Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 21

06. Juni 1998

Datum:
Sa. 6. Juni 1998
Von:
MBN

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Jürgen Strickstrock, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz Postanschrift: Postfach 1560, 55005 Mainz, Tel. 06131/253-128 oder 129, Fax 06131/253-402. (Internetversion der MBN: Öffentlichkeitsarbeit Barbara Nichtweiß)

Berichte im Vorfeld des Katholikentags 

  • Virtuose Darbietung begeisterte das Publikum: Messiaen-Ausstellung mit Liedern um Liebe und Tod eröffnet 
  • Totengedenken und Klagepsalm zur Eröffnung: Die Ausstellung "Jüdischer Glaube -
  • Jüdisches Leben" erklärt Christen das Judentum 
  • Meisterwerke jüdischer Liturgie im Mainzer Dom 
  • "1000 Beats für eine Welt": Gemeinsames Festival von Katholikentag und MISEREOR 
  • Bischof Lehmann weihte Chorhaus am Dom ein: Erste Bewährungsprobe beim
  • Katholikentag als "Zentrum Kirchenmusik und Liturgie" 
  • Ausstellung "Die Dombauhütte zu Mainz": Die Handwerker öffnen ihre Werkstätten beim Katholikentag 
  • "Musikalische Kostbarkeiten": Orgelkonzert beim Katholikentag und neue CD mit Albert Schönberger und Michael Albus

Weitere Berichte 

  • Vielbewundertes "geistliches Kraftwerk": 50 Jahre Karmel in Hainstadt 
  • Menschen aus dem "Schlaf der Gottvergessenheit" wachrütteln: Hildegard von Bingen und die benediktinische Lebenskultur

Dies sind die letzten Bistumsnachrichten vor dem Mainzer Katholikentag (10. - 14. Juni). Hier in Mainz sind alle verfügbaren Kräfte nun Tag und Nacht eingespannt. Die nächsten Bistumsnachrichten erscheinen darum erst wieder am 18. Juni.

Wir hoffen, Sie dazwischen in Mainz persönlich begrüßen zu dürfen - es lohnt sich!!

 

Berichte im Vorfeld des Katholikentags 

Virtuose Darbietung begeisterte das Publikum: Messiaen-Ausstellung mit Liedern um Liebe und Tod eröffnet 

Mainz. Johann Sebastian Bach und Olivier Messiaen sind die Schwerpunkte des Musikprogramms beim 93. Katholikentag in Mainz. Über die Bedeutung des französischen Komponisten informiert eine Ausstellung im Erbacher Hof in Mainz, die unter dem Titel "La Cité céleste - Das Himmlische Jerusalem" vom 4. bis 27. Juni gezeigt wird.

Bei der Vernissage zu dieser Ausstellung wurden die überraschende Fremdheit wie auch die mitreißende Faszination der Musik Messiaens in gleicher Weise deutlich. Die Sopranistin Sigune von Osten und die Pianistin Pi-hsien-Chen, beide Köln, boten Messiaens "Harawi - Lied von der Liebe und vom Tod" dar. Der 1945 entstandene Liederzyklus ist der erste Teil seiner drei Tristan-Kompositionen. Der Komponist schrieb die darin vertonten Gedichte, die er seiner Schülerin und zweiten Gattin, Yvonne Loriod, widmete, selbst. Die beiden Künstlerinnen boten dieses extrem schwierige Werk mit einer solchen Präzision und Virtuosität dar, daß das fachkundige Publikum ihnen mit langanhaltendem Beifall begeistert dankte.

Messiaen, der überwiegend als Komponist geistlicher Orgelwerke bekannt ist, wurde hier an seinem ursprünglichen Instrument, dem Klavier erlebbar. An ihm und in der menschlichen Stimme wurde die vielfältige Begabung dieses Universalgenies hörbar. In großartigen Visionen formt er Farben, Bilder, Emotionen und Visionen zu Klangbildern, die eine neue Musik entstehen ließen. So ist er nicht zufällig neben Arnold Schönberg einer der großen Anreger neuer Musik und ihrer Experimente. Beispiele dafür sind sein Spiel mit Vogelstimmen und seine kosmische "Musik der Sterne", die beide wie in anderen seiner Werke auch in diesen Liedern zu hören sind.

Mit stilisierten Vogelstimmen stellt Messiaen die "grüne Taube" vor, die Bild für die Geliebte ist. Ihre Liebe wird auch im Tongebirge in der "Vibration der Berge" hörbar. Der Komponist stellt dies durch besondere Klangfarben und Tonkaskaden dar, die, in den kosmischen Raum der Sternenwelt projiziert, noch gesteigert werden. Dazu gehört auch das Bedrohliche des Kosmos mit einem wildem Durcheinander, springenden Sternen, Spiralnebeln und den ungeheuren Kräften der Atome. Es ist ein Beispiel für "organisiertes Chaos", das der an Astronomie interessierte Komponist immer wieder musikalisch zum Ausdruck bringt.Die Lieder des "Harawi" klingen in das Dunkel des Todes aus, in dem aber auch der Frieden göttlicher Harmonie spürbar wird. Sie enthalten Passagen verhaltener, zarter, poetischer, inniger und leidenschaftlicher Liebe und dazu im Kontrast die kühnsten Visionen des Kosmos, die in ihren Klangkaskaden von der Pianistin wie auch der Sängerin höchste Virtuosität abverlangten.

