel- und Osteuropas schaffen.

Hinweis: "Ost-West. Europäische Perspektiven." Erster Jahrgang 2000, Heft 1, Hrsg. RENOVABIS, Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken mit den Menschen in Mittel- und Osteuropa und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Redaktion: Dr. Gerhard Albert, Freising; Dr. Michael Albus, Mainz (verantwortlich); Prof. Dr. Thomas Bremer, Münster; Wolfgang Grycz, Königstein; Dr. Johannes Oeldemann, Freising (Redakteur vom Dienst). Erscheinungsweise viermal im Jahr, Bezugspreis pro Einzelheft DM 12,-, Jahresabonnement DM 36,-. Matthias Grünewald-Verlag Mainz, Max-Hufschmidt-Straße 4a in 55130 Mainz, Telefon 06131 / 9286-0, Fax: 06131 / 9286-26. Anschrift der Redaktion: Redaktion "Ost-West. Europäische Perspektiven", RENOVABIS, Domberg 27 in 85354 Freising, Telefon: 08161 / 5309-70, Fax: 08161 / 5309-77