Der Gesprächsabend stand unter der Überschrift „Deutschland - eine Gesellschaft ohne Gott?". Gesprächspartner Lehmanns war der Intendant des Hessischen Rundfunks (HR), Dr. Helmut Reitze. Reitze äußerte die Hoffnung, dass die „Engelthaler Gespräche" zu einer festen Einrichtung werden. „Ein Kloster sollte auch heute ein Ort sein, wo Themen der Zeit besprochen werden", sagte er.
Weiter unterstrich der Kardinal, dass Kirche sich auch weiterhin zu aktuellen Themen äußern müsse - beispielsweise bei der Debatte um die Beschneidungen oder Sterbehilfe. „Wir müssen allerdings nicht etwas verdoppeln, was die Welt schon weiß", sagte er. Gleichzeitig unterstrich er, dass von Seiten der Kirche auch viel im Verborgenen geschehe - abseits der Öffentlichkeit. „Wir haben oft viel mehr Wirkung, als wir vielleicht denken", sagte er. Dabei bleibe es „unersetzbar", dass die Kirche Menschen Heimat gebe, auch wenn diese mehr und mehr in erweiterten Räumen lebten. Die Wiederbesiedelung von Kloster Engelthal vor 50 Jahren durch Benediktinerinnen aus Herstelle bezeichnete Lehmann „als ein Hoffnungszeichen für uns alle". „Wir brauchen diese geistlichen Zentren in einer Gesellschaft, die immer mehr Anzeichen von Säkularisierung zeigt", unterstrich er und verwies auch auf die beiden anderen Klosterneugründungen im Bistum Mainz nach dem Zweiten Weltkrieg in Bad Wimpfen sowie auf dem Jakobsberg bei Ockenheim.
Zu Beginn des Abends hatte die Äbtissin des Klosters, Elisabeth Kralemann OSB, die Gäste in der vollbesetzten Kirche begrüßt. Sie bezeichnete den Gesprächsabend als einen „besonderen Höhepunkt in unserem Jubiläumsjahr". Die Schwestern feiern in diesem Jahr die Wiederbesiedlung von Kloster Engelthal vor 50 Jahren mit zahlreichen Veranstaltungen. Der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Abtei Kloster Engelthal, Professor Dr. Andreas van der Broeck, hob in seinem Grußwort die Pionierarbeit der Schwestern hervor. „Es gilt, Tradition benediktinischen Lebens in einer Zeit der Beliebigkeit zu bewahren und sich gleichzeitig den Anforderungen und Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu stellen", sagte er. Es sei das besondere Anliegen der Stiftung, „die Abtei besonders auch in der Tradition der Klöster als Stätte der Bildung und Kultur und als Ort geistlicher Prägung auch künftigen Generationen lebendig zu erhalten. Dazu gehört auch der Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion." Der Gesprächsabend stand unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Hessischen Landtags, Norbert Kartmann, MdL. Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung von Andreas Köhs an der Orgel der Klosterkirche.
Das Kloster Engelthal geht auf die Stiftung einer Zisterzienserinnenabtei aus dem Jahre 1268 zurück und wurde nach der Zerstörung im 30-jährigen Krieg im Barock wiederaufgebaut. Nach der Aufhebung durch die Säkularisation im Jahre 1803, feiern die Benediktinerinnen dieses Jahr das 50-jährige Jubiläum der Wiederbesiedlung des Klosters. Es verfügt neben der Kirche und den Gemeinschaftsräumen der Schwestern über ein Gästehaus, eine eigene Restaurierungswerkstätte für Skulpturen und Gemälde und eine Buchhandlung, die dem Unterhalt der Schwestern dienen. In Engelthal leben zurzeit 20 Ordensschwestern in klösterlicher Gemeinschaft nach der Ordensregel des heiligen Benedikt von Nursia.
Die Schwestern engagieren sich außerdem im Klima- und Umweltschutz und streben Autarkie bei der energetischen Versorgung der Klosteranlagen an. So wurden bereits in den letzten Jahren eigene Brunnen zur Wasserversorgung gebohrt, mehrere Zisternen zur Brauchwassernutzung installiert, eine strenge Trennung von Abwasser und Regenentwässerung und der teilweise Betrieb von WC-Anlagen mit Regenwasser realisiert. Die Heizungsanlage wird zum Großteil über Erdwärme gespeist. Als nächste Projekte sind zusätzlich eine Holzpelletheizung und der Einbau einer Solarthermie-Anlage geplant.
Hinweis: Weitere Informationen über Kloster Engelthal auch im Internet unter www.abtei-kloster-engelthal.de