Durch diese Musik öffnet sich ein Raum der Freiheit von einer solchen Faszination und Leuchtkraft, daß alle die Gegensätze, Dissonanzen, Brüche und Ausbrüche in den kosmischen Frieden Gottes einmünden. Dadurch entsteht eine Ahnung der Ewigkeit, der eschatologischen Erfüllung des Lebens, die Messiaen in seinen geistlichen Werken mit noch stärkerer Eindringlichkeit gestaltet hat. Die "grüne Taube", die als Motiv diese Lieder durchzieht und zum Himmel fliegt, erreicht schließlich den Himmel der Unendlichkeit Gottes.

Gedenkrede von Prof. Daniel Roth 

Vor dieser Musik, in der der Komponist Messiaen selbst zur Geltung kam, hielt der Orgelvirtuose Daniel Roth, Paris, einer der zahlreichen bedeutenden Schüler Messiaens, eine Gedenkkrede auf den Meister. Er betonte, daß nicht die Struktur, nicht die spannungsreiche Dialektik einer Kreuzestheologie noch die klare Linie Bachs Messiaens Musik beherrsche. Vielmehr liebe der Begründer der "seriellen Methode" den klanglichen Farbenreichtum und die Fläche musikalischer Vielfalt. Alle Musik Messiaens sei Musik zur Ehre und zur Verherrlichung Gottes. Dennoch komme er mit seiner religiös-visionären Musik Bach wiederum sehr nahe. Man könne von einer modernen Rehabilitierung des "Affektes", d.h. der großen Gefühle, in der Musik sprechen. Wie in den Chorälen Bachs gewinne in seiner Musik auch das Weinen, die Klage, die Freude, die Scham usw. einen ungeheuren klangmalerischen Stellenwert.

Mit diesem Musikverständnis, unterstrich Roth, kämen sich Messiaen und Bach sehr nahe. Er erinnerte daran, daß Olivier Messiaen über 61 Jahre als Organist die große Cavaillé-Coll-Orgel der Kirche "Trinité" in Paris spielte. Ohne diese liturgische Indienstnahme und ohne die herrlichen Klangfarben dieser berühmten Orgel wäre vielleicht auch sein Komponieren nicht zu dieser Bedeutung gekommen. Messiaens Person stand, wie Roth hervorhob, für einen inneren Dialog zwischen Aesthetik und Theologie, wie ihn ähnlich von Seiten der Theologie Hans Urs von Balthasar geführt habe. Messiaen habe ganz aus der Wurzel seines katholischen Glaubens gelebt und komponiert und einmal bekannt, daß er als "Glaubender" geboren wurde. So führe seine Tonsprache, die sich in die Liturgie einsenke, tief in das Mysterium der Kirche und ihrer Sakramente. Man ihn als einen "im Heilsvollzug tätigen Komponisten" bezeichnen.

Zu Beginn der Vernissage, an der auch Bischof Dr. Karl Lehmann und der Leiter des Schott Musik-Verlages Hanser Strecker teilnahmen, hatte der Studienleiter der Akademie des Bistums Mainz, Erbacher Hof, Dr. Peter Reifenberg, diesen Schwerpunkt des Mainzer Katholikentages noch einmal beleuchtet. Musikalisch gesehen gebe es sozusagen eine Achse zwischen Mainz und Paris, Rom und Prag, die Daniel Roth am deutlichsten repräsentiere. Er erinnerte an frühere Messiaen-Tage in Mainz und dankte 3-Sat und dem Südwestfunk, daß sie durch Ton und Bildaufnahmen dieses Abends das Interesse an dieser qualitätvollen Musik dokumentierten.

Die Direktorin des Institut Francais in Mainz, Nathalie Prat, dankte im Namen des französischen Botschafters und des Konsuls in Mainz dafür, daß Frankreich bei diesem Katholikentag in der Gestalt Messiaens ein so bedeutender Platz eingeräumt werde. Der grandiose Künstler Messiaen sei der große religiöse Musiker seiner Zeit. Er habe zum Ausdruck gebracht, was Gott und Mensch und die Menschen untereinander verbinde.

Der Kulturdezernent der Stadt Mainz, Peter Krawietz, verwies auf vielfältige Bezüge von Messiaen nach Mainz und nannte dazu an erster Stelle die Namen Elmar Seidel und Theo Brandmüller (jetzt Saarbrücken), der Messiaen als "J. S. Bach des 20. Jahrhunderts" bezeichnet habe. Er habe in der Zusammenführung verschiedener Stile von der Gregorianik bis zu den Vogelstimmen auch ihr Schaffen beeinflußt. Der Katholikentgag werde mit dafür sorgen, daß anspruchsvolle Musik nicht dem Zeitgeist der Unterhaltungsindustrie geopfert werde.

 

Totengedenken und Klagepsalm zur Eröffnung: Die Ausstellung "Jüdischer Glaube -Jüdisches Leben" erklärt Christen das Judentum 

Mainz. Aus aktuellem Anlaß begann die Eröffnung der Ausstellung "Jüdischer Glaube - Jüdisches Leben" am Mittwoch abend, 3. Juni, im Haus am Dom in Mainz mit einem Klagepsalm. Bischof Dr. Karl Lehmann gedachte zu Beginn der Veranstaltung der Opfer des schrecklichen Eisenbahnunglücks von Eschede und ihrer Angehörigen und zitierte aus Psalm 130, der in der Liturgie des Totengedenkens einen festen Platz hat: "Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir..."

