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Im Rahmen ihrer gemeinsamen Öffentlichkeitsinitiative veranstalten die südwestdeutschen Bistümer Limburg, Mainz, Speyer und Trier am Montag, 29. April, in Frankfurt eine Telefonaktion zum Thema "Tod und Sterben".
Unter der gebührenfreien Rufnummer 0130/830 809 stehen an diesem Tag zwischen 15.00 und 20.00 Uhr Gesprächspartner aus Krankenhausseelsorge, Trauerbegleitung, Hospizbewegung und theologischer Forschung für Fragen und Gespräche zur Verfügung. Das Angebot der Telefonaktion gilt insbesondere Menschen, die sich aus persönlicher Betroffenheit mit der Todesproblematik auseinandersetzen, Menschen, die einen nahen Angehörigen verloren haben oder Menschen, die in ihrer eigenen Familie oder in der nächsten Umgebung von schwerer Krankheit getroffen sind.
Über die Zielsetzung der Telefonaktion heißt es in der Ankündigung: "Die Katholische Kirche läßt Sterbende und Angehörige nicht allein. Ihre seelsorgerische Begleitung, aber auch die Ermunterung, sich um des Lebens willen frühzeitig mit dem Thema Tod auseinanderzusetzen, gehört zu den zentralen Aufgaben der Kirche." Dies kommt auch in dem zugehörigen Plakat der Öffentlichkeitsinitiative zum Ausdruck, in dem es neben dem Bild eines Grabsteins heißt: "Über den Tod schweigen die meisten wie ein Grab. Warum eigentlich? - Für die Katholische Kirche ist das Thema Tod kein Tabu." Die Verantwortlichen erklären dazu, daß die Kirche den Menschen ermutige, sich auf den Tod und das Sterben einzulassen, "weil er auch in seiner letzten Stunde nicht allein ist, sondern Gott mit ihm geht." Diese verborgene Nähe des mitgehenden Gottes könne der Sterbende in jedem Menschen erfahren, der sein Sterben begleitet. `Wo der Tod tabuisiert wird, da wird der sterbende Mensch isoliert, da ist kein wahrhaft menschliches Leben mehr zu finden", heißt es mahnend in dem Begleittext.
Deshalb suchen die Bistümer die öffentlich gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Fragen um Sterben und Tod. Gesprächspartner bei der Telefonaktion sind der Pastoraltheologe Prof. Dr. Konrad Baumgartner, Regensburg, die Psychologin Marlene Wynands-Schüller, Steinefrenz, der Krankenhauspfarrer Bernhard Gruber von der Uniklinik Frankfurt, Dr. Hiltrud Puff von der Hospizgesellschaft Speyer, und Karmelitenpater Pankraz Ribbert, Mainz.
Das Plakat zum Thema "Tod und Sterben" ist das letzte im Rahmen der Öffentlichkeitsinitiative, die im Sommer 1996 nach dreijähriger Laufzeit beendet wird. Die Verantwortlichen verweisen darauf, daß diese Telefon- und Plakataktion im Vorfeld der diesjährigen ökumenischen "Woche für das Leben" durchgeführt wird, die unter dem Leitwort steht: "Leben bis zuletzt. Sterben als Teil des Lebens".
(MBN)
Mainz. Die jüdischen Friedhöfe in Rheinland-Pfalz - über 330 an der Zahl von 2200 in Deutschland - sind nach Auffassung des Bischofs von Mainz, Dr. Karl Lehmann, nicht nur ein ehrwürdiger Schatz vergangener Kultur, sondern "geschichtsmächtige Zeugen einer tiefen Symbiose von Judentum und Christentum, die vielleicht mehr gelebt wurde, als wir gewöhnlich denken, die aber auch immer wieder in beschähmender Weise verleugnet und brutal zerstört worden i st" . Zur Eröffnung der Ausstellung ("Ein edler Stein sei sein Baldachin ... Jüdische Friedhöfe in Rheinland-Pfalz"), die noch bis einschließlich 7. April im "Haus am Dom" in Mainz zu sehen ist, erklärte Lehmann am Montag, 15. April, die Ausstellung sei ein guter Anlaß, nicht nur um die Erinnerung zu pflegen, sondern auch um die Verantwortung in Deutschland zu stärken, damit es nicht mehr zu mutwilligen Schändungen jüdischer Friedhöfe komme.
