Stellungnahme von Generalvikar Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz

Der Mainzer Weihbischof und Generalvikar Dr. Udo Markus Bentz (c) Bistum Mainz
Datum:
Mi. 16. Feb. 2022
Von:
(MBN)

Reaktion von Weihbischof und Generalvikar, Dr. Udo Markus Bentz, auf den Brief der elf Generalvikare an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz im Wortlaut:

„Nachdem der Brief der elf Generalvikare als Reaktion auf #outinchurch und zum Handlungstext „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ veröffentlicht wurde und die Unterschrift des Mainzer Generalvikars nicht dabei war, werde ich natürlich gefragt, weshalb ich nicht unterschrieben habe. Fährt das Bistum eine andere Linie? Kann sich der Generalvikar mit den Inhalten des Briefes nicht identifizieren?

Ich kann solche und ähnliche Fragen gut verstehen. Und um es vorweg zu sagen, damit man das Nachfolgende auch gut wahrnehmen kann: Ja, ich kann und möchte das Grundanliegen des Briefes mittragen. Ja, ich teile die Überzeugung, dass das Anliegen der Loyalität aller, die in kirchlichen Einrichtungen arbeiten, im kirchlichen Arbeitsrecht auf eine neue Begründungsbasis gestellt werden muss. Ja, es muss transparenter werden, warum und wie wir in den Fragen der Loyalität verfahren. Und ja – es wird hoffentlich schon bis zum Sommer – eine Reformulierung der Loyalitätsobliegenheiten geben, die dann auch rechtlich belastbar in das Gesamtgefüge der Grundordnung eingeordnet sind. Also: Inhaltlich gehe ich mit. Und trotzdem habe ich den Brief nicht unterschrieben. Warum?

Ich tue mich schwer, als Generalvikar einen solchen Brief an die Bischöfe zu richten. Diesen Brief müssten die Generalvikare eigentlich an sich selbst schreiben, denn wer sind denn eigentlich diejenigen, die an diesen Fragestellungen arbeiten? Es gibt eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Neuformulierung der Loyalitätsobliegenheiten befasst. Diese Arbeitsgruppe wird vom Münchener Generalvikar stellvertretend für uns Generalvikare geleitet. Die neue Fassung wird dem Verbandsrat des VDD vorgelegt, in dem wiederum die Generalvikare mitentscheiden. Dann geht die Entscheidung in die VDD-Vollversammlung. In der Regel sind die Bischöfe wiederum gemeinsam mit ihren Generalvikaren in enger Abstimmung zu den Entscheidungen dieser Vollversammlung – wenn das Zusammenwirken gut funktioniert. Das heißt: Die Generalvikare sind wesentlich an diesen Prozessen beteiligt. Wir haben monatlich ein gemeinsames Treffen, bei dem wir direkt mit der Generalsekretärin der DBK und dem Leiter der Geschäftsstelle des VDD über diese Fragen im Dialog sind. Ein Brief von Generalvikaren, der die Bischöfe in dieser Hinsicht um Verfahrenstransparenz und zeitnahe Entscheidungen bittet, hat meines Erachtens das Zueinander der Rollen und der Verantwortlichkeiten nicht ganz im Blick. Mehr Selbstbewusstsein für den eigenen Anteil an der Gesamtverantwortung und mehr Vertrauen in die Selbstwirksamkeit ist angezeigt: Es müsste eher eine Selbstverpflichtung der Generalvikare sein, noch besser eine gemeinsame Stellungnahme der Generalvikare, in der deutlich der Wille formuliert wird, gemeinsam mit den Bischöfen solche Veränderungen zeitnah, aber auch rechtlich gut belastbar herbeizuführen.

Daher: Bischof Kohlgraf und ich sind uns einig und wir stimmen uns darin auch eng ab, dass wir uns für eine gute Überarbeitung der Grundordnung stark machen, um allen, die in unseren kirchlichen Einrichtungen arbeiten, Klarheit und Rechtssicherheit geben zu können. Ich will kein Versteckspiel. Ich möchte, dass wir authentisch miteinander umgehen. Ich will kein doppeltes Spiel. Die persönliche Lebensführung ist mir nicht gleichgültig und zwar gerade nicht um zu sanktionieren, sondern um eine gute und positive Identifikation mit der Kirche als Dienstgeberin zu ermöglichen. Dazu hat Bischof Kohlgraf mehrfach Stellung genommen. Hier gibt es ein sehr gutes, arbeitsteiliges (!) Zusammenwirken zwischen dem Bischof und mir.

Es ist gut, dass ein gewisser „Erfolgsdruck“ auf der AG zur Revision der Grundordnung und dem gesamten Entscheidungsprozess lastet. Bis die Überarbeitung abgeschlossen ist, kann ich nicht einseitig einige Bausteine aus dem Gesamtgefüge herausbrechen, ohne Gefahr zu laufen, dass dieses Gesamtgefüge zum Steinbruch wird, aus dem man auch an anderen Stellen dieses und jenes herausnimmt oder von anderer Seite das Ganze für obsolet erklärt wird. Es ist ja wahrnehmbar, dass manchen politischen Kräften der sogenannte „Dritte Weg“, den wir mit der Grundordnung gehen, schon lange ein Dorn im Auge ist. Ich stehe dazu, dass das Bistum Mainz keinen Gebrauch von den in der Grundordnung vorgesehenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen in den vergangenen Jahren gemacht hat, wenn Menschen sich als Geschiedene standesamtlich wiederverheiraten oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben. Auf dieser Linie werden wir grundsätzlich auch weiterhin im Gespräch mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sein.

Für mich steht außer Frage: Man kann nicht sagen, dass jeder Aspekt des Privatlebens völlig ohne Relevanz für das dienstliche Verhältnis ist. Ich denke z.B. an einen möglichen Austritt aus der Kirche. Die persönliche Lebensführung derer, die in der Kirche arbeiten, prägt auch die Glaubwürdigkeit der Kirche. Nur: Was hat dabei welches Gewicht? Auch die grundsätzliche Notwendigkeit, Loyalität als einen Baustein unsrer kirchlichen Grundordnung zu beschreiben, steht für mich außer Frage. Darauf kann man nicht verzichten. Loyalität ist aber nicht einfach eine Frage des Personenstandes. Loyalität meint Haltung und innere Einstellung im Blick auf mein Wirken in meinem Dienst. Die Kirche muss als Dienstgeberin definieren, worin sie das kirchliche Profil und die kirchliche Identität ihrer Einrichtungen verwirklicht sieht. Dabei kann sie die Verantwortung, Loyalitätserwartungen zu formulieren, nicht auf „formale“ Kriterien des persönlichen Lebensstandes der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduzieren. Vielmehr geht es darum, die geistlichen, pädagogischen, theologischen und sonstigen fachlichen Qualitätsmerkmale zu beschreiben, die es braucht, um ein kirchliches Profil zu schärfen und zu denen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhalten können. Und die Kirche steht in der Verantwortung, die dazu notwendigen Angebote zur Verfügung zu stellen und dauerhaft nachzuhalten. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die aber doch nicht so selbstverständlich zu sein scheint.

Den Wunsch, sich mit einem deutlichen Signal in der Öffentlichkeit zu diesem Thema zu positionieren, kann ich nachvollziehen. Mein Weg wird es sein, mit Beharrlichkeit in den dafür vorgesehenen Verfahren an der notwendigen Veränderung der Grundordnung zu arbeiten.“