Ausbildung als Chance „für ein normales Leben“

Bahaa Aldeen Alakbani übt in der Werkstatt der Firma Biganski in Gundheim (c) Bistum Mainz/Hoffmann
Datum:
Di. 6. Juli 2021
Von:
hoff(MBN)

Bahaa Aldeen Alakbani strahlt. Er hat seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker erfolgreich abgeschlossen. „Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit, ein normales Leben führen zu können“, sagt er. Die Ausbildung des jungen Mannes aus Syrien wurde vom „Sofortprogramm“ des Bistums Mainz gefördert.

Das Sofortprogramm hilft benachteiligten Jugendlichen bei der Suche nach einer Ausbildung. Es ist im Referat Berufs- und Arbeitswelt im Bistum Mainz verankert und fördert Jugendliche mit Schwierigkeiten wie Gesundheitsproblemen, fehlenden Sprachkenntnissen, sozialen Problemen oder Lernschwächen. Das Programm gibt es seit 1983 im Bistum Mainz, es wurde vor dem Hintergrund der damals sehr hohen Jugend-Arbeitslosigkeit etabliert. Das Sofortprogramm unterstützt Betriebe finanziell und beratend, wenn sie einen benachteiligten Jugendlichen oder jungen Menschen in ihren Betrieb aufnehmen. Dafür stehen zurzeit jährlich knapp 30.000 Euro zur Verfügung, seit Beginn des Programms wurden 4,5 Millionen Euro aufgebracht, auch durch Spenden, und mehr als 900 Ausbildungsstellen gefördert. „Die Integration in den Arbeitsmarkt ist existenziell, sie ist wie eine Eintrittskarte in unsere Gesellschaft“, betont Hans-Georg Orthlauf-Blooß vom Referat Berufs- und Arbeitswelt, der für das Programm verantwortlich ist. Bei zehn bis 20 Prozent der Auszubildenden ist das Projekt nicht erfolgreich. „Das Engagement ist eine Herausforderung mit offenem Ausgang“, räumt er ein. Aktuell sind noch acht Plätze zur Förderung frei, die an kleine und mittelständische Unternehmen vergeben werden.

Bei Alakbani bestand die Schwierigkeit zunächst in den Sprachkenntnissen. Der 29-Jährige stammt aus Syrien, betrieb dort in Damaskus ein kleines Café und studierte Jura an der Universität. Dann begann der Krieg in Syrien und er musste fliehen. Über das Mittelmeer, nach Griechenland. Vor fünf Jahren kam er nach Deutschland und arbeitete zunächst in einem Logistik-Lager. Die Hürden, um sein Jura-Studium hier fortzusetzen, waren zu hoch, weil dafür umfangreiche Sprachkenntnisse notwendig sind, und die bereits gemachten Abschlüsse nicht ohne weiteres anerkannt werden. Alakbani interessierte sich zunehmend für den Beruf des Anlagenmechanikers für Sanitär-, Heizungs-, und Klimatechnik. „Die Aufgaben sind sehr abwechslungsreich“, erklärt er.

Alakbani absolvierte zunächst ein Praktikum und anschließend ein Anerkennungsjahr bei der Firma Biganski in Gundheim, einem Gas- und Wasserinstallationsbetrieb, der regelmäßig junge Menschen ausbildet. In dieser Zeit lag der Schwerpunkt darauf, die deutsche Sprache zu erlernen, und Einblicke in die Arbeit zu bekommen. Dort lernte Daniel Scheirich aus Worms ihn kennen. Scheirich ist für die Stadt Worms als Netzwerkentwickler für kleine und mittelständische Unternehmen zuständig. Das Projekt Netzwerkentwickler wird gefördert vom Europäischen Sozialfonds und aus Landesmitteln des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie. Scheirich erkannte, dass Alakbani sich für eine Förderung durch das Sofortprogramm eignen würde, und stellte den Kontakt zu Orthlauf-Blooß her. Aufgrund seiner Leistungen bot die Firma Biganski Alakbani einen Ausbildungsvertrag an, den dieser annahm. Vier Wochen vor Beginn seiner Ausbildung durfte Alakbani seine Frau aus Syrien nachholen, die er zwei Jahre nicht gesehen hatte. „Da begann für mich das Leben“, sagt er.

Auszubildende zu finden ist oft schwierig für die Betriebe

„Im Moment ist es extrem schwierig, Menschen für die freien Ausbildungsplätze zu bekommen“, sagt Bastian Biganski, Junior-Chef des Gas- und Wasserinstallationsbetriebs. Normalerweise beschäftigt das Unternehmen zwei bis drei Auszubildende. In diesem Jahr gingen bislang nur zwei Bewerbungen ein. Dass Betriebe im Moment händeringend Auszubildende suchen, hört Scheirich öfter. „Jugendliche sind im Moment durch die Pandemie sehr verunsichert, und die Betriebe bekommen trotz großer Bemühungen nur wenige Bewerbungen“, fasst er die Situation zusammen. Vor der Pandemie hätten schon viele junge Menschen davor zurückgeschreckt, eine Ausbildung zu beginnen, diese Situation habe sich nun noch verschärft.

Der Meisterbetrieb in zweiter Generation beschäftigt acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, es herrscht eine familiäre Atmosphäre. Freitags bleiben die Mitarbeitenden oft nach Feierabend noch zum Grillen. Alakbani konnte seine Deutschkenntnisse verbessern, das Anerkennungsjahr wurde ihm nachträglich auf seine Ausbildungszeit angerechnet, und er hat seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. „Damit haben wir unser Ziel erreicht, einem jungen Menschen eine Ausbildung zu ermöglichen“, sagt Orthlauf-Blooß. Auch wenn Alakbani wohl nicht langfristig bei der Firma Biganski bleiben wird.