Der Bischof verwies für die Zeit von 1945 bis 1980 auf 598 erfaßte Schändungsfälle im Bereich der Bundesrepublik Deutschland, von denen 65 Prozent leider nicht aufgeklärt worden seien. In der Zwischenzeit seien die Zahlen noch gestiegen. Wer so etwas - bewußt oder unbewußt - tue, schneide sich von den eigenen Wurzeln ab, und zerstöre am Ende sich selbst, mahnte Lehmann. Nachdrücklich bekannte er, daß er als Bischof von Mainz die Judenpogrome und -verfolgungen nicht vergessen dürfe, die in eine lange Geschichte der Diskriminierung und Isolierung gehörten. Für Mainz nannte er die "schrecklichen Ereignisse des Jahres 1096" und fügte hinzu, er wolle auch nicht verschweigen, daß am Ende des Mittelalters jüdische Grabsteine zum Bau der Mainzer Stadtmauer dienten.
Die Ausstellung dokumentiert ein vom Landesamt für Denkmalpflege - in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildung in Rheinland-Pfalz getragenes Pilotprojekt, das von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur finanziert wird. Bei dem Projekt geht es darum, alle jüdischen Friedhöfe und Grabsteine in Rheinland-Pfalz zu erfassen und so weit wie möglich zu sichern. Bischof Lehmann knüpft daran die Hoffnung, "daß viele Menschen, besonders auch die jüngeren Generationen, diese einmalige Chance nützen, um nicht nur ihre Kenntnisse über das jüdische Leben bei uns in den vergangenen 1000 Jahren zu vertiefen, sondern um die Gewissen zu schärfen für das, was wir dem Volk Israel oft angetan haben und leider immer noch antun". Wie die Forschungsergebnisse und die Ausstellung zeigten, unterstrich Lehmann, bieten die jüdischen Friedhöfe für die notwendige "Erinnerung" eine besondere Chance. Die steinernen Urkunden seien überragende Quellen, denn auf ihre Weise ersetzten sie die im christlichen Bereich vorhandenen Kirchenbücher. Sie zeigten trotz aller Identität und Kontinuität der jüdischen Bräuche außerordentliche Wandlungen in der Gestaltung nicht zuletzt der Grabsteine, der Inschriften und der Grabkunst. Studiere man als Theologe im Zusammenhang mit der Ausstellung die jüdischen Bräuche beim Sterben und bei der Bestattung, erklärte Lehmann, so entdecke man jenseits der Verwüstungen und Zerstörungen viele verborgene Gemeinsamkeiten: "Das Christentum weiß um seine bleibende Verwurzelung im Glauben und in den Schriften des Volkes Israel." Ministerpräsident Kurt Beck, der als Vorstandsvorsitzender der Stiftung Rheinland-Pfalz-für Kultur die Ausstellung eröffnete, betonte, sie sei geeignet, gerade bei den jungen Menschen daran zu erinnern, was jüdischen Menschen in Deutschland angetan worden ist. Er hoffe, daß Lehrer mit ihren Schulklassen und Jugendgruppen angeregt würden, auch die Friedhöfe selbst zu besuchen. Das Pilotprojekt und die Ausstellung seien "Bekenntnis zu jüdischer Kultur in unserem Land".
