Mainz. Ursula Groden-Kranich aus Mainz ist bei der 16. Sitzung der Aufarbeitungskommission zu sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt im Bistum Mainz am Donnerstag, 17. März, einstimmig zur Vorsitzenden gewählt worden. Ursula Groden-Kranich ist Kolping-Bundesvorsitzende und war von 2013 bis 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages. Seit 2018 ist sie darüber hinaus Bischöfliche Beauftragte für die Prüfung von Vorwürfen sexualisierter Gewalt bei der Katholischen Militärseelsorge in Berlin.
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf würdigte Groden-Kranich „für die Bereitschaft, diese Aufgabe in unserem Bistum zu übernehmen und damit einen wichtigen Beitrag für eine unabhängige Aufarbeitung zu leisten, welche die Perspektive der Betroffenen zum Maßstab hat. Mit großer Dankbarkeit schaue ich auf Ihre Wahl und sage dem Gremium gerne alle erforderliche Unterstützung zu.“ Die Aufarbeitungskommission ist unabhängig und weisungsfrei vom Mainzer Bischof. Die Sitzung fand aufgrund der Corona-Pandemie online statt.
Groden-Kranich: „Nur wer Strukturen kennt, kann diese verändern“
Groden-Kranich machte bei der Sitzung deutlich, „dass ich alles daransetzen werde, dass weder sexualisierte Gewalt noch Machtmissbrauch noch Schweigen und Verschweigen tabuisiert werden, sondern ernsthaft und nachhaltig aufgearbeitet werden“. Weiter betonte Groden-Kranich: „Veränderungen können meiner Überzeugung nach nur möglich werden, wenn wir ein System von innen betrachten und ‚bearbeiten‘. Nur wer die Strukturen kennt, kann diese verändern. Aber genauso braucht es den Blick von außen, um überhaupt zu bemerken, dass Missstände vorliegen.“ Es sei ihr ein besonderes Anliegen, Strukturen von Missbrauch und sexualisierter Gewalt in der Kirche zu hinterfragen. „Es geht darum zu fragen, was sich dringend ändern muss, dass die Strukturen gegenseitigen Schutzes durch Täter, Vorgesetzte und die umgebende Gesellschaft schnellstmöglich aufgebrochen und geändert werden können.“
Die Aufarbeitungskommission im Bistum Mainz
Im Bistum ist bereits 2019 eine unabhängige Aufarbeitungskommission eingerichtet worden, die mit internen und externen Fachleuten besetzt ist. Mit der Wahl von Ursula Groden-Kranich zur Vorsitzenden ist die unabhängige Aufarbeitungskommission des Bistums Mainz entsprechend der gemeinsamen Erklärung von Deutscher Bischofskonferenz und dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) neu strukturiert und an die vereinbarten Vorgaben angepasst.
Die Aufarbeitungskommission hat elf stimmberechtigte Mitglieder, alle externe Fachleute, wie etwa eine Traumapsychologin und eine Kriminalkommissarin; von Seiten des Bistums ist lediglich die persönliche Referentin des Generalvikars, Stephanie Rieth, stimmberechtigtes Mitglied. Sie verantwortet in enger Abstimmung mit der Bistumsleitung die Bereiche Aufarbeitung, Intervention und Prävention im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch. Zu den stimmberechtigten Mitgliedern gehören seit 2021 auch drei Mitglieder des Gemeinsamen Betroffenenbeirates der Bistümer Fulda, Limburg und Mainz sowie zwei Vertreterinnen der Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und Hessen: Die frühere Präsidentin des Oberlandesgerichtes Koblenz, Marliese Dicke, ist vom Land Rheinland-Pfalz entsandt worden und die frühere Bundesfamilienministerin, Dr. Kristina Schröder, vom Land Hessen. Außerdem gehören zur Aufarbeitungskommission 13 ständige Gäste aus dem Bistum Mainz, zu denen auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf und der Mainzer Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, gehören und außerdem die Leiter der Koordinationsstellen Intervention und Aufarbeitung sowie Prävention.
Die Aufarbeitungskommission ist ein wichtiger Baustein der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt im Bistum Mainz. Des Weiteren gibt es unter anderem einen ständigen Beraterstab zum Thema; die unabhängige Aufarbeitungsstudie EVV (Erfahren.Verstehen.Vorsorgen), deren Abschlussbericht im Spätherbst veröffentlicht werden soll; zwei unabhängige Ansprechpersonen, Ute Leonhardt und Volker Braun, an die sich Betroffene wenden können; eine konsequente und kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Generalstaatsanwaltschaften in Hessen und Rheinland-Pfalz, sowie Koordinationsstellen für Intervention/Aufarbeitung sowie für Prävention, die Teil der Ausbildung aller seelsorglichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist.