Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 31

20. September 2000

Datum:
Mi. 20. Sept. 2000
Von:
MBN

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Jürgen Strickstrock, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz 
Postanschrift: Postfach 1560, 55005 Mainz, Tel. 06131/253-128 oder 129, Fax 06131/253-402. E-Mail: pressestelle@bistum-mainz.de

Berichte

  • Fensterensemble von Marc Chagall und Charles Marq vollendet 
  • 26. Katholischer Journalistenpreis 2000 durch Bischof Karl Lehmann verliehen 
  • Faksimile des Lorscher Evangeliars und Begleitbuch in Mainz vorgestellt 
  • "Musica Sacra" stiftete Truhenorgel für Chöre am Dom  
  • Literaturabend über Thomas Strittmatters Roman "Raabe Baikal"

Dokumentation

  • Erklärung zu Vorwürfen gegen Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach
Berichte

Beck: "Ein Tag, um danke zu sagen"

Fensterensemble von Marc Chagall und Charles Marq vollendet

Mainz. Die letzten sechs Fenster des Glaskünstlers Charles Marq wurden am Sonntag, 17. September, in der St. Stephans-Kirche in Mainz im Rahmen einer gottesdienstlichen Feier offiziell an die Gemeinde übergeben. Mit diesen Fenstern für die Nord- und Südseite des Westchores ist das Fensterensemble in St. Stephan vollendet. Dazu gehören neun Fenster von Marc Chagall aus den Jahren 1978 bis 1985 im Ostchor und im Querhaus der Kirche und 19 Anschlussfenster von Charles Marc aus den Jahren 1989 bis 2000.

Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, erklärte bei der Feier in St. Stephan, dies sei ein Tag, um danke zu sagen und sich zu freuen und zugleich ein Tag der Herausforderung. Beck sprach sogar vom "Glücksgefühl", ein solches Werk erleben und aufnehmen zu dürfen. Er dankte den Künstlern und allen die dazu beigetragen haben, dass dieses Werk "mit Gottes Hilfe gelungen ist". Besonders dankte er dem früheren Pfarrer von St. Stephan, Msgr. Klaus Mayer, dem die Fenster von St. Stephan letztlich zu verdanken sind: "Sie haben Großartiges erreicht und vermitteln es genauso großartig." Die Fenster seien von einer solchen herausragenden Spiritualität und Anregungskraft, dass es ein Geschenk sei, sie sich anzuschauen, unterstrich der Ministerpräsident.

Zugleich stellte Beck fest, das Fensterensemble mahne, das die Menschen Verbindende dieses Kunstwerks zu sehen und das Trennende zwischen den Religionen und Völkern zu überwinden. Chagall sei es gelungen, ein Zeichen der Versöhnung zwischen jüdischem Glauben und christlicher Religion und zwischen Deutschland und Frankreich und damit ein Zeichen zunehmender Versöhnung zu schaffen. Es gelte, diesen Auftrag anzunehmen und dazu beizutragen, Trennendes miteinander zu verbinden.

Zeichen der Versöhnung zwischen Juden und Christen, Ost und West

Diese besondere Bedeutung der Kirchenfenster von Marc Chagall und Charles Marq in St. Stephan wurde in den weiteren Grußworten nachdrücklich bekräftigt. Der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel betonte, St. Stephan sei ein Mahnmal und ein Hoffnungszeichen. St. Stephan sei im Zweiten Weltkrieg dreimal zerstört worden. Aus dieser Zerstörung sei ein Ort der Hoffnung, der bleibenden Friedensbotschaft, der deutsch-französischen Freundschaft, der Völkerverständigung wie auch der jüdisch-christlichen Verständigung gewachsen, wie es in dieser Feier so eindrucksvoll sichtbar geworden sei. Dieser Tag sei ein Tag der Freude, nicht nur für die Stadt Mainz, sondern für ganz Deutschland. Menschen von überall her aus allen Kulturkreisen, die nach Mainz kämen, erlebten in St. Stephan die ausgestreckte Hand der Kunst und der Spiritualität. Neben dem Dom und dem Gutenberg-Museum sei St. Stephan die wichtigste Sehenswürdigkeit dieser Stadt. Pro Jahr kämen mehr als 200 000 Besucher hierher. Er sei der Gemeinde St. Stephan dankbar, betonte der Oberbürgermeister, dass sie die Kirche offen halte und so vielen Menschen Gastfreundschaft gewähre. Ein besonderes Wort des Dankes richtete er an Herrn Pfarrer Mayer für sein Engagement und seine Beharrlichkeit.

