Mainz. „Heute setzen wir ein Zeichen der Solidarität und der Verbundenheit im Gebet. Der Glaubensmut der Schwestern und Brüder beeindruckt uns und möge uns ermutigen, Christus zu bezeugen und zu seinem Kreuz und seinem Wort zu stehen.“ Das sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei einem „Abend der Zeugen“ im Rahmen der Red Wednesday-Aktion von Kirche in Not.
Und weiter: „Verantwortliche in der Politik thematisieren diese aus religiösen Gründen alltägliche Diskriminierung und Verfolgung in vielen Ländern dieser Erde nur selten hörbar oder gar nicht. Vielleicht trägt dieser Tag dazu bei, das Gespür für die bedrängte Situation vieler Glaubender zu schärfen.“ Der Wortgottesdienst fand am Samstagabend, 26. November, im Ostchor des Mainzer Doms statt.
Mit der Aktion „Red Wednesday“ setzt das päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ jedes Jahr im November an zahlreichen Orten ein Zeichen für Religionsfreiheit. Seit 2015 werden rund um den „Red Wednesday“, dessen offizieller Termin in diesem Jahr auf den 23. November fällt, Kirchen und staatliche Gebäude rot angestrahlt, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Schicksal verfolgter und benachteiligter Christen zu lenken.
Wörtlich sagte Bischof Kohlgraf: „Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Religionsfreiheit als Ausdruck der Menschenwürde herausgestellt. In vielen Ländern dieser Erde ist diese Freiheit nicht gegeben, Religionen, besonders auch das Christentum, werden unterdrückt. Offenbar haben wie zu Zeiten Jesu Machthaber ein Gespür dafür, dass der Glaube an Gott, besonders auch der Glaube an den gekreuzigten Christus, menschliche Machtgelüste infrage stellt. Menschliche Macht ist immer relativ und steht selbst unter dem Anspruch Gottes, der Herr der Geschichte und des Menschen ist. Die Achtung vor der Religionsfreiheit kann man mit Recht als Seismograph dafür betrachten, wie es insgesamt mit der Beachtung der Menschenrechte in einem Staat gestellt ist. Der Glaube an Gott betrifft das Innerste des Menschen, der jedem Zugriff entzogen sein sollte. Die Erfahrung von Christinnen und Christen in Ländern, in denen Unterdrückung und Verfolgung herrschen, können auch den politisch Verantwortlichen hierzulande das Nachdenken über die eigenen Schwerpunktsetzungen in außenpolitischen und wirtschaftlichen Fragen nahelegen. Während es in Deutschland manchmal zum guten Ton gehört, sich von Kirche und Glauben zu distanzieren, halten Menschen woanders buchstäblich den Kopf für ihre Überzeugungen hin.“
„Religiöse Minderheiten in Pakistan sind in allen Bereichen ihres Lebens Diskriminierung und Unterdrückung ausgesetzt“, sagte Samson Shukardin, Bischof von Hyderabad/Pakistan und Vorsitzender der Katholischen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (CCJP). Weiter erläuterte er in seiner auf Englisch gehaltenen Ansprache: „Von sexuellem Missbrauch minderjähriger Mädchen bis hin zu Entführung, Zwangskonvertierung und Zwangsverheiratung minderjähriger Mädchen und Frauen aus Minderheiten, von Diskriminierung im Bildungs- und Berufssektor bis hin zum Ausschluss aus dem politischen Mainstreaming - das herzzerreißendste ist, Opfer des missbrauchten Blasphemiegesetzes zu werden und Landraub.“ In Pakistan sind rund 97 Prozent der Bevölkerung Muslime, rund 1,5 Prozent sind Christen.
Bischof Shukardin betonte, dass religiöse Minderheiten in Pakistan unter „einem dreifachen Druck“ zu leiden hätten: „dem Staat, islamistischen Extremistengruppen und einem verbreiteten Gefühl ethno-religiöser Vormachtstellung. Wenn eine Person zu Unrecht beschuldigt wird, beschränkt sich dies nicht nur auf das Opfer selbst oder die Familie, sondern der gesamte Ort und die Nachbarschaft sind davon betroffen. Sogar ihre Häuser und Kirchen werden angegriffen und niedergebrannt.“ Pakistan habe es versäumt, religiöse Toleranz zu fördern. Hinzu komme, dass die soziale Diskriminierung und religiöse Intoleranz durch Gesetze und Richtlinien institutionalisiert worden sei. Offiziell werde die Kirche als Nichtregierungsorganisation und nicht als Kirche eingestuft. Shukardin forderte die internationale Gemeinschaft auf, die Diskriminierung von Minderheiten in Gesprächen mit dem pakistanischen statt zur Sprache zu bringen.
„Kirche in Not“-Deutschland-Geschäftsführer Florian Ripka gab in seiner Begrüßung einen Überblick über die weltweit prekäre Lage des Menschenrechts auf Religionsfreiheit. Musikalisch gestaltet wurde die Feier vom Mainzer Domorganisten, Professor Daniel Beckmann, und dem Bischöflichen Zeremoniar Johannes Brantzen als Kantor. Lektorin war Dr. Eva Baillie von der Geschäftsstelle Weltkirche im Bistum Mainz.