Der Abend unter der Überschrift „Wie viel Familie braucht der Mensch? Familie zwischen öffentlichem und privatem Anspruch“ wurde von der Bistumsakademie Erbacher Hof in Kooperation mit dem Staatstheater Mainz veranstaltet.
In der Frage der Unterstützung von sozial schwachen Familien oder Familien mit Migrationshintergrund sei „eine sehr differenzierte Betrachtungsweise“ notwendig, sagte Nacke. Die „Hilfe zur Selbsthilfe“ müsse jedoch „Kernbotschaft jeder Sozialpolitik sein“, sagte der Leiter des Katholischen Büros. „Die Familien müssen in die Lage versetzt werden, etwas wieder selbst zu können und nicht einfach die Arbeit abgenommen bekommen. Dieser Satz wird noch viel zu wenig beachtet.“ Er wies darauf hin, dass Rheinland-Pfalz in diesem Bereich etwa mit dem Kinderschutzgesetz, das jetzt auch im Bund aufgegriffen werde, federführend sei.
„Kinder sind unsere Zukunft und doch müssen wir feststellen, dass dieses Thema stark vernachlässigt wird“, sagte der Intendant des Mainzer Staatstheaters, Matthias Fontheim. „Die Leute leben oft nur im Hier und Jetzt und vergessen darüber diese Zukunft.“ Fontheim wies darauf hin, dass die Ansprüche der Gesellschaft an die Familien nur schwer zu erfüllen seien. Mit Blick auf die gestiegene Mobilität und Flexibilität sei es vor allem auch eine Frage des Geldes, diesen Ansprüchen überhaupt noch gerecht werden zu können, hob der Intendant hervor.
Mit der Wahl des Spielzeitmottos „Wie viel Familie braucht der Mensch? Familie zwischen öffentlichem und privatem Anspruch“ habe das Staatstheater die Diskussion über das Thema Familie anregen wollen, sagte die Chefdramaturgin des Staatstheaters, Marie Rötzer. Sie bedauerte, dass die familienpolitische Diskussion vor allem unter ökonomischen Gesichtspunkten geführt werde.
Dr. Brigitte Bertelmann vom Zentrum für gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in Mainz wies darauf hin, dass das die Akzeptanz der beiden zusätzlichen Monate für Väter beim Elterngeld vor allem deswegen gegeben sei, weil Männer gegenüber ihren Arbeitgebern argumentierten, dass sie ja Geld verschenken würden, wenn sie die beiden Monate nicht in Anspruch nähmen. „Diese Argumentation passt in unser System. Wir haben aber noch einen weiten Weg vor uns, bis ein Vater sagt, dass er nicht nur der Ernährer sein will.“ In diesem Vorgehen spiegle sich die Kurzfristigkeit des aktuellen Denkens in Familienfragen, sagte Bertelmann. Und weiter: „Es sind politische Signale, die sich an ökonomischen Vorgaben richten, dass bei der Elterngeldregelung beide Elternteile nach 14 Monaten wieder für den Beruf zur Verfügung stehen sollen. Das erhöht nicht die Wahlfreiheit.“
Vito Contento, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Rheinland-Pfalz, wies darauf hin, dass die Bedeutung der Familie für Migranten „mindestens doppelt so hoch einzuschätzen ist wie für Einheimische, vor allem weil der Zusammenhalt, die Geborgenheit und die Sicherheit, die der Einzelne erlebt, nicht so gegeben sind, wie in der Heimat“. Dieses Phänomen werde in der Gesellschaft kaum wahrgenommen. Die Moderation der Podiumsdiskussion hatte Dr. Bernadette Schwarz-Boenneke, Studienleiterin der Bistumsakademie Erbacher Hof, übernommen.