Im Namen des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, sprach die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinden in Rheinland-Pfalz, Asnate Hermer, den Dank aus. Ein Wort Ben Gurions aufgreifend erklärte sie: "Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist." Es sei keine Selbstverständlichkeit, wie schon Kardinal Hermann Volk 1978 hervorgehoben habe, dass ein jüdischer Künstler Fenster für eine katholische Kirche schafft. Trotz Kritik und Protesten aus den USA sei Chagall damals bei seiner Zusage geblieben. Der Probst für Rheinhessen, Pfarrer Dr. Klaus-Volker Schütz, überbrachte Grüße der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), besonders von Kirchenpräsident Dr. Peter Steinacker, und dankte Pfarrer Mayer dafür, dass er einen kaum vorstellbar langen Atem hatte, bis das Werk vollendet war. Diese großartigen Fenster zeichneten sich durch Maß, Harmonie und Gleichgewicht aus. Jeder, der St. Stephan betrete, gewinne eine besondere Seherfahrung. Er grüße aus einer ökumenischen Verbundenheit, "die uns niemand nehmen kann". Es gehöre zu den Schattenseiten der Moderne, merkte er an, dass Kirche und Kunst weithin getrennt seien. Zu den wenigen Ausnahmen gehöre nun neben der Matisse-Kapelle in St. Paul de Vence und der Corbusier-Kirche in Ronchamps nun St. Stephan in Mainz. St. Stephan mahne, sich für Menschenwürde und Menschenrechte einzusetzen. "Dieser Raum setzt unsere Füße auf den Weg des Friedens", erklärte er. Gott wolle die Fülle des Lebens und nicht den Tod. Dies solle auch den künftigen Generationen bewusst sein.

Guballa: "Mit schnellem Blick nicht zu erfassen"

Grüße von Bischof Dr. Karl Lehmann überbrachte der Generalvikar des Bistums Mainz, Dr. Werner Guballa. Der Bischof bedauere, dass er nicht persönlich an dem Gottesdienst teilnehmen könne, da er zur gleichen Stunde im Dom von Rottenburg bei der Weihe des neuen Bischofs von Rottenburg und Stuttgart sei. Guballa knüpfte an das zuvor verlesen Weihegebet des Königs Salomo an, in dem es heißt: "Der Himmel und die Himmel der Himmel können Gott nicht fassen, auch dieses Haus, diese Kirche nicht." Wer die Kirche von St. Stephan in der Botschaft ihrer Fenster erschließen wolle, könne es nicht im Vorübergehen tun und mit schnellem Blick. "Um das stille Wort der Liebe, wie es sich im Flehen Salomos an heiliger Stätte ausdrückt, zu hören, muss sich der Mensch auf das Verweilen hier einlassen", unterstrich Guballa. Er zitierte aus einem Gedicht der großen jüdischen Dichterin Nelly Sachs, in dem es heißt: "Lange haben wir das Lauschen verlernt." Inmitten des Lärms lade diese Kirche ein, die Sinne zu öffnen, "damit wir nicht das überhören, was zu unserem Herzen gelangen will". Die Fenster stellten, wiederum mit einem Wort von Nelly Sachs, den Betrachtenden die Frage: "Wenn die Propheten einbrächen, durch die Türe der Nacht und ein Ohr wie eine Heimat suchten – würdest du hören?" Diese Kirche mahne alle Menschen guten Willens zur Achtung vor dem Menschen. "Unterschiedslos haben hier alle Zugang, arm und reich, alt und jung, denn uns alle verbindet, dass wir Suchende sind und weil wir darum wissen, achten wir einander in unseren Standpunkten und in unseren Überzeugungen." Der Generalvikar schloss mit dem Wunsch: "Was hier sinnenfällig Gestalt gewonnen hat, möge im Leben eines jeden Menschen wirksam werden im Shalom – Friede sei in unser Herz geschrieben."

Pfarrer Mayer erklärte in seiner Festansprache, dass Charles Marq mit den neuen Maßwerkfenstern der Nord- und Südseite des Westchores das pfingstliche Geheimnis des Gottesgeistes in den 1997 geschaffenen Fenstern der Westseite entfaltet habe. Er verwies auf die großen Vögel auf diesen Fenstern als Symbole des Heiligen Geistes, die jeweils anders gestaltet sind. Dies bringe zum Ausdruck, dass Gott immer "der ganz andere ist". Die weißen Vögel zeigten die Vielfalt, den unerschöpflichen Reichtum der Gaben Gottes. Die jeweils veränderte Flugrichtung der Vögel sage aus: "Der Geist weht, wo er will." (Joh 2,8). Gott selbst habe sich Chagall als seinen Bildpropheten ausgewählt.

