Mainzer Bistumsnachrichten Nr. 37

09. Oktober 1996

Datum:
Mi. 9. Okt. 1996
Von:
MBN

Bischöfliche Pressestelle Mainz, Leiter: Jürgen Strickstrock, Bischofsplatz 2, 55116 Mainz 
(Postanschrift: Postfach 1560, 55005 Mainz), Tel. 06131/253-128 oder 129, Fax 06131/253-402.

Berichte

  • Bischof Lehmann weist Vorwurf der Parteinahme zurück 
  • Bischof Lehmann zu 25 Jahren Ständiger Diakonat: Diakonat der Frauen möglich? 
  • Sudan-Bischöfe: „41 Jahre Völkermord sind genug“ 
  • Bischof Lehmann fordert Bemühung um Einheit der Theologie 
  • Äbte und Priore aus vier Kontinenten im Kloster Jakobsberg 
  • Bischof Dammertz bei GCL-Treffen in Mainz: „Zeichen der Zeit erkennen“ 
  • Tag der Deutschen Einheit: Bad Nauheimer besuchten Partnergemeinde Bad Langensalza 
  • Kommissionen der Deutschen Bischofskonferenz gewählt 
  • Neue Broschüre: Taufgespräche mit Eltern 
  • Meister Valentin, ein vergessener Künstler der Spätgotik
Berichte 

Bischof Lehmann weist Vorwurf der Parteinahme zurück

Pressemitteilung der Deutschen Bischofskonferenz: Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft nicht ohne Rücksicht auf Benachteiligte.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat Vorwürfe zurückgewiesen, die Bischöfe hätten in der Frage der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für die Arbeitgeber Partei ergriffen und das Sparprogramm der Bundesregierung unterstützt.

In einem vorab veröffentlichten Interview mit dem Essener „Ruhrwort“ protestiert Bischof Lehmann gegen eine „massive Verdrehung“ seiner Äußerungen während und nach der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda (23.-26. September) in einigen Berichten und Stellungnahmen. Die Bischöfe, stellt Lehmann klar, ergriffen nicht Partei für bestimmte politische Richtungen. Aus diesem Grund machten sie keine konkreten Vorschläge im politischen Tagesgeschäft wie die volle Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder das Sparprogramm der Bundesregierung. „Wir kümmern uns um die Grundlagen und Grundeinstellungen, Perspektiven und Werte, die über die Richtung tagespolitischer Diskussionen und Lösungen entscheiden.“

In dem Interview erinnert der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz an seine auch schriftlich vorliegenden Äußerungen, in denen er sehr deutlich die Sorge um die sozial Schwachen und diejenigen Bevölkerungsgruppen ausgesprochen habe, die sich an der Armutsgrenze bewegen. Seinen Hinweis an die Adresse der Gewerkschaften, daß in Zukunft wohl nicht mehr alle Ansprüche auf Sozialleistungen erfüllt werden könnten, habe er verbunden mit der „dringenden Bitte“ an die Arbeitgeber, in der Frage der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch schon „den Anschein von Brutalität“ zu vermeiden. Bischof Lehmann stellte klar, daß er entgegen anderslautenden Meldungen keine Stellungnahme zum Sparprogramm der Bundesregierung abgegeben habe.

Wörtlich sagt Bischof Lehmann gegenüber dem „Ruhrwort“: „Mir ging es entscheidend darum aufzuzeigen, daß wir zwar eine Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft brauchen, daß dies aber ... nicht ohne eine ganz grundlegende Rücksicht auf die soziale Gerechtigkeit und die sozial Benachteiligten geschehen kann. Beides ist heute notwendig. Unser Sozialstaat kann letztlich nur fortgeführt werden, wenn wir auch zu Änderungen bereit sind, die unsere wirtschaftliche Gesamtsituation verbessern helfen. Das eine geht nicht ohne das andere.“

Bischof Lehmann unterstreicht erneut den Auftrag der Kirche, zu sozialethischen Fragen Stellung zu nehmen. Allerdings müsse sie manches offen lassen, da die Christen sich zwar sehr oft über das Ziel einig seien, jedoch legitimerweise verschiedene Mittel zur Erreichung des Zieles für geeignet hielten. Die Bischöfe seien daher „parteilich, wenn es um die Würde des Menschen geht“, sie ergriffen aber nicht Partei für bestimmte Richtungen.

Hinweis: Das Interview kann abgerufen werden bei: Ruhrwort Essen: Tel. 0201/223645 oder Pressestelle der Deutschen Bischofskonferenz: Tel. 0228/103-214.