Der Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz, Prof. Dr. Gerrard Breitbart, betonte, die jüdischen Friedhöfe seien beredte Zeugnisse für die Geschichte der Juden in Deutschland und ihre Integration. Sie zeugten von der deutsch-jüdischen Symbiose und von der Liebe der Juden zu ihrer deutschen Heimat. Der Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Dr. Wolfgang Brönner erklärte, es sei eine große Gemeinschaftsaufgabe, jüdisch-christliche Geschichte in Rheinland-Pfalz aufzuarbeiten. In dem Pilotprojekt seien viele Einzelinitiativen zusammengeführt worden. Bisher sei erst ein Ausschnitt eines großen Themas erfaßt worden, und er hoffe, einen Judaisten fest an das Landesamt binden zu können, um das Projekt fachlich kompetent weiterführen zu können. Die Mitarbeiter/innen des Landesamtes hätten die bisherige Arbeit zusätzlich zu ihren sonstigen Verpflichtungen geleistet. Er hoffe, daß die Ausstellung zur Wanderausstellung werde, entsprechende Anfragen gebe es bereits aus dem Saarland und aus Niedersachsen.
Der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Hans-Georg Meyer, unterstrich die gute Zusammenarbeit zwischen Landesamt und Landeszentrale und verwies auf die Gedenkstättenarbeit in den ehemaligen Konzentrationslagern in Osthofen bei Worms und Hinzert im Hunsrück. Wie Bronner dankt er nachdrücklich der Landesregierung, insbesondere Ministerpräsident Beck und Kultusministerin Dr. Rose Götte für die Initiierung bzw. Förderung des Projektes. Es gelte, die steinernen Zeugnisse der jüdischen Kultur zu bewahren und die "gar nicht stummen" steinernen Zeugen sprechen zu lassen. Die Ausstellung sei auch ein Beitrag zur politischen Bildung um Verwüstungen, neonazistische Schmierereien und die Störung der Totenruhe auf jüdischen Friedhöfen vermeiden zu helfen. Dies könne nicht alleine Sache der Polizei und der Gerichte sein, sondern sei auch Aufgabe der politischen Bildung. "Wir müssen über jüdische Kultur informieren und aufklären und zugleich rechtsextremistischen Ausschreitungen einen Riegel vorschieben." Neben einer Gesamtübersicht zeigt die Ausstellung beispielhaft u.a. die jüdischen Friedhöfe in Bingen, Essingen, Trier und Worms. Das vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz herausgegebene Begleitheft zur Ausstellung, die in verschiedenen Orten von Rheinland-Pfalz gezeigt werden wird, gibt einen Uberblick über die Geschichte der jüdischen Friedhöfe in Rheinland-Pfalz und zeigt viele interessante Details jüdischer Friedhöfe bzw. Grabsteine auf. Die Ausstellung ist bis einschließlich 27. April in Mainz zu sehen. Öffnungszeiten montags bis freitags jeweils von 10.00 bis 17.00 Uhr und samstags und sonntags von 11.00 bis 17.00 Uhr.
(MBN)
Aachen/Mainz. Mit einem Anteil von DM 2,1 Mio. trugen 344 Pfarrgemeinden des Bistums Mainz zum Gesamtergebnis des Päpstlichen Missionswerkes der Kinder in Deutschland bei. Davon stammen rd. DM 1,4 Mio. aus der Sternsingeraktion. Die restlichen DM 700.000 kamen durch sonstige Spenden zusammen, wie der Präsident des Kindermissionswerkes Prälat Arnold Poll, Aachen, jetzt bei der Vorlage des Jahresberichtes erläuterte. Ingesamt weist die Bilanz des Kindermissionswerkes für 1995 Einnahmen in Höhe von DM 73,8 Mio. (1994: DM 68,1 Mio.) aus. Dies bedeutet eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um DM 5,7 Mio. bzw. 8,7 Prozent. Mit den Spendengeldern werden weltweit rund 3.500 Projekte gefördert. Neben der Bekämpfung von Hunger und Krankheit steht die schulische Bildung im Mittelpunkt des Projektarbeit. Poll erklärte bei der Vorstellung der Bilanz: "Das Kinderwerk der katholischen Kirche erfreut sich weiterhin einer festen Verankerung in den Gemeinden und eines großen Vertrauens bei ungezählten Spenderinnen und Spendern.Unsere größte Hoffnung aber sind die Kinder mit ihrer Glaubwürdigkeit.