Spender und Sponsoren

Nachdrücklich dankte Pfarrer Mayer allen, die dazu beigetragen haben, dass in den vergangenen 27 Jahren dieses Werk der Fenster entstehen konnte. Insbesondere Marc Chagall, dessen Enkelin Meret Meyer-Graber er mit ihrem Mann Ewald und Tochter Lisa besonders willkommen hieß und Charles Marq, der aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Mainz kommen konnte. So richtete er den Dank an dessen Sohn Benoit Marq und dessen Ehefrau Stephanie. Mayer dankte den zahlreichen Einzelpersonen und Gruppen, die rund 62 Prozent der Gesamtkosten finanziert und namentlich den Institutionen, die das Projekt jetzt, wie schon früher, unterstützt haben: dem Direktorium der Deutschen Bundesbank, der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, der Stiftung der Landesbank Rheinland-Pfalz, der Commerzbank-Stiftung, der Kultur-Stiftung der Deutschen Bank, der Dresdner Bank, der Sparkasse Mainz und zahlreichen Wirtschaftsunternehmen unter ihnen der Daimler Benz AG und der Dyckerhoff-Zement AG. Pfarrer Mayer hat sich nicht nur für die Schaffung der Fenster mit sehr großem Engagement eingesetzt, sondern wird auch nicht müde, sie in ihrer Schönheit und ihrer Aussagekraft zu erklären. So hat er seit 1978, wie er kürzlich auf Anfrage mitteilte, bis heute 2.333 mehrstündige Meditationen zu den Fenstern in St. Stephan gehalten. Daran haben insgesamt ungefähr 345 000 Menschen teilgenommen.

Die neun Fenster von Marc Chagall sind mit 177,6 Quadratmetern das größte Glaskunstwerk, das Marc Chagall an einem Ort der Welt geschaffen hat. Die 19 Anschlussfenster von Charles Marq haben eine Glasfläche von 213 Quadratmetern. Mayer unterstrich zur Ikonographie der Bilder, dass Blau die Farbe des Mysteriums des Unsichtbaren Gottes ist. Chagall habe immer wieder von seinem Traum gesprochen, die Liebe Gottes in Farben darzustellen. So seien diese Farben der Liebe und der Hoffnung in den Fenstern von St. Stephan Auftrag an die Menschen, diese Liebe in ihrem Leben umzusetzen.

Benoit Marq verlas einen Brief seines Vaters. Darin erklärt Charles Marq, dass der Geist Gottes die Welt regiert. "Ohne ihn läge die Welt im Dunkel." Er sei der Bote alles Spirituellen und führe die Theologen, die Dichter und die Maler. "Ich hoffe, dass er auch meine Hand geführt hat."

Oberkantor Polani sang jüdische Lieder

Musikalisch gestaltet wurde die sehr bewegende gottesdienstliche Feier vom Kirchenchor und Bläserkreis von St. Stephan und Chormitgliedern aus dem Dekanat Mainz unter Leitung von Heinz Lamby und Gerhard Schmidt. Die Orgel spielte Hans-Gilbert Ottersbach, Oberkantor Raffaele Polani, Mannheim, an der Orgel begleitet von Tobias Breitner, sang Lieder aus der jüdischen Liturgie zu Gott dem Erbarmer und zum Lob des Schöpfers. Zu Beginn des Gottesdienstes hatte Pfarrer Mayer in Vertretung für den erkrankten Pfarrer Egon Retsch, dem in den Grußworten herzliche Genesungswünsche zuteil wurden, weitere Vertreter der Landesregierung (Ministerin Dr. Rose Götte), des Landtages, der Evangelischen Kirche (die früheren Pröpste für Rheinhessen, Hermann Petersen und Helmut Kern), die Jüdischen Gemeinden, den Katholischen Stadtdekan Heinz Schmitz und den Evangelischen Dekan Wolfgang Drewello willkommen geheißen. Nachdrücklich bekräftigte Mayer, dass die Kirchenfenster in St. Stephan Zeichen für jüdisch-christliche Verbundenheit, französisch-deutsche Freundschaft und die Völkerverständigung, insbesondere zwischen Ost und West, sind.