 

Bischof Lehmann zum Jubiläum „25 Jahre Ständiger Diakonat im Bistum Mainz“

Sorge um Hilfsbedürftige „aus der Mitte des Glaubens“ - Prioritäten in den Gemeinden neu überdenken - Wunsch nach Diakonat der Frau erneuert

Mainz. Die Sorge um hilfsbedürftige Menschen in materieller und seelisch-geistiger Not ist nach Worten des Bischofs von Mainz und Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Dr. Karl Lehmann, das „Herzstück“ des Auftrags eines Diakons in der katholischen Kirche. In einem Festakt anläßlich des Jubiläums „25 Jahre Ständiger Diakonat im Bistum Mainz“ stellte Lehmann am Samstag, 5. Oktober, im Erbacher Hof in Mainz im Rückblick auf die Erneuerung des Ständigen Diakonats durch das Zweite Vatikanische Konzil die Frage, ob die Ständigen Diakone „wirklich ihrem ursprünglichen Auftrag entsprechend eingesetzt sind“. Sie dürften nicht dazu benutzt werden, in den Gemeinden „Löcher zu stopfen“, die vor allem durch den Rückgang von Priestern entstanden seien.

Es stelle sich aber auch die Frage, ob in den Gemeinden die richtigen Prioritäten gesetzt seien, fügte der Bischof hinzu. „Was ist uns allen die Diakonia wert, die nicht einfach durch die hochverdienstliche Arbeit des Caritasverbandes abgedeckt werden kann?“ gab Lehmann zu bedenken und stellte fest: „Es gibt Aufgaben und Funktionen der Diakone heute, die rasch in die Mitte der christlichen Sendung führen.“ Dazu nannte er als Beispiele den Umgang mit Fremden und Heimatlosen, Alleinstehenden und Armen, Alten und Kranken, aber auch die Mitarbeit in der Hospizbewegung. Hinzu kämen viele andere Nöte wie Drogenkonsum und Suchtabhängigkeit bis zu Orientierungslosigkeit, Selbstaufgabe und Verzweiflung. Auch wenn der Diakon noch andere Aufgaben, wie sie vom Konzil vor allem für den liturgischen Bereich formuliert wurden, übernehme, dürfe dieses Herzstück seines Auftrags nirgendwo fehlen, bekräftigte Lehmann.

Zugleich stellte der Bischof klar, daß die Sendung des Ständigen Diakons „sich nicht auf Sozialarbeit reduzieren läßt“, sondern „aus der Mitte des Glaubens“ die Verkündigung des Wortes und den Gottesdienst mit einschließt. Vom Diakon als „Auge der Kirche“ sei in besonderer Weise gefordert, aus wirklich brüderlich-geschwisterlicher Nähe und Solidarität, Leid, Mängel und Not sensibel wahrzunehmen und in den Winkel und an den Rändern der Gemeinde aufspüren. Weltweit gibt es zur Zeit, wie Lehmann darlegte, mehr als 21.000 Diakone, davon mehr als 14.000 in Amerika und über 6.000 in Europa, darunter etwa 2.000 in Deutschland.

Bischof Lehmann ging in seiner Festansprache auch auf den Diakonat der Frau ein, dem er in der in Kürze erscheinenden Jubiläumsschrift „25 Jahre Ständiger Diakonat im Bistum Mainz“ sieben Seiten gewidmet habe. Er erinnerte an das Eintreten der Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1971-1975 in Würzburg) und das damalige Votum der Würzburger Synode an Rom und erklärte, er sei froh, daß die Frage in Rom neuerdings wieder aufgegriffen worden sei. Leider sei diese von den Zeugnissen der Alten Kirche her schwierige Frage zu einem „Schlachtfeld der Kirchenpolitik“ geworden. Demgegenüber sei es erforderlich, zu fragen, wie das Amt der Diakoninnen heute unter den gegenwärtigen Bedingungen der Kirche aussehen kann. Die Frage dürfe allerdings nicht an die Frage nach dem Priestertum der Frau gekoppelt werden, warnte Lehmann. Wer dies tue, mache sich mit Sicherheit zum „Totengräber des Diakonates der Frau“. Es sei notwendig, die Frage nach dem Diakonat der Frau positiv aufzugreifen, ähnlich wie früher beim Diakonat des Mannes. Er werde sich dafür einsetzen und sich an der weiterführenden Diskussion beteiligen.

Nachdrücklich würdigte Lehmann die Persönlichkeiten im Bistum Mainz, die sich für die Einführung des Ständigen Diakonats im Bistum Mainz und die Ausgestaltung dieses Berufs eingesetzt haben, insbesondere Kardinal Hermann Volk, Weihbischof Dr. Joseph Maria Reuß und den ersten Bischöflichen Beauftragten Dr. Paul Picard als Pionier und Gründergestalt, außerdem Picards Nachfolger, Ordinariatsrat i.R. Gerhard Kinsberger und dem derzeitigen Bischöflichen Beauftragten, Ordinariatsrat Bruno Klein.

Der Sprecher der z.Zt. 98 Ständigen Diakone im Bistum Mainz - 50 im Hauptberuf, 30 im Zivilberuf und 18 im Ruhestand - Hanspeter Ochs, Badenheim, würdigte darüber hinaus auch den verstorbenen Offizial des Bistums, Domkapitular Dr. Adam Groh als Motor und Spiritus Rector, der den ersten Diakonatskreis im Bistum gegründet habe. In Beruf und Familie verwurzelt, hätten die Ständigen Diakone die Chance, „Scharniere“ und „Brückenbauer“ in Kirche und Gesellschaft zu sein, betonte er. Ihre Frauen seien dabei ihre wichtigsten Kritiker, fügte Ochs hinzu.

Zuvor feierte Bischof Lehmann mit den Diakonen und ihren Familien und zahlreichen Gästen einen Jubiläumsgottesdienst im Dom. In seiner Predigt entfaltete er vom Zweiten Vatikanischen Konzil her die Sendung der Diakone als Auftrag zum Dialog, zum Dienst und zur Zeugenschaft. Darin seien die Diakone mit den Bischöfen und Priestern und den pastoralen Laienberufen eng verbunden. Als Konzelebranten wirkten bei dem Gottesdienst mit, Generalvikar Dr. Werner Guballa, Personaldezernent Dietmar Giebelmann, der Bischöfliche Beauftragte für den Ständigen Diakonat Bruno Klein, dessen Vorgänger Ordinariatsrat i.R. Gerhard Kinsberger und der dienstälteste Diakon im Bistum Mainz, Walter Kost, Mainz-Finthen, der vor 25 Jahren, am 23. Oktober 1971, zum Diakon geweiht wurde. Die Kollekte war für eine argentinische Diözese bestimmt, in der ein Mainzer Diakon, Hermann Schweikart, tätig ist.

Am Nachmittag erlebten die Teilnehmer der Jubiläumsfeier die Uraufführung des von Günther Gremp, Leiter der Abteilung Kirche und Medien im Bischöflichen Ordinariat gestalteten Video-Films „Diener für alle. Ständiger Diakon, ein Beruf der Kirche“.

Hinweis: Die erwähnte Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Diakonats wird Anfang Dezember mit dem Titel „Schauen, worauf es ankommt“ für ca. DM 6,00 - 8,00 in der Reihe „Mainzer Perspektiven“ erscheinen. In der 220seitigen Festschrift werden Erfahrungsberichte Ständiger Diakone sowie theologische und historische Reflexionen zum Diakonat und zur Frage eines Diakonates der Frau zu finden sein, darunter auch eine wesentlich aktualisierte und ergänzte Fassung des bereits verschiedentlich gedruckt vorliegenden Textes von Bischof Lehmann „In allem wie das Auge der Kirche“. Die Festschrift kann dann auch online bestellt werden.

(MBN) 

 

Sudan: „41 Jahre Völkermord sind genug“

Sudanesische Bischofsdelegation auf Friedensmission in Deutschland

Mainz. „41 Jahre Völkermord sind genug. Die Regierungen der Welt müssen jetzt endlich eingreifen und dieser langen Leidenszeit ein Ende bereiten!“ Mit einem flammenden Appell an das Gewissen der Weltöffentlichkeit schilderte Bischof Paride Taban, aus der südsudanesischen Diözese Torit am Mittwoch, 02. Oktober, vor der Presse in Mainz, die Leidensgeschichte und die derzeitige Elendssituation der Menschen im Südsudan. Zusammen mit Weihbischof Daniel Adwok aus der Erzdiözese Khartum und zwei Pfarrern aus dem Südsudan besucht er derzeit die Bundesrepublik Deutschland, um auf die fast hoffnungslose Lage der Christen im Südsudan aufmerksam zu machen. Sie folgten einer Einladung von MISSIO-Aachen und für das Bistum Mainz einer Einladung des Bischöflichen Seelsorgeamtes, bei der Pressekonferenz durch Seelsorgeamtsleiter Domkapitular Heinz Heckwolf und Missionsreferent Udo Mechlinski vertreten.

Die Delegation, die bei ihrer Friedensmission in Deutschland u.a. Gespräche mit Staatsminister Schmidbauer im Kanzleramt in Bonn , mit dem Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, mit dem Auswärtigen Amt sowie mit Bundestagsabgeordneten und mehreren Ortsbischöfen (Bischof Franz-Josef Bode, Osnabrück, Joachim Wanke, Erfurt und Franz Kamphaus, Limburg) führt, erhofft sich von ihrem Besuch einen Rückhalt für eine politische Lösung des jahrzehnte alten bürgerkriegsähnlichen Konflikts im flächenmäßig größten Staat Afrikas. Pfarrer Simon Khamis Manbe aus der Diözese Yei im Südsudan bekräftigte, sie seien gekommen, um die Weltöffentlichkeit zu alarmieren. Es sei zu wenig bekannt, daß es im Nordsudan einen „kalten Krieg gibt“ und im Südsudan einen wirklichen Krieg mit sehr vielen Opfern. Seine eigene Missionsstation sei von Kampfhubschraubern zerbombt worden, beklagte er. Der Pfarrer verwies auf das entsetzliche Leid der Kinder, die ständig voller Angst zum Himmel schauten mit der entsetzlichen Furcht, „ob nicht schon wieder eines dieser furchtbaren Flugzeuge kommt“. „Wie lange wollen Sie zulassen, daß unsere Kinder so zum Himmel schauen? Was soll aus diesen Kindern voller Angst einmal werden?“, fragte Pfarrer Mambe. Die Bischöfe unterstrichen, daß die Weltöffentlichkeit Anteil zum Beispiel an den Auseinandersetzungen in Ruanda, Somalia und Jugoslawien nehme, daß aber das Morden im Sudan ein verdrängter , ein vergessener Konflikt sei.

