Mainz. „Wir müssen neue Wege finden auf der Suche nach mehr Gerechtigkeit und Wahrheit in unserem Denken, in unserer Sprache und unserem Handeln, um dem Frieden auf Erden eine Chance zu geben.“ Das sagte Dr. Susanne Barner in ihrer Predigt beim Abendlob am Sonntagabend, 6. Dezember, im Mainzer Dom. Und weiter: „In der vertrauensvollen Beziehung zu unserem himmlischen Vater, im Annehmen und Leben seiner Gebote können wir den inneren Frieden finden, der uns frei macht, uns für den Frieden in der Welt einzusetzen, für Gerechtigkeit und Wahrheit, ohne die es keinen Frieden geben kann.“
Die Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung im Bistum Mainz sprach zum Thema „Frieden verkündet der Herr seinem Volk, den Menschen mit redlichem Herzen“ (Ps 85,9). An dem Abendlob nahmen unter anderen auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sowie Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz teil.
Barner betonte, dass jeder Einzelne die Möglichkeit habe, zu mehr Frieden beizutragen. Als Beispiele für Menschen, die aus einem tiefen Glauben heraus Vorbilder für das Engagement um den Frieden wurden, nannte sie den heiligen Franz von Assisi, die heilige Teresa von Kalkutta und Martin Luther King. Wörtlich sagte sie: „Lassen wir uns mitreißen von leuchtenden Vorbildern! Setzen wir uns ein für Wahrheit, Gerechtigkeit und Güte, für Teilen und Solidarität, dort, wo es uns möglich ist. Lernen wir aus den Erschütterungen und Erfahrungen dieses Corona-Jahres, das uns unmissverständlich gezeigt hat: alle auf dieser Erde sitzen in einem Boot. Geben wir die Hoffnung nicht auf! Wir sind nicht hilflos. Der Gott des Friedens ist an unserer Seite.“
Frieden braucht unser Mittun
Nach biblischem Verständnis bedeute Frieden „nicht nur Abwesenheit von Krieg und Kampf oder einen Waffenstillstand, sondern umfassendes Glück, Gesundheit und Wohlergehen des Einzelnen und der Gemeinschaft, gelingendes Leben in gelingenden Beziehungen - zu anderen Menschen, zu sich selbst und zu Gott - ein Zustand des ‚Heilseins‘“. Weiter sagte sie: „Die Botschaft ist deutlich: Frieden braucht unser Mittun. Gott weist uns den Weg dazu. Die göttliche Gnade schenkt dem Menschen das Vertrauen in Gottes Wirken und Beistand und die Kraft, sich einzusetzen für das Gute. Überall auf der Erde versammeln sich Menschen zu Friedensgebeten, weil sie wissen, dass Friede nur gelingt mit seiner Hilfe.“
Ohne Gerechtigkeit kein Friede
Wörtlich sagte Barner: „Gerechtigkeit bedeutet Orientierung am Gemeinwohl, alle Teile der Gesellschaft sollen ein gutes Leben haben können. Jeder muss auch auf den anderen achten - dafür hat uns die Pandemie den Blick wieder geschärft - und auch um dessen Wohlergehen besorgt sein. Wenn sich Gruppen ungerecht behandelt fühlen, belogen, abgehängt, nicht ernst genommen, wenn sie sich als Verlierer sehen - das gilt zwischen Ländern ebenso wie innerhalb eines Landes oder einer Institution - dann ist der Friede in Gefahr. Wenn nur die eigene Freiheit und die eigenen Interessen zählen, wenn Lügen und
Falschinformationen eingesetzt werden, um zu manipulieren, um Macht zu erlangen, wenn Menschen, die unangenehme Tatsachen berichten, zu Lügnern abgestempelt werden, wenn gezielt Misstrauen gesät wird, dann ist der Friede in Gefahr. Setzen wir uns mit aller Kraft ein für das Heilwerden unserer Gesellschaft!“
Initiative „Kein Weihnachten in Moria“
Als Beispiele für das Engagment um den Frieden nannte den Einsatz für Gerechtigkeit gegenüber den nachfolgenden Generationen und gegenüber der Schöpfung sowie das „Zeugnis von einer sorgenden Kirche nahe bei den Menschen“ durch viele Haupt- und Ehrenamtliche, das allerdings von der Öffentlichkeit weniger wahrgenommen werde. Barner verwies auch auf den Einsatz für Flüchtlinge: „Von Pax Christi wurde die Initiative ‚Kein Weihnachten in Moria‘ ins Leben gerufen, die auch der Katholikenrat unseres Bistums unterstützt und die zum Ziel hat, die notleidenden Geflüchteten, die unter menschenunwürdigen Bedingungen in überfüllten Lagern auf griechischen Inseln festsitzen, unabhängig von politischem Kalkül möglichst noch vor Weihnachten nach Deutschland zu holen, als Zeichen der Solidarität und der Nächstenliebe. Es gibt genügend Städte und Gemeinden, die bereit sind, diese Menschen aufzunehmen.“
Weiter sagte Sie: „Dies ist keine allgemeine Lösung für das Flüchtlingsproblem. Nachhaltige Lösungen können nur durch die wahrheitsgemäße Beschreibung der Ursachen - wie zum Beispiel auch die Kolonialzeit - und durch die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern erreicht werden, durch Solidarität, die Bereitschaft zum Teilen, durch Bildungschancen und Hilfe zur Selbsthilfe, durch soziale Gerechtigkeit und gerechte Friedensabkommen zwischen Konfliktparteien.“
Die musikalische Gestaltung des Abendlobes mit dem Werk „Kleine Adventsmusik“ von Hugo Distler erfolgte durch die Domcapelle und Mitglieder des Mainzer Domorchesters unter Leitung von Domkapellmeister Professor Karsten Storck sowie durch Domorganist Professor Daniel Beckmann an der Domorgel. Das Abendlob, dem der Mainzer Dompfarrer, Domkapitular Professor Dr. Franz-Rudolf Weinert vorstand, war Abschluss einer Abendlob-Reihe, die von der Bistumsakademie Erbacher Hof in Zusammenarbeit mit dem Mainzer Domkapitel unter dem Titel „Aus der Tiefe, o Herr, ruf ich zu dir“ (Ps 130) veranstaltet wurde.