Mainzer Bistumsnachrichten (MBN): Monsignore Simon, am 14. Februar ist Valentinstag, der Tag der Liebenden. Wer war der heilige Valentinus?
Monsignore Manfred Simon: Man weiß relativ wenig über den heiligen Valentinus: Er war Bischof in Terni, einer kleinen Stadt rund 100 Kilometer nördlich von Rom, und wurde 268/269 nach Christus in Rom enthauptet. Schon bald rankten sich viele Legenden um den Heiligen: Zum einen galt er als Schutzpatron der Kranken. Zum anderen erzählte man sich aber auch, dass Valentinus Menschen die Hochzeit ermöglichte, die zur damaligen Zeit nicht heiraten durften - beispielsweise Sklaven.
MBN: Was kann Valentinus Christen heute bedeuten?
Simon: Jeder Heilige ist bis in unsere Zeit ein Glaubenszeuge. Gerade die Märtyrer machen deutlich, dass ihr Glaube so stark war, dass sie sogar bereit waren, den Tod auf sich zu nehmen. Auch heute suchen Menschen in besonderen Situationen - beispielsweise bei einer Krankheit - Kraft und Trost. Im Blick auf den heiligen Valentinus erleben Menschen, dass sie getröstet werden, und dass sie mit Gottes Hilfe auch Krankheit und Leid tragen können.
MBN: Am Valentinstag schenken sich Liebende traditionell Blumen oder Pralinen in Herzform. Sie laden zu einer Paarsegnung ein. Warum?
Simon: Die Liebesbeziehung zweier Menschen möchte ich mit einem Gefäß vergleichen, das immer auch zerbrechen kann. Wir beobachten alle, dass viele Ehen und Beziehungen auseinander gehen. Da entsteht viel Schmerz. Der Valentinstag wird in unserer Gesellschaft als Tag der Liebenden begangen. Wir laden Paare ein, ihre Beziehung unter den Segen Gottes zu stellen und Gott um Begleitung und Stärkung bei der Gestaltung ihres gemeinsamen Weges zu bitten. Dazu kommt, dass wir in den Pfarrgemeinden nach der Hochzeit selten die Menschen als Paar im Blick haben. Der Valentinstag hilft uns, die Menschen als Paar in den Blick zu nehmen.
MBN: Zum wievielten Mal bieten Sie diese Paarsegnung an?
Simon: Wir laden zum sechsten Mal zu dieser Segnung ein, zu der jedes Mal rund 30 bis 40 Paare kommen.
MBN: Wer lässt sich den Segen spenden?
Simon: Es sind überwiegend Ehepaare - von jung Vermählten bis hin zu Paaren, die schon Jahrzehnte verheiratet sind. Es sind auch immer wieder Paare dabei, die sich auf die Ehe vorbereiten. Im Zentrum der kleinen Andacht steht die Einzelsegnung. Die Paare kommen einzeln nach vorne, ich lege ihnen die Hände auf und erbitte Gottes Segen. Das ist ein besonderer Moment: Fast alle Paare fassen sich an der Hand, viele sind gerührt. Einige Paare sind fast jedes Jahr dabei. Ich habe auch schon erlebt, dass ein Paar vor mir stand und sagte: „Wir waren drauf und dran uns zu trennen. Aber wir wollen es noch einmal miteinander versuchen. Bitte segnen sie uns." Für mich ist diese Segnung jedes Jahr ein sehr bewegender Gottesdienst.
MBN: Was passiert während der Valentinus-Festwochen?
Simon: Wir feiern am Wallfahrtstag selbst (Montag, 14. Februar) wie in jedem Jahr den Wallfahrtsgottesdienst um 10.00 Uhr; abends um 19.30 Uhr ist dann die Paarsegnung. Im Mittelpunkt des Gottesdienstes am Dienstag, 15. Februar, um 15.00 Uhr steht das Sakrament der Krankensalbung. Am Sonntag, 20. Februar, feiern wir um 17.30 Uhr eine Vesper und schließen eine kleine Lichterprozession mit der Reliquie durch die Kirche an. Einen besonderen Höhepunkt stellt das Pontifikalamt mit Kardinal Karl Lehmann am Sonntag, 27. Februar, um 10.00 Uhr dar. Übrigens: Gemäß eines alten Brauches wird nach allen Gottesdiensten den Besucherinnen und Besuchern die Reliquie des heiligen Valentinus aufgelegt.
MBN: Was können Sie über die Verehrung des heiligen Valentinus in Worms berichten?
Simon: In Deutschland sind zehn Orte bekannt, an denen der heilige Valentinus besonders verehrt wird. Von Worms weiß man, dass die Reliquie über Frankreich hierher kam, und dass die Verehrung sehr populär war. Die Wormser Reliquie wurde geteilt, ein Teil kam nach Kiedrich im Rheingau und ein Teil nach Breslau, diese befindet sich heute im polnischen Kulm. Als nach der großen Stadtzerstörung 1689 die Wormser Reliquie verschollen war, hatte man nur noch die Tücher, in denen die Reliquie aufbewahrt wurde. Diese Tücher wurden Kranken aufgelegt. Im 19. Jahrhundert gab die Kiedricher Pfarrei schließlich wieder einen Teil der Reliquie nach Worms zurück. Heute wird die Reliquie in der Liebfrauenkirche aufbewahrt.
MBN: Wie wird die Reliquie des heiligen Valentinus in Liebfrauen verehrt?
Simon: Die Reliquie befindet sich an einem besonderen Platz im Kirchenschiff. Im Rahmen der Wallfahrt tragen wir sie bei einer Lichterprozession durch die Kirche. Den Gläubigen wird die Reliquie in einem Medaillon auf die Stirn gelegt. Das ist kein Aberglaube und keine Magie, sondern es ist die dringende Bitte der Menschen, dass Gott auch uns mit der Kraft stärken möge, die den heiligen. Valentinus getragen hat. Für mich ist das immer wieder ein sehr bewegender Augenblick. Denn es wird deutlich, dass wir Menschen nicht alles aus eigener Kraft bewältigen können. Der Mensch, der sich die Reliquie auflegen lässt, weiß, dass er auf die Kraft Gottes angewiesen ist.
MBN: Warum stehen die Festwochen unter dem Motto „Höre jedes Herzens Bitte"?
Simon: Der Satz ist ein Zitat aus dem Valentinus-Lied, das in unserer Gemeinde gesungen wird. Wenn Menschen sich auf eine Wallfahrt begeben, dann haben sie meist ein Anliegen. Sie wollen Gott danksagen oder um etwas bitten - beispielsweise um Kraft in einer Krankheit oder um das Gelingen einer Beziehung. Dies wollten wir mit dem Motto thematisieren.
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