Kernpunkt der kirchlichen Forderungen für die Menschen im Südsudan ist die im Mai 1994 in Nairobi verabschiedete Deklaration der „IGADD“ zu der sich mehrere Nachbarstaaten des Sudan zusammengeschlossen haben. Zu den „Freunden der IGADD“ zählen in Europa Staaten wie die Niederlande, Norwegen und Schweden. Die Bundesrepublik Deutschland will, wie Dr. Othmar Oehring, Afrika-Referent von MISSIO-Aachen, der die Sudan-Delegation bei ihrem Deutschlandbesuch begleitet, aus den Gesprächen mit staatlichen Stellen erfuhr, sich vorläufig auf einen Beobachterstatus in dieser Organisation beschränken. Weihbischof Daniel Adwok erläuterte die Hintergründe des Konflikts, der einerseits in Machtinteressen, andererseits im Vorgehen islamischer Fundamentalisten begründet sei, die u.a. Unterstützung aus dem Iran erfahren, wie er berichtete.

Nach den Auswirkungen des Besuchs von Papst Johannes Paul II., der bei seiner Afrikareise nach Uganda im Frühjahr 1993 auch in der sudanesischen Hauptstadt Khartum Station machte, gefragt, betonte der Weihbischof, dieser Besuch sei leider propagandistisch von der sudanesischen Regierung ausgeschlachtet worden. Sie hätten den Besuch des Papstes dazu mißbraucht, um den Völkermord zu leugnen und sich als tolerante Vertreter des Islam darzustellen. Demgegenüber habe die sudanesische Geschichte gezeigt, daß Christen, Muslime und Angehörige anderer afrikanischer Religionen sehr wohl im Frieden miteinander leben könnten. Weihbischof Adwok erklärte weiter, es handle sich nicht um einen Religionskrieg sondern um einen Konflikt zwischen Arabern und Schwarzafrikanern. Die Regierung in Khartum versuche, die Arabisierung ebenso wie die Islamisierung des Landes mit unnachgiebiger Härte durchzusetzen. Ob es zu einem selbständigen Staat unter Führung der Rebellenorganisation im Südsudan SPLA oder zu einer friedlichen politischen Lösung für den Gesamtsudan komme, sei letztlich gleichgültig. Das Blutvergießen müsse jedoch in jedem Fall aufhören, bekräftigte er.

Mit mehr als 2,5 Millionen Quadratkilometern ist die Republik Sudan etwa zehnmal so groß wie die ehemalige westliche Bundesrepublik Deutschland. Von seinen rund 25 Millionen Einwohnern sind mehr als zwei Millionen Katholiken, die hauptsächlich in den südlichen Provinzen des Landes leben. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Die systematische Unterdrückung der Nichtmuslime in dem afrikanischen Land sei eine ständige Verletzung der Menschenrechte, die durch nichts zu rechtfertigen sei, betonten die sudanesichen Bischöfe und Pfarrer, die sich in Deutschland Verständnis und Hilfe erhoffen.

(MBN)

 

Lehmann fordert stärkere Bemühung um Einheit der Theologie

„Theologie muß zeigen, was sie zur Bewältigung von Lebensproblemen leisten kann“

Mainz. Zu stärkeren Bemühungen um die Einheit der Theologie hat der Bischof von Mainz und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Prof. Dr. Karl Lehmann, aufgerufen. Bei der Jahrestagung der Deutschen Sektion der Europäischen Gesellschaft für Katholische Theologie erklärte Lehmann am Dienstag, 8. Oktober, in Mainz unter Hinweis auf den „legitimen Pluralismus“, den es in der Theologie gibt, man müsse heute darum kämpfen, daß die Bemühung um die Einheit der Theologie nicht unterbewertet werde oder gar ausfalle. Sonst fehle es an einer wirklich tragfähigen Mitte zwischen den Fronten, an der Kraft der Vermittlung zwischen einzelnen Positionen und an der Fähigkeit zur Begegnung mit fremden und andersartigen Positionen, wie sie gerade im künftigen Europa und im Weltgespräch der Theologie in Erscheinung treten würden, mahnte der Bischof. Deshalb wünsche er sich auch unter den Theologen mehr Auseinandersetzung, mehr Streitlust in Fairneß und Versöhnungsbereitschaft, das heiße mehr „Streitkultur“, und mehr Mut bei Auseinandersetzungen.

