„Durch den kontinuierlichen Dialog auf verschiedenen Ebenen zwischen der katholischen Kirche und der Landesregierung und das gegenseitige Vertrauen ist es möglich, auch in zunächst schwierigen Fragen wie z.B. der Finanzierung der Kindertagesstätten oder bei der Schwangeren-Konflikt-Beratung zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen. Dafür möchte ich den Bischöfen und Generalvikaren meinen ausdrücklichen Dank aussprechen. Unsere partnerschaftliche Zusammenarbeit auf allen Ebenen unserer pluralen Gesellschaft ist konstruktiv", erklärte Ministerpräsident Kurt Beck.
Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, würdigte den scheidenden Ministerpräsidenten und dankte ihm für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. Die Kirche habe bei der Landesregierung immer Gehör gefunden und stets Respekt für ihre Eigenständigkeit erhalten. Der Umgang miteinander sei von Offenheit und Fairness geprägt gewesen, sagte Lehmann. Als Beispiele für die gute Zusammenarbeit nannte er unter anderem die Weiterfinanzierung von Beratungsstellen nach der Neuordnung der kirchlichen Schwangerenberatung und die Refinanzierung von Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen.
Sozialministerin Dreyer führte aus, dass der Sozialstaat einem kontinuierlichen Wandel unterworfen sei. „Wir brauchen ein starkes Miteinander der Generationen und neue Formen des Zusammenhaltes und des Zusammenlebens", erklärte Malu Dreyer. Vor allem die demografische Entwicklung stelle Rheinland-Pfalz vor große Herausforderungen. Das Land verfolge in der Demografiepolitik einen zweigeteilten strategischen Ansatz: zum einen den demografischen Wandel so weit wie noch möglich zu beeinflussen, zum anderen die Auswirkungen des demografischen Wandels aktiv zu gestalten. Dabei liege in einem von ländlichen Strukturen geprägten Flächenland wie Rheinland-Pfalz ein Hauptaugenmerk natürlich auf dem ländlichen Raum. Mit Programmen wie „Landleben - Gutes Leben; zehn Punkte zur Sicherung der Mobilität im ländlichen Raum" habe die Landesregierung bereits Impulse zur Gestaltung des demografischen Wandels in den ländlichen Regionen gesetzt. Hier geht es um Themen wie Mobilität, wohnortnahe Schulen, eine gute gesundheitliche und pflegerische Versorgung, die freiwilligen Feuerwehren, selbstbestimmtes Leben im Alter sowie eine wohnortnahe Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs.
Bischof Dr. Stephan Ackermann, Trier, wies in seiner Erwiderung darauf hin, dass man die Menschen in diesen Entwicklungen sowohl als Opfer als auch als Akteure wahrnehmen könne. Auch wies er auf das vielfältige Engagement in der Kirche hin und machte am Beispiel der 72-Stunden-Aktion des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) deutlich, wie junge Menschen heute gesellschaftliches Zusammenleben gestalteten. Zudem erinnerte er an das zehnjährige Jubiläum der „Tafeln", die insbesondere von den Caritasverbänden initiiert worden seien. Die Tafeln seien als ein positives Signal zu werten, legten jedoch - trotz des Sozialstaates - auch eine Sicht auf die Schattenseiten der Gesellschaft offen.
Bei der Armutssituation steht Rheinland-Pfalz im Vergleich mit vielen anderen Ländern in Deutschland gut da. Dazu zähle auch der kontinuierliche dritte Platz im Vergleich der Arbeitslosenquoten der Länder (zurzeit fünf Prozent). Auch bei der Mindestsicherungsquote steht Rheinland-Pfalz mit der bundesweit drittniedrigsten Quote von 6,6 Prozent der Bevölkerung, die auf Mindestsicherung angewiesen sind, vergleichsweise gut da. „Armut ist heute Teil der sozialen Wirklichkeit in Deutschland. Davor können und wollen wir die Augen nicht verschließen. Die Armutsrisikoquote liegt in Rheinland-Pfalz bei rund 15 Prozent. Die Armutsrisikoquote der Personengruppe ,,65 Jahre und älter" liegt in Rheinland-Pfalz bei rund 17 Prozent.
Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst, Limburg, gab zu bedenken, wie schwierig Prioritätensetzungen seien und erinnerte daran, dass es hierfür größerer Konsensbildungen in Staat und Kirche bedürfe. Demgegenüber sei festzustellen, dass gesellschaftliche Innovationen häufig eher von Minderheiten ausgingen.
Weiteres Thema des gemeinsamen Gesprächs war die Situation bei Ausbau und Finanzierung der Kindergärten in katholischer Trägerschaft. Familienministerin Alt würdigte dabei ausdrücklich das Engagement der Kirche bei der Kinderbetreuung und auch hier bei der vom Ministerium angestrebten interkulturellen Öffnung. „Wir bitten die katholischen Bischöfe, den Prozess der interkulturellen Öffnung in Kirche und Caritas weiterhin tatkräftig zu unterstützen. So sind 86 von insgesamt 410 sogenannten ‚Fachkräften für die Interkulturelle Arbeit in Kitas' in katholischen Einrichtungen eingesetzt. Gemeinsames Ziel bleibt die gleiche Unterstützung für alle Menschen mit und ohne Migrationshintergrund, um den Herausforderungen der Einwanderungsgesellschaft noch besser gerecht zu werden", so Irene Alt.
Der Speyrer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann nannte das Engagement in diesem Bereich einen Schwerpunkt kirchlichen Handelns, mit dem man auch die gesamtgesellschaftliche Entwicklung stütze. In Bezug auf die interkulturelle Öffnung nehme man sehr interessiert auf, dass muslimische Eltern ihre Kinder gerne in katholischen Einrichtungen anmelden. Man müsse darüber hinaus wahrnehmen, dass der wesentlich größere Anteil von jüngeren Menschen aus anderen Ländern einen christlichen Hintergrund habe. Entsprechend dieser differenzierten Situation unternehme die Kirche große Anstrengungen in der Qualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
An dem Treffen nahm der gesamte Ministerrat teil. Die Katholische Kirche war vertreten durch: Karl Kardinal Lehmann (Bistum Mainz), Bischof Dr. Stephan Ackermann (Bistum Trier), Dr. Karl-Heinz Wiesemann (Bistum Speyer), Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst (Bistum Limburg), Generalvikar Domkapitular Dietmar Giebelmann (Bistum Mainz), Generalvikar Monsignore Dr. Georg Bätzing (Bistum Trier), Generalvikar Domkapitular Dr. Franz Jung (Bistum Speyer), Generalvikar Domkapitular Prof. Dr. Franz Kaspar (Bistum Limburg), Ordinariatsdirektor Bernhard Nacke, Ordinariatsrat Dieter Skala, Justitiar Dr. Ralf Korden (alle Katholisches Büro, Mainz).