Sk (MBN)

 

"Ethik der Medien muss sich an der Würde des Menschen orientieren"

26. Katholischer Journalistenpreis 2000 durch Bischof Karl Lehmann verliehen

Mainz. Die Journalistinnen Renate Bernhard und Sigrid Dethloff haben für ihren Hörfunkbeitrag "Verwundet an Körper und Seele. Genitalverstümmelung in Afrika und Europa" den Hauptpreis des 26. Katholischen Journalistenpreises 2000 erhalten. Bei der Preisverleihung erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Bischof Dr. Karl Lehmann, er freue sich, dass sich die Jury für diesen Beitrag entschieden habe und sei den beiden Autorinnen für ihren Einsatz besonders dankbar, dass sie dieses Thema aufgegriffen "und damit einen wesentlichen Beitrag zur ethischen Debatte in den Medien geliefert haben".

Gerade weil hier ein menschenentwürdigendes Problem zugleich informativ und bewegend dargestellt werde, gelinge es dem Medium Hörfunk, direkt und indirekt ethische Beurteilungsmaßstäbe zu vermitteln. Heute werde häufig nach der Ethik in den Medien gefragt, stellte der Bischof fest und fügte hinzu: "Müssen wir nicht genauso fragen: Welche ethischen Maßstäbe vermögen Medien in unserer Gesellschaft zu vermitteln?"

Der in diesem Jahr ausgezeichnete Hörfunkbeitrag und einige Passagen aus dem jüngsten Dokument des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel mit dem Titel "Ethik der sozialen Kommunikation" machten Mut, unterstrich Lehmann, sich für ein grundlegendes Ethos in den Medien einzusetzen. Im täglichen medialen Handeln müsse der Mensch in seiner Würde im Vordergrund stehen, "nicht die Sensation oder gar die Schlagzeilen". Das damit geforderte Ethos richte sich an der Würde des Menschen und am Prinzip menschlicher Freiheit aus. In der Tatsache, dass die Preisträgerinnen Probleme schonungslos aufdecken, werde ein weiterer Auftrag für medial Schaffende deutlich: "Medieneinsatz muss sich an der Wahrheitsfindung orientieren und so den Menschen dienen." Wenn sich alle Medienschaffenden um ein Höchstmaß an Wert- und Wahrheitsmaßstäben bemühten und trotz Quotenkampf und Auflagenstärke die ethische Grundlage als Fundament schlechthin im Blick hielten, nähmen sie ihren Auftrag wahr, ihre Arbeit in den Dienst der Wahrheit zu stellen.

Bei der Feier der Preisverleihung im Gutenberg-Museum in Mainz übergab der Bischof auch den Nachwuchspreis an Martin Schäuble. Er wurde für eine zehnteilige Reihe "Jungsein 99 – Zwischen Start und Ziel" in der Tageszeitung "Freie Presse" in Chemnitz ausgezeichnet. Die von ihm geforderte Wahrheitsvermittlung, erklärte Lehmann, habe Schäuble in seiner Reportageserie geleistet. Er habe ein authentisches Bild ostdeutscher Jugendlicher, frei von Klischees und Vorverurteilungen, Lamentieren und Resignation geschrieben. Er wünsche sich, dass die Verleihung des Preises an einen jungen Nachwuchsjournalisten in Ostdeutschland eine Ermutigung für viele junge Medienschaffende in den neuen Bundesländern sei. Es sei sicher, dass durch solche Beiträge auch die Diskussion um den Rechtsradikalismus versachlicht werden könne, fügte Bischof Lehmann hinzu. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Katholische Presse (AKP), P. Gerhard Eberts MSF, Augsburg, erklärte im Namen der AKP und der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP), die den von der Deutschen Bischofskonferenz gestifteten Journalistenpreis verleihen, preiswürdig sei das, "was die Würde des Menschen herausstellt und ihr dient". Die beiden Gemeinschaften wollten sich weiterhin bemühen, nicht nur gute, sondern herausragende Arbeiten zu würdigen. Wenn es einen Journalistenpreis für Bischöfe gäbe, merkte er an, hätte Bischof Lehmann ihn für seine seit Jahren aufgebrachte Geduld im Umgang mit den Journalisten sicher verdient. Der Vorsitzende der Jury des Katholischen Journalistenpreises 2000, Bernhard Wiedemann, Leipzig, erklärte in der Preisbegründung, in der Dokumentation werde deutlich, dass die Praxis der Genitalverstümmelung von Frauen nicht auf die Länder der sog. Dritten Welt beschränkt ist. Längst gebe es solche Fälle von schwerer Körperverletzung aufgrund von Migration auch in Europa und in Deutschland. Das Feature sei zugleich ein Plädoyer dafür, die Genitalverstümmelung als Asylgrund anzuerkennen. Außerdem berichtet der Beitrag von ersten Erfolgen im Kampf gegen diese Art von Menschenrechtsverletzungen durch Aufklärung und Bildung. "Nach Auffassung der Jury haben die Autorinnen in ihrem Radio-Feature ein hochsensibles, in der Vergangenheit kaum beachtetes Thema frei von jeglicher Sensationshascherei behandelt", unterstrich er. Der Beitrag sei daher geeignet, im Sinne des Katholischen Journalistenpreises das humanitäre und soziale Verantwortungsbewusstsein in der Gesellschaft zu stärken, sowie die Orientierung an christlichen Werten zu fördern.