Ein anderes Klagelied war im Programm der Ausstellungseröffnung vorgesehen. Der Mainzer Rhabbiner Shlomo Appel las in hebräischer Sprache einen Text, in dem die ermordeten Juden seit der Zerstörung des Tempels betrauert werden; "Wär doch mein Haupt...", in der deutschen Übersetzung vorgetragen von Dr. Marianne Zingel, Göttingen, die die Ausstellung in Mainz konzipiert hat. Im Eröffnungsvortrag betonte der Vorsitzende der Christlich Jüdischen Gesellschaft Mainz, Prof. Dr. Alfred Mertens, die Ausstellung zeige, daß nach jüdischem Verständnis Glauben und Leben nicht voneinander zu trennen sind. Nachdrücklich dankte er dem Landesmuseum Mainz für die Leihgaben jüdischer Kultgegenstände und dem Mainzer Priesterseminar für eine Reihe wertvoller alter Bücher, mit denen die Ausstellung, die im wesentlichen aus Bild- und Texttafeln besteht, ergänzt wurde.

In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellte Mertens den Blick auf die Geschichte des jüdischen Mainz als Kontext dieser Ausstellung. Er erinnerte an die verschiedenen Pogrome, die Juden in Mainz erleiden mußten. Die erste Nachricht darüber stammt vom 26./27. Mai 1006, als im Vorfeld des ersten Kreuzzugs räuberische Gruppen nach Mainz eindrangen. Von den damals 600 Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde Mainz wurden nur 53 gerettet. "In Trümmern das Rathaus, das Lehrhaus verwüstet, wer kann den Kummer ertragen", so klagte damals ein Chronist.

Mertens erinnerte an verschiedene berühmte Rabbiner des jüdischen Mainz wie Gershon Jehuda, und führte mit seinem geschichtlichen Rückblick über das Pestjahr von 1349, das wiederum Anlaß für Judenpogrome war, die Zeit der Aufklärung und die Zeit der Assimilation im 19. und 20. Jahrhundert bis zum schrecklichen Verhängnis der Shoa auch für das jüdische Mainz. Hier gab es 1910 noch 3200 Gemeindemitglieder und 1933 noch 2600 aber beim Kriegsende 1945 nur noch 50. Inzwischen ist die Gemeinde, vor allem durch den Zuzug von Aussiedlern aus den GUS-Staaten, auf 400 angewachsen.

Frau Zingel ergänzte, daß Mainz für die Lehrtradition des europäischen Judentums ein ganz wichtiger Ort war. Sie legte dar, daß die Ausstellung in Wort und Bild die jüdischen Feste erklärt wie das Neujahrsfest, das Neumondfest am Ersten eines jeden Monats, den großen Versöhnungstag Jom Kippur, das Laubhüttenfest "Sukkot" als Erntedankfest, das einwöchige Lichterfest "Chanukka" zur Erinnerung an die Wiedereinweihung des Tempels in Jerusalem oder das große Wallfahrtsfest "Pessah", das wie das christliche Osterfest im März oder April gefeiert wird. Zingel unterstrich, daß der Hauptfeiertag der Juden der Schabbat ist, der spürbar als Freudenfest begangen wird. Daran knüpfte sie die kritische Anmerkung, daß der christliche Sonntag leider nicht so gefeiert werde. "Wo ist unsere Sonntagsfreude?", fragte sie.

Während der erste Teil der Ausstellung dem jüdischen Kalender und seinen Festen gewidmet ist, beschäftigt sich der zweite Teil mit den jüdischen Gebräuchen um Geburt, Beschneidung, Hochzeit und Tod. Der dritte Teil erklärt die jüdischen Gotteshäuser, die Liturgie der Gottesdienste und die religiösen Vorschriften für das Alltagsleben sowie schließlich auch das jüdische Haus als "kleinen Tempel". Neben den Bildern und Texttafeln werden in Vitrinen liturgisches Gerät wie die Tora-Rolle, Weinbecher und Geschirr für den häuslichen Gebrauch gezeigt. Die Ausstellung ist didaktisch angelegt und soll vor allem auch jungen Menschen einen Zugang zu der fremden Welt jüdischen Lebens eröffnen. Dazu hofft Frau Zingel, daß viele Schulklassen von ihrem Angebot zu Führungen Gebrauch machen werden.

An der Ausstellungseröffnung nahmen Vertreter der jüdischen Gemeinde, der katholischen und der evangelischen Kirche teil. Manolo Lohnes spielte auf der Gitarre jüdisches Liedgut. Zum Abschluß gab es einen Imbiß mit "koscherem" Wein, Matzenbrot ("Matsot") und Käse.

Die Ausstellung wird noch bis 26. Juni gezeigt und ist montags bis samstags von 10.00-17.30 Uhr und sonntags von 12.00-17.30 Uhr geöffnet.

