In Mainz erinnert unter anderem der Kardinal Volk-Platz vor der Römerpassage mit einer Büste des Bildhauers Karlheinz Oswald an den Ehrenbürger der Stadt. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, wird bei dem traditionellen Gottesdienst zum Todestag von Kardinal Volk des besonderen Jubiläums seines Vorgängers gedenken. Das Pontifikalamt findet am Sonntag, 1. Juli, um 10.00 Uhr im Mainzer Dom statt.
Hermann Volk war ein bedeutender Theologe und ein großer Ökumeniker. Auch als Bischof und Kardinal blieb er, was er immer am entschiedensten sein wollte und als Pfarrer von Nidda am sichtbarsten lebte: ein mitfühlender Seelsorger, an dem sich die Menschen auf- und ausrichten konnten. Die größte Sorge bereitete Bischof Volk die zunehmende „Verweltlichung der Welt". Davon sprach er sehr oft. Ihn beunruhigte zutiefst, dass Jahr für Jahr Tausende der Kirche den Rücken kehrten, weil sie die sinngebende Orientierung des Glaubens verloren hatten. Seine Antwort darauf war der unaufhörliche Appell zur „Vertiefung im Christlichen, zum Mut, Dinge zu tun, für die es keinen anderen Grund gibt als Christus selbst". Er ließ keinen Zweifel daran, dass für ihn der „unreduzierte Glaube glaubwürdiger ist als der reduzierte Glaube". „Christsein" war für Hermann Volk eine Qualitätsbezeichnung für den vom Geist Gottes erfüllten Menschen. Von daher kam auch seine Hochachtung für die Laien in der Kirche und sein unermüdliches Bemühen, sie in die aktive Mitverantwortung einzubeziehen.
Als Dogmatikprofessor in Münster (1945-1962) war Hermann Volk ein weithin anerkannter Wissenschaftler und theologischer Lehrer. Zu seinen prominentesten Schülern gehörte Hans Küng, der sich bei ihm habilitiert hat. Als Professor war Volk an der Gründung des Ökumenischen Instituts an der Universität Münster aktiv beteiligt. Bereits 1960 berief ihn der Papst als Consultor des Sekretariates für die Einheit der Christen.
Volks großes ökumenisches Engagement führte zur Mitarbeit in einer Vielzahl von Gremien, welche die Einheit der Christen als Ziel ihrer Arbeit haben: im Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen (Jaeger-Stählin-Kreis), als Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Johann Adam Möhler-Instituts in Paderborn, im Kontaktkreis des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), in der Gemeinsamen Kommission zwischen Lutherischem Weltbund und Katholischer Kirche und in der Gemeinsamen ökumenischen Kommission von EKD und Deutscher Bischofskonferenz. Durch seine theologische Tiefe und seine außergewöhnliche Dialogfähigkeit, die das Verstehen des Andern immer an den Anfang setzte, wurde er einer der führenden katholischen Ökumeniker in Deutschland.
Zu Volks charakteristischen menschlichen Eigenschaften gehörte seine Fähigkeit zum Staunen. Es kam aus dem Wissen, dass die Geheimnisse der Welt, die Rätsel von Mikrokosmos und Makrokosmos, auch in der modernen aufgeklärten Welt der Technik und Naturwissenschaft eine große Rolle spielen und der Machbarkeit des Menschen entzogen sind. Zu diesem Staunen gehörte auch die Begeisterung für die Schönheit der Welt, der Pflanzen und Tiere und der Berge, wie auch die Bewunderung für die Leistungen von Handwerk, Technik, Wissenschaft und Kunst. Für Hermann Volk war das Staunen eine Vorform des Glaubens, und das Staunenswerteste der Mensch selbst in seiner Kreatürlichkeit vor Gott.
Hermann Volk wurde am 27. Dezember 1903 in Steinheim am Main geboren. Nach seinem Studium in Mainz wurde er am 2. April 1927 durch Bischof Ludwig Maria Hugo in Mainz zum Priester geweiht. Nach Kaplansjahren in Alzey und Mainz-St. Ignaz wirkte er als Pfarrer in der großen oberhessischen Diasporagemeinde Nidda (1941-1945). Mit einer Arbeit über Karl Barth promovierte er 1938 in Fribourg/Schweiz zum Doktor der Philosophie. Einem weiteren evangelischen Theologen, Emil Brunner, widmete Volk seine theologische Doktorarbeit (1937) und seine Habilitationsschrift (1943) in Münster. Zu den herausragenden Ereignissen seiner Amtszeit als Bischof gehörten die Teilnahme am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965), die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland in Würzburg (1971-1975) und die Feier des Jubiläums „1.000 Jahre Mainzer Dom" im Jahr 1975.
Als Konzilsvater nahm Volk besonders Einfluss auf Fragen der Liturgie, der Glaubenslehre und der Ökumene. In der Deutschen Bischofskonferenz war Volk 20 Jahre, von 1962 bis 1982, Mitglied in der Glaubenskommission (Vorsitzender von 1969-1978) und in der Ökumenekommission zwölf Jahre, von 1964 bis 1976, in der Liturgiekommission (Vorsitzender von 1964-1969) und acht Jahre in der Kommission für Wissenschaft und Kultur. Am 5. März 1973 erhob ihn Papst Paul VI. zum Kardinal. Mit 75 Jahren bot Volk den Verzicht auf sein Amt an, den der Papst jedoch erst vier Jahre später, zum 27. Dezember 1982, annahm. Für seine Verdienste wurde Hermann Volk mit der Ernennung zum Päpstlichen Ehrenprälaten (1956) und den Ehrenbürgerschaften der Städte Steinheim (1964) und Mainz (1975) geehrt. Hinzu kamen die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes (1973), des Großkreuzes des Malteserordens (1978) und des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1978).
Als Kardinal war Bischof Volk an den beiden Papstwahlen (Johannes Paul I. und Johannes Paul II.) im August bzw. Oktober des Jahres 1978 beteiligt. Dazwischen fiel der Besuch der polnischen Kardinäle Stephan Wyszynski und Karol Wojtyla, der wenig später zum Papst gewählt wurde, in Mainz, nachdem Volk 1977 im Dienst der deutsch-polnischen Verständigung eine Polenreise mit Vorlesungen und Gottesdiensten in mehreren polnischen Städten unternommen hatte. Nach kurzer schwerer Krankheit starb Kardinal Hermann Volk am 1. Juli 1988. Im Blick auf seinen nahe bevorstehenden Tod hielt er am 5. Juni 1988 eine bewegende Abschiedspredigt im Dom, bei der sein Wahlspruch als Bischof noch einmal seine Leuchtkraft bewies: „Damit Gott alles in allem ist" („Deus omnia in omnibus") aus dem ersten Korintherbrief (1 Kor. 15,28).