Sein Referat stand unter der Überschrift „In welcher Kirche leben wir? Unsere Erfahrungen und unser Bild von Kirche heute". Das Treffen fand im Ketteler-Saal des Erbacher Hofes in Mainz statt.
Weiter sagte der Kardinal: „Ich bleibe in der Kirche, weil ich trotz aller Enttäuschungen erfahre, dass sie die Kirche des Herrn ist. Wir haben die Kirche zu sehr als unsere Unternehmung gesehen, auf die wir stolz sind oder derer wir uns schämen. Weil wir fast alles machen und produzieren können, betrachten wir auch die Kirche weitaus in den Perspektiven ihrer menschlichen Herstellbarkeit. Nein, sie ist zuerst die geschichtliche Stätte, wo Gottes unergründliche Liebe zum Menschen auf dem Antlitz Jesu Christi aufleuchtet." Lehmann zitierte in diesem Zusammenhang auch einen Satz des heutigen Papstes Benedikt XVI., der 1971 in einem Aufsatz geschrieben hatte: „Wer die Gegenwart Jesu Christi in der Menschheit will, kann sie nicht gegen die Kirche, sondern nur in ihr finden."
Ein Grund für Traurigkeit und Frustration an der Kirche sei, dass es „so wenig bleibende und tiefgreifende Kirchenreform" gebe, sagte Lehmann. „Eine solche ist freilich nur möglich, wenn sie beständig und gegen alle Schwierigkeiten aus spirituellen Wurzeln genährt wird. Wer nicht aus dem Quellgrund des Glaubens lebt, wirft die Flinte in das Korn, wenn die ersten Schwierigkeiten auftauchen." Und weiter: „Eintreten für das ungeschmälerte Evangelium und gehorsam-geduldiges Bleiben in der konkreten Kirche - das gehört zum christlichen Auftrag. Es ist die gekreuzigte Liebe zur Kirche, und an ihr erkennt man die Früchte."
Wörtlich sagte der Kardinal: „Jeder, der in der Nachfolge des Herrn steht und schmerzlich die Wirklichkeit der Kirche erfährt, kennt diese Zerreißprobe; an ihr ist nicht vorbeizukommen. Darum gibt es bei aller Identifikation mit der Kirche diese Elemente schmerzlichen Zerrissenseins und der Nicht-Identität. Wer nicht bereit ist, diesen Grundkonflikt des Glaubens auszutragen, beweist am Ende nur, dass er die runde Identität seines Ichs wichtiger nimmt als die ihm bestimmte Sendung. Man flieht vor der Gefährlichkeit, sich schonungslos und ohne Wehleidigkeit auszusetzen, wie dies zum kirchlichen Auftrag gehört. Denn nur auf diesem Weg des Leidens und des Kreuzes lässt sich das auch in der Kirche verdrängte oder entstellte Evangelium wieder einbringen."
Am Samstagvormittag standen unter anderem die intensivierte Zusammenarbeit der Schulen mit der Jugendarbeit des Bistums auf dem Programm der Diözesanversammlung sowie Informationen zum Stand der Beratungen beim Bistumsschwerpunkt Taufpastoral. Weihbischof Dr. Ulrich Neymeyr, Bischofsvikar für die Jugend, und Ordinariatsdirektorin Dr. Gertrud Pollak, Dezernentin für Schulen und Hochschulen im Bistum Mainz, stellten die gemeinsam formulierte „Pastorale Option für Kinder und Jugendliche im Kontext Jugendarbeit und Schule" vor. Außerdem informierte Rainer Stephan vom Referat Gemeindekatechese im Bischöflichen Ordinariat darüber, dass das Thema Taufpastoral in den Dekanaten Bingen und Mainz-Süd exemplarisch für das ganze Bistum behandelt werden soll. Das Treffen, wurde von der geschäftsführenden Vorsitzenden der Diözesanversammlung, Dr. Hildegard Dziuk, moderiert.
Die Diözesanversammlung des Bistums Mainz - die es in vergleichbarer Form nur noch im Bistum Rottenburg-Stuttgart gibt - tritt in der Regel einmal im Jahr zusammen. Sie ist nach den Worten des Bischofs von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, so etwas wie eine „kleine Synode des Bistums" mit seinen rund 767.000 Katholiken. Ihr gehören 125 Mitglieder an. Sie setzt sich unter dem Vorsitz des Bischofs aus den diözesanen Räten (Priesterrat, Katholikenrat und Konferenz der Dekane) und den Vertretern der Bistumsleitung zusammen. Hinzu kommen Vertreter der Ordensfrauen, der Ständigen Diakone, der Pastoralreferentinnen und -referenten, der Gemeindereferentinnen und -referenten sowie des Diözesan-Caritasverbandes. Außerdem können bis zu sieben Persönlichkeiten hinzugewählt werden.