 

Meisterwerke jüdischer Liturgie im Mainzer Dom 

Raffaele Polani singt an Stelle des erkrankten Oberkantors der Jüdischen Gemeinde Berlin 

Mainz. Das für Sonntag, 7. Juni, im Mainzer Dom geplante Konzert "Synagogale Gesänge und Chassidische Lieder" (Beginn 16.30 Uhr) findet wegen einer plötzlichen Erkrankung des Oberkantors der Jüdischen Gemeinde Berlin, Estrongo Nachama, in veränderter Besetzung statt. An seiner Stelle singt nun der Oberkantor der Jüdischen Gemeinde Mannheim, Raffaele Polani (Tenor) zusammen mit dem Seckenheimer Singkreis unter Leitung des Dirigenten Theo Schmitt. An der Orgel Daniele Polani. Dieses Konzert "Meisterwerke jüdischer Liturgie", das im Zusammenhang mit der am Mittwoch, 3. Juni, eröffneten Ausstellung "Jüdischer Glaube - Jüdisches Leben" im Haus am Dom steht, wird Bischof Dr. Karl Lehmann mit einem Grußwort einführen. Zum Programm gehören Kompositionen von L. Lewandowski und der von Georg Friedrich Händel vertonte Psalm 118 nach dem Oratorium Judas Maccabäus für Tenorsolo und Chor. In der Ankündigung des Konzertes heißt es: "Hauptträger der synagogalen Musik war und ist zu allen Zeiten der Vorbeter. An ihn, den eigentlichen Träger des Gottesdienstes, wurden schon in alter Zeit hohe musikalische Anforderungen gestellt." So sei es nicht verwunderlich, daß einige große Kantoren auch Opernkarriere gemacht haben. Auch der Mannheimer Oberkantor Raffaele Polani stehe in dieser alten Tradition, als Tenor an verschiedenen Opernhäuser gespielt zu haben und Kantor einer jüdischen Gemeinde zu sein.

 

"1000 Beats für eine Welt": Gemeinsames Festival von Katholikentag und MISEREOR 

Mainz. "1000 Beats für eine Welt" heißt der Titel eines spektakulären Musikereignisses, das am Freitag abend, 12. Juni, vom 93. Deutschen Katholikentag und dem Bischöflichen Hilfswerk MISEREOR am Katholischen Jugendwerk in Mainz gemeinsam veranstaltet wird. Zu dem fünf Stunden dauernden Konzert werden 4000 Besucher erwartet. So groß ist das Fassungsvermögen des dazu aufgestellten Palatino-Zeltes. Zu den herausragenden Gruppen dieser musikalischen Weltreise gehören Musiker aus Brasilien ("Olodum" aus Salvador de Bahia), Kuba ("Afro Cuban All Stars") und Mali (Salif Keita + Band). Anlaß für das Mainzer Festival, dem sich Festivals in ähnlicher Besetzung in München und Köln anschließen werden, ist neben dem Jubiläum "150 Jahre Katholikentage" der 40. Geburtstag von MISEREOR - Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt. MISEREOR-Geschäftsführer Benno Wagner erklärte dazu, mit diesem Festival bedanke sich MISEREOR bei allen, die die Arbeit des Hilfswerks unterstützen: den vielen Eine Welt-Gruppen, bei den Spenderinnen und Spendern, auch den kirchlichen und staatlichen Geldgebern und bei den sogenannten Multiplikatoren, die in Pfarrgemeinden, Jugendgruppen, Schulen, Bildungswerken und anderen Einrichtungen, die immer wieder entwicklungspolitische Themen aufgreifen. "1000 Beats für eine Welt" sei gleichzeitig der Versuch, auf neuen Wegen Menschen für die Probleme der Armen in den Ländern des Südens zu interessieren. Die Welt werde zwar unter dem Stichwort Globalisierung viel stärker in den Blick genommen als früher. Doch in der Regel sehe man oft nur die Bedrohungen für den Standort Deutschland oder wirtschaftliche Möglichkeiten. Kaum in den Blick kämen hingegen die Armen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Im Rahmen des Festivals werde beispielhaft ein Projekt in den Mittelpunkt gestellt, das in ganz besonderer Weise die Brücke von der Musik zur Selbsthilfe schlage. MISEREOR unterstützt im brasilianischen Salvador de Bahia die Arbeit sogenannter afrobrasilianischer Werktstätten. Sie sind Treffpunkte der Jugendlichen aus den Armenvierteln der Großstadt. Die Festival-Besucher werden gebeten, dieses Projekt durch eine Spende zu unterstützen.

Der Mainzer Diözesanjugendseelsorger Hubert Hilsbos, der das Jugendprogramm des Mainzer Katholikentages koordiniert, erklärte zu dem Festival: "Auch wenn Katholikentage mehr oder weniger national begrenzt waren, haben europäische und weltweite Belange zunehmend an Bedeutung gewonnen." Spätestens seit dem Essener Katholikentag von 1968 seien die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Probleme immer stärker global betrachtet worden. In den zentralen Foren des Katholikentages werde die internationale Solidarität unter dem Themenkreis "Völkergemeinschaft - Europa - Eine Welt" diskutiert. Das Festival-Konzert "1000 Beats für eine Welt" sei einerseits Unterhaltung auf hohem Niveau und zugleich ein Anreiz, mit den Menschen anderer Länder und Kulturen Kontakt aufzunehmen und vielleicht auch das entwicklungspolitische Interesse breiter Kreise zu wecken.

Hinweis: Karten für das Festival können telefonisch vorbestellt werden unter der Telefonnummer 0180/55700. Sie kosten im Vorverkauf DM 39,-- zzgl. Gebühr und an der Abendkasse DM 47,--. Dauerkarteninhaber für den Katholikentag erhalten eine ermäßigte Festivalkarte zum Preis von DM 15,--.