Der langjährige Offizial (Leiter des Diözesangerichts) des Bistums Mainz, Apostolischer Protonotar Domkapitular em. Dr. Adam Groh, der über zwei Jahrzehnte auch Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes war, ist am Samstag morgen, 13. April, wenige Tage vor Vollendung seines 80. Lebensjahres, in Mainz gestorben. In einem Beileidsschreiben an Bischof Dr. Karl Lehmann und das Mainzer Domkapitel würdigte Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano, Rom, im Namen des Papstes den Verstorbenen als angesehenen und allseits hoch geschätzten Seelsorger und Experten des Kanonischen Rechtes. "Möge die Saat der Glaubensvermittlung, der er sich engagiert gewidmet hat, reiche Frucht bringen und zur Stärkung und zum Wachstum der Kirche von Mainz auch in Zukunft beitragen".
In der kirchlichen Gerichtsbarkeit, in der Groh bis zu seinem Ruhestand (1993) 37 Jahre lang wirkte - seit 1956 als Vizeoffizial und seit 1970 als Offizial und in der Caritasarbeit - Groh war von 1968 bis 1992 Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes - war er in besonderer Weise ein Priester für Menschen in Lebenskrisen, Konflikt- und Notsituationen. Aus der Überzeugung, "daß Gott die Liebe ist" und "daß Gerechtigkeit ohne Liebe sich selbst zerstört", blieb er als Richter der Kirche ein menschlicher, verständnisvoller Seelsorger, der die Einheit von Recht und Liebe, von Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, lebte und vermittelte.
In der Caritasarbeit setzte sich Groh mit Nachdruck insbesondere für den Ausbau der Beratungsdienste und die Pflege der kranken und alten Menschen in den Gemeinden ein. Im Aufbau der Sozialstationen hatte er maßgeblichen Anteil. Seine Sorge um hilfsbedürftige Menschen kam auch in seiner engagierten Mitarbeit in den Aufsichtsgremien des St. Vincenz- und Elisabeth-Hospitals in Mainz und in dem ebenfalls von Bischof Ketteler gegründeten St. Josephshaus in Klein-Zimmern zum Ausdruck. Darüber hinaus war er ein wichtiger Beistand für die Ordensgemeinschaften und ihre Einrichtungen.
Adam Groh wurde am 29. April in Nieder-Roden als Sohn eines Landwirts geboren. Nach dem Abitur in Dieburg (1936) wurde er 1939 aus dem Priesterseminar in Mainz zum Wehrdienst eingezogen. Unter turbulenten äußeren Umständen (Fliegeralarm und Bombenangriffe auf Mainz) wurde er am 13. Januar 1945 während eines Heimaturlaubs im Priesterseminar durch Bischof Dr. Albert Stohr zum Priester geweiht. Wenig später geriet er in französische Kriegsgefangenschaft. Nach Kaplansjahren in Heppenheim-St. Peter und in der Wormser Dompfarrei berief ihn Bischof Stohr 1950 zu seinem Sekretär. In den drei Jahren dieses Dienstes promovierte er mit einer rechtshistorischen Arbeit über das Erlöschen des Bistums Worms zum Doktor der Theologie. Von 1953 bis 1955 studierte Groh in Rom Kirchenrecht und erwarb hier das Lizentiat des Kanonischen Rechtes. Nach kurzer Tätigkeit als Subregens am Priesterseminar wurde er Vizeoffizial (1956). In das Domkapitel wurde er 1962 berufen. Bischof Hermann Volk bestellte ihn 1970 zum Offizial. Über viele Jahre unterwies Groh, der auch zu den Spendern des Firmsakramentes gehörte, die künftigen Gemeindereferenten/innen im Kirchenrecht und war auch an der Ausbildung der Priester, Diakone und Pastoralreferenten/innen beteiligt. Für seine Verdienste wurde Adam Groh 1975 zum Päpstlichen Ehrenprälaten und 1990 zum Apostolischen Protonotar ernannt. Der Deutsche Caritasverband ehrte ihn mit seiner höchsten Auszeichnung, dem "Brotteller", für seinen Einsatz für Menschen in Not.
Groh, der noch in der Karwoche dieses Jahres als Beichtvater im Dom das Bußsakrament spendete, starb an Herzversagen, als er sich auf die Feier der hl. Messe vorbereitete. In seiner Abschiedsrede am 23. Juni 1993 hatte er im Blick auf seinen Tod erklärt: "Es gehört zu den Gnaden, die den Christen ausmachen, daß er auf seinen Tod bewußt zugehen kann und darf, weil er das Tödliche am Tod durch Christus überwunden weiß, weil er an Auferstehung und ewiges Leben glaubt."
Das Requiem mit Bischof Karl Lehmann und dem Domkapitel wird am Freitag, 19. April, um 14.00 Uhr im Mainzer Dom gefeiert. Anschließend erfolgt die Beerdigung auf dem Domfriedhof. Die Uberführung und Aufbahrung in der Bischofsgruft des Domes findet am Donnerstag, 18. April, um 17.00 Uhr statt.
(MBN)
Mainz. Zu einer neuen "Leidenschaft für Gott" hat Prof. Dr. Irene Willig, Mainz, aufgerufen. In einer Welt, die an der Gottesferne leide, sei es wichtig, daß Christen Mut zu einem lebendigen Glaubenszeugnis haben. Wörtlich sagte sie: "Dies würde der Welt helfen." Willig, geistliche Begleiterin des Diözesanverbandes der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und frühere Rektorin der Katholischen Fachhochschule Mainz (KFH), erklärte dies am Samstag, 13. April, beim achten Diözesantreffen der Cursillo-Bewegung in den Bistümern Mainz und Limburg im Gymnasium Theresianum i n Mainz. Die Cursillo-Bewegung zählt zu den sog. "Neuen Geistlichen Bewegungen" innerhalb der Katholischen Kirche. Die Cursillo-Bewegung (deutsch: "kleiner Kurs") stammt aus Spanien und bietet in dreitägigen Kursen Gelegenheit zu einer Erneuerung und Vertiefung des Christseins an.
Aufgabe der Kirche sei es, das "Prinzip Liebe" in die Welt zu tragen, betonte Willig. Dies werde auch durch die Aussagen des II. Vatikanischen Konzils gedeckt, das mit seiner Grundaussage von der Kirche als "Volk Gottes" ein Neuverständnis hin zu einer "Communio"-Ekklesiologie gewollt habe. Damit sei auch klar, daß die Kirche eine "Ecclesia semper reformanda", eine sich immer an. den "Zeichen der Zeit" orientierende Kirche, sein müsse, "weil die Menschen und Verhältnisse nicht gleichbleiben". Ausgehend von der Textstelle "Eure Söhne und Töchter werden prophetisch reden" in der Apostelgeschichte forderte sie dazu auf, das Prophetische in der Kirche wachzuhalten. Aus der Textstelle gehe hervor, daß durch das Pfingstereignis eine Ausgießung des Heiligen Geistes auf alle und eine Wandlung der Herzen erfolgt sei so wie durch die Auferstehung Jesu Christi Gott seiner Liebe zu den Armen und Randgruppen recht gegeben habe. Dies müsse für alle Menschen Auslöser für ein neues Denken sein.
Frau Willig plädierte in ihrem Referat auch für ein erneuertes Verständnis des Laien in der Kirche. Das II. Vatikanische Konzil habe eine Institutionalisierung der Beteiligung der Laien in der Kirche gewollt. Die aus dem vierten Jahrhundert stammende "Kirche der Ungleichen" mit einer scharfen Trennung zwischen Klerikern und Laien habe damit abgeschafft werden sollen. Damit sei aber kein Mitentscheidungsrecht der Laien verbunden. Willig forderte neben der "lehrenden" auch eine "hörende" Kirche. Damit müsse auch das Wachhalten des Prophetischen im einzelnen Gläubigen verbunden. sein, das zu lange verdrängt worden sei. Zugleich plädierte sie für eine weitere ökumenische Öffnung der Kirche. "Wir dürfer nicht dulden, daß der Geist der Ökumene zurückgedrängt wird", sagte sie.