Lehmann sprach zum Thema der Tagung „Gesellschaft - Wissenschaft - Kirche. Gegenwart und Zukunft der Theologie in Deutschland“ und betonte, der Sinn der Theologie als Wissenschaft bestehe nicht nur in der Ausbildung von Theologen/innen, nicht nur in Lehre und Forschung, sondern habe auch die Funktion, die christliche Botschaft vor dem Forum der menschlichen Vernunft zu legitimieren. Diese Legitimationsfunktion der Theologie sei gerade in den modernen Gesellschaften notwendig, „die sich nicht mehr religiös, sondern primär politisch integrieren“. Wie die Vermittlung des Glaubens heute und die Weitergabe des Glaubens an künftige Generationen sei auch diese Legitimation des Glaubens eine gemeinsame Aufgabe von Theologen und Bischöfen, theologischer Wissenschaft und Lehramt, unterstrich Lehmann. Beide, Theologie und Lehramt, müßten in Zukunft sehr viel größere Anstrengungen auf sich nehmen, um diese Gemeinsamkeit nach innen und außen zu festigen, Mißverständnisse auzuräumen und Konflikten möglichst frühzeitig zu begegnen.

Die Theologie als Wissenschaft, erklärte Lehmann, sei zweifellos nützlich für die moderne Gesellschaft in der Aufhellung ihrer Entstehungsgeschichte, an der Christentum, Kirche und Theologie nach seinen Worten einen „maßgeblichen Anteil“ hatten. Dazu verwies er auf die Entstehung der modernen Wissenschaften, die Wurzeln der Menschenrechte und das Postulat der Menschenwürde. Dazu gehöre auch die ideologiekritische Aufgabe der Theologie. „Sie muß aufweisen, wo ehemals theologisch-religiöses Gedankengut in anderen Abteilungen weiterlebt, unerkannt seinen Anspruch erhebt und inhuman werden kann.“

Viel wichtiger sei jedoch, daß die Theologie als Wissenschaft offensiv zeige, „was sie zur Bewältigung heutiger Lebensprobleme des einzelnen und der Gesellschaft leisten kann“, betonte Lehmann. Die Theologie habe - „gewiß nicht allein“ - die Aufgabe, die Frage nach dem Woher und Wohin, dem Ganzen und dem Sinn von Welt und Geschichte offenzuhalten. Als weitere Herausforderung der Gegenwart nannte der Bischof u.a. die Frage nach den alle verbindenden Grundwerten und Themen wie „der Mensch als Person und Wesen der Transzendenz“, „Schuld und Vergebung“, „Verminderung der Gewaltanwendung“ und „Sterbebegleitung“. Lehmann schloß mit der Feststellung: „Theologie und Lehramt werden eines Tages nicht daran gemessen, wieviel Konfliktpotential sie in dieser Zeit angehäuft haben, sondern ob sie gemeinsam den Schwund von Religion und Glaube in unseren Gesellschaften wirksam und überzeugend begegnet sind und den Menschen eine neue Bewährung des Glaubens angesichts unserer heutigen Lebensprobleme geschenkt haben.“

(MBN)

 

Äbte und Priore aus vier Kontinenten im Kloster Jakobsberg

Exerzitien zur Vorbereitung des Generalkapitels der Missionsbenediktiner

Ockenheim. Im Kloster Jakobsberg in Ockenheim sind zur Zeit (7. - 12. Oktober) rund 60 Äbte und Priore von 17 selbständigen Benediktinerklöstern in vier Kontinenten versammelt. Die Geistlichen kommen u.a. aus Tanzania, Uganda, Indien, Korea, Venezuela und Kolumbien sowie aus den USA und den deutschsprachigen Ländern Europas. Sie bereiten sich mit Exerzitien auf das 16. Generalkapitel der Missionsbenediktiner von St. Ottilien vor, das vom 14. - 25. Oktober in der Erzabtei St. Ottilien in Oberbayern tagen wird. Dieses Kloster ist das Stammhaus der Kongregation, die sich weltweit der Msssionsarbeit widmet und derzeit rund 1100 Mitglieder hat.

Das Kapitel kommt alle vier Jarhe zusammen und hat als Hauptaufgabe die geistliche Erneuerung der Gemeinschaften der Kongregation. Diesmal steht die Sitzungsperiode unter dem Leitthema „Gemeinsam geistlich leben“. Unter dem Vorsitz des Abtpräses, Erzabt Notker Wolf OSB, werden rechtliche und organisatorische Fragen diskutiert. Ebenso werde ein Rückblick auf die Entwicklung der verschiedenen Klöster und Neugründungen während der vergangenen vier Jahre gehalten, erklärte P. Ludger Schäffer OSB, Prior von Kloster Jakobsberg. Als weitere Schwerpunkte nannte er die Öffnung Chinas und erste Kontakte mit Nordkorea, wo die Benediktiner auf eine lange Missionsgeschichte zurückblicken können. Bei der internationalen Zusammenkunft werden Englisch, Deutsch und Spanisch die offiziellen Kapitelsprachen sein.