 

Bischof Lehmann weihte Chorhaus am Dom ein: Erste Bewährungsprobe beim Katholikentag als "Zentrum Kirchenmusik und Liturgie" 

Mainz. Bischof Dr. Karl Lehmann hat am Donnerstag abend, 28. Mai, in Mainz das neuerbaute Chorhaus am Dom eingeweiht. Mit der Übergabe des Hauses an die vier Chöre (Domchor, Domkantorei St. Martin, Domkammerchor und Mädchenchor am Dom und St. Quintin) und die beiden Instrumentalensembles (Dombläser und Domorchester) der Musica Sacra am Hohen Dom zu Mainz habe sich für ihn eine Vision, ein Traum erfüllt, bekannte der Bischof und fügte hinzu, er sei auch glücklich darüber, daß das Chorhaus noch vor dem Katholikentag fertiggestellt werden konnte. Denn es soll beim 93. Deutschen Katholikentag in Verbindung mit der nahegelegenen Augustinerkirche (Seminarkirche) als "Zentrum Kirchenmusik und Liturgie" eine erste Bewährungsprobe bestehen.

Lehmann sprach die Hoffnung aus, daß das neue Haus, das von den Chören begeistert aufgenommen wurde, zu einer wirklichen Heimat für die Chormitglieder wie auch für die Eltern der jugendlichen Sängerinnen und Sänger werde. Der vom Architekten Rainer Schultheiß hervorragend gestaltete Bau sei Ausdruck der Wertschätzung für die Chöre am Dom. Er danke allen, die bereit seien, diese Musikwerkstatt in Gebrauch und auch die oftmals harte Übungsarbeit zum Lob Gottes und zur Freude der Menschen auf sich zu nehmen.

Domkapellmeister Prof. Mathias Breitschaft verwies auf eine bedauerliche Entwicklung in Gesellschaft und Kirche, Kindern und Jugendlichen zu wenig zuzutrauen und ihre Leistungsfähigkeit nicht ausreichend zu fördern. Vielleicht sei Guildo Horn ein Ausdruck für diese Anspruchslosigkeit. Gegenüber dieser Entwicklung, die ihm Sorge bereite, habe das Domkapitel unter Führung von Domdekan Weihbischof Wolfgang Rolly und mit Unterstützung von Bischof Lehmann durch den Neubau des Chorhauses mit seinen vielfältigen Übungs- und Förderungsmöglichkeiten einen wichtigen Kontrapunkt gesetzt, um geistliche Musik auf dem Niveau darbieten zu können, das diese Aufgabe erfordere. In diesem Sinne würdigte auch der Kulturdezernent der Stadt Mainz, Peter Krawietz, die Chöre und Musikensembles am Dom als Mitgestalter der Liturgie und wichtige Faktoren im Kulturleben von Mainz und Rheinland-Pfalz.

Die Ausstrahlung der Musica Sacra am Mainzer Dom in das ganze Bistum stellte Diözesankirchenmusikdirektor Thomas Drescher, Leiter des Instituts für Kirchenmusik, in seinem Grußwort heraus. Die Zusammenarbeit sei in den letzten Jahren erfreulich gewachsen, was z.B. an der Einrichtung der "Arbeitsgruppe Kirchenmusik", der berufsbegleitenden Fortbildung und der Beteiligung des Domkapellmeisters an der Chorleiterausbildung sichtbar werde. Höhepunkt der bisherigen Zusammenarbeit sei der erste Diözesankirchenmusiktag im November des vergangenen Jahres gewesen. Eine wichtige Aufgabe sei allen Kirchenmusikern gemeinsam: Junge Menschen über die Musik an die Feier des Gottesdienstes und damit an das Innerste von Kirche und Gemeinde heranzuführen.

Weihbischof Rolly hatte bei seiner Begrüßung die lange Vorgeschichte des Neubaus in Erinnerung gerufen, der bereits Anfgang der 80er Jahre wegen der Unzulänglichkeit der Räume ins Auge gefaßt war. Architekt Schultheiß vom Mainzer Architekturbüro P.A.F. erklärte bei der symbolischen Schlüsselübergabe an den Domkapellmeister in Form eines Violinschlüssels, er habe bewußt moderne Formen für den Bau gewählt, um die Lebendigkeit, Farbe und Kreativität des Singens zum Ausdruck zu bringen. Breitschaft lobte ihn mit den Worten, daß es gelungen sei, wirklich ein "Haus der Kunst" zu gestalten, zu dem auch der Wiesbadener Maler Eberhard Münch durch seine Wand- und Deckenbilder wie auch die Farbgebung der Außenwand entscheidend beigetragen habe. Die Brücke von der Musik zu den anderen Künsten werde auch durch zwei Bilder von Andreas Felger, Gnadenthal, sichtbar, die aufgrund einer Spende der Eltern der Chorsänger angekauft werden konnten, eines mit dem passenden Titel "Musica". Als Sprecher des Domchores bzw. der Domkantorei St. Martin brachten Markus Leuchtweis und Gabi Eberhard den Dank der Chöre zum Ausdruck, die mit Liedern von Haydn, Monteverdi, Haßler und Schumann die Einweihungsfeier musikalisch gestalteten. Ein musikalisches B?nbon steuerte der Leiter der Dombläser, Thomas Swartman mit einer Eingangsmelodie auf einem Alphorn bei. Die Freude und Zuversicht der Feier klang mit einem beschwingten Lied von Giovanni Gastoldi aus: "In maienhellen Tagen".

 

Ausstellung "Die Dombauhütte zu Mainz": Die Handwerker öffnen ihre Werkstätten beim Katholikentag 

Mainz. "Viele Mainzer wissen gar nicht, daß die Dombauhütte existiert", sagt Dombaumeister Gerd Engel. Dies solle sich durch die Ausstellung "Die Dombauhütte zu Mainz", die anläßlich des Katholikentages am Freitag und Samstag, 12./13. Juni, im Hof der Dombauhütte in der Grebenstraße 9 zu sehen ist, ändern. Hier zeigen an diesen beiden Tagen auch die Handwerker der Hütte ihr Können in "offenen Werkstätten".

Auf zehn Tafeln informiert die Dombauhütte mit Text und Bild über "Die Instandhaltung und Bewahrung der Domkirche als christliches Zeugnis der Hoffnung" - so der Untertitel der Ausstellung. Die Bauhütten sind im Mittelalter als Werkstätte der an der Domkirche beschäftigten Handwerker entstanden. Sie bezeichnen auch den Zusammenschluß der Arbeiter, die sich strengen Regeln unterwarfen und Erkennungsmerkmale wie die Steinmetzzeichen einführten. Die frühesten Steinmetzzeichen am Mainzer Dom stammen aus dem Jahr 1183. Brände und Revolutionen hinterließen schreckliche Spuren am Mainzer Dom. Eine Quelle von 1803 berichtet, daß das Gotteshaus als Heuspeicher benutzt wurde.

Die Ausstellung zeigt auch den Zustand des Doms nach dem Zweiten Weltkrieg und seine noch nicht abgeschlossene Wiederherstellung. Heute gehören zur Dombauhütte 16 Handwerker und zwei Auszubildende. Bei den offenen Werkstätten werden die Steinmetze an einem alten Maßwerk den Bleiverguß, das Verfugen mit flüssigem Blei demonstrieren. Die Tischler werden Chorhocker nach alten Vorbildern herstellen. In einer Dokumentation geht es schließlich um die Restauration eines alten Maßwerkfensters. Zunächst werden Schäden im Maßwerk abgebildet, Risse, Eisenklammern, fehlende Stellen und Fugen markiert. Auch die getane Arbeit wird festgehalten: im Plan des Maßwerks werden die neugearbeiteten Stücke gekennzeichnet.

Zugunsten des Doms bietet das Dombauamt während der Katholikentagsausstellung einen "Dombauhüttenwein" an. Ferner können die Besucher historische Abbildungen des Doms und Abgüsse von kleinen Kapitellen erwerben.

 

"Musikalische Kostbarkeiten": Orgelkonzert beim Katholikentag und neue CD mit Albert Schönberger und Michael Albus 

Mainz. Für Freunde der Orgelmusik bietet der Mainzer Domorganist Albert Schönberger im Rahmen des Katholikentages am Samstag, 13. Juni, von 13.30 bis 15.00 Uhr im Mainzer Dom ein Konzert mit "musikalischen Kostbarkeiten". Die verbindenden Texte verfaßte und spricht der ZDF-Journalist Dr. Michael Albus. Schönberger und Albus zeichnen den Weg der Orgel durch die Zeit nach und geben einen Einblick in die Welt der Orgel und ihrer Musik von der Antike bis in die Gegenwart. Zum Klingen kommen neben der großen Domorgel Rekonstruktionen historischer Instrumente mit Werken von Bach, Reger und Vidor.

Zum Katholikentag ist eine gleichnamige CD "Musikalische Kostbarkeiten aus dem Hohen Dom zu Mainz" erschienen, die von Schönberger und Albus gestaltet wurde. Statt auf der großen Orgel erfolgte die Einspielung auf der 1983 erbauten Orgel der St. Gotthardkapelle des Mainzer Domes. Die CD ist für Besucher des Orgelkonzertes zum Subskriptionspreis von DM 25.- erhältlich.

Hinweis: "Musikalische Kostbarkeiten aus dem Hohen Dom zu Mainz." Von Domorganist Albert Schönberger und Dr. Michael Albus, ZDF (Texte). CD 90111 organo phon. Vertrieb: musiko, Hauptstraße 50 in 55452 Windesheim.

Internet: http://www.musiko.de

 

Weitere Berichte 

Vielbewundertes "geistliches Kraftwerk": 50 Jahre Karmel in Hainstadt 

Hainburg. Für ihren aufopferungsvollen Dienst der Anbetung Gottes und der spirituellen Eneuerung und Vertiefung der Seelsorge, hat der Bischof von Mainz, Dr. Karl Lehmann, den Karmelitinnen des Klosters St. Gabriel in Hainburg-Hainstadt gedankt. Im Jubiläumsgottesdienst anläßlich des 50jährigen Bestehens des Karmel in Hainburg-Hainstadt, betonte Lehmann, die Karmelitinnen zeigten durch ihren Dienst die unverlierbare radikale Mitte des Christseins, das Atemholen der Seele im Gebet, das Verankertsein in Gott. Sie verdeutlichten auf einzigartige Weise, daß menschliche Freiheit und Anbetung eng zusammengehören. Ohne diese Mitte des Christentums könnten die Gläubigen ihre unterschiedlichen Aufgaben nicht erfüllen und stünden in Gefahr, "sich im Gestrüpp des Lebens zu verirren."

