Die Audienz war der Höhepunkt der deutschen Ministrantenwallfahrt, die unter dem Motto „Frei! Darum ist es erlaubt, Gutes zu tun" steht. Vor dem Beginn der Audienz war Papst Franziskus mit einem offenen Wagen über den Petersplatz gefahren und von den Jugendlichen und ihren Begleitern begeistert begrüßt worden.
Zu Beginn der Audienz beteten die Ministranten mit dem Heiligen Vater gemeinsam die Vesper - die Vesper ist ein so genanntes Stundengebet der Katholischen Kirche, das in den Abendstunden gefeiert wird. Die Predigt hielt der Heilige Vater in deutscher Sprache. Der Vesper schloss sich ein Gespräch mit vier Ministranten an, die dem Papst im Namen der deutschen Messdiener Fragen stellten. In seiner Antwort rief Papst Franziskus die Jugendlichenund jungen Erwachsenen dazu auf, ihren Altersgenossen von Jesus zu erzählen. „Das ist eine Aufgabe, die besonders euch zukommt, weil ihr mit eurem Mut, mit eurer Begeisterung, mit eurer Spontaneität und Kontaktfreudigkeit leichter das Denken und das Herz derer erreicht, die sich vom Herrn entfernt haben. Viele junge Menschen eures Alters haben ein ungeheures Bedürfnis nach jemandem, der ihnen mit seinem Leben sagt, dass Jesus uns kennt, uns liebt, uns verzeiht, mit uns unsere Schwierigkeiten teilt und uns mit seiner Gnade unterstützt", sagte er.
Franziskus forderte die Ministranten auf, ihre Freiheit nicht falsch zu gebrauchen: „Vertut nicht eure große Würde als Kinder Gottes, die euch geschenkt ist. Wenn ihr Jesus und seinem Evangelium folgt, wird eure Freiheit sich entfalten wie eine blühende Pflanze und gute sowie reichhaltige Frucht bringen. Ihr werdet die echte Freude finden, weil Gott will, dass wir vollkommen glücklich und sinnerfüllt sind. Nur wenn wir uns dem Willen Gottes fügen, können wir das Gute vollbringen und Licht der Welt wie auch Salz der Erde sein!"
Papst Franziskus ermunterte die Messdiener, trotz mancher Schwierigkeiten, ihren Ministrantendienst mit anderen Aktivitäten zu vereinbaren. „Da muss man sich ein bisschen organisieren, die Dinge in ausgewogener Weise planen. Aber ihr seid Deutsche, und das klappt bei euch", sagte er. Das Leben bestehe aus Zeit, und die Zeit sei ein Geschenk Gottes, die man für „gutes und fruchtbares Tun einsetzen" müsse. „Vielleicht vergeuden so manche junge Menschen zu viele Stunden mit unnützen Dingen: Das können das Chatten im Internet oder mit dem Handy oder auch die Fernsehserien sein. Die Produkte des technologischen Fortschritts, die eigentlich das Leben vereinfachen oder seine Qualität verbessern sollten, lenken manchmal die Aufmerksamkeit von dem ab, was wirklich wichtig ist. Unter den vielen Dingen, die zu unserer täglichen Routine gehören, sollte es vorrangig sein, uns an unseren Schöpfer zu erinnern, der uns leben lässt, der uns liebt und der uns auf unserem Lebensweg begleitet", sagte der Papst.
Vor dem Vespergebet hatte eine Messdienerin Papst Franziskus ein weißes Pilgertuch überreicht. Die Pilgertücher sind das Erkennungszeichen aller jugendlichen Wallfahrer: Die Farben der Pilgertücher orientieren sich an den Kirchenprovinzen, zu dem das jeweilige Bistum gehört. Das Bistum Mainz gehört zur Kirchenprovinz des Erzbistums Freiburg, die Messdiener aus dem Bistum Mainz tragen daher blaue Pilgertücher mit schwarzem Aufdruck. Die Messdiener sind aufgerufen, die Pilgertücher mit Ministranten aus anderen Bistümern zu tauschen. Auf dem weißen Pilgertuch des Papstes ist eine Karte mit den deutschen Bistümern aufgedruckt, zudem das Wappen des Papstes und das Logo mit dem Motto der Wallfahrt.
Rund 50 Ministranten aus dem Bistum Mainz - darunter das Diözesanministrantenteam mit Tobias Sattler, Referent für Ministranten im Bischöflichen Jugendamt, und Diözesanjugendseelsorger Pfarrer Mathias Berger - waren eingeladen, die Generalaudienz direkt vor dem Petersdom zu erleben. Am Ende der Audienz begrüßte Papst Franziskus die Verantwortlichen der Ministrantenpastoral in Deutschland einzeln. Zuvor war Papst Franziskus mit den anwesenden deutschen Bischöfen zusammengetroffen, darunter auch mit dem Mainzer Weihbischof Dr. Ulrich Neymeyr, Bischofsvikar für Jugendseelsorge.