St. Ottilien ist der Sitz einer von insgesamt 21 eigenständigen Kongregationen des ältesten noch bestehenden Mönchsordens, dessen besonderes Merkmal siene dezentrale Struktur ist. Aus dem deutschen Sprachraum nehmen Vertreter aus Münsterschwarzach, Schweiklberg (Vilshofen), Köngismünster (Meschede), Fiecht (Tirol), Unzach (Schweiz) und St. Ottilien teil. bns

(MBN)

 

GCL in Mainz: „Wir sind auf Sendung“

Über 400 Teilnehmer kamen zum Gesamttreffen der GCL nach Mainz

Mainz. Über 400 Teilnehmer kamen zum 2. Gesamttreffen der Gemeinschaft christlichen Lebens (GCL) vom 4. - 6. Oktober in Mainz zusammen. Der Bischof von Augsburg, Viktor-Josef Dammertz, kirchlicher Assistent für die GCL in Deutschland, griff das Leitthema des Treffens „Wir sind auf Sendung - hellhörig für die Zeichen der Zeit“ in seiner Predigt bei der Eucharistiefeier am Sonntag, 6. Oktober, in der St. Stephanskirche auf. „Die GCL hat den Sendeauftrag, Zeugnis von der guten Botschaft zu geben“, sagte Dammertz. Weiterhin betonte der Bischof, rund um die Uhr böten die Medien heute eine bunte Welt, und es sei schwer, das wirklich Wichtige herauszufinden. „Wenn jedoch alles gleich gültig ist, dann wird uns alles bald gleichgültig sein“, warnte er. Es sei nötig, auf die Zeichen der Zeit zu hören, In der GCL werde diese Hellhörigkeit durch Exerzitien geschärft. Die GCL ist in ihrer Spiritualität vom Gründer des Jesuitenordens, dem heiligen Ignatius von Loyola, geprägt.

In seiner Eröffnungsrede am Freitag abend, 4. Oktober, im Dom, hatte Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach, Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Kontakte mit den neuen Glaubensgemeinschaften und kirchlichen Bewegungen, das Leben von Heiligen, darunter Ignatius von Loyola, beschrieben. Sie hätten den Mut und Willen gehabt, die Kirche immer wieder zu erneuern. Mit Blick auf die Gegenwart forderte Eisenbach die Teilnehmer auf: „Bringen auch Sie Ihr Charisma und Ihre Persönlichkeit in die Kirche ein, um in eine gemeinsame Zukunft gehen zu können“.

Entsprechend dem Motto wurde das zweite GCL-Gesamttreffen (nach Fulda 1991) mit einer multimedialen Spurensuche eröffnet. Die Mischung aus Schauspiel, Spielfilm und Diavortrag führte zu den historischen Stätten der Jesuiten in Mainz. An der ehemaligen Christophskirche, war Peter Faber, Lehrer des Petrus Canisius, tätig. Canisius wurde 1543 in Mainz als erster Deutscher in den Jesuitenorden aufgenommen. Im alten Universitätsgebäude war die erste Jesuitenschule untergebracht, die auf Betreiben von Kurfürst-Erzbischof Daniel Brendel 1561 in dessen Residenzstadt errichtet wurde. Als ein weiterer Ort ignatianischen Lebens in der Bischofsstadt wurde die Maria-Ward-Schule gezeigt, deren Namensträgerin zu Beginn des 17. Jahrhunderts die schulische Erziehung nach den Regeln des Jesuitenordens auch für Mädchen durchsetzte. 1752 wurde die Mainzer Erziehungsanstalt eröffnet. Erinnert wurde u.a. auch an die ehemalige Jesuitenkirche, die bei der Belagerung von Mainz 1793 vernichtet wurde. Musikalisch gestaltete die „Rhythmusgruppe Bonifaz“ aus Mainz das Programm.

In 25 Workshops beschäftigten sich die Teilnehmer mit kirchlich-spirituellen und gesellschaftspolitischen Themen, z.B. „Glauben und Berufswelt“ oder „Umgang mit Medien“. Zudem wurden kreative Arbeitskreise angeboten, in denen beispielsweise getanzt oder gemalt wurde. Sinn der Workshops sei es, voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu bereichern und zu ermutigen, erklärte die Generalsekretärin der GCL-Weltgemeinschaft, Roswitha Cooper, Rom. Sie repräsentiert rund 100 000 Menschen in 60 Ländern , die sich zu den Prinzipien der GCL bekennen. Cooper kritisierte in ihrer Ansprache die Tendenz in der nördlichen Hemisphäre, das Leiden überzubetonen und sich zu sehr auf die Mißstände zu konzentrieren. „Unsere vorrangige Frage muß jedoch sein: ‘Was hilft mehr, um Christi Sendungsauftrag zu verwirklichen?’“, hob die Generalsekretärin hervor. Zufrieden zeigte sich der Vorsitzende der GCL Deutschland, Walter Hofmann, Aschaffenburg, mit der Mainzer Veranstaltung und regte ein neues Treffen in vier bis fünf Jahren an.

bns (MBN)

 

Dankgottesdienst am Tag der Deutschen Einheit

Bad Nauheimer Katholiken besuchten Partnergemeinde in Bad Langensalza

Bad Langensalza/Bad Nauheim. Katholische Christen aus den Pfarrgemeinden Bad Nauheim-St. Bonifatius und Schwalheim-Liebfrauen, haben am Tag der Deutschen Einheit, 3. Oktober, ihre Mitchristen in der thüringischen Partnerstadt Bad Langensalza besucht. Der Pfarrer der gastgebenden Gemeinde St. Marien, Winfried Mucke, drückte bei der Begrüßung seine Freude darüber aus, daß sowohl in Bad Nauheim wie in Bad Langensalza die Anregung aufgegriffen wurde, gemeinsam diesen politischen Feiertag zu begehen.

