„Ein lebendiges Zeichen für unseren christlichen Glauben“

Weihbischof Bentz predigte bei der 350. Rochuswallfahrt in Bingen

Rochuswallfahrt 2016 (c) Bistum Mainz / Blum
Datum:
So. 21. Aug. 2016
Von:
tob (MBN)
Bingen. „Der Rochusberg und die Wallfahrtswoche sind ein lebendiges Zeichen für unseren christlichen Glauben und für unsere Überzeugung, dass Gott das Schicksal von uns Menschen nicht gleichgültig ist.“
Rochuswallfahrt 2016 (c) Bistum Mainz / Blum

Das sagte der Mainzer Weihbischof, Dr. Udo Markus Bentz, zum Auftakt der 350. Rochuswallfahrt am Sonntag, 21. August, auf dem Rochusberg in Bingen. Er war Hauptzelebrant und Prediger des Eröffnungsgottesdienstes der Wallfahrtswoche im Jubiläumsjahr. Mit Blick auf das diesjährige Jubiläum „200 Jahre Rheinhessen“ sagte er: „Die Rochuswallfahrt gehört mit den anderen Wallfahrten hier am Rhein zur christlichen und kulturellen Identität dieser Region. Das Erbe dieser Wallfahrt ist Gabe und Auftrag zugleich.“

Der Weihbischof ging in seiner Predigt darauf ein, dass auch der moderne Mensch das Thema Religion und die Frage nach Gott nicht einfach „ausradieren“ könne. „In immer neuen Anläufen ist eine sich auch noch so säkular gebende Gesellschaft damit konfrontiert. Auch unsere Gesellschaft heute.“ Dabei lasse sich Gott nicht „auf unsere, oft engen und kleinlichen, menschlichen Vorstellungen“ reduzieren, betonte Bentz: „Unser christlicher Glaube bezeugt Gott als den Schöpfer und Urheber von allem. Deshalb ist und bleibt Gott immer auch ein unergründliches Geheimnis.“ Gott könne auch nicht für menschliche Zwecke instrumentalisiert werden.

Gerade durch die Menschwerdung von Jesus Christus, habe Gott „einen eigenen Weg gewählt, seine Beziehung zur Welt zu gestalten: Er ist selbst in die Welt gekommen.“ Und weiter: „Gott hat selbst das Schicksal von uns Menschen auf sich genommen, um mit uns Freude und Leid, Trauer und Hoffnung zu teilen.“ Mit Blick auf die Rochuswallfahrt betonte der Weihbischof: „Wenn die Menschen seit 350 Jahren hierher auf den Rochusberg wallfahren, um den heiligen Rochus zu ehren und ihren Glauben zu feiern, dann ist der innerste Antrieb genau dieser Glaube an einen Gott, dem das Schicksal und die Not des Menschen nicht gleichgültig ist: weder die großen Nöte der Menschheit noch die persönliche Erfahrung von Leid.“

Der Tag begann um 8.15 Uhr mit der Prozession zur Rochuskapelle von der Basilika St. Martin. Das Binger St. Rochusfest steht in diesem Jahr unter der Überschrift „Gott und die Welt“. Während der Wallfahrtswoche (22. bis 27. August) ist täglich um 9.30 Uhr ein Pilgeramt mit anschließendem Kreuzweg; ab 8.30 Uhr besteht jeden Tag Gelegenheit zur Beichte. Um 13.30 Uhr wird täglich eine Pilgerandacht gefeiert, um 17.00 Uhr eine Vesper. Prediger der Wallfahrtswoche ist Dompräbendat Professor Dr. Franz-Rudolf  Weinert aus Mainz. Die Wallfahrtswoche endet am Sonntag, 28. August, um 10.00 Uhr mit einem Festamt mit Abt em. Anselm Zeller OSB, Fiecht/Tirol. 

Stichwort: Rochuswallfahrt in Bingen

Seit dem 17. Jahrhundert findet in Bingen jährlich am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt eine große einwöchige Wallfahrt zu Ehren des Pestheiligen Rochus statt. Dieser Brauch erinnert an das Pestjahr 1666, als in Bingen die Pest wütete. Damals schworen die Binger Amtmänner vor dem Mainzer Domkapitel, die Wallfahrt zum Abwenden der Pest jährlich durchzuführen. Die Wallfahrtsprozession  beginnt an der Binger Basilika St. Martin und führt auf den Rochusberg zur Rochuskapelle. Dabei wird die Statue des Heiligen Rochus von Kindern in Pilgertracht, sogenannten „Rochusjern“, begleitet. Bis heute nehmen an der Wallfahrt Repräsentanten der Stadt Bingen teil. Die ganze Woche über gibt es neben den täglichen Wallfahrtsgottesdiensten Beichtgelegenheiten, außerdem finden Vespern und geistliche Konzerte statt.

Die Rochuskapelle wurde seit ihrer Erbauung 1666 zweimal zerstört. Der heutige spätgotische Bau wurde 1895 auf den Fundamenten der ursprünglich barocken Kirche errichtet und im selben Jahr eingeweiht. Auch andernorts wird der heilige Rochus mit Wallfahrten verehrt, im Bistum Mainz etwa in Rodgau-Weiskirchen und Mainz-Kastel. Die Binger Prozession ist jedoch mit jährlich bis zu 10.000 Pilgern die größte Rochuswallfahrt im Bistum Mainz. Anfangs wurde sie von den Kapuzinern betreut, seit 1920 hat diese Aufgabe das Oblatenkloster St. Rupertus übernommen.

Der heilige Rochus wurde um 1295 in Montpellier als Sohn einer wohlhabenden Familie geboren. Der Legende nach verschenkte er nach dem frühen Tod der Eltern sein gesamtes Erbe und machte sich als Pilger auf den Weg nach Rom. Dort wütete jedoch gerade die Pest. Rochus pflegte die Kranken und stand ihnen bei. Auf seinem Rückweg nach Hause erkrankte er selbst. Da sich niemand seiner annehmen wollte, zog er sich in eine Hütte im Wald zurück, um dort zu sterben. Dort erschien ihm ein Engel, der ihn gesund pflegte und Hilfe sandte. Zurück in Montpellier erkannte man ihn aufgrund seiner Verunstaltung nicht und warf ihn ins Gefängnis. Erst als er gestorben war und ein helles Licht seinen Leichnam umstrahlte, wurde der Irrtum bemerkt und er wurde feierlich beigesetzt. Die ersten Wallfahrten entstanden im 15. Jahrhundert, nachdem 1414 die Prozession zu Ehren des Heiligen vom Konstanzer Konzil als ein Mittel gegen die Pest propagiert wurde.

Rochuswallafhrt 2016 (c) Bistum Mainz / Bluim
Rochuswallfahrt 2016 (c) Bistum Mainz / Blum
Rochuswallfahrt 2016 (c) Bistum Mainz / Blum