Sattler zeigte sich tief berührt von der persönlichen Begegnung mit dem Heiligen Vater, es sei ein „ganz besonderer Moment" für ihn gewesen, sagte er. Im Namen der Messdiener aus dem Bistum Mainz überreichte Sattler dem Papst den Pilgerhut der „Mainzer" Ministranten. Er hoffe, „dass Papst Franziskus noch lange Papst bleiben und gute Akzente für die Kirche setzen" werde, sagte Sattler. Pfarrer Mathias Berger, Diözesanjugendseelsorger im Bistum Mainz, freute sich, dass der Heilige Vater die Verantwortlichen der Ministrantenpastoral einzeln begrüßt habe. „Das bedeutet eine hohe Wertschätzung für unsere Arbeit", sagte er. Berger zeigte sich auch beeindruckt, wie die Jugendlichen die Vesper mitgebetet haben. „Während des Vorprogramms waren die Messdiener ausgelassen, während der Vesper war eine große Stille auf dem Platz. Beides war hier möglich", sagte er.
Rund anderthalb Stunden vor Beginn der Audienz hatte bereits das Vorprogramm für die Messdienerinnen und Messdiener begonnen, die sich nach und nach auf dem Petersplatz einfanden. Im Rahmen des Vorprogramms wurden unter anderem Bilder vom bisherigen Verlauf der Wallfahrt gezeigt sowie jede Diözesen einzeln begrüßt. In seiner Ansprache dankte der Speyrer Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann, Vorsitzender der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz, den Ministrantinnen und Ministranten für ihren Dienst. „Dieser Dienst ist auch eine Herausforderung, weil es manchmal leichter wäre, einfach abzuhängen, oder weil eure Klassenkameraden euch mit Unverständnis begegnen.
Dass ihr da seid, dass ihr euch für Gott und für die Menschen einsetzt, dafür danke ich euch von ganzem Herzen", sagte er. Wiesemann wies auch auf das große Gemeinschaftserlebnis bei der Wallfahrt hin. „Ihr seid ein Team, eine Gemeinschaft, die sich in den Dienst für etwas sehr Gutes nehmen lässt: für den Gottesdienst und den Dienst an der Gemeinschaft im Glauben. Und das tun Minis weltweit und über alle Sprachgrenzen hinweg! Gemeinschaft macht euren Dienst aus", sagte er. Wiesemann erinnerte auch an die Situation in Syrien, dem Irak, in Israel und in der Ukraine. „Junge Menschen in eurem Alter leiden unter dem Terror und Raketen, unter Krieg und Vertreibung. Wir wollen sie heute Abend ganz besonders mit in unser Gebet einschließen und Gott bitten, dass er die Wunden des Krieges heilt", betonte er.
Bei einer Pressekonferenz der Deutschen Bischofskonferenz am Montag, 4. August, im Sala Marconi von Radio Vatikan sagte Wiesemann, dass die Wallfahrt die Jugendlichen „in ihrem Dienst und in ihrem Alltag stärken und ermutigen" werde, „ihren je eigenen Weg der Nachfolge, in die sie Gott ruft, zu gehen". Er wies darauf hin, dass in Deutschland mehr als 430.000 Mädchen und Jungen den Dienst als Messdiener ausüben. Das sei ein „ganz starkes Stück Jugendpastoral" und eine „große Stütze in der Jugendpastoral und für die Berufungspastoral". Den Ministrantendienst erlebten viele Jugendliche als „prägend für das ganze Leben": „Es ist wunderbar, diese jungen Christen zu haben", sagte Wiesemann. In Rom erlebten die Jugendlichen eine „besondere Art" von Teamgeist: „Die Gemeinschaft der Ministrantinnen und Ministranten, die gemeinsam hierher gepilgert ist und in ihrem Dienst verbunden bleibt, und die in der Nachfolge Jesu Christi auch den Geist Gottes in diese Welt trägt. Das ist die Erfolgsgeschichte dieser Wallfahrt, die die früheren Teilnehmerzahlen weit übertroffen hat und die die junge Kirche sichtbar werden lässt."
Alexander Bothe, Referent für Ministrantenpastoral und liturgische/kulturelle Bildung der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj), bezeichnete die Wallfahrt als „Fest der Begegnung": „Begegnung mit anderen jungen Menschen, die den eigenen Dienst und die eigene Suche in den Lebensfragen teilen, manchmal auch Wiederbegegnungen mit Freundschaften von früheren Wallfahrten, Begegnung inmitten des Zentrums der weltweiten Kirche, Begegnung mit den Ursprüngen des Christentums." Zu den „prägenden Erlebnissen" der Wallfahrt gehöre für die jugendlichen Pilger der möglichst häufige Tausch ihrer Pilgertücher: „Mit zunehmender Dauer der Wallfahrt werden dieser Austausch und damit die bunte Vielfalt der Gemeinschaft, die zu Jesus Christus pilgert, auf den Straßen und Plätzen Roms quer durch die Pilgergruppen bildhaft. Die Stärkung einer lebendigen Identifikation mit der Gemeinschaft, die Ermutigung gerade der jungen Menschen dazu, sich mit dem eigenen Leben auf die Nachfolge Jesu zu begeben und die Erfahrung zu machen, nicht nur im gemeinsamen Dienst Liturgie, sondern auch Kirche mitzugestalten, sind das gemeinsame pastorale Anliegen der Wallfahrt", sagte Bothe.