In seiner Predigt erklärte Dekan Richard Neumann, Bad Nauheim, der Tag der Deutschen Einheit sei vor allem Anlaß zum Dank. Dankbar könne man deshalb sein, weil Freiheit, Bedrückung und Entwürdigung - z.B. bei den Grenzkontrollen - seit dem 3. Oktober 1990 Vergangenheit seien. Vieles der unterschiedlichen Vergangenheit sei jedoch noch nicht bewältigt, betonte Neumann. Es gebe noch bedrückende Alltagsprobleme und fehlende Zukunftsperspektiven, die sich mit Stichworten wie Arbeitslosigkeit, Umwelt und Aggression ausdrücken ließen. Dennoch sei Anlaß genug zur Dankbarkeit. Die selbstverständliche Begegnung der Menschen aus den alten und den neuen Bundesländern, der Wegfall von Angst vor Bespitzelung und Kontrolle nannte er hierbei an erster Stelle. Der Dekan des Dekanates Wetterau-West forderte die Gläubigen auf, entgegen dem derzeit herrschenden Zeitgeist Glauben und Leben nicht zu trennen und Religion nicht als Privatsache zu betrachten. Christen müßten in Beruf und Alltag solidarisch leben und z.B. die Achtung vor dem Leben nach Kräften fördern. Die dem Christen gebotene Nächstenliebe solle sich so zeigen, hob Neumann hervor, daß den Mitmenschen konkrete Hilfe und der Gesellschaft die Mitarbeit bei der Verwirklichung von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung angeboten werde. „Unsere Welt wird nicht zum Teufel gehen, wenn wir Christen hier und heute die Wege Gottes gehen“, sagte er.

Eine Stadtführung am Nachmittag zeigte die Gemeinsamkeiten der beiden Städte auf: sie sind Badestädte, beide haben als Kirchenpatron den hl. Bonifatius, wenngleich die Bad Langensalzaer Bonifatiuskirche seit der Reformation evangelisch ist. Nach der Stadtführung fuhren die Bad Nauheimer Gäste mit ihren Gastgebern zum „Hülfensberg“, der schon in frühgeschichtlicher Zeit eine Kultstätte war und seit der Mission des hl. Bonifatius eine Kirche trägt. Sie entwickelte sich zu einer bedeutenden Wallfahrtsstätte im katholischen Eichsfeld. Die jahrhundertelange Tradition der Wallfahrten, die auch in der Zeit des Nationalsozialismus nicht unterbrochen wurde, schien ihr Ende zu haben, als der „Hülfensberg“ zum sog. „Grenzsperrbezirk“ der DDR erklärt wurde. Aber seit dem Frühjahr 1990 kommen die Pilger wieder zur Wallfahrtskirche um den „hülfenden“ Heiland zu ehren und seine Hilfe zu erbitten. Für das kommende Jahr wurde vereinbart, den Tag der Deutschen Einheit gemeinsam in Bad Nauheim zu feiern.

Pf (MBN)

 

Kommissionen der Deutschen Bischofskonferenz für fünf Jahre neu gewählt

Die Mainzer Weihbischöfe Stellvertretende Vorsitzende für „Erziehung und Schule“ (Wolfgang Rolly) und „Geistliche Berufe und kirchliche Dienste“ (Franziskus Eisenbach)

Fulda/Mainz. Die Deutsche Bischofskonferenz hat bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda (23.-26. September) für eine Amtszeit von fünf Jahren die Mitglieder, Vorsitzenden und Stellvertretenden Vorsitzenden der 14 Bischöflichen Kommissionen neu gewählt. Dabei wurde die „Kommission für Migrationsfragen“ als 14. Kommission neu errichtet. Wie der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann, dazu erklärte, wollten die Bischöfe dadurch der Bedeutung der Herausforderungen durch Flucht und Migration gerecht werden. Die Kommission soll alle sozialethischen, pastoralen und caritativen Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, behandeln. Zum Vorsitzenden dieser Kommission hat die Vollversammlung Weihbischof Dr. Josef Voß, Münster, gewählt, der bereits seit Jahren eine Arbeitsgruppe zu Asylfragen geleitet hat. Neu errichtet wurde in der Pastoralkommission auch eine Unterkommission für Frauenfragen. Als deren Vorsitzenden wählten die Bischöfe Weihbischof Gerhard Jakob, Trier.