Der Bischof wies darauf hin, daß die Familie der Karmeliten auch an anderen Stellen des Bistums tätig ist. Dazu nannte er vor allem das Theresienheim in Offenbach, in dem Karmelitinnen jungen Menschen Zuflucht und Heimat geben und das Karmeliterkloster in Mainz, das auch Seelsorgsaufgaben in der Stadt, z.B. die Pfarrei St. Peter übernommen habe. Lehmann nannte namentlich drei berühmte Karmelitinnen: Teresa von Avila, die kleine Theresia von Lisieux, die vor kurzem zur Kirchenlehrerin erhoben wurde und die im KZ ermordete Edith Stein. Er betonte, daß Edith Stein am 11. Oktober 1998 durch Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen wird. Diese bewundernswerte Philosophin sei auch für die Freiheit der Frau eingetreten und mache deutlich, daß die Hingabe an Gott ein höheres Maß an Freiheit bedeute.

Im Mai 1948 hatten fünf Karmelitinnen aus dem Karmel Bonn-Pützchen ihren Einzug in die "Villa Mainfried" in Hainstadt gehalten. Die Klostergründung wurde durch die Stiftung des Lehrerehepaares Leopold und Katharina Hainz ermöglicht. 1951 erfolgte unter Bischof Dr. Albert Stohr die Grundsteinlegung für den Hainstadter Karmel. Nach Abschluß des zweiten Bauabschnitts vollzog Bischof Dr. Hermann Volk am 30. Oktober 1965 die Konsekration der Klosterkirche und die Einweihung des Klosters mit dem Namen "Karmel St. Gabriel". Zur Zeit gehören dem Karmel 17 Schwestern an, von denen die älteste, Schwester Magdalena, 92 Jahre alt ist und noch zur Gründerinnengeneration gehört. Die Gründerin des Hainstädter Karmels, Mutter Maria Johanna von Twickel, die 1993 noch ihr 65jähriges Profeßjubiläum feiern durfte, starb am 1. August 1995 im Alter von 89 Jahren.

Die heutige Priorin des Klosters, Mutter Teresa John erinnerte in ihrem Dankeswort an die zahlreichen Gäste von nah und fern an ein Wort der heiligen Theresia von Lisieux, die ebenfalls dem Karmel angehörte: "Im Himmel wird man keinem gleichgültigen Blick begegnen, weil alle erkennen, daß sie ihre Gnade einander verdanken." Jede Ordensgemeinschaft habe ihre eigene Gnade, das Licht und das Charisma ihres Ursprungs, um es in das Leben der Kirche einzubringen, unterstrich sie. "Alles, was Gott uns gegeben hat, ist uns gegeben zum Weitergeben und zum Zeugnisgeben". Wenn der Inhalt ihrer Berufung darin bestehe, allein auf Gott zu schauen, umschließe dies auch, für alle, für das Ganze dazusein. In diesem Sinn bekräftigte sie den Dank an den Bischof, das gesamte Bistum, die Pfarrei und das Dekanat und alle, die mit dem Hainstadter Karmel verbunden sind.

Im Anschluß an den Jubiläumsgottesdienst, in der mit mehreren hundert Gläubigen überfüllten Klosterkirche, wurden in zahlreichen Ansprachen der Jubiläumsfeier die vielfältigen Verbindungen der Karmelitinnen deutlich. Diese Verbundenheit weit über das Bistum hinaus kam in den zahlreichen Grußworten zum Ausdruck. Der Hainstadter Pfarrer, Dieter Bockholt, erinnerte an ein Wort von Kardinal Hermann Volk, das mitten im Industriegebiet gelegene Karmelitinnenkloster mit Europas größtem Kohlekraftwerk in nächster Nachbarschaft, sei ein "geistliches Kraftwerk".

Daran knüpfte auch Bürgermeister Bernhard Bessel an und bekannte, hier spüre man, daß man von der Zerissenheit der modernen Welt "abschalten kann". Er verwies darauf, daß täglich 17.000 bis 18.000 Fahrzeuge am Kloster vorbeifahren, nach seinen Worten ein Symbol für die Wirtschaftskraft und die Mobilität der Menschen in der Region. Das Kloster liege am Rand der Gemeinde Hainburg, aber sei durch den Dienst der Schwestern ein wichtiger Mittelpunkt. "Wir sind sehr stolz auf Sie", rief er den Schwestern zu und meinte, auch im Rathaus könne man die spirituellen Strömungen aus dem Kloster gut gebrauchen.

Dekan Thomas Groß, Seligenstadt, unterstrich, das Karmelitinnenkloster sei ein spiritueller Ort und eine Zufluchtsstätte für viele Menschen in Not. Für die Ordensgemeinschaften im Bistum Mainz erklärte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Frauenorden und des Ordensrates, Schwester Brigitta Buchler, die Karmelitinnen zeigten beispielhaft, was es heißt, sich dem Ruf Gottes zu öffnen und ihm zu folgen. Teresa von Avilas berühmtes Wort "Gott allein genügt" ("Solo Dios basta") sei kennzeichnend für ihr Leben und Wirken. Der Frankfurter Dompfarrer, Klaus Greef, bekräftigte die 50jährige sehr enge Verbundenheit seiner Pfarrei mit dem Hainstadter Karmel. Im Namen der Frankfurter Jesuitenhochschule St. Georgen in Frankfurt erklärte P. Prof. Dr. Werner Löser SJ, an der Schwelle zum neuen Jahrtausend stehe die Kirche in einer Zerreißprobe zwischen Anpassung und Widerstand. Der Karmel sei auf seine Weise in diese Problematik eingewoben. Löser dankte besonders dafür, daß die Studierenden der Hochschule St. Georgen im Kloster immer wieder die Möglichkeit zu regelmäßigen Besuchen und praktischen Erfahrungen hatten.

