„Entweltlichung“ als Mut der kritischen Distanz zu sich selbst

Bischof Stephan Ackermann sprach beim traditionellen Martinsempfang

BECK--LEHMANN (c) Bistum Mainz / Blum (Ersteller: Bistum Mainz / Blum)
Datum:
Di. 15. Nov. 2011
Von:
tob (MBN)
Mainz. Mit seiner Freiburger Rede am 25. September habe Papst Benedikt XVI. keinesfalls den „Rückzug hinter die geschützten Kirchenmauern propagiert“. Das hat der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann beim Martinsempfang der katholischen Bistümer in Rheinland-Pfalz am Montag, 14. November, in Mainz betont.
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Das vom Papst mehrfach erwähnte Ideal der „Entweltlichung" heiße für die Kirche vielmehr, „immer wieder auch auf Distanz zu der Umgebung zu gehen, in der sie lebt und für die sie da ist", sagte Ackermann. Es greife zu kurz, wenn man aus der Ansprache unmittelbare Handlungsanweisungen für die Kirche in Deutschland ableiten wolle. Gleichwohl habe Benedikt XVI. mit seinen Ausführungen „Nachdenklichkeit erzeugen wollen und eine eindringliche Botschaft hinterlassen", sagte Ackermann. Seine Ansprache stand unter der Überschrift „Nicht von dieser Welt, aber in dieser Welt - Ein Programm nur für die Kirche? Reflexionen im Anschluss an die Rede von Papst Benedikt XVI. am 25. September 2011 im Konzerthaus in Freiburg". Das traditionelle Treffen fand im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes in Mainz statt.

Die Botschaft des Papstes an die Adresse der Kirche formulierte Ackermann mit den Worten: „Habt nicht zu viel Angst vor Veränderung, auch wenn sie beängstigend erscheint. Die lange Erfahrung der Kirchengeschichte zeigt, dass Verluste nicht nur Verluste sind, so schmerzlich sie auch sein mögen. Sie beinhalten in der Regel auch neue Chancen. Seid also als Kirche nicht zu sehr und vor allem auf die Sicherung eures Status quo bedacht." Der Papst rufe „zu einer offensiven Haltung" zu der Frage auf, „wie wir als Kirche in einer Tag für Tag pluraler werdenden Welt die Sinnhaftigkeit unseres Einsatzes in den konkreten Strukturen und Institutionen, in denen wir arbeiten, vermitteln können". Die Bedeutung der Kirche als „Ressource für die Suche nach Orientierung des Einzelnen wie für die gesamte Gesellschaft" scheine ihm angesichts „zunehmender Orientierungslosigkeit" zuzunehmen, betonte Ackermann.

Mit einem Blick auf das Verhältnis von Kirche und Welt im Neuen Testament formulierte Ackermann schließlich, was die Papstrede für den einzelnen Christen bedeuten könne: „So könnte man schließlich sogar versuchen, die Anregung des Papstes, die aufs Erste so weltflüchtig, gar weltfremd klingt, gänzlich ins Säkulare zu übersetzen und als ein heilsames Programm zu verstehen, das sogar einem jeden Menschen zugänglich ist, unabhängig von seiner Religion oder Weltanschauung." Weiter sagte Ackermann: „‚Entweltlichung' in diesem ganz allgemeinen Sinne hieße, den Mut zu haben, immer wieder in kritische Distanz zu treten zu sich selbst, zu den Sachzwängen, zu den Systemen, den Koalitionen und Ansprüchen, in denen man steht, um sie auf ihre Tragfähigkeit und Sinnhaftigkeit hin zu prüfen. Ohne ein bestimmtes Maß an phasenweiser ‚Entweltlichung' kommt deshalb meines Erachtens keine gute Politikerin, kein guter Politiker auf Dauer aus. Sonst wird am Ende alles immer kurzatmiger, kurzsichtiger und systemimmanenter."

Beck: Dank für gute Zusammenarbeit

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck dankte den Bischöfen und dem Katholischen Büro Mainz für die gute Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, dankte in seinem Schlusswort für die Fortsetzung der guten Zusammenarbeit mit der Landesregierung. Er sei dankbar für den fairen Umgang miteinander, der nicht selbstverständlich sei.

Ordinariatsdirektor Bernhard Nacke, Leiter des Katholischen Büros in Mainz, hatte zu der traditionellen Begegnung rund 150 Gäste aus Politik, Kirche und Verwaltung begrüßt. Neben Ministerpräsident Beck haben unter anderen auch Staatsministerin Irene Alt und Staatsminister Jochen Hartloff sowie Landtagsvizepräsident Dr. Bernhard Braun teilgenommen. Aus den rheinland-pfälzischen Bistümern waren neben dem Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, unter anderen der Limburger Bischof Dr. Franz-Peter Tebartz-van Elst und der Speyerer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann gekommen. Von Seiten des Bistums Mainz nahmen unter anderen Weihbischof Dr. Ulrich Neymeyr und Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann an dem Treffen teil. Musikalisch gestaltet wurde der Abend von der Oberstufen-Bigband der Alfred Delp-Schule Hargesheim aus dem Bistum Trier unter Leitung von Oberstudienrätin Sonja Bachmann.

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