Den Neuwahlen zufolge gehört Bischof Lehmann wiederum der Kommission für Glaubensfragen an. Weihbischof Wolfgang Rolly bleibt Mitglied in der Kommission für Erziehung und Schule, zu deren Stellvertretendem Vorsitzenden er gewählt wurde und Mitglied in der Kommission für publizistische Fragen. Weihbischof Dr. Franziskus Eisenbach wurde wieder in die Kommission für geistliche Berufe und kirchliche Dienste und als deren Stellvertretender Vorsitzender gewählt. Außerdem gehört er der Kommission für liturgische Fragen an.

(MBN)

 

Taufgespräche für Eltern

Neue Broschüre des Seelsorgeamtes betont gemeindekatechetischen Einsatz

 

„Meister Valentin“ ein fast vergessener Künstler der Spätgotik

Hermann Mayer verweist auf Kunstwerke im Mainzer Dom und in St. Stephan

Mainz. Sein Werk ist in seiner künstlerischen Qualität unübersehbar, aber sein Name ist weithin unbekannt. Gemeint ist der Architekt und Bildhauer „Meister Valentin“, der von 1468-1502 in Mainz wirkte und hochrangige Kunstwerke im Mainzer Dom und in der St. Stephanskirche geschaffen hat. Der langjährige Stellvertretende Leiter des Bischöflichen Seelsorgeamtes in Mainz, Ordinariatsrat i.R. Prälat Hermann Mayer, hat jetzt erneut an diesen lange vergessenen Ausnahmekünstler aus der Zeit der Spätgotik erinnert, der im Mainzer Dom die Grablegung sowie die Grabdenkmäler des Adalbert von Sachsen und des Bernhard von Breidenbach schuf und in der St. Stephanskirche das sog. „Strohutepitaph“ und das Sakramentshäuschen. Sein Name war lange vergessen. Deshalb behalf man sich mit Ersatznamen wie „Adalbertmeister“ oder „Strohutmeister“. Die Schönheit und Qualität seiner Werke erfordere es jedoch, ihn mit Künstlern wie Riemenschneider, Veith Stoß und Adam Kraft zu vergleichen, betont Mayer.

In seinem Vorstoß, Meister Valentin erneut der Vergessenheit zu entreißen, beruft sich Maier auf die Doktorarbeit des Mainzer Kunsthistorikers Dr. Franz Theodor Klingelschmitt aus dem Jahre 1914 mit dem Titel „Steinmetz Veltin“. In dieser von der Universität Gießen angenommenen Promotionsschrift führte der Autor den Nachweis, daß der Valentin (gest. im Jahre 1502) als Architekt des Kreuzgangs in St. Stephan zugleich auch der Schöpfer verschiedener Plastiken war, insbesondere des Strohutepitaphs mit einer Kreuzesdarstellung und vier Figuren und unter ihnen die Stifter als Betende dargestellt. Durch einen stilkritischen Vergleich ließen sich auch weitere Werke diesem Meister der Spätgotik zuordnen, unterstreicht Mayer.

Es sei das Verdienst des Kunsthistorikers Klingelschmitt, auf den vergessenen Künstler gebührend aufmerksam gemacht zu haben. Durch den Krieg, politische Irritationen, Unterdrückung in der Zeit des Nationalsozialismus und seinen frühen Tod im Jahre 1947 habe er selbst seinem Anliegen und Lebenswerk nicht zum Durchbruch verhelfen können, bedauert Mayer. An der Grablegung aus der zerstörten und nicht wieder aufgebauten Frauenkirche, die jetzt in der Magnuskapelle des Domes zu sehen ist, werde Valentin immer noch als „unbekannter Meister“ bezeichnet, obwohl Dr. Wilhelm Jung als Diözesankonservator und Rektor des Dommuseums schon 1987 in seinem Domführer die neuen Erkenntnisse verarbeitet und dem Meister seinen Namen gegeben habe, stellt Mayer fest.

Als Student der Kunstgeschichte hatte Klingelschmitt 1911 bei Renovierungsarbeiten in der Kirche seiner Heimatpfarrei St. Stephan einen alten Grabstein zu Tage gefördert, auf dem ein Geistlicher, zwischen Vater und Mutter stehend, abgebildet war. Neben dem Vater erschien nach der Reinigung des Fundes ein mit dem Meisterschild im Gewölbe des Kreuzganges identisches Wappen. Nur der Baumeister hatte das Recht, seine Signatur in unmittelbarer Nachbarschaft des Schlußsteines anzubringen, unterstreicht Mayer unter Hinweis auf den Bericht Klingelschmitts. Aus der Grabstein-Inschrift ging hervor, daß hier im Jahre 1494 Katharina, die Frau des Steinmetzen Valentinus beigesetzt wurde. Der für Valentin selbst und seinen Sohn Dudo frei gelassene Raum auf dem Grabstein blieb leer, weil beide 1502 bei einer Epidemie starben und deshalb nicht im Garten des Kreuzgangs von St. Stephan beerdigt wurden.

(MBN)