Die Preisträgerin Sigrid Dethloff betonte, dass es ihnen in ihrem Beitrag vor allem um die Menschenrechtsverletzungen gehe. Renate Bernhard ergänzte, dass die Genitalverstümmelung kein "Frauenthema", sondern ein gesamtgesellschaftliches Thema sei. Sie bewundere hier besonders den Mut afrikanischer Frauen, die über dieses Thema gesprochen hätten, obwohl es ihnen ihre Existenz kosten könne. Bei einem von Dr. Hans Heiner Boelte, ARD-Koordinator Kirche und Musik, Sindelfingen, moderierten Publizistengespräch mit Bischof Lehmann ging es vor allem um Fragen der Ökumene anlässlich der römischen Erklärung "Dominus Jesus" und um Fragen der Entschädigung für Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkrieges in kirchlichen Einrichtungen tätig waren.

Sk (MBN) 

 

"Ein Traum ist in Erfüllung gegangen" 

Faksimile des Lorscher Evangeliars und Begleitbuch in Mainz vorgestellt

Mainz. Ein besonders kostbares Beispiel karolingischer Buchkunst des Lorscher Evangeliars, das um 810 am Hof Karls des Großen entstanden ist, wurde im vergangenen Jahr zum erstenmal seit 1546 wieder in Lorsch zusammengeführt und dort ausgestellt. Dort wurde auch die erste vollständige Faksimile-Ausgabe des Lorscher Evangeliars durch den Faksimile Verlag Luzern gezeigt. Die Ausstellung in Lorsch war verbunden mit einer wissenschaftlichen Fachtagung, deren Ergebnisse nun als Buch vorliegen. Dieses Werk mit dem Titel "Das Lorscher Evangeliar. Eine Zimelie (kostbarer Schatz) der Buchkunst des abendländischen Frühmittelalters", wurde am Montag, 18. September, im Erbacher Hof in Mainz, von den Herausgebern Bischof Dr. Karl Lehmann überreicht.

Der Leiter des Museumszentrums Lorsch, Dr. Hermann Schefers, erklärte, für ihn sei mit dem ersten vollständigen farbigen Faksimile des Lorscher Evangeliars ein Traum Wirklichkeit geworden, der unendliche Mühen erfordert habe. Das neue Buch ist als Begleitband zur Faksimile-Ausgabe erschienen und zugleich als selbständiges farbig illustriertes Buch in der Reihe "Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission" erschienen. Der Leiter des Faksimile Verlages, Dr. Manfred Kramer, Zürich, erklärte, er sei glücklich, dass nun dieses Begleitbuch zur Faksimile-Edition vorliege. Als er 1994 in das Projekt einbezogen wurde, habe er es nicht für möglich gehalten, beide Teile des Originals, die in Alba Julia in Rumänien und in der Vatikanischen Bibliothek in Rom aufbewahrt werden, in einer Faksimile-Ausgabe zusammen zu führen. Er dankte besonders dem Vorsitzenden der Hessischen Historischen Kommission, Archivdirektor Prof. Dr. Eckhart Franz, Darmstadt, für die gute Zusammenarbeit. Durch das neue Buch könnten über die 133 Exemplare der Faksimile-Edition hinaus sich viele mit dem Lorscher Evangeliar besser vertraut machen.

Franz wies in einem Grußwort darauf hin, dass die Kommission vor ungefähr hundert Jahren gegründet wurde, als die damaligen historischen Vereine die erforderlich scheinenden wissenschaftlichen Editionen aus eigener Kraft nicht mehr leisten konnten. Er unterstrich, dass die Hessische Historische Kommission für das Gebiet des früheren Großherzogtums Hessen zuständig sei, also für die Regionen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen, die mit dem Gebiet des Bistums Mainz deckungsgleich seien.