Die Verbundenheit mit der Weltgemeinschaft der Karmelitinnen und Karmeliter, brachte im Namen des Römischen Generalats P. Dr. Ulrich Dobhan zum Ausdruck. Er verwies darauf, daß es weltweit 860 Karmelitinnenklöster mit 12.000 Schwestern gibt, und daß in manchen Teilen der Welt viele Klöster einen erfreulichen Nachwuchs haben. Für die Ostpriesterhilfe dankte P. Hermann-Josef Hupka, Königstein, für die Offenheit der Karmelitinnen für die Probleme in der ganzen Welt und verwies besonders auf kirchliche Neugründungen in Osteuropa. Als Beispiel nannte er das neugegründete Priesterseminar von St. Petersburg mit 40 Kandidaten aus den verschiedensten Berufen und betonte: "So etwas kommt nur aus der Kraft des Gebetes zustande."

Am Nachmittag überreichten die Karmelitinnen Bischof Lehmann eine große, fünf Meter lange Seidenmalerei, eine Schmuckbahn, die den Raum der eucharistischen Anbetung im Geistlichen Zentrum des Katholikentages bestimmt ist. Die Malerei verknüpft den "Tisch des Brotes" mit dem "Tisch des Wortes". Sie steht im inneren und formalen Zusammenhang mit einer im Benediktinerkloster Münsterschwarzach für diesen Anlaß gefertigten Monstranz.

 

Menschen aus dem "Schlaf der Gottvergessenheit" wachrütteln: Hildegard von Bingen und die benediktinische Lebenskultur 

Mainz. Unter der Fülle der Hildegardliteratur fällt ein schmales Heft der Zeitschrift "Lebendiges Rheinland-Pfalz" auf, das auf knappem Raum die Bedeutung Hildegards von Bingen (1098 - 1179) für ihre Zeit und für die Gegenwart aufzeigt.

Der Historiker Prof. Dr. Franz Staab, Landau, zeichnet vor dem Hintergrund des sich im Lauf der Jahrhunderte immer wieder wandelnden Hildegard-Bildes unter der Überschrift "Hildegard von Bingen. Die Sibylle der Deutschen" eine knappe Biographie der großen Ordensfrau des Mittelalters. Er stellt besonders heraus, daß Hildegards Konvente auf dem Rupertsberg im heutigen Bingerbrück und in Eibingen im Rheingau entgegen der damals üblichen Praxis auf Herrschaftsrechte über Laien verzichteten und im Sinne des heiligen Benedikt von Nursia grundsätzlich vegetarisch lebten. "Alles in allem zeigt die Güterausstattung des Rupertsbergs eine sehr bewußt gestaltende Handschrift Hildegards, die auf Fernhaltung von weltlichen Geschäften und Herrschaftsansprüche, auf den Verzicht auf überflüssigen Besitz, auf die Einhaltung einer streng benediktinischen Askese ausgerichtet war, ein Prinzip, das sich später auch auf Eibingen übertrug", unterstreicht Staab in seinem Aufsatz "Hildegard von Bingen. Die Sibylle der Deutschen".

Dem benediktinischen Erbe, dem Hildegard verpflichtet war, sind weitere Beiträge des Heftes, das mit zahlreichen Farbbildern illustriert ist, gewidmet. Es trägt den Titel: "Brückenpfeiler im Strom der Zeit. Hildegard von Bingen und die benediktinische Lebenskultur". Der Prior des Benediktinerklosters Huysburg bei Halberstadt, P. Dr. Athanasius Polag OSB, schildert das Wirken Benedikts in seiner Zeit, und der Abt des Benediktinerklosters Neuburg bei Heidelberg, Dr. Franziskus Heereman OSB, erläutert die Regel Benedikts für die Gegenwart. Die Wiederentdeckung Hildegards in der heutigen Zeit beleuchtet die Philosophin Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Dresden. Die Eibinger Benediktinerin Philippa Rath beschreibt Hildegard als "Prophetin durch die Zeiten" und stellt die Frage, inwieweit sie auch "Lehrmeisterin für unsere Zeit" sein könne. Als Prophetin sah sich Hildegard nach den Worten Philippa Raths berufen, "ihre Zeitgenossen aus dem Schlaf der Gottvergessenheit wachzurütteln". In immer neuen Bildern beschreibe Hildegard in ihren Werken, daß solche "Gottvergessenheit" in ein Chaos zwischenmenschlicher Beziehungen aber auch zur Zerstörung des Kosmos führe.

Für den Herausgeber schreibt Jürgen Pitzer: "An der Schwelle eines neuen Jahrtausends und möglicherweise auch eines neuen Zeitalters bedürfen wir offensichtlich besonders der Menschen, die wie Hildegard beweiskräftig vorgelebt haben, wie Zukunftsvisionen und tägliche Praxis in einer weltoffenen, den Menschen zugewandten Lebensführung zu vereinigen sind." Das Bild der Hildegard von Bingen könne als ein Pfeiler verstanden werden, mit dessen Hilfe Verständnisbrücken von der Vergangenheit in die eigene Befindlichkeit und die Zukunft gebaut werden könnten.

Hinweis: "Lebendiges Rheinland-Pfalz". Zeitschrift für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Heft II/1998. Hrsg. von der LRP-Landesbank Rheinland-Pfalz. Abteilung Öffentlichkeitsarbeit. Redaktion Jürgen Pitzer, 52 Seiten im DIN A4-Format.