Im Anschluß an das Referat diskutierten die rund 150 Teilnehmer des Treffens in Kleingruppen. Den abschließenden Gottesdienst konzelebrierten der Subregens des Bischöflichen Priesterseminars, Pfarrer Michael Schapfel, und Kaplan Hendrick Jolie, Weiterstadt.
jo (MBN)
Mainz. Das Zivildienstbüro und das Referat Gerechtigkeit und Frieden im Bischöflichen Seelsorgeamt des Bistums Mainz veranstalten vom 4. bis 12. Mai eine Werkwoche in Auschwitz, an der 15 Zivildienstleistende aus den Diözesen Limburg, Mainz, Speyer und Trier teilnehmen. Auschwitz (polnisch: Oswiecim) stehe für den millionenfachen Mord an Unschuldigen, für unvorstellbare Grausamkeiten, für die die Leiter der Werkwoche, Alois Bauer, (Referent für Gerchtigkeit und Frieden im Bischöflichen Seelsorgeamt) und Wolfgang Rieke (Zivildienstbüro). Die Zivildienstleistenden werden sich in der Gedenkstätte fünf Tage lang mit diesem dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte auseinandersetzen. Sie werden versuchen, in einem Arbeitseinsatz zur Erhaltung der Gedenkstätte beizutragen sowie mit Zeitzeugen zu reden. Ein Aufenthalt im benachbarten Krakau wird die Werkwoche abschließen.
Zu der Werkwoche fand kürzlich ein Vorbereitungsseminar für die Teilnehmer statt, an dem auch ein Überlebender von Auschwitz teilnahm. Alex Deutsch (82), Neunkirchen/Saar, ein in Berlin geborener Jude, vermittelte durch das Erzählen seiner Biographie und seine Berichte ein erschütterndes Bild des Grauens im Konzentrationslager Auschwitz während der NS-Zeit. Deutsch erzählte, daß er im Februar 1943 nach Auschwitz deportiert wurde. Von dort aus habe man ihn in das Nebenlager Monowitz verschleppt, wo er Zwangsarbeit für die IG Farben unter erbärmlichsten Umständen haben leisten müssen. Noch im Konzentrationslager habe er erfahren, daß seine Frau mit ihrem Sohn vergast wurde. Deutsch erzählte, daß er erst 1994 durch einen Besuch im Lagerarchiv festgestellt habe, daß seine Angehörigen einen Tag vor ihm in Auschwitz angekommen und sofort vergast worden. seien. Im Januar 1945 habe man ihn beim Vorrücken der russischen Truppen nach Buchenwald deportiert. Dort habe er in einem Bergwerkstollen für den Bau der sog. "Wunderwaffen" V 1 und V 2 arbeiten müssen. In Magdeburg zur Räumung von Trümmern eingesetzt, sei ihm die Flucht hinter die amerikanischen Linien gelungen.
Nach dem Krieg sei er in die USA ausgewandert, wo er als gelernter Kaufmann ein Lebensmittelgeschäft eröffnet und wieder geheiratet habe. Er hatte, wie er eindrucksvoll schilderte mit dem ersten Teil seines Lebens abgeschlossen. "Das was mir am teuersten, war - meine Familie - war vernichtet. Kein Gericht der Welt hätte mir Frau und Kind zurückgeben können. Ich habe immer wieder darum gebetet, daß Gott mir die Kraft für ein neues Leben gebe möge. Er hat mir geholfen zu verzeihen", sagte Deutsch. Als die amerikanischen Rassenunruhen sein Geschäft bedroht hätten, habe er es verschenkt. "Ich wollte nicht für Geld sterben", sagte Deutsch. Er kehrte nach Deutschland zurück. Resümierend erklärte er: "Als ich vor zwei Jahren in Auschwitz den Weg von der Rampe zu den Gaskammern ging, habe ich den Blick nach oben gerichtet und Gott gedankt, daß ich als Jude auf den Trümmern der Gaskammer stehen konnte. Wer diesen Ort besucht, muß wissen, wo die Grenzen des Hasses liegen. Und er muß angsterfüllt darüber nachdenken, wozu Menschen fähig sind. Diese KZ-Gedenkstätten sollen der Nachgeneration vor Augen halten, was geschah, damit diese dafür sorgt, daß sich so etwas niemals wiederholen darf. Hinweis: Werkwochen sind Angebote der katholischen Zivildienstseelsorge, die im Rahmen der pastoralen Begleitung angeboten werden. Zivildienstleistende haben Anspruch auf Sonderurlaub auf Werkwochen. Die Werkwoche in Auschwitz wird mit DM 400 je Teilnehmer finanziert. Hinzu kommen Zuschüsse der Diözese.
A.B. (MBN)
Münster/Mainz. Prof. Dr. Erwin Iserloh, einer der bedeutendsten katholischen Kirchenhistoriker der Gegenwart und engagierte Ökumeniker, ist am Sonntag, 14. April, in Münster/Westf. im Alter von 80 Jahren gestorben. Mit dem Bistum Mainz war Iserloh besonders verbunden als Schüler des Pioniers einer neuen katholischen Lutherforschung, Prof. Dr. Joseph Lortz, und als Herausgeber der Schriften des nach Bonifatius berühmtesten Mainzer Bischofs Wilhelm Emmanuel von Ketteler, eine Aufgabe, die er im Auftrag der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz wahrnahm.
Es gehörte zu den Anliegen Iserlohs, das zweifellos positive, aber einseitige Bild Kettelers als "Arbeiterbischof" und "Sozialbischof" zu ergänzen. Sicher habe Ketteler große Bedeutung für die Geschichte des deutschen Sozialkatholizismus, seine Bedeutung sei aber darin nicht erschöpft. Iserloh verwies immer wieder auf die Rolle Kettelers als Wortführer, der für ein neues partnerschaftliches Verhältnis von Staat und Kirche kämpfte, für Kirchen- und Religionsfreiheit gegenüber Staatsallmacht ebenso wie gegenüber Liberalismus und Sozialismus bzw. Kommunismus.
Schwerpunkt der Forschungen Iserlohs waren das Spätmittelalter und die Geschichte der Reformation und der Gegenreformation. Internationales Aufsehen erregte Iserloh mit dem Nachweis ohne die Authentizität der 95 Thesen Luthers selbst in Frage zu stellen daß der berühmte Thesenanschlag Luthers an der Schloßkirche in Wittenberg (am 31. Oktober 1517) in der überlieferten Form nie stattgefunden hat. Er war ein besonders guter Kenner des Lebens und der Werke von Martin Luther, sowie der Zeit der Reformation und des Humanismus insgesamt, was z.B. im 4. Band des von Iserlohs Lehrer Hubert Jedin herausgegebenen Handbuchs der Kirchengeschichte besonders eindrucksvoll zum Ausdruck kommt.