Der Vorsitzende der Deutschen UNESCO-Kommission, Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard, Frankfurt/Berlin. knüpfte daran an, dass das Kloster Lorsch 1991 in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Er dankte im Namen der Deutschen UNESCO-Kommission dafür, dass der Verlag und die Hessische Historische Kommission das verlegerische Risiko auf sich genommen haben, um die Faksimile-Edition und den wissenschaftlichen Begleitband herauszubringen.

Bischof Lehmann bekannte, er freue sich mit Dr. Schefers sehr, dass ein solcher Traum in Erfüllung gegangen sei. Manchmal habe er das Gefühl, dass man nicht genügend erkannt habe, welche Schätze in Lorsch vorhanden sind. Er wies darauf hin, dass über 300 Handschriften aus der Lorscher Klosterbibliothek weltweit verstreut sind. Besonders stellte er den Lorscher Codex heraus, ohne den eine verlässliche Geschichtsschreibung für das Bistum Mainz, das frühere Bistum Worms und die angrenzenden Gebiete undenkbar sei. Schefers beleuchtete in einem Dia-Vortrag das Lorscher Evangeliar und seine Geschichte vor. Er hob besonders hervor, dass das von Karl dem Großen dem Kloster Lorsch geschenkte Buch mit den vier Evangelien und den Evangelientexten für den liturgischen Gebrauch im Anhang deshalb so kostbar ausgestattet wurde, weil das Wort Gottes für den damaligen Menschen wertvoller war als alles andere. Deshalb wurde das Evangeliar auf ausgesuchtem weißem Kalbspergament ganz in Goldtinte geschrieben. Die ganzseitigen kunstvollen Bilder orientierten sich an antiken Vorbildern. Das einzigartige Werk sei lange Vorbild für die Lorscher Schreibstube gewesen. Schefers schilderte die abenteuerliche Teilung des Buches, das im 16. Jahrhundert auf Irrwegen zur Hälfte nach Rom, zur anderen Hälfte über Wien nach Rumänien gelangte und schließlich ein Buchdeckel des Einbandes aus Elfenbein auch nach London. Noch 1992 habe man angenommen, der erste Teil, der dann in Alba Julia wiederentdeckt wurde, sei unwiederbringlich verschollen.

Hinweis: Das Lorscher Evangeliar. Eine Zimelie der Buchkunst des abendländischen Frühmittelalters. Hrsg. von Hermann Schefers in Zusammenarbeit mit dem Faksimile-Verlag Luzern und der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten in Hessen. Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2000, 208 Seiten mit zahlreichen zum Teil ganzseitigen farbigen Abbildungen aus dem Evangeliar und eine Fülle von Abbildungen in schwarz-weiß. DM 92,-.

Sk (MBN)

 

"Musica Sacra" stiftete Truhenorgel für Chöre am Dom

Mitgliederzahl des Vereins der Freunde und Förderer auf 250 gestiegen

Mainz. Die Mitgliederzahl des Vereins der Freunde und Förderer der Musica Sacra am Hohen Dom zu Mainz ist seit 1997 von damals 182 Mitglieder auf nunmehr 250 gestiegen. Dies hat der Vorsitzende des Vereins, Joachim Schneider, am Mittwoch, 13. September, in der 9. Mitgliederversammlung im Chorhaus am Dom in Mainz mitgeteilt. In seinem Geschäftsbericht informierte Schneider über die Entwicklung der Finanzen seit dem vergangenen Jahr und stellte fest, dass die Bilanzen ausgeglichen sind. Das Vermögen des Vereins betrug zum Jahresende 1999 nach seinen Angaben rund DM 86.000,-.

In den vergangenen Jahren wurden die Domkonzerte vom Verein mit DM 68.000,- bezuschusst. Daneben gehört es zu den Zielen des Vereins, die Beschaffung von Instrumenten und sonstige Materialien zu unterstützen, wie auch das Auftreten der Chöre und ihre Ausbildung zu fördern. Ein herausragendes Beispiel war die Anschaffung einer Truhenorgel, die Domkapellmeister Mathias Breitschaft beantragt hatte. Sie wurde unmittelbar vor Beginn der diesjährigen Mitgliederversammlung dem Domkapellmeister in Anwesenheit von Domdekan Weihbischof Wolfgang Rolly übergeben. Die Kosten von ca. DM 43.000,- wurden vom Verein mit rund DM 28.000,- bezuschusst. Das Domkapitel steuerte DM 15.000,- bei, wofür der Vorsitzende ein besonderes Wort des Dankes sprach.

Schneider bekräftigte vor der Mitgliederversammlung das Anliegen des Vereins, die Domkonzerte auch für die weitere Zukunft eintrittsfrei zu halten. Allen Konzertbesuchern solle die Teilnahme kostenfrei bzw. auf Spendenbasis ermöglicht werden. "Dieses Ziel können wir aber nur erreichen, wenn wir auch weiterhin nach allen Kräften bemüht sind, weitere neue Mitglieder für die Musica Sacra zu gewinnen", unterstrich er. Schneider kündigte auch die Feier des 10-jährigen Bestehens des Vereins im kommenden Jahr an. Dabei seien verschiedene Sonderkonzerte und die Herausgabe einer Festschrift geplant.

Domkapellmeister Breitschaft berichtete der Mitgliederversammlung über die Arbeit der Chöre am Dom. Er hob hervor, dass über 350 Jungen, Mädchen, Frauen und Männer in den verschiedenen Chorgruppen aktiv sind. Er verwies auf die zahlreichen Konzerte im In- und Ausland sowie die regelmäßige Gestaltung der Stiftsgottesdienste. Besonders stellte Breitschaft die enge Zusammenarbeit mit den beiden Landesorchestern in Ludwigshafen und Koblenz heraus wie auch die Mitwirkung der Domchor-Knaben bei verschiedenen Opernaufführungen in Darmstadt, Wiesbaden, Frankfurt und Mainz. Höhepunkt des nächsten Jahres werde wohl die Mitgestaltung der Eröffnungsfeierlichkeiten des Konrad-Adenauer-Zentrums in Jerusalem sein, dessen Leiter, Dr. h.c. Johannes Gerster, der Ehrenvorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Musica Sacra im Hohen Dom zu Mainz ist.

Bei den Neuwahlen wurden die Mitglieder des Vorstandes in ihren Ämtern bestätigt, u.a. Hans-Günter Mann als zweiter Vorsitzender und Peter Lukas als Schatzmeister. Der Domkapellmeister ist geborenes Mitglied des Vorstandes. In dem sich anschließenden Konzert als Dankeschön für die Vereinsmitglieder, zu dem auch die Mitglieder des Dombauvereins eingeladen waren, sang die Domkantorei St. Martin aus ihrem Repertoire. Dabei kam die neue Truhenorgel zu ihrem ersten Einsatz.

Sk (MBN)

 

Ein Außenseiter als Titelheld

Literaturabend über Thomas Strittmatters Roman "Raabe Baikal"

Mainz. Im Januar 2000 hat die Akademie des Bistums Mainz im Erbacher Hof einen monatlichen Literaturzirkel gestartet. Beim Treffen dieses Monats am Dienstag, 19. September (19.00 Uhr), ging es um Thomas Strittmatters Roman "Raabe Baikal".

Die Leiterin des Literaturzirkels, Dr. Veronika Schlör, erklärte, dass sich der Abend mit einem spannenden, realistischen aber auch skurrilen Buch befasst habe. Im Roman "Raabe Baikal" gehe es um einen männlichen Außenseiter, wegen seiner düsteren Gestalt "Raabe Baikal" genannt, dessen Lebensgeschichte mit allen Höhen und Tiefen vom Internat bis ins Erwachsenenalter geschildert wird. Raabe Baikal steht im Mittelpunkt des Geschehens. Aber auch seine Mitmenschen spielen eine wichtige Rolle, auch wenn sie nur Spitznamen nach ihren Eigenschaften tragen. Schauplatz des Romans ist Deutschland von den 60er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts. Mit diesem Roman habe Strittmatter seinen Ruf, einer der interessantesten deutschen Nachwuchsautoren zu sein, bestätigt, betonte Dr. Schlör. Die Sprache des Dramatikers Strittmatter mit ihrem seltsam archaischen Zauber, meinte die Studienleiterin des Erbacher Hofs, lebe fort in seinen Drehbüchern, Theaterstücken und in diesem, seinem einzigen Roman, "Raabe Baikal".

Strittmatter, 1961 in St. Georgen im Schwarzwald geboren, war viel zu früh 1995 in Berlin gestorben. Sein erstes Theaterstück, "Viehjud Levi", mit dem der Autor den Landespreis von Baden-Württemberg gewann, galt Zeitungsberichten zufolge als "Geniestreich". Uraufgeführt wurde das Stück 1983 im Stuttgarter Theater der Altstadt. Strittmatter hatte gerade begonnen, Malerei und Grafik zu studieren. Zwei Jahre später verfilmte Strittmatter gemeinsam mit Nico Hofmann sein Stück "Polenweiher". Bereits zu diesem Zeitpunkt war der Autor ein bekannter und hoch anerkannter Dramatiker. "Mit dem Tod von Thomas Strittmatter verliert die deutsche Literatur einen ihrer interessantesten und begabtesten Autoren der jüngeren Generation," schrieb die Süddeutsche Zeitung in München 1995.

Im Literaturzirkel des Erbacher Hofs wurden von Januar bis Juni folgende Werke besprochen: Die Romane "Alberta empfängt einen Liebhaber" von Birgit Vanderbeke, "Aus der Geschichte der Trennung" von Jürgen Becker, "Anschlag" von Gerd Neumann, "Der Vorleser" von Bernhard Schlink und "Zimzum" von Ulla Berkéwicz.

Als weitere Abende des Literaturzirkels sind der 19. Oktober ("Das Kind" von Thomas Bernhard), der 14. November ("Das Kind" von Christine Lavant) und der 14. Dezember ("Sommerhaus, später" von Judith Herrmann) vorgesehen.

Li (MBN)

 

Dokumentation

Erklärung zu Vorwürfen gegen Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach

Mainz. In den letzten Tagen wurden in Mainz Vorwürfe laut, Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach habe ein seelsorgerisches Betreuungsverhältnis zur Professorin Dr. Dr. Änne Bäumer-Schleinkofer missbraucht. Dem Weihbischof wird vorgeworfen, einen Großen Exorzismus an Frau Bäumer ausgeübt und sexuelle Übergriffe begangen zu haben. Die Bistumsleitung reagierte sofort mit folgender Presseerklärung:

Erklärung an die Medien zu Vorwürfen gegen Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach, Bistum Mainz

Gegen Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach, Bistum Mainz, werden Vorwürfe erhoben, er habe ein seelsorgerisches Betreuungsverhältnis zu einem Mitglied der Katholischen Kirche missbraucht. Hierzu gibt das Bistum Mainz folgende Erklärung ab:

Die auf Initiative des betreffenden Mitglieds der Katholischen Kirche entstandene und beharrlich abgeforderte seelsorgerische Begleitung führte zu einer persönlichen Nähe, die auf Initiative dieser Person auch körperliche Zuwendung umfasste. Eine solche Entwicklung einer seelsorgerischen Begleitung, aus welchen Gründen sie auch entstanden sein mag, hat nicht die Billigung des Bischofs von Mainz gefunden. Nachdem der Bischof von Mainz Kenntnis hiervon erlangt hatte, wirkte er mit allem Nachdruck auf die Beendigung des Kontaktes zwischen dem Weihbischof und der betreffenden Person hin und verweigerte jegliche von ihr hartnäckig angestrebte berufliche Verbindung zum Bistum Mainz. Ungeachtet dieser kritischen Einschätzung sei darauf hingewiesen, dass das betreffende Mitglied der Katholischen Kirche angebliche Einzelheiten ihrer Begegnung mit Weihbischof Dr. Eisenbach, so z.B. die Verletzung des Beichtgeheimnisses, unzutreffend darstellt. Im übrigen sollen die erhobenen Vorwürfe Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Mainz sein, dessen Ergebnis nicht vorgegriffen werden soll.

Prälat Dr. Werner Guballa, Generalvikar des Bistums Mainz

Mainz, 15. September 2000 

Diese Erklärung wurde noch am selben Tage mit einem kurzen Begleitschreiben des Generalvikars an alle Pfarrer im Bistum zur Kenntnisnahme und zur Weitergabe an die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Pfarrgemeinderäte versandt. Darüber hinaus wurden in mündlichen Erklärungen weitere falsche Beschuldigungen zurückgewiesen, zum Beispiel die Behauptungen, Eisenbach habe den Großen Exorzismus ausgeübt oder sich der Körperverletzung schuldig gemacht. Die Veröffentlichungen von Frau Bäumer haben dem Ruf des im Bistum hoch geschätzten Weihbischofs sehr geschadet. Viele Menschen reagierten betroffen und brachten ihre Verbundenheit mit ihm zum Ausdruck.