Erwin Iserloh, am 16 Mai 1915 in Duisburg geboren und 1940 zum Priester geweiht, lehrte von 1954 bis 1964 Kirchengeschichte in Trier und von 1964 bis zu seiner Emeritierung 1983 in Münster i.W., wo er zunächst Direktor des Katholisch-Ökumenischen Instituts wurde. Aus seinen umfangreichen Publikationen sind insbesondere zu nennen die Schriftenreihen "Corpus Catholicorum" (katholische Theologen des 16. Jahrhunderts), "Katholisches Leben und Kirchenreform" und "Reformationsgeschichtliche Studien und Texte". Iserloh war Mitherausgeber der Fachzeitschrift "Theologische Revue" und "Catholica", sowie Mitglied der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn. Als Ökumeniker war Iserloh auch Mitglied im Beirat des Johann-Adam-Möhler-Instituts in Paderborn und Berater der Okumene-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz. Eine zweibändige Sammlung von Aufsätzen Iserlohs, die 1983 erschien, trägt den Titel "Kirche - Ereignis und Geschichte". Ein großer Kreis von Schülern und Freunden trauert um einen Priester und Wissenschaftler, der sich durch Glaubensmut und Zivilcourage ebenso auszeichnete wie als unbequemer Kritiker und universal gebildeter Fachtheologe. Iserloh wird am Freitag, 19. April, in Münster beerdigt.
(MBN)
Offenbach. Am Umgang des Auferstandenen mit den Menschen, denen er nach Ostern begegnet ist, lassen sich nach Auffassung des Mainzer Bischofs Dr. Karl Lehmann zahlreiche Parallelen mit dem Zusammenleben in einem Altenheim ableiten. So habe Jesus Menschen zusammengebracht, die zunächst nichts miteinander zu tun hatten, und er habe unter ihnen Gemeinschaft entstehen lassen. Genauso lebten auch im Altenheim Menschen aus allen Himmelsrichtungen zusammen. Sie müßten miteinander auskommen, einander ertragen, immer wieder aufeinander zugehen. Und wenn dann Gemeinschaft entstehe, dann werde etwas vom Geist des Auferstandenen erlebbar. Dies sagte Lehmann bei einem Empfang anläßlich der Einweihung des neuen Caritas-Altenpflegeheims St. Elisabeth in Offenbach am Freitag, 12. April.
Der Hessische Ministerpräsident Hans Eichel lobte die offene und lichtvolle Bauweise und die gute Ausstattung der rund 100 Einzelzimmer mit eigenen Sanitärzellen. Der Vorsitzende des Caritasverbandes Offenbach, Pfarrer Lorenz Eckstein, dankte Bischof Lehmann für die starke Unterstützung, die das Bauvorhaben seitens des Bistums bekommen habe. Neben der finanziellen Unterstützung,dankte er dem Vorsitzenden des Diözesancaritasverbandes, Domkapitular Günter Emig, und dem Dezernenten für Bau- und Kunstwesen im Bischöflichen Ordinariat, Dr. Manfred Stollenwerk, sowie seinen Vorgänger Dr. Paul Schotes für ihren persönlichen Einsatz. Eichel dankte er für einen Zuschuß von DM 10 Mio. zu den Baukosten. Damit trage das Land rund die Hälfte der Gesamtkosten.
Der Architekt Prof. Waechter erläuterte, wie er seine Idee vom sozialen Bauen umgesetzt habe. Es solle offen sein für die Begegnung der Menschen, die dort wohnen, untereinander wie auch mit denen, die von draußen kommen. Die Cafeteria diene diesem Ziel, die Kapelle, die große Eingangshälle, die zugleich als Forum und als Ort zum Feiern gedacht sei. Offen solle das Haus zur umgebenden Natur sein. Statt langer Korridore soll es über ein lichtdurchflutetes Inneres und ein Höchstmaß an Transparenz verfügen. Am meisten habe der auch vom Träger gewünschten Transparenz eine Flut von Bauvorschriften entgegengestanden. Hohes Lob erhielt das Haus durch die Architektenkammer des Landes Hessens, die das Haus mit dem Preis für "Vorbidliches Bauen" auszeichnete. Daß die Bewohner sich in dem neuen Haus wohlfühlen, bestätigte Heimleiterin Marita Prey, die schon das Vorgängerhaus in Offenbach geleitet hat. Sie erinnerte an den Umzug im Dezember letzten Jahres, der unter Mithilfe eines Sanitätsbatallions in nur zwei Tagen bewerkstelligt werden konnte